Im Versteck

Ich wurde als Karl Brandeis 1912 in Calma/Serbien geboren.

Nach der Übersiedlung nach Zemun habe ich ein Jahr die jüdische Volksschule besucht und dann das Gymnasium. Ich habe dann - ab der 5. Klasse - in die Handelsakademie gewechselt.

Nach der Matura habe ich in einer Bank gearbeitet, und meine liebste Beschäftigung war das Rudern auf der Donau.

In der Bank habe ich von 1929 bis 1941, als der Hitler kam, gearbeitet. 1941 wurden alle Juden sofort entlassen, und die Bank wurde unter kommissarische Verwaltung gestellt.

Dazwischen, im Jahre 1932, wurde ich zum Militär eingezogen.

Während ich bei der Armee war, war ich von der Arbeit freigestellt, und ich habe von der Bank ein Gehalt von monatlich 250 Dinar als Taschengeld bekommen. Das hat man mir nach Sarajevo in die Kaserne geschickt.

1932 wurde ich also als Karl Brandeis zur jugoslawisch königlichen Armee eingezogen. Grundlage der Mobilisation war der Geburtsschein, und der lautete auf Karl und nicht auf Dragutin.

Ich war zuerst drei Monate in Grabojec zur Grundausbildung und dann sechs Monate auf der Militärschule für Intendantsoffiziere in Sarajevo.

Die jüdischen Soldaten hatten jeden Samstag frei, um in die Synagoge zu gehen.

Nach meinem Wehrdienst habe ich meine Frau Nina Fjodorova beim Schifahren kennen gelernt. Sie war ein halbes Jahr jünger, geschieden und kam aus Russland.

Jüdin war sie keine, aber meine Eltern haben nur gesagt: „Wenn, du sie liebst“. Begeistert waren sie nicht, aber sie haben es akzeptiert.

Nina hat die Musikschule in Belgrad absolviert und Klavierunterricht gegeben. Später hat sie Slawistik studiert und am Gymnasium unterrichtet.

Wir hatten keine Kinder, da sie keine bekommen konnte. Wir haben den ganzen Krieg zusammen überlebt. Nachher haben wir uns auseinandergelebt, und 1952 kam es dann zur Scheidung.

Man hat sich dann aus den Augen verloren, aber nach dem Tod meiner zweiten Frau Bossa haben wir uns wieder getroffen und sind gute Freunde geworden.

Immer, wenn ich in Belgrad bin, besuchen wir uns gegenseitig. Ich weiß nicht warum, aber sie hat mich als Einzige - und bis heute - Karl genannt.

Im Krieg waren wir in Lestoriz bei einem Bauern versteckt. Wir haben dort bis zum Ende des Krieges den Weinberg mit Harke, Sense und Sichel betreut.