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Peter Scheuer

Dipl. Ing. Peter Scheuer
Wien
Österreich
Datum des Interviews: Februar 2002
Interviewer: Artur Schnarch

Ich habe Peter Scheuer mit seiner Frau Trude in deren Wohnung in einem eleganten Wiener Außenbezirk kennen gelernt. Peter Scheuer ist ein kräftiger rüstiger 80-jähriger, der etwas bullig wirkt. Das Ehepaar Scheuer hat mich sehr herzlich empfangen. Peter Scheuer hatte sich auf unsere Begegnung vorbereitet und mich mit seinem hervorragenden Zahlengedächtnis immer wieder beeindruckt. Sein sarkastischer Humor und seine oft über den Dingen stehende unkonventionelle Art haben sehr viel zu dem plastischen Bild des Lebens des Peter Scheuer beigetragen.

Peter Scheuer starb 2002, ein paar Monate nachdem er interviewt wurde, in Wien.

Mein Name ist Peter Scheuer. Ich bin am 3. Mai 1921 in Innsbruck, in Tirol, unter dem Haferle Kar geboren. Aber ich bin kein echter Tiroler, sondern eine böhmisch-ungarisch-jüdische Mischung.

Auf Ivrit heiße ich Aharon Ben Mosche. Aharon nach meinem Großvater väterlicherseits, der Adolf Aharon Scheuer hieß und 1915, noch vor meiner Geburt, gestorben ist. Wenn von ihm die Rede war, dann sprach meine Familie immer vom Urele. Er kam aus dem tschechischen Dorf Schafa, heute heißt es Safov, und er besaß in der nahe gelegenen Stadt Znaim eine Lederwarenhandlung. Die Großmutter Hermine Scheuer, geboren 1850, habe ich kennen gelernt, denn ich war viel in Znaim. Da bin ich ihr immer wieder begegnet. Die Großmutter war eine geborene Fischer und stammte aus einem Dorf in der Umgebung. Ich weiß noch, sie war die Tochter eines Melameds 1, während der Großvater ein einfacher Lederhändler war. In meiner Mischpoche [jiddisch: Familie] väterlicherseits herrschte ein akademischer Snobismus. Ich weiß von neun Kindern, die die Großmutter geboren hat, von denen aber nur sieben erwachsen geworden sind. Da gab es einen Richard und noch ein Mädchen, die schon im Kindesalter gestorben sind. Die Großmutter starb 1928, als ich sieben Jahre alt war.

Mütterlicherseits lebten noch beide Großeltern, und man hat mich schon im Alter von zwei Jahren nach Graz geschleppt, um mich der Großmutter Amalia Schwarz vorzuführen. Die Großmutter wurde 1856 in Kolin [Tschechien], in Böhmen, als Amalia Goldmann geboren. Als sie heiratete, hat ihr Bruder meinem Großvater Samuel Schwarz Geld gegeben, damit er  ein Geschäft eröffnen kann. Bei den Schwarz´s gab es mindestens genau so viele Kinder wie bei den Scheuers. Die Großmutter war vier Jahre älter als der Großvater und starb schon 1923 in Kaltenleutgeben, im Alter von 67 Jahren.

Samuel Leib Schwarz, mein Großvater, wurde 1860 in Papa, in Westungarn, geboren. In der Familie hat man erzählt, er sei ein illegitimer Sohn des Fürsten Esterhazy gewesen. Er hat auch ausgeschaut wie der Esterhazy - ein großer, fescher Mann. Er hat österreichweit eine der größten Kaufhausketten betrieben. Es gab Kaufhäuser in Wien, Salzburg, Graz und sogar eines in Jerusalem. Der Großvater hatte noch eine Schwester Rosa, die er aus Ungarn nach Graz geholt hatte und ihr da ein kleines Geschäft eingerichtet hat. 1926 starb auch der Großvater, und die Söhne haben seine Geschäfte dann weitergeführt.

Abgesehen von meiner Mutter hatten meine Großeltern noch mehrere Kinder: Die älteste Schwester meiner Mutter war die Tante Elsa. Sie war um zehn Jahre älter als meine Mutter und war erst mit einem Juden verheiratet, der hieß Kaldor. Der hat sie allerdings mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt, was zur Scheidung geführt hat und dazu, dass sie keine Kinder bekommen konnte. Sie hat dann in Innsbruck gelebt und den italienischen Maler Zlataper geheiratet. Sie führte das Leben einer reichen Kaufmannstochter mit Urlauben in der Normandie, an der Nordsee, Schifahren in Flims und Baden in der Adria. Den Krieg hat sie versteckt in Ungarn überlebt und nach dem Krieg hat sie in Wien, in der Porzellangasse gewohnt. 1957 ist sie gestorben.

Dann kam Grete, die schon vor meiner Zeit an einer Krankheit gestorben ist. Nach ihr war meine Mutter Frieda und dann noch die Jüngste, die Käthe.

Die Tante Käthe hat später den Heinrich Schein geheiratet. Er war erfolgreicher Teppichhändler. Sie hatten zwei Söhne, Georg und Thomas, und haben sich im Krieg nach England gerettet. Die Tante hatte nach dem Krieg mit ihrem Mann zwei große Teppichgeschäfte in Wien: eines auf der Mariahilferstrasse und eines in der Rotenturmstrasse. Die Söhne sind aber in England geblieben.

Der älteste Bruder war der 1882 geborene Max. Er hat nie geheiratet, hat im elterlichen Geschäft in Graz mitgearbeitet und hat sich im Krieg nach Palästina gerettet. Er starb 1955 in Wien.

Der zweite Bruder war der Walter Schwarz. Er hat viele Kinder hinterlassen. Ich kann mich an Hugo, Rafael und Benjamin erinnern. Er war die Seele des Geschäfts und hat in Salzburg gewohnt. Verheiratet war er mit der Tante Dora, die eine große Zionistin war. Er hat sie allerdings betrogen, und sie hat ihn verlassen und ist mit den Kindern nach Palästina gegangen. Dort hat sie in Sichron Jaakov [heute Israel] ein vegetarisches Restaurant geführt. Walter hat dann versucht nach Belgien zu flüchten, wurde aber in Deutschland verhaftet und in München erschlagen.

Und dann gab es noch den Paul, den hat meine Frau auch gekannt. Der war auch wie sie in Palästina, und ich habe in Haifa eine Zeitlang bei ihm gewohnt. Paul hatte zwei Söhne: Michael und Gideon. Michael ist Professor für Arabisch in Jerusalem.

Ernst war der Jüngste, der hat sich eine Geschlechtskrankheit zugezogen und hat sich umgebracht. Das war so: von der Schweiz kommend, hat er in Innsbruck Station gemacht und sich da umgebracht. Er wurde dann in Innsbruck in das Grab meiner, im Alter von zehn Jahren verstorbenen Schwester Ellen, beigesetzt.

Die Brüder und Schwestern meines Vaters habe ich alle kennen gelernt.

Der Älteste war ein Eduard Scheuer, das war ein Zahnarzt. Er hat sich aber im 1. Weltkrieg irgendwie zu sehr eingemischt und hatte eine schüttelnde Hand. Nachdem er dadurch als Zahnarzt nicht mehr arbeiten konnte, hat er ein Dental-Labor in Brünn [heute Tschechien] betrieben. Der Eduard war mit der Tante Mitzi verheiratet, deren Eltern eine Geberei hatten. Auf jeden Fall waren sie wohlhabend, das heißt, sie sind in Innsbruck auf einer höheren achtungsmäßigen Stufe gestanden. Sie hatten zwei Töchter: Eva und Dora. Eva war mit einem nichtjüdischen tschechischen Offizier verheiratet und hat so den Krieg überlebt. Der Rest der Familie ist im Krieg umgekommen, ich weiß aber nicht wo.

Der zweite Bruder war Berthold Scheuer, der hatte die Tante Mitzi, eine Christin, geheiratet und hatte keine Kinder. Er war ein Diplomingenieur der Chemie. Er hatte in Brünn ein Chemielabor, wo Pasten hergestellt wurden. Berthold hatte in Brünn zusammen mit Eduard ein Haus gekauft, das nach Bertholds Ableben an seine Frau ging. Die Tante Mitzi hat das Haus verkauft und sich mit dem Erlös in ein Stift eingekauft, wo sie bis an ihr Lebensende blieb.

Dann kam schon mein Vater, der Dr. Moritz Scheuer.

Es hat noch einen Oskar gegeben, der war gleich nach meinem Vater, und der war einer der berühmtesten Zahnärzte in der Zwischenkriegszeit in Wien, in der Schwarzspanierstrasse. Dr. Oskar Scheuer hat mich schon als Kind immer mit den Zähnen sekkiert. Da wurde ich extra zwecks Zahnbehandlung von Innsbruck nach Wien gebracht. Er war bei mir nicht so rücksichtsvoll, hat einfach hineingebohrt. Onkel Oskar war mit Tante Melli verheiratet und hatte zwei Söhne: Stefan und Georg. Er wurde mit seiner Frau und dem Stefan nach Theresienstadt deportiert. Onkel Oskar ist noch dort gestorben, Melli und Stefan wurden in Riga vergast [Melanie Scheuer wurde 1942 von Theresienstadt nach Lublin [Polen] deportiert, Quelle: DÖW Datenbank]. Georg, der immer Schurl gerufen wurde, war ein Knöpfelmacher, hat aber vor dem Krieg in Wien ein Reisebüro gehabt. Er hat sich erst nach Panama gerettet und ist von dort nach New York ausgewandert. Er hat dann dort Grete, eine richtige Jekete [Anm.: deutsche Jüdin] aus Würzburg, geheiratet und war mit der Knöpfelmacherei recht erfolgreich. Sie sind nach Miami [USA] übersiedelt.

Und dann kam von den Buben der einzige Nichtakademiker, das war der Hugo Scheuer. Er war mit der Tante Mitzi verheiratet, und sie hatten drei Kinder, von denen zwei heute noch leben. Onkel Hugo hatte das Ledergeschäft meiner Großeltern übernommen. Die Tante Mitzi war eine ganz besonders liebe Tante. Sie kam, wie die Großeltern auch, aus einem mährischen Dorf. Man hat erzählt, dass Hugo als Nichtakademiker im 1. Weltkrieg lange eingezogen war und sich nur mit Mühe retten konnte. Beide sind 1942 in Riga umgekommen. Die älteste Tochter von Hugo, Ruth Scheuer, lebt heute in Paris [Frankreich]. Sie ist 1913 geboren, sie ist also schon 88 Jahre alt. Die Ruth ist kinderlos geblieben. Sie hat in Paris als Modistin gearbeitet. Hugos Sohn, Dr. Herbert Scheuer, lebt in Lyon [Frankreich], ist 1915 geboren und ist ein Hals-Nasen-Ohrenarzt. Er hat erst in Prag, dann in Wien studiert und hat in Paris den letzten Schliff bekommen. Dazwischen war er auch zwei Jahre in Palästina. Er hat eine Tochter, und sie hat wiederum drei Kinder. Alle leben in Frankreich. Das jüngste Kind vom Hugo war der Kurt, beziehungsweise in Israel hieß er Gideon. Er war Zionist und beim Tchelet-Lavan [Blau-Weiß] 2. Er war in der Nähe von Nahariya ein Gründer des Kibbutz 3 Garton, ist aber dann in den Kibbutz Neot Mordechai bei Hule gegangen und hat dort - aus dem Ledergeschäft kommend - die Schuhfabrik Nalei Neot aufgebaut. Er hat zahlreiche Kinder hinterlassen. Der Gideon hatte einen Sohn Gilad und drei Töchter: Ariela, Daphna und Miriam.

Mein Vater hatte auch drei Schwestern. Eine Schwester, die Karoline, hat wegen Geldschwierigkeiten einen Bruder von meinem Großvater heiraten müssen. Sie hat degenerierte Kinder bekommen, ich habe ein Mal eines gesehen. Die sind dann in Auschwitz umgekommen.

Eine Schwester, die Tante Anna, hat sogar meine Frau noch kennen gelernt. Sie war das jüngste Kind, und sie war schrecklich! Sie war mit einem polnischen Juden verheiratet, dem Fränkel. Er hat sich mit Geldwechslereien und Luftgeschäften über Wasser gehalten. Während des Krieges ist der Fränkel in Polen von den Deutschen ermordet worden, und die Tante Anna hat als U-Boot versteckt im 8. Bezirk in Wien bei der Familie Fiala überlebt. Sie ist 1975 in Wien gestorben. Die Tante Anna hat nach dem Krieg bei so einer Art Restitution eine Villa am Wilhelminenberg für wenig Geld erworben. Mich hat sie allerdings enterbt, weil ich mich zu wenig um sie gekümmert habe. Dabei war mein Vater der einzige von den Brüdern, der sie vor dem Krieg unterstützt hat. Sie war auch in Kontakt mit ihrer Gliedcousine [Cousine zweiten Grades] Elise Stowasser-Scheuer. Das ist die Mutter vom Friedensreich Hundertwasser [berühmter österreichischer Maler]. Er ist sozusagen eine Art Cousin von mir.

Mein Vater, Dr. Moritz Mosche Scheuer, wurde am 21. Dezember 1878 in Schafa geboren. Er wuchs in Böhmen mit deutscher Muttersprache auf. Nach dem Studium der Rechte in Wien beendete er seine Laufbahn als Rechtsanwaltsanwärter in St. Pölten. Das war im Jahr 1910. Da hat er sich eine Stadt ausgesucht, wo noch kein zweiter jüdischer Anwalt war. Es waren nur Salzburg und Innsbruck übrig. Sein Kollege, der damals schon Kinder hatte, hat Salzburg gewählt, und so kam mein Vater nach Innsbruck. Mein Vater hat in Innsbruck als Rechtsanwalt nicht lange bleiben können, weil der 1. Weltkrieg gekommen ist. Im 1. Weltkrieg musste er zum Kriegsgericht nach Innsbruck. Er hat dann aber noch zuerst in eine Kaserne nach Nordböhmen müssen, dann war er wieder in Innsbruck und ist dort geblieben. Irgendwie hat er sich dann vom Militär befreit und hat noch während des 1. Weltkriegs die Kanzleitätigkeit wieder aufgenommen und war dann durchlaufend in Innsbruck.

Er hat in der Anickstrasse 3, im 3. Stock gewohnt, und im ersten Stock hatte er die Kanzlei. Das war eine der größten Kanzleien in Innsbruck mit einem Konzipienten und einer Sekretärin. Er hat dann die zu dieser Zeit allein lebende Elsa Kaldor, meine spätere Tante, kennen gelernt. Es wäre fast zu einem Schiddach [jidd. Heiratsvermittlung] gekommen, aber meine Großmutter hat gesagt: ‚Was brauchst du eine Frau, die keine Kinder kriegen kann?’ Nachdem die Elsa ihre zehn Jahre jüngere Schwester Frieda nach Innsbruck geholt hat, wurden die beiden ein Paar. Er war immerhin fast 20 Jahre älter als meine Mutter und war überhaupt ein sehr ernster und strenger Mensch.

Meine Mutter Frieda Schwarz wurde am 23. April 1897 in Graz geboren und wuchs in einer reichen Kaufmannsfamilie auf. Sie war auch, wie sich das damals gehörte, eine Zeitlang in einem Schweizer Mädchenpensionat. Als sie dann nach Innsbruck kam und meinen Vater heiratete, wurde ich 1921 geboren, und zwei Jahre später, im Juni 1923, kam meine Schwester Ellen zur Welt.

Meine Schwester hat mit acht Jahren Scharlach und als Folge eine Herzbeutelentzündung bekommen, an der sie im Juni 1931 gestorben ist. Es war eine große Katastrophe, und ich bin dann sozusagen als Einzelkind aufgewachsen. Ellen ist am Innsbrucker jüdischen Friedhof begraben, und ich habe meine einzige Tochter nach ihr benannt.

Als ich am 3. Mai 1921 in Innsbruck geboren wurde, gab es eine kleine jüdische Gemeinde von circa 300 Menschen - also 100 Familien. Es gab auch ein kleines Bethaus, wir sind aber fast nie hingegangen. Zu den hohen Feiertagen haben wir in den Innsbrucker Stadtsälen gebetet. Dort war es sehr elegant, und das hat mir imponiert.

Zu Hause hatten wir immer ein Tiroler Dienstmädel und ein Kinderfräulein. Das Kinderfräulein war eine deutsche Jüdin. Also unser tirolerisch war nicht sehr gut.

In meiner Volksschulklasse war noch ein jüdisches Kind, der Tomi Bauer. Tomi Bauer hat sich nach England retten können und ist dann paradoxerweise als Deutscher in ein kanadisches Kriegsgefangenenlager deportiert worden, wo er gestorben ist.

In der Volksschulzeit hatten der Tomi und ich beim Rabbiner Link ein Mal die Woche Religionsunterricht. Das war sehr fad, und der Rabbiner Link hat jeden nach dem Rang, den der Vater in der Gemeinde hatte, behandelt.

1931, schon gegen Ende der Volksschulzeit, hat sich unser Lehrer bemüßigt gefühlt, mit der ganzen Klasse einen Ausflug zum ‚Anderl von Rinn’ 4 zu machen. Und da haben die anderen angefangen zu stänkern: ‚Die Juden haben unseren Herrgott umgebracht!’ Der Tomi Bauer und ich standen Rücken an Rücken und haben alle abgewehrt.

Der Diozösanbischof Stecher war als Kind mit mir in derselben Schule, und wir waren befreundet. Als dieser in den 1970er-Jahren die Wallfahrt zum ‚Anderl von Rinn’ abgeschafft hat, kam es zu großen Diskussionen. Ich habe ihm dann einen Brief geschrieben, wo ich ihm meine Volksschulerlebnisse bei diesem Ausflug geschildert habe. Er hat diesen Brief dann im Club 2 [Fernsehsendung in Österreich] öffentlich verlesen.

Dann kam ich ins Bundesrealgymnasium und wurde auch Mitglied beim Schomer Hatzair 5. Da habe ich mich mit meinen Mitschülern Tomi Bauer, Gerber und Kurzmann und auch anderen jüdischen Jugendlichen getroffen. Was aus Gerber geworden ist, weiß ich nicht, aber der Kurzmann lebt jetzt noch in England. Der Miller, ein anderer Innsbrucker Freund, hat ihn in Innsbruck getroffen, als sie auf Einladung der Landesregierung dort waren. Beim Schomer haben wir uns privat getroffen, Sicha [hebr. Zusammenkünfte] gemacht und auch Ausflüge unternommen. Der Verein war im Gegensatz zur Kultusgemeinde zionistisch eingestellt.

Im Gymnasium war ich ein sehr guter Schüler und ein großes Sprachentalent. Als Klassenvorstand hatte ich den Dr. Leonhart Eder, von dem sich nach dem Krieg herausgestellt hat, dass er der Führer des nationalsozialistischen Lehrerbundes war. Er war deutschnational aber scheinbar kein Antisemit. Er hat mich immer gerecht behandelt und manchmal sogar bevorzugt. Allgemein wurden antisemitische Ausbrüche im Gymnasium nicht geduldet.

Man hat uns Schifahren auf die Schiwiesen geschleppt, aber ich war kein begeisterter Schifahrer. Tennis habe ich auch gespielt. Heute ist Schifahren ein Vergnügen, weil man mit dem Schilift herauf fährt und dann runter rutscht. Früher hat man mit Fellen hinaufsteigen müssen. Das war nicht sehr angenehm, also dazu ist mir das Wort Goim Naches [Anm.: vom jüdischen Leben abhaltende Vergnügen] erst später eingefallen. Bergsteigen hab ich ganz gern gehabt, aber heute kann ich es nicht mehr.

Religionsunterricht gab es bei Dr. Elimelech Rimald, der war später Postminister in Israel. Und dieser Elimelech Rimald hat sich gesagt, die Geschichten von Moses und so weiter sollen sie sich zu Hause anhören, ich unterrichte modernes Hebräisch.

Der Präsident der Kultusgemeinde in Innsbruck damals hieß Julius Pasch. Es gab eine Union österreichischer Juden, das waren die Antizionisten. Die waren natürlich in Wien sehr stark, hier in Innsbruck war mein Vater der Vizepräsident. Später dann haben die Zionisten die Führung übernommen. Da waren die zwei Schwager Adler und Berger sehr aktiv. Die wurden beide von den Nazis ermordet. Den Sohn vom Berger habe ich ein Mal in Haifa getroffen, der hatte dort ein Fotogeschäft. Also die Gemeinde war zuerst antizionistisch und nachher zionistisch. Ab 1933 konnte man nur zionistisch sein, bei dem, was da über den Berg gekommen ist [Anm.: aus Deutschland], das war ja nicht sehr erfreulich.

Ab 1933 war es nicht mehr lustig in Innsbruck. Viele sind zu meinem Vater gekommen und haben gesagt: ‚Ich würde ja gerne zu ihnen gehen, aber zu einem Juden, des derf i net’. Da hat er manche große Prozesse von hintenherum geleitet. Er hat sich einen nichtjüdischen Anwalt, den er beraten hat, genommen.

1934 habe ich im Bethaus meine Bar Mitzwa 6 gehabt. Es gab eine Simche [Feier] am Abend, und ich habe ein schönes Steyr Waffenrad [Fahrrad] bekommen.

Es kamen immer Agitatoren aus Deutschland über die Grenze, die die hiesigen Illegalen unterstützt haben. Die haben dann immer im Iglshof gewohnt, weil der Freund der Wirtin, ein gewisser Notebon, ein stadtbekannter Illegaler war. 

Ich bin trotz allem bis 1936 in Innsbruck geblieben. Ich habe dann nicht mehr in die Schule gehen wollen und habe einige Besuche bei meiner Tante Käthe in Wien gemacht, und da hat man mich dann im Gymnasium in der Stubenbastei eingeschult. Ich habe bei meiner Tante in der Rotenturmstrasse 17 gewohnt. Da habe ich auch den Einmarsch im März 1938 miterlebt.

Ich wurde dann aus dem Gymnasium vertrieben und ging noch eine Zeitlang in ein Gymnasium in der Sperlgasse, wo alle Juden hin mussten. In der Zwischenzeit waren meine Eltern auch nach Wien gekommen und wohnten jetzt mit mir zusammen in der Weihburggasse in Untermiete. Gott sei Dank sind sie nach Wien gekommen, denn die Reichkristallnacht 7 hätte mein Vater in Innsbruck, wo ihn jeder kannte, nicht überlebt.

Mein Vater wurde in Wien verhaftet und auf der Polizeistation festgehalten. Aber damals war der Brunner 8 in der Judenverkehrsstelle, und meine Mutter ist zu ihm hin und hat erwirkt, dass man ihn wieder freigelassen hat. Sie hat ja auch so goiisch [nichtjüdisch] ausgeschaut.

Ich habe dadurch, dass ich in Innsbruck aufgewachsen bin, überhaupt keine Illusionen gehabt, was die österreichischen Nationalsozialisten anbelangt, und bin daher als Erstes so schnell wie möglich aus Österreich hinaus.

Der beste Freund meines Vaters, Rudolf Ruberl, wohnte in Mailand und hatte dort eine polnische Vertretung für Zuckerrübensamen. Und so bin ich nach Mailand gefahren und habe gewartet, bis mein Vater mir ein Studentenzertifikat für das Technion [Anm.: älteste Hochschule Israels] in Haifa besorgt. Da hat er beim Palästinaamt 9 Geld eingezahlt, und so die Bewilligung für mich bekommen. Außerdem hatte ich damit ein Stipendium, das mich von den Studiengebühren befreit hat und womit ich auch monatlich nach heutigem Wert 5.000,- Schilling zum Leben bekommen habe - zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Es gab noch das Problem, dass ich keine Matura hatte, aber die haben gemeint, sieben Klassen in Österreich sind mehr wert als eine englische Matura.

Ich habe mich in Venedig eingeschifft und bin am 26. September 1938 in Haifa [heute Israel] angekommen und habe begonnen, am Technion zu studieren. Da war ich 17 Jahre alt und habe die erste Zeit bei meiner Tante Dora in Sichron Jaakov verbracht. Die hatte das berühmte vegetarische Restaurant, und es war oft mein Onkel Paul aus Haifa zu Besuch. Zu meinem Onkel bin ich dann übersiedelt und habe bei ihm gewohnt, bis meine Eltern nachgekommen sind.

Am Technion war es so, dass im ersten Jahr alle Gegenstände [Unterrichtsfächer] zusammen waren, und im zweiten Jahr musste man sich dann entscheiden. Ursprünglich wollte ich Bauingenieur werden, aber nach dem ich nicht gerne zeichne, habe ich mich für Chemie entschieden.

Der Ruberl hatte eine Verfügungsgewalt über das Schweizer Konto meines Vaters, und so hat er - auf mein Drängen hin und gegen den Willen meines Vaters - das Geld zur Barclys Bank nach Haifa transferiert und damit ein Kapitalistenzertifikat 10 für meine Eltern bekommen. Mit diesem Kapitalistenvisum sind sie dann von Triest nach Haifa gefahren und haben alle ihre Sachen mitnehmen können. Die Sachen wurden mit einem so genannten Lift gebracht. Das war eine Riesenkiste, wie heute ein Container. Das meiste war für die israelischen Wohnungen unbrauchbar, und der Lift wurde nicht ein Mal ganz ausgeladen und ist nach dem Krieg wieder nach Wien zurückgekommen.

Dann habe ich mit den Eltern in einer Mietwohnung am Carmel [Anm.: Berg in Haifa] gewohnt, bin aufs Technion gegangen und habe studiert und auch bereits begonnen, etwas zu arbeiten. Ich habe als chemischer Tester in der Ölraffinerie von Haifa angefangen. Mein Vater hat bei den Engländern im Militärlager gearbeitet. Im Labor Office der Engländer haben Juden gearbeitet, bei denen man für zwei Monatsgehälter einen Job bei den Engländern kaufen konnte. Er hat dort gearbeitet, bis die Engländer weggegangen sind. Dann war er arbeitslos. Ich bin in der Zwischenzeit ein bisschen ein Macher im Hafen geworden und habe ihm einen Posten als Nachtwächter beschafft. So hat der Dr. Scheuer mit knapp 70 Jahren beim Tor vom Hafen die Ausweise in der Nacht kontrolliert. Sein Doktortitel war in Palästina nichts wert, Englisch oder Hebräisch hat er nicht können, das Kapitalistenzertifikat war in englischen Pfund und ist stark entwertet worden, so hat er sich so abplagen müssen. Er hat immer gesagt: ‚Erez ist schön, aber Israel gefällt mir nicht so gut.’

Ich habe im Hafen allerlei Geschäfte gemacht, zum Beispiel habe ich von Schiffen Penizillin gekauft und es dann weiterverkauft und bin schön langsam zum Hauptverdiener der Familie geworden.

Manchmal bin ich nach Jerusalem gefahren, wo meine Frau gelebt hat, ich habe sie nur noch nicht gekannt. Es war auch gefährlich dort, es ist immer geschossen worden. In Tel-Aviv hatte ich Freunde, die Bitters, die habe ich auch manchmal besucht. Und natürlich sind wir zur Tante Dora nach Sichron Jaakov gefahren. Dann war noch mein Cousin Kurt in Neot Mordechai, und Onkel Paul war sowieso in Haifa.

Ich hatte eine Freundin, die war um zehn Jahre älter als ich. Eine fesche Person, aber sie hat mich dann sekkiert, sie wolle zurück nach Deutschland. Sie war aus der Nähe von Freiburg im Preissgau und wollte, dass ich sie heirate. Ich habe absolut keine Lust gehabt, eine Frau zu heiraten, die um zehn Jahre älter ist. Sie hat in Nahariya gewohnt, und so bin ich dort auch oft hingefahren.

Ich wurde 1947/48 zum Chel Avodat Zwait eingezogen. Ich konnte zwar weiter in der Ölraffinerie arbeiten, musste aber immer in der Kaserne übernachten.

Bei meinem Vater ist 1949 Bauchspeicheldrüsenkrebs in fortgeschrittenem Stadium mit vielen Metastasen diagnostiziert worden, und er ist im selben Jahr gestorben. Kurz darauf musste meine Mutter aus finanztechnischen Gründen nach Wien, und ich bin allein in Israel geblieben.

Meine Mutter hat in Wien in der Pension Nosseg gewohnt und hat versucht, aus dem Verkauf und der Restitution der Kaufhäuser ihres Vaters, ihren Anteil zu bekommen. Am 2. Jänner 1951 bin ich auf einen Kurzbesuch nach Österreich gekommen, um ihr zu helfen. Das Haus in Graz war schon verkauft, das Haus in Salzburg hat die Tante Käthe verkauft, und ich habe einen Anteil bekommen, und das Haus in München habe ich dann verkauft. Es haben sich da einige familiäre Unschönheiten zugetragen.

Ich habe gesehen, dass ich doch nicht so bald wieder zurück nach Israel fahren werde und bin nach Innsbruck gegangen. Ich habe mir dort auf kurzem Wege einen österreichischen Pass geholt. Das ist damals unter der französischen Besatzung leicht gegangen. Da ist der damalige Kultuspräsident Brühl mit mir zur Polizeidirektion gegangen und hat mir einen österreichischen Pass besorgt. Mein Laissez Passé aus Palästina habe ich bei den Engländern abgegeben und dadurch eine britische Identitätsbescheinigung bekommen.

Ich bin dann nach Wien zurück, und in Israel hat Jakob Gang sich um die Auflösung der Wohnung am Carmel gekümmert. In Wien war auch meine Tante Elsa, die in Ungarn versteckt überlebt hatte. Sie hatte eine riesengroße Wohnung in der Porzellangasse, im selben Haus, wo das Kaffeehaus Koralle war.

In dem ganzen Streit um das Kaufhausvermögen haben sich ein paar Rechtsanwälte als Liquidatoren draufgestürzt, da war mir meine kaufmännische Ader eine Hilfe. Die Tante Elsa war durch ihre Ehe mit dem Zlataper eine italienische Witwe, und ich habe den Rechtsanwalt der italienischen Botschaft in Wien, einen gewissen Dr. Wilhelm Marno, für sie eingesetzt. Mit diesem Dr. Wilhelm Marno habe ich dann, nachdem Tante Else gestorben war, ein Geschäft gemacht. Ich habe gesagt, ich werde seine Ansprüche aus dem Liquidatorenhonorar anerkennen, wenn er mir die Hauptmietrechte von dieser großen geräumigen Wohnung in der Porzellangasse überlässt. Ich habe sozusagen auch auf das Geld der anderen verzichtet. Ich habe keine Schwierigkeiten gemacht. Und jetzt hatte ich eine Hauptmiete, die zu verkaufen war. Und diese Hauptmietrechte habe ich dann verkauft und das Geld als Anzahlung für diese Wohnung genommen. Das war die Grundlage für unsere Wohnung. Das war das beste Geschäft, das ich je gemacht habe. Das waren damals 250.000 Schilling, heute gebe ich sie ihnen nicht für vier Millionen her.

Ich habe in Wien von einem Innsbrucker, der in Amerika Offizier war, einen Posten beim CIA vermittelt bekommen. Damals waren ja noch die vier Besatzungsmächte in Österreich. Sechs Wochen wurde ich trainiert, der Lehrer war ein ehemaliger Nazi. Er hat gesagt, dass ehemalige russische Kriegsgefangene zu uns kommen werden, und die sollen wir über alles, was sie gesehen haben, ausspionieren. Ein Kollege von mir, der Piffel, ein Neffe des Kardinals von Linz, hat gemeint, dass wir in den 2. Bezirk, in die russische Zone gehen werden müssen, um diese Menschen zu befragen. Da habe ich mir gedacht, dass das nichts für den einzigen Sohn von Dr. Scheuer ist. Ich bin nach Salzburg zu den Amerikanern gefahren. Die waren sehr verlegen, dass da ein ehemaliger CIA-Mitarbeiter daherkommt, und haben mir erst einen Posten als technischer Übersetzer gegeben und mich dann zum Joint 11 vermittelt. Ich bin dann zwei bis drei Jahre in Salzburg geblieben.

Zurzeit, als der Häussermann beim Kurier [Anm.: Tageszeitung] der Herausgeber war, habe ich dort gearbeitet, und dann hat die Tante Käthe gemeint, dass ich das, was ich dort verdiene, auch bei ihnen im Teppichgeschäft verdienen kann. Ich war dann eine Zeitlang bei den Scheins im Geschäft.

Dann ist meine Mutter sehr krank geworden. Sie hat Leukämie gehabt, aber nicht sehr virulent. Es hat sich also lange gezogen. Nach dem Ableben der Tante Elsa haben wir in der Wohnung in der Porzellangasse gewohnt. Meine Mutter hatte dann einen Schlaganfall und ist auf der ‚Baumgartner Höhe’ [Anm.: Sozialmedizinisches Zentrum] 1959 gestorben. Da habe ich schon in ganz Österreich Schweißelektroden und Metallklebemittel verkauft. Ich habe nie wirklich als Chemiker gearbeitet. Ein Mal habe ich mich bei der OMV [Anm.: führender Öl-und Ergaskonzern Mitteleuropas] beworben und habe dem Personalchef gleich gesagt, dass ich Jude bin, was auch schon das Ende der Bewerbung war.

Meine Tante Käthe hat immer mit der Mutter meiner zukünftigen Frau Bridge gespielt, und als die Trude, meine Frau, geschieden war, da haben die beiden den Schiddach geregelt. Meine Frau Trude ist eine geborene Barchelis und wurde am 3. Mai 1930 in Wien geboren. Trudes Tochter Felicitas - aus erster Ehe - war damals süße fünf Jahre alt, und wir haben uns ein Mal getroffen. Kurz darauf bin ich schon zu ihr in die Wollzeile gezogen.

Am 3. Dezember 1961 wurde auch schon unsere Tochter Ellen in Wien geboren. Ich habe sie nach meiner verstorbenen Schwester genannt.

Durch meine Frau habe ich dann den Ackermann kennen gelernt, und mit ihm zusammen habe ich eine Handelsfirma eröffnet. Das Büro hatten wir in der Wollzeile, und in der Sterngasse war unser Lager. Ackermann war ein Ungar, und wir haben erst mit Schuhen und Geschirr aus Ungarn gehandelt. Es war ein Groschengeschäft, und wir hatten noch andere Teilhaber - wie den Marmorstein und den Tetwar. Sie sind beide schon lange tot.

Ein großer Gewinn war das ganze nie, bis ich ein neues Geschäft aufgerissen habe. Und zwar lief das über die Witwe meines Cousins Georg in New York. Sie hat uns über einen Freund einen Kontakt zu Johnson & Johnson in Schottland hergestellt. Und so haben wir die Vertretung für essbare Kunstdärme der Marke Devaux bekommen. Und dann ist die Firma erst ein Geschäft geworden.

Unsere Tochter Ellen ging in der Nähe unserer Wohnung in die Volksschule und nachher ins Gymnasium in der Haitzingergasse, im 18. Bezirk. Dort war die Direktorin Minna Lachs [Anm.: Germanistin, Pädagogin, Schriftstellerin], eine Jüdin. Danach ist Ellen in die Handelsakademie am Hammerlingplatz gegangen. Da hat es ihr nicht gefallen, so ist sie nach Floridsdorf gewechselt. Das ist auch nicht so gut gegangen. Mit einem Wort -eine gute Schülerin war sie nicht. Jetzt handelt sie auch mit Kunstdärmen und kommt geschäftlich viel nach Ungarn und Israel.

Ellen war mit Charly Weiss verheiratet. Sie sind zwar schon lange wieder geschieden, aber 1985 wurde mein einziger Enkel Julian geboren, der in die französische Schule geht und so ein guter Schüler ist, wie ich es war.

Der Ackermann ist an Krebs gestorben, und wir haben dann noch die Firma eine Zeitlang mit seiner Witwe Gisela weitergeführt. Aber das war dann doch zu schwierig, und so bin ich in Pension gegangen.

Glossar

1 Melamed [jidd

: Lehrer] : lehrte im Cheder des Schtetl die 4-8jährigen Jungen Bibel, Hebräisch-Schreiben und –Lesen und die Grundrechenarten.

2 Blau-Weiß [hebr

: Tchelet-Lavan]: 1913 als 'Blau-Weiß, Bund für jüdisches Jugendwandern in Deutschland' gegründet. Mit Blau-Weiß nahm die jüdische Jugendbewegung ihren Anfang.

3 Kibbutz [Pl

: Kibbutzim]: landwirtschaftliche Kollektivsiedlung in Palästina, bzw. Israel, die auf genossenschaftlichem Eigentum und gemeinschaftlicher Arbeit beruht.

4 ‚Anderl-von-Rinn-Kult’

Der antijüdische Anderl-von-Rinn-Kult nahm seinen Ausgang in den Erfindungen des Haller Damenstiftsarztes Ippolito Guarioni, der - angeregt vom Erfolg der Legende des "Simon von Trient" (1475) - ohne realen Todesfall oder entsprechende Anklage 1642 den mehr als 150 Jahre zurückliegenden "Märtyrertod" des Tiroler Jungen behauptete. Wie im Falle des "Simon von Trient" erkannte jedoch der Vatikan das "Anderl" als "Märtyrer" an. 1893 veröffentlichte der Wiener Geistliche Joseph Deckert das Traktat "Vier Tiroler Kinder, Opfer des chassidischen Fanatismus", mit welchem er die Legende weiter am Leben halten und auch für die modernen Formen des Antisemitismus dienstbar machen wollte. Der Festtag des ‚Anderl von Rinn’ wurde schließlich 1953 vom damaligen Innsbrucker Bischof Paulus Rusch aus dem kirchlichen Kalender gestrichen. Die alljährlichen offiziellen Wallfahrten fanden 1994 mit dem definitiven Verbot des Kultes rund um den ‚Judenstein’ durch Bischof Stecher ein Ende. Gegen den Willen der Amtskirche pilgern seit damals alljährlich im Juni rund 300 Unentwegte (darunter Robert Prantner) zum "Judenstein". Schon 1985 veranlasste Stecher die Entfernung der angeblichen Gebeine ‚Anderls’ aus dem Altar der Rinner Kirche. Auch das antijüdische Fresko wurde in der Folge übermalt [Quelle: www.gegenantisemitismus.at]

5 Haschomer Hatzair [hebr

: ‚Der junge Wächter‘]: Erste Zionistische Jugendorganisation, entstand 1916 in Wien durch den Zusammenschluß von zwei jüdischen Jugendverbänden. Hauptziel war die Auswanderung nach Palästina und die Gründung von Kibutzim. Aus den in Palästina aktiven Gruppen entstand 1936 die Sozialistische Liga, die sich 1948 mit der Achdut Haawoda zur Mapam [Vereinigte Arbeiterpartei] zusammenschloss.

6 Bar Mitzwa

[od. Bar Mizwa; aramäisch: Sohn des Gebots], ist die Bezeichnung einerseits für den religionsmündigen jüdischen Jugendlichen, andererseits für den Tag, an dem er diese Religionsmündigkeit erwirbt, und die oft damit verbundene Feier. Bei diesem Ritus wird der Junge in die Gemeinde aufgenommen.

7 Novemberpogrom

Bezeichnung für das [von Goebbels organisierte] ‚spontane‘ deutschlandweite Pogrom der Nacht vom 9. zum 10. November 1938. Im Laufe der zynisch als ,Kristallnacht’ bezeichnete Pogrom, wurden 91 Juden ermordet, fast alle Synagogen sowie über 7000 jüdische Geschäfte im Deutschen Reich zerstört und geplündert, Juden in ihren Wohnungen überfallen, gedemütigt, verhaftet und ermordet.

8 Brunner, Alois

wichtigster Mitarbeiter Adolf Eichmanns, organisierte den Massenmord an den Wiener Juden, den Juden, die in Griechenland lebten, in Frankreich und der Slowakei. Brunner wurde nie gefasst.

9 Palästina-Amt

Auswanderungs-Organisation der Jewish Agency in Deutschland, die ausschließlich die Auswanderung der jüdischen Bevölkerung nach Palästina durchführte. Das Palästina-Amt kümmerte sich um die nötigen Visa und den Transport der EmigrantInnen. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde das Amt unter stärkere Kontrolle gestellt, konnte aber noch bis Frühjahr 1941 weitgehend eigenständig arbeiten.

10 Kapitalistenzertifikat

Um nach Palästina legal einreisen zu dürfen, musste man eine hohe Summe an Geld den Engländern vorweisen können, dann bekam man ein Kapitalistenzertifikat oder man erlernte einen landwirtschaftlichen Beruf, dann bekam man das Arbeitszertifikat.

11 Joint

Kurzform für ‚American Joint Distribution Committee’ (Vereinigter amerikanischer Verteilungsausschuss), ein Hilfskomitee für jüdische Opfer des 1. Weltkriegs, das 1914 gegründet wurde. Seit dem 2. Weltkrieg ist Joint die internationale Zentrale aller jüdischen Wohlfahrtsverbände.

Lucia Heilman

Name of interviewee: Lucia Heilman
City: Vienna
Country: Austria
Interviewer: Tanja Eckstein
Date of interview: September 2012

Dr. Lucia Heilman still lives in the apartment her mother received from the Russian commandant’s office after the war.

She later lived in this apartment with her husband and raised her daughters there, so it contains many memories.

She felt more at home, however, with her husband in the smaller apartment on Semmerring.

She said that this apartment suited her better

  • My Family History
  • My Childhood
  • During the War
  • After the War and later life
  • Post-scripts

  • My Family History

My grandfather, Josef Treister, my mother’s father, was born in Debina in 1873. My grandmother Anna, née Friedmann, was born in Terebovlia in 1879. The lived in Ilavche, a small town near Terebovlia, which – just like Debina and Terebovlia, was in Galicia and part of the Austro-Hungarian monarchy.

fter the collapse of the monarchy in 1918, the area belonged to Poland, then from 1939 to the Soviet Union, and, following the collapse of the Soviet Union, to Ukraine.

My grandparents owned a large estate in Ilavche where they lived with their three children, my mother Regina, who was born in 1900, her brother Arnold [Romek] who was born in 1901, and her brother Julian.

Julian was the youngest. He left the family in the early 1930s and lived in France. I first met him after the war. He was married and had three children that still live in France. One son is very religious.

In 1914, at the start of the First World War, the Cossacks attacked this part of Galicia and many people fled. Even my grandparents. Back then Vienna was the capital of the Austro-Hungarian monarchy, and so my grandparents fled with their children to Vienna.

My mother was 14 years old at the time. In Vienna she went to High School on Albert-Gasse, in the 8th district, and finished her education with the school leaving exam. Just after the exam she began her studies in chemistry at the university. Since she didn’t have any money for the doctorate fees, she received her doctorate shortly before my birth. 

I never met my grandmother; she died in 1931 of heart failure. Her grave is located in the Central Cemetery, at Gate 4.

In Vienna in 1921 my mother married Leon Steinig, who was born in Terebovlia in 1898. That was long before my time. Back then they lived at Währinger-Strasse 110. Leon Steinig was a lawyer and I know that he held a high position at the League of Nations.

The League of Nations had the idea that they could make peace by asking wise people, who would say what you had to do so that peace reigned amongst the people. The most famous of these people at the time after the First World War were Sigmund Freud and Albert Einstein.

And the League of Nations’ idea was that Freud and Einstein should exchange letters and that these two clever minds should find out how to live together in peace in Europe. And Steinig was assigned to ask Freud to begin a correspondence with Einstein.

They then corresponded with each other a few times [Note from the Internet: In 1932 the League of Nations asked Albert Einstein to begin a public exchange of ideas with a person of his choosing on a topic of his choice. The physician chose the topic of war and Sigmund Freud as conversation partner.

In July 1932 there was single written exchange between the world-renowned physicist and the father of psychoanalysis on the topic of war. Einstein’s central question in his short letter was: Is it possible to direct the psychic development of man, so that he is more resistant to the psychoses of hate and destruction?

Sigmund Freud’s lengthy reply followed in December and appeared rather pessimistic. He didn’t see any chance of success in wanting to remove aggressive tendencies, but added at the end of his letter:

Maybe it isn’t a utopic hope that the influence of both moments – the cultural attitude and the justified fear of the effects of a future war – will bring an end to the waging or war in the foreseeable future. And Freud the skeptic would be proven right. In 1933, when the epistolary exchange appeared in a small circulation, the unmistakable signs of war emerged again with Hitler’s take-over of power.]

My mother was very modern and of the opinion that you should tell children everything respective to truth from the start. That’s why I know that in 1923 my mother had a boy, Martin Elia Steinig. She delivered him in Vienna and when he was just a few months old she went with her husband and the child to Poland, where she was born. She wanted to see was left over from the property as well as the large estate after the war.

There was nothing there. The houses and fields were destroyed; they couldn’t find anything. There the child came down with dysentery, which is a horrible plague. My mother quickly went back to Vienna with the child and he went immediately to a pediatric hospital.

She couldn’t even really visit him, since the illness is very contagious. The child died at the age of eight months. My mother told me everything and blamed herself, since she felt guilty for the death of her child.

  • My Childhood

I know that Steinig cheated on my mother; she told me that as well. They were only divorced in 1933. So I was born out of wedlock into a marital union, since I was born in Vienna on 25 July 1929 as Lucia Johanna Treister.

My father was called Rudolf Kraus. He wasn’t Jewish; my parents weren’t married and didn’t live together. My mother and I lived with my grandfather and Fritz Hildebrand, my mother’s boyfriend, who also wasn’t Jewish, in an apartment at Pappenheim-Gasse 6 in the 20th district. That was a very small apartment: room, kitchen, cabinet [a small room].

My grandfather slept in the cabinet; my mother, Fritz and I slept in the room where there was a bed, a sofa, and a child’s bed. The kitchen was also a bathroom, the toilet was in the hall, and the water was in a bassena [a public water fountain in the hall], also in the hall. My mother married Fritz after the war. I had a very bad relationship with him: he never liked me, I never liked him. 

Several Jewish families lived in the house on Pappenheim-Gasse – I remember, because I played with Jewish children from the building. The Dankner family lived below us with four children, who I was always good friends with.

One girl, Ernestine, Erna she was called, was just three years older than me. I always played with her. I also played with a lot of other children from the neighborhood: hopscotch, catch, and hide-and-go-seek. I also remember ball games.

We would throw the ball against a wall and then we’d clap or hands or you’d have to turn around before the ball came back and needed to be caught again. And I can remember that we dug holes in the sidewalk and played with marbles. The marbles came in different colors, also out of glass. That was always something really special when you won.

There were still horse-drawn carts back then. I can remember that so well because the wheel of a horse-drawn carriage once ran over my foot. That hurt a lot, but nothing happened; children’s bones are still soft.

My father visited us every week and really cared about me. He played with me for the couple of hours he was with me in our apartment. And he always came on my birthday and brought me very lovely presents. I remember a doll and a sewing machine.

My father’s mother lived in the 2nd district, on Engerth-strasse. She was a sewing teacher. My mother and I were rarely at her place; we were there on Easter and on Christmas. Once on Easter I received a white egg made of sugar that you could look inside. On Christmas there was a Christmas tree and good food.

Shorty after my birth my mother was given a position in the Laiz Hospital [Part of the 13th district in Vienna]. The hospital was one hour from our apartment. She needed to get up at seven in the morning and would arrive back home at seven at night. Since you had to work Saturdays in those days, I only had my mother on Sundays, and there were 14 days of vacation a year. At first we were much to poor to go on vacation, but when I was older we went to Rekawinkel [Lower Austria].

My mother worked a lot and in a very responsible career. That is very difficult for a woman, and when she came home she still had to buy and cook everything. But my mother had a lot of energy. Her friends came to visit every evening. She would make tea and her friends usually brought something to eat, since she couldn’t offer anything as we were too poor. 

They ate together and chatted. Those were Jewish and non-Jewish friends and no one ever talked about that one being a Jewish friend and that one a Christian friend. There were really a lot of friends, and it was so casual that people just came. They didn’t call ahead, as is common today. The door was open to everyone.

My mother was exceptionally talented at attracting people. That’s how it was her whole life. She was very social, temperamental, and friendly, so that the men also liked her. By the time my mother was very old and fragile and living on Josefstädter-Strasse, she couldn’t really receive her visitors at home anymore. She had a regular’s table at Café Hummel and was a well-known figure there. She went there every day at three. Of course she knew the manager and all the waiters and the owner, Mr. Hummel.

She at there and received guests there. The Hummel was always a very popular café, and when she didn’t have anyone and saw that someone had come in and was looking around for seat, she would wave to them and say, “Come, sit with me, there’s space next to me.” And before they could even sit down she would begin to question them in a nice way and, after an hour, would know everything about them.

She really could do that; she had the talent of asking the right questions. The people always told her their whole story. You could sense immediately that there was really something interesting behind it. She was a very exceptional person.

My grandfather would look after me all day. He spoke Yiddish, so that I remember Yiddish well. We went for walks on the Danube Canal, he read books aloud to me, and told very good stories. I loved it when he told me stories. Each time he asked, “Should I tell you about heaven or hell?” I always wanted him to talk about hell. 

He also sang from operettas. My grandfather was a religious man and regularly went to synagogue. I don’t remember which one, but it was a large synagogue. He often brought me with him to the synagogue.

From time to time we visited my Uncle Arnold, the pharmacist, and his family. They were very well off people. His wife’s name was Cecylia. She was from Borszczow, Bortschoff in Yiddish, and her maiden name was Friedmann.

The town is also in Ukraine today, but until 1918 it belonged to the Austro-Hungarian monarchy. My uncle and his wife had a daughter, Renate, who was three years younger than me. I remember that Renate had nice toys, such as a doll carriage and lots of things I didn’t have.

I was naturally very jealous. Uncle lived at Lugeck 1. I don’t know where the pharmacy was. He owned the pharmacy with a co-partner. He earned good money, and after Grandfather started living with us my mother went to him every month and asked him to contribute something to Grandfather’s livelihood.

I remember there were always arguments. He was not very generous and only wanted to contribute the minimum to his father. And since my mother was the sole wage earner for her family and for her boyfriend Fritz, who was unemployed for a time, every penny was important, which she often argued about with him.

As a child you don’t get this, of course. Fritz, my mother’s boyfriend, was a carpenter; I think he was unemployed until 1937. Then he got a position as a lab worker in the Auersperg Sanatorium.

In 1935 I started school on Gerhardus-Gasse, in the 20th district. There were a lot of Jewish children in my class. The religion classes were divided, but otherwise that wasn’t an issue. I believe I was very good in school, but not remarkable.

I really liked going to school after 1945. In 1937 my mother, Fritz and I relocated to the 9th district, to Berg-Gasse 36. With compensation my mother rented the apartment, which was on the 4th floor. There were two rooms there and I got my own room.

There was also a bathroom in the apartment. At that time we had a housemaid, since my grandfather remained in the apartment in Pappenheim-Gasse. I can barely remember the housemaid, but I was told that she once sat me on the windowsill so that I could look out. Even though she held on to me, it was of course dangerous. She wasn’t with us very long, since Christian housemaids weren’t allowed to work for Jewish families when Hitler came.

After we changed apartments I went to elementary school on Serviten-Gasse. Then Hitler came in 1938. When Schuschnigg gave his speech on the evening of 11 March 1938 we already had a radio and my mother listened to the speech and was very distraught and frantic, and she didn’t know what she should do.

On 12 March German troops marched into Austria. I was eight years old and, as far as I remember, went by myself to Helden-Platz, since there was an event there. And as I reached the vicinity of Helden-Platz I couldn’t go any further – there were so many people on the Ring Road and on the side streets. And I stood there and heard the yells, the roaring, and this cry, “Heil, Heil, Heil…” and I knew that I didn’t belong there.

I found these cries and this atmosphere very threatening, immensely threatening. I stood there for a while, listened, and saw people climbing trees so they could get a better look. And the cries didn’t stop. Then I left under the force of the threat I was sensing, and came home completely distraught.

A short time later the director of the school came into the class and said that the Jewish children had to leave the class. Then we took our schoolbags, put away our pencil cases and notebooks, and left the class. That felt like a terrible humiliation.

Exclusion from the classroom, an expulsion, for reasons incomprehensible to me. I share that with all children that have been kicked out of school. This humiliation accompanied us as children and up to the present day.

From that point forward we Jewish children were no longer allowed to attend school like other children. They set up special classes and schools for us. One of those schools was on Börse-Gasse, where I went. But there were only lessons “of a sort” there, since we didn’t have any qualified teachers.

After school we always liked going to Schlick Park. I wanted to keep going to the park, since children play in parks after all. I remember we went from our school on Börse-Gasse to Schlick Park, and on all the benches it was written, “Only for Aryans.” The effort they put into writing that on every bench, “Only for Aryans.”

Jewish children weren’t actually allowed to enter the park any more. So then we played in the streets nearby. There were of course Christian children there as well. I was nine, ten years old at the time and the Christian boys made a sport of chasing the Jewish girls, throwing them down and hitting them.

So I was often afraid of even going out on the street, because I was afraid the boys would attack me. It was easier before the stars, since the boys couldn’t easily recognize the Jewish children yet. But then, when all the Children had to wear a star, it was dangerous. Sometimes I go to schools as a contemporary witness and once a student asked me, “Why did you wear the star, why didn’t you hide it?”

This showed me that people today couldn’t imagine the fear that we had. I would have never dared leave the house without the star, out of fear that the janitor or someone else who knew I had to wear a Star of David would see me and report me immediately. We would have been sent to prison immediately. We never thought of doing something like that – not wearing or hiding the star – out of fear.

I still had an entrance exam for the Chajes High School [A Jewish school], which I remember. I then went for half a year to the Chajes High School on Castellez-Gasse. But there weren’t any proper lessons any more.

Fritz, my mother’s boyfriend, had to move out, since we were a Jewish family and it would have been racial defilement to live with my mother. He took a sublet room, but remained in touch with my mother. I don’t know what he later knew about our whereabouts.

When the war began he was drafted into the military. I seem to recall that my mother once received a postcard from him, and he wrote enthusiastically, “We’re at the Eiffel Tower.” I think he was an enthusiastic soldier.

It was so that you needed money to have any chance of fleeing. And being a very poor family, we had no money. I can remember we later received an entry permit for America, an affidavit. I don’t know who the affidavit was from, but I assume it was from the chemist, Dr. Erwin Tramer, who was a friend of my mother’s.

Now we needed tickets for the ship. Only then did Hitler allow you to exit. We had the exit permit, but no ship tickets, and since we didn’t have any money my mother asked her Jewish friends – she did have that large circle of friends – if they could lend her money. People still thought of borrowing money back then. But she couldn’t gather the money for the ship tickets. 

My mother learned about the Kindertransports and we considered whether she should sign me up so that I could get away. But then she didn’t have the heart to send her only child – after already having lost a child – away to foreign people in a foreign country. She didn’t bring it about. And when the transports began she felt guilty again for not having at least saved her child. And then she did everything she could to keep us from being deported.

My father tried to get us out of Austria. That’s why he had himself transferred by Siemens, where he was working, to Iran, and worked in Iran as a lighting engineer for Siemens. He wanted to help us with entry into Iran.

In Iran he was given the assignment of building lighting equipment for a trotting course. But by this time the war had started. By the time the English and Russians invaded neutral Iran, a ceasefire treaty had been arranged.

This made my father an enemy foreigner and he was interned with many others and then brought to Australia. At first he was in an internment camp there for a short time. Then he was released and established himself as a math teacher in a small city, in Castlemaine. He was provided with a house. Everyone there lived like that – everyone in a house with a yard. 

We never saw my father’s family again; everyone was frightened. My father’s mother died in 1945.

My mother lost her position in Lainz, and then our apartment was commandeered. One day a couple came and looked at our apartment. They liked it, and we had to get out within 14 days. We needed move into a collection apartment, which was at Berg-Gasse 20 with 20 people crowded together and only one kitchen and bathroom. Those were horrible conditions. We were naturally not allowed to bring anything from our apartment. The Nazis took everything.

  • During the War

In 1938 my grandfather was still living on Pappenheim-Gasse. Then Hitler said that people had to take in their parents, so then my grandfather lived with us again. I can still clearly remember how the SS took my grandfather from Berg-Gasse to Buchenwald [Buchenwald concentration camp, close to the city of Weimar, Germany]. That was a horrible experience. SS officers dressed in black came to the door of our apartment; it was evening, but you could still see into the courtyard.

My grandfather suddenly seemed incredibly old to me. He was wearing a thick winter coat, had a small suitcase in his hand, and SS officers to his left and right marched with him through the courtyard.

I had spent my whole life with my grandfather. I was closer to him than anyone else, since he was always with me. He was the one who looked after me, he was my playmate. There it was again – the threat. And everyone – even me – knew that we would never ever see him again.

My grandfather was interned in the Prater [a large park in Vienna], in the soccer stadium, with other men – only men were being collected at that time. It was communicated to my mother that she was allowed to bring him something to wear.

What she was allowed to bring was prescribed. With a little suitcase that had his name written on it we positioned ourselves by the stadium to hand over his things. While we stood there in line, we weren’t allowed to speak and could only barely move. Whoever misbehaved would be pushed or beaten by the stewards, or even the SS men. It was terrible!

Those are the worst experiences for a child – when you see your own mother being beaten by others, when you’re helplessly at the mercy of other people. We handed over the suitcase for Grandfather and shortly thereafter the people in the stadium were transported to the Buchenwald concentration camp.

My mother – and even I – knew that the people would be murdered, and I would argue that all of Vienna knew, and even hoped, that those people being deported would never come back. They might not have known at the very start, but from 1941, when the transports started, everyone knew they were being sent to their deaths. And the so-called Aryans stole everything from the deportees, so of course they didn’t want them to come back ever. And then the telegram arrived with my grandfather’s death certificate. He died on 23 October 1939 in the Buchenwald concentration camp.

In 1941 the transports from the collection apartments began. That means that trucks drove up in front of the buildings and everyone living there needed to board the trucks and were deported; first to one of the collection camps, like the one on Castellez-Gasse, for example, and then onward to the ghettos, concentration and death camps.

My friend Erna Dankner, who I’d always played with, was deported in 1942 with her parents, Sarah and Moshe, to Theresienstadt and then to Auschwitz, where she and her parents were murdered. I know that her brother Sami and her sister Hannah survived because they filled out a memorial pages for their parents and sister at Yad Vashem [Holocaust memorial site in Jerusalem].

Reinhold Duschka was my father’s best friend. My parents were already friends with him in their youth and in a youth organization. I know what kind of guy he was. They went hiking together, sang together, discussed god and the world – they ways that young people back then spent their free time together. And my mother even met my father in this youth group. And Reinhold and my father always went rock climbing together. They climbed all kids of mountains - they conquered these rocks properly with ropes. They went rock climbing every Sunday.

Reinhold continued to visit us regularly after Hitler’s invasion. Of course he was also afraid, but he came anyway. When the transports began Reinhold came and offered to hide my mother and me. He didn’t want to see the child of his best friend murdered.

My mother was happy that he was courageous enough to take on this danger. I think there were only a few people in Vienna as courageous as Reinhold. There were 88 in all of Austria.

Reinhold had a small apartment near Hietzing [Vienna’s 13th district] where he lived, and a workshop at Mollard-Gasse 85a. 85a isn’t an apartment building, but is rather, to this day, an industrial building. In the large house there are five floors where there are only workshops: for wood, a violinmaker had his workshop there, and for metal.

I remember one workshop where they made enamel products. Reinhold had a metal shop and was very artistic in that he made very lovely metal objects. He made things out of brass, copper, and silver. The silver objects were very expensive, even the dust from filing was expensive and would be gathered up.

He shaped them with hammers; he had different shaped hammers he used make art. The base was soldered. I learned how to solder and was then “the solderer.” He made vases in all shapes and sizes, beautiful copper objects, fruit bowls and ashtrays. He even made bracelets. The objects were mainly ordered, meaning that customers would come and say, I need ten vases in this or that size.

His workshop was also a kind of gallery space where all of his beautiful arts-and-crafts objects could be seen. Reinhold also studied with the renowned architect and designer Josef Hoffmann at the arts college. He was very talented. His buyers were the Wiener Werkstätte – before the 1932 bankruptcy – and businesses. Even private customers bought objects from him. Later he couldn’t get any more copper sheet, since they needed it for armaments. He then worked with sheet aluminum.

He hid us in the workshop. He built for us a kind of shed, so that if someone came into the workshop – and various people did come: customers, the mailman, and deliverers – and if someone rang the door we crawled into the shed.

The shed was made of wood and was like a very, very large and long box. We had mattresses and blankets and could sleep there. No one suspected that people were hiding in there. When someone was in the workshop we needed to be very quiet of course, couldn’t cough, and Reinhold would try to usher the person out as quickly as possible. He kept us all those years.

My mother and I worked with him, and the more we worked, the more objects he could produce and sell and, with this money, provide us with food. Back then he had connections to a grocery store, which always sold him expensive products under the counter.

We always had bread. We were in the workshop during the day, and when someone rang, we crept into the shed very quickly. Reinhold was something like my father for those four years. 

Difficult times naturally bind people together. He did everything to help me; he played, for example, board games with me and borrowed books for me. He taught me a lot, but I didn’t have the talent for artistic copy.

But I welded and hammered and prepared objects and he shaped them. It was a blessing that I had something to do. Over the course of those years mother never went outside, but I was a child. It’s a lot more difficult to keep a child in a workshop, because the need to move is greater. You can’t run in a workshop, you can do athletic exercises, but you can’t run.

When my mother and Reinhold saw that I couldn’t stand it anymore and that I’d go crazy if they didn’t let me out, then they would let me out. That was very dangerous, since a child must be in school. But no one ever asked me. I ran as far as Grinzig. I ran up the Cobenzl [a 492m-tall hill in Vienna’s 19th district], ran down through the Vienna Woods, everything on the double. I can remember three or four times in four years. I didn’t have any orientation problems or fear. Strangely enough, I am a person with little fear, even today.

I almost like to describe it as careless. I was afraid in the workshop when the doorbell would ring. Even today I still find it unpleasant when the doorbell rings. This is a matter of a short moment, but it has stayed with me. Otherwise I’m rather fearless.

You can imagine the sort of desperate situation my mother was in that she allowed me to leave our hiding place. She must have been incredibly afraid for me.

I had a map in the workshop and I marked where Hitler was with his soldiers with pins. We also had a radio, a Volksempfänger [a type of radio receiver], so that we could listen to the news. There were only success for the first years of the war, and I marked them with pins on the map until German troops were 50 kilometers outside Moscow.

I was in the Soviet Union once after the war, and someone had marked the place. 50 kilometers – that’s no further than from Vienna to Baden. But then the Germans had to turn back. I also marked that with pins, of course.

In March 1944 the air raids began in Vienna. I don’t know what my mother felt, but I felt joy. Almost every day around 11 there was advance warning that the airplanes were coming to bomb Vienna. That was announced on the radio.

The people could prepare for the attack, and whoever could, went into an air-raid shelter. We didn’t dare go into the cellar, because if we had gone, then someone would have asked for identification and where we’re from.

One day in November there was an air-raid alarm on a Sunday. My mother said, “today we’ll go; today there won’t be anyone in the cellar, since the people from the workshops aren’t working and if someone asks us we’ll talk ourselves out of it.” The workshops were on the fourth floor and we went down the stairs. By the time we reached the basement the bombs were already falling.

A bomb even fell in the workshop courtyard. Like very Sunday, Reinhold was climbing in the mountains. Before we reached the cellar, another bomb fell, and we were completely covered in dust. We couldn’t see anything and moved through the dust and there were maybe 10 minutes between the craters made by the bombs. We tried to squat down, we didn’t see anyone else because there was no visibility. After some time it calmed down, the airplanes disappeared.

We saw in the courtyard that the fifth floor of the house was gone, there was no more roof, and flames were leaping out the fourth floor. So we knew we couldn’t go back. The workshop, our accommodations, our hiding place, were burnt. We couldn’t leave.

Finally Reinhold came. We were all happy to be alive. Then Reinhold said: it’s very cold, but we need to go to Hütteldof [part of Vienna’s 14th district] to his summerhouse. We were familiar with the summerhouse, since before the war Reinhold would often invite us in summer.

There definitely won’t be anyone there, that’s good, so no one will see us when we arrive. On the other hand, if someone does see us we’ll be exposed, since there are no people in this settlement at this time of year.

Luckily there was chaos and many homeless people were wandering around. So we went there together on foot with nothing– the trams weren’t operating since the tracks had also been bombed – and spent the night there. It was November, it was freezing, it was a summerhouse – there was nothing to cover up with and there was also no heating.

The next day Reinhold and my mother decided we would go back in order to see if we could use anything, maybe not everything had been burned. The most important thing for us were the tools. Maybe we would find some tools in the debris. So we all went to Mollard-Gasse.

The conditions were chaotic; no one paid you any mind. A sort of kitchen had been set up in order to give the homeless people something to eat. I remember the soup, which tasted so good.

When we were in the stairwell we saw that the steps hadn’t been damaged. When we got upstairs we couldn’t see where the workshop had been, since the debris from the roof lay on the fourth floor, burnt and crumbled. Then Reinhold located where the workshop had been and we began to look.

The floor was still there; otherwise everything was full of debris. We needed to push the rubble away with our hands. And then we really did find the hammers, but without handles, since they’d been burned by phosphorus bombs, which burn everything to ash.

The metal parts were still intact. We squatted down and looked for anything of use in the wet debris – the firemen had fought the flames. Suddenly my mother found a prayer book. As we had begun to hide, she had brought various things to Reinhold’s including four of my grandfather’s prayer books for the Jewish holidays. She had hidden the prayer books deep down.

My mother was horrified –if a fireman had found them, it doesn’t bear contemplating! I have one of them, it was actually in good condition save for the edges and the cover, which were charred. I don’t know how they survived. A wonder!

We didn’t know where to go. We put all the salvaged things in a corner and went back to the house in Hütteldorf. It was fairly high up, on Wolfersberg, and had a large window. I stood there and watched Vienna burning. And I was really happy that Vienna was burning. I felt like Nero. Nero had set fire to Rome. I was Nero and Vienna was burning.

Even my things were all burnt. I still had teddy bears at Reinhold’s; everything was burnt. I was 15 then – already 3 years in hiding.

The next day Reinhold tried to find an alternative to his workshop. A friend of his had a shop on Gumpendorfer Strasse [near to the first hiding palce] he wasn’t using and gave it to Reinhold.

For two or three nights we slept in the horrible cold in Hütteldorf. I didn’t get sick the entire time, but my mother had a bad flu once. She lay in the shed on Mollard-Gasse and it kept getting worse. She discussed with Reinhold what happens if she dies. She suggested, if she really does die, that he cut her up and bury the pieces in the garden of his garden house. I heard all of that; it was really, really terrible.

There was a large oven in the shop on Gumpendorfer Strasse, and it also had a basement section for wood and coal. First Reinhold heated up the oven so that we could warm up a little, then we took a look at the basement section, and that’s where we sat in the dark, since the place had a large display window meaning we couldn’t stay there. And once the heating supplies became limited, Reinhold collected lumber on Gumpendorfer Strasse.

There had also been a rain of bombs on Gumpendorfer Strasse and many houses were destroyed, so wood was lying in the street. The wood made the oven very hot. We needed to sit in the basement, but when it got too cold for us we went upstairs to warm up.

This time from November 1944 until April 1945 was very, very hard for me. I became depressed and unresponsive, so that my mother was frightened for me. This time was so difficult for me that I didn’t speak anymore. The dark cellar, the cold, nothing to do but sit very, very still in the basement, since other people were coming into the cellar. That was unbearable for me

On 13 April Reinhold came and collected us. He saw Russian soldiers. We left our hiding place very carefully and full of fear and saw Russian soldiers marching down Gumpendorfer Strasse. Thousands…madness… yes, thousands!

It’s a feeling you can’t describe, how the Russians came and I was finally freed. An incredibly exhilarating feeling! I was happy, I was blessed, I could finally run where I wanted, and I could sit on every park bench.

  • After the War and later life

My uncle, Arnold Treister, my mother’s brother, fled with his wife and their daughter Renate to France. His wife and daughter survived. My uncle was turned in by the French and deported from Drancy – that is 20km east of Paris and was a collection and transit camp – to Poland, and in Poland he was murdered in the Sobibor or Majdanek death camp.

I told my story for the first time in 1994 to the Israeli photographer Alisa Douer for the film, “He who saves a single life, saves the entire world,” a verse from the Talmud. Even my husband barely said anything about his story to our daughters. We didn’t have time to tell – school, our work, our travels…

My daughters knew that Reinhold had hid my mother and me. They knew Reinhold, since we were always friends with him, but they didn’t know exactly. And in 1994 they were already grown up. I found talking about this time in 1994 was very, very difficult.

I couldn’t talk for more than 20 minutes before feeling like I was going to suffocate. I was choking. Alisa understood that of course, and would always say: I’ll come back tomorrow.

Afterwards my older daughter – she was born in 1955 – said to me that she is a damaged child because of my story, a child of the second generation. She feels different than others; it doesn’t matter if I told it to her or not. She had the feeling it had been carried over.

At first we still lived in the shop. Then my mother was able to get a furnished, unoccupied apartment on Albert-Gasse through a Russian commandant’s office in the 8th district. The apartment had belonged to a fairly high-up Nazi who had fled to western Austria.

The most important thing for my mother and me were documents, since we were left without documents. My mother went to city hall and there was no problem getting our birth certificates and citizenship documents in no time. The next step was work. We needed money, since we had nothing.

We would wash our things in the evening and put them on again in the morning. Sometimes they were still damp, but those were trivialities. Without money – that was difficult. So my mother went with me to the hospital in Lainz, since my mother had worked there until 1938.

The trams were still not running and we couldn’t have ridden with anyone, since the streets were still destroyed. So we walked. At the head office my mother demanded her position back. They told her it was impossible, since someone else had the position.

When we went back we met the well-known actor Paul Hörbiger. Hörbiger was so well known that even I knew him. He was also walking and told us that he was in a resistance group. Then my mother asked persistently in the town hall and demanded her position, and since the Russians were in Vienna and a lot of people were afraid of the Russians, my mother was able to get her position back. But since the hospital didn’t want to fire her replacement, so they shared the laboratory.

So my mother worked side-by-side with this woman. They shared the work and my mother took over taking blood samples and determining blood sugar levels. That’s how my mother began earning money for us again.

The war was over in April and in June the schools were open again. There was a girls’ high school on Albert-Gasse. My mother went with me to the director – she was new, since the school had to dismiss the old Nazi director. My mother talked the whole time.

I had gone to primary school for four years and then nothing. The director suggested that they register me with my age group for the first months, and then we’ll see. If it didn’t work, they could always put me in a lower lever. So I arrived to the 4th high school class.

The director said there were also a lot of teachers that would be glad to give after-school help and that we should take some of these teachers for math and English, since those were subjects you needed to learn from the start.

So I went to school. Alone the feeling of being able to go to school was unbelievable; I didn’t walk, I hopped. I received tutoring, particularly in math. I woke up every morning between 4:30 and 5, sometimes it was freezing in the apartment since there were problems with heating after the war, and studied intensively and concertedly.

After studying I was so hungry that I absorbed everything like a sponge. I didn’t have to study so much for the regular lessons, because I could do it automatically, I memorized everything. It was very hard the first year, especially in math and English. But the teachers forgave me for that, since they saw how much effort I put in. By the third year I was already one of the best.

I was exotic at school – the only Jew. There were still Nazi instructors that tried to treat me unfairly, but at least the children were all the nicer to me for it. They compensated for the unfair treatment with exceptional friendliness. I never had issues with the children; they liked me from the very start.

I was well integrated into the class. I was tasked with erasing the board and loved it. No one wanted to do that, but that was the definition of school for me. I sat in the second row the whole time.

The best pupil sat next to me – a very nice girl. Orthography was difficult for me, since that’s something you learn over the years. When we wrote essays I was always done very quickly and she improved my spelling under the table. I always went home to study after school.

That’s how it was until the end. And my mother always supported me. She paid for all the tutors and did everything so that I could learn. No one asked about my story and I didn’t say anything. That chapter was closed, suppressed, behind me. I studied day and night and finished my exams at the age of 18.

My mother’s boyfriend – whom she married in 1946 – lived on Josefstädter-Strasse and they lived temporarily and not very harmoniously together. My mother’s relation to Fritz was the sort that all her friends and relatives didn’t understand how she could even be friends with him.

My mother’s Jewish friends were all gone after the war. They had either fled or were murdered. I can remember that she was in touch with friends that had fled to the USA. But since my mother was so social it didn’t take long until she had a large circle of friends. And then they would all come by our apartment.

After my High School exams I wanted to study medicine. I wanted to every since I was a child. Then I enrolled in Vienna and took the first exams in physics and chemistry. Then I received the authorization to leave for Australia.

After these experiences in Austria during the Holocaust I had the feeling that I couldn’t stay. It’s impossible for a Jewish person to keep living with Nazis in the neighborhood and with the population’s sympathies.

I wanted to go to another country in order to put these people behind me. In my eyes they all had blood on their hands and that was a reason to emigrate. Australia was an option because my father was there. But my mother didn’t want to go to Australia and she didn’t want to emigrate.

Back then you needed to have an entry permit. And then you had to pay for part of the ship tickets. It was an emigrant ship, since a lot of people were emigrating at that time, and there was a Jewish-American aid organization – the Joint – that paid for a large portion of my trip.

At that time I had just met a man. He wanted to immigrate with me to Australia. I was to travel first, have a look around, and then I was supposed to obtain an entry permit for him and he would then follow.

When I was in my 7th year at the school, my future husband, Alfred Heilman, was standing in front of our door one day. He wanted to visit my mother.

He was born in Lviv. He had six siblings: Henje, Rosa, Dora, Lina, Philipp, and Wolf. The family lived in Lemberg before the war and my husband went to a school there where they also taught German. After his exams he couldn’t study because there was a numerus clausus for Jews in Poland.

So she studied bookbinding. Then the war came. Shortly before then Hitler and Stalin had signed a secret pact – the Hitler-Stalin pact. Then the Russians and Germans divided Poland. The Russians invaded Lviv.

When the Germans invaded Lviv in June 1941, my husband fled to the Soviet Union and became a soldier with the Polish armed forces. This army fought with the Allied forces. In 1943 my husband fought in Crimea against the Germans as a combat medic, during which time he pulled a Russian soldier, who was badly injured, out of the clashes and brought him to a medical post.

This man was Jewish and after the war spent a long time looking for my husband and found him. That was very difficult, since my husband had two surnames. His parents had been married in the Jewish community but not at the registry office, so the children were named Rittner after their mother.

After the war all six took on their father’s name, Heilman. I think it was in the 1960s when he found my husband. His last name was Kofel and we visited him several times in Haifa. We always called him “the saved.” As both he and my husband were already dead, I still met up with his wife in Haifa whenever I was in Israel.

I don’t know why my husband left the army or was otherwise discharged. He then worked in a foundry in Sverdlovsk, in Siberia, under very poor conditions. After he had met the factory director’s wife and they fell in love, she sponsored him and saw to it that he could attend a technical college.

He studied there until the end of the war. After the war he wanted to look for his family in Lviv. His siblings had had Christian friends from sports  - all his siblings were very athletic and had been members of a sports club for years.

They got papers from some of their friends from the sports club. When the siblings had to separate they arranged to leave notifications about their whereabouts with the caretaker of their house in Lviv after the war. With permission from the university, my husband left for Lviv to find his siblings.

The house was there and the caretaker really did have news. They all survived – some in Germany as forced laborers. They had arranged to meet in the city of Bytom. My husband forwent the continuation of his studies and met with his siblings in Bytom. Their parents were gone; they had been murdered.

Philipp, the eldest brother, had rented an apartment, but they didn’t want to stay there. They decided to immigrate to South America and tried to get an entry permit. During this waiting period my husband found work as a waiter in a small coffeehouse.

They stayed in Bytom for around a year, then they all left for Vienna. Back then Vienna was a transit station for refugees between old and new homelands. When my husband bid goodbye to the owner of the coffeehouse and said that he was going to Vienna, he said, “oh, if you’re going to Vienna, then be a dear and give my regards to a distant cousin I have there and tell her about me.”   

When they arrived in Vienna they lived in a hotel on Heine-Strasse that was set up for refugees. One day my husband took the address and went looking for his boss’s relative.

This relative was my mother. And so one day he stood outside the door to our apartment. My mother – the hospitable woman that she was – invited him to dinner and walked around with him a bit through Vienna. Then she said, “my daughter isn’t here at the moment, but you can meet her in a week.” And that was that! Unbelievable!

When I saw my husband for the first time I just looked at him and was already in love. It wasn’t any different for him, he also fell in love with me immediately. I was still very young – just 17 – and he was 26 and already a mature man. Despite my experiences, I was still a young girl. I felt very grown up, but wasn’t of course. My husband couldn’t speak very good German, but he had to speak German with me, since I couldn’t speak Polish. That definitely helped him to learn German quickly. He made it happen it within a year.

Then his siblings’ entry to Bolivia was approved. My husband wanted to stay here of course; firstly, because he was in love with me and secondly, because of the prospect of studying engineering in Vienna.

His sisters Henje and Rosa had met French prisoners of war during the war and wanted to go to France to look for them. So the siblings split up. My husband stayed in Vienna and Henje and Rosa went to Paris, looked for their boyfriends, found them, and married.

Dora, the third sister, also went to Paris even though she didn’t have a boyfriend there, and Philipp, the eldest brother, didn’t want to leave the sisters alone and accompanied them. Only Wolf went to Bolivia. He took a female friend, married her, and stayed in Bolivia.

Dora became severely ill with tuberculosis. Her brother Philipp did everything to save her. They sent her to the south of France, to Briancon, a mountain town with sanatoriums. Philipp was a very industrious man. He began working immediately in Paris and financed everything for his sister. She even underwent an operation; they took out the lesion but even then she still wasn’t completely healthy.

My husband enrolled at the Technical University here. He didn’t have any money and had to stay afloat with only occasional work. He was then able to afford a sublet, but he was still poor. And then we had to separate, since the time had come for my trip to Australia, which had already been arranged for a long time.

First I went by train to Marseille where we were gathered. There were about 1,000 of us passengers, many of them young people. The ship was a real immigration ship. In the freight room they had set up bunk beds to accommodate everyone. I was alone and had thirst for adventure.

It was a wonderful journey. It took a month to reach Melbourne. The ship had to be repaired for a week in between; everyone was flustered but it didn’t bother me. One more week at sea, I thought. I really enjoyed the trip.

My father picked me up from the port in Melbourne. I recognized him immediately; though he probably didn’t recognize me, since I was eleven when he left me. He hadn’t changed much. It was a reunion with many tears. We both cried a lot.

From Melbourne we went by train for two hours to Castlemaine, the place where my father was living back then. In Castlemaine there was a cinema, multiple tennis courts and schools. My father taught math at one of the schools.

He lived in a small house with a garden together with a woman he later married. I got my own room and a room he had set up as a laboratory. My father researched crystals. He was able to crystalize metal. Up until then no one thought it was possible.

At that time you could only make crystal forms out of salts. But no one knew what to do with this discovery back then. Only since television is there a point to these crystals.

Castlemain was a typical English town. The people had lived there in peace for a long time. They had no idea about life-threatening situations and I found them all boring. My father wasn’t boring, of course, but he had to work. His friends looked after me well. But I was really bored.

I still wanted to study medicine, but in order to do so I would have had to go to a boarding school – they were tied together. You also had to pay for your studies and the boarding school cost a lot of money, which my father couldn’t afford. I couldn’t study there.

My father and I thought about it – since you could train for a lot of wonderful careers – but I only wanted to study medicine. We looked into how it might be possible, but if fell through because of lack of funds.

My father would have had to finance it for many years, since it’s such a long program. I didn’t want to stay in Australia without a study program, since everyone could study for free in Vienna. So I decided to go back in order to study.

There was no Joint for me back in Vienna. My father had taken out a loan in order to pay for the return trip. He was very sad, but he understood. I never saw him again, but we were always in touch and he always sent me a gift on my birthday. I always sent him books about crystals. My father died in Australia at the age of 85.

My husband was disappointed that I came back, since he would have really liked to live in Australia. Even though the ship went as far as Genoa, he came to pick me up in Naples and we took the train together to Vienna.

I could then immediately continue with my studies. I had lost a year, but many of my classmates hadn’t passed the first exams in Chemistry and Physics, so they weren’t much further along than me. I was able to successfully study and at some point we decided to get married.

But my husband didn’t have Austrian citizenship, so if I had married him I would have become stateless. I needed to apply for a retention of my citizenship, which took time. The next hurdle was that, amongst Jews, there was a kind of unwritten law that when there are sisters, they need to get married first. Three of his sisters were married but one of them wasn’t. So he wanted to wait until she was also married.

Dora finally met a young man in Briancon who she married. Then we got married at the registrar’s office on Waehringer-Strasse. Back then there was only one Orthodox rabbi in the 2nd district and he married us according to Jewish law. I wore white with a veil, but the veil wasn’t enough for the Orthodox rabbi.

They threw another white scarf over me so that you could really see nothing. It was all very traditional – with circling seven times and my husband signed the ketubah. Our wedding was one of the first Jewish weddings in Vienna. Many of my students were there. I still meet with one of them today and whenever he sees me, he says: I will never forget your wedding.

When I was married, my mother said: I am giving you the apartment, what do I need with all these rooms to myself. I didn’t want that, I was still a student. I wanted to study, not clean floors. I couldn’t even cook. But my husband wanted it – he liked the apartment, of course. So I complied.

My mother moved in with her husband on Josefstaedter-Strasse – they were married in 1946 – and handed the apartment over to us. When we were doing better financially, we had a maid. But that didn’t actually suit me, since I had never lived like that; I didn’t grow up like that. In the apartment we bought on the Semmering, which was very small, we were comfortable. We felt so comfortable precisely because it was so small.

My daughter Viola was born in 1955. What a joy! So many miracles took place because of Viola. It was so lovely that I even began familiarizing myself with the kitchen. I had interrupted my studies so that I could do everything with her.

A year and a half later I was pregnant again – the second child was a boy. Another great joy! Shortly after the birth someone told me there was something wrong with the child. He was born with a congenital heart defect and only lived for four months.

It was so horrible that I’ve never been able to recover from this shock. I was just sad, incredibly sad. But I still had my young daughter, Viola, so I had to pull myself together somehow. With all my energy I managed to live. It was horrible for my child to be with a mother who was always sad. That was very, very difficult and it surely has an effect on my daughter to this day.

I was a depressive mother for six years. My mother-in-law came once from France to visit. Many years later she told me that I always wore the same thing and never smiled back then. I was just living, nothing more. I could not recover from the shock over the death of my child.

I didn’t want to study anymore. My husband also suffered, but he had also great success in his career during those years. He didn’t allow himself any vacation time, since he had to earn money for us. He was always working, even Saturdays and Sundays.

I think Viola was already in the second grade when we both went on a ship voyage to Algeria during the school holidays. That’s the sort of thing that always attracted me. That was the first step on the road to recovery.

We came back after fourteen days and I felt a bit better, was able to adjust again. For all those years my mother had told me I should keep studying, since I had almost reached the end of my studies, but I wasn’t able. I could no longer see the point of studying.

A year later Viola and I took a boat trip down the Danube. We went along the Danube to the Black Sea, then transferred to a large ship and took it to Crimea. That was a magnificent voyage and we had a wonderful vacation in Crimea. There I saw why the Black Sea is called the Black Sea. They rocks leading up to the sea are dark grey there.

The trip brought me out of my depression. I was still doing well on the way back and thought now I’ll gather myself together and finish my studies. My husband had put together an application to the university and –– despite the long break for obvious reasons – they let me continue with my studies without having to retake the exams.

I began studying again and my husband gave me a lot of support. He was second to none! Then I passed the first exam with honors. Then came one exam after the other – no more honors, but I was happy to slip through. Then I finished my studies. My daughter Viola was at my graduation. She was ten years old. My mother was also there. She was very pleased.

Back then it was the case that they scrambled to get the graduates, since there weren’t enough doctors. They told me at once that I should go to the AKH [Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien – General Hospital of the City of Vienna – the university hospital, the largest hospital in Vienna]. First I was in the ENT department of the AKH.

I had no clue and had arrived with illusions. I had imagined wonderful doctors and good relationships with the patients, diagnosing, and so on. The AKH was an establishment with obsessively ambitious people. It went so far as everyone viewing each other as competition.

The ENT department had a roof garden where I went every day and almost cried. The good relationship between doctors and patients didn’t exist. The doctors also didn’t explain anything to a newcomer like me. Everyone just wanted to keep each other down.

And this hierarchy: when you get around to a patient, go first to the professor, then to lecturer, then to the senior physician, etc. I was curious and inquisitive – I wanted to hear everything from the patient and see what the professor said and did.

So I went ahead and the senior nurse pulled me back immediately. I completed the months there and thought, if that’s the medicine I fought so hard for, then it’s not for me. But I also thought it might be different at another hospital.

So I left the AKH even though there was a very good professor in the children’s ward who told me I should maybe specialize in pediatric medicine. But I was so afraid of the AKH that I didn’t want to do the training in pediatric medicine there.

My next hospital was the Kaiser Franz Josef Hospital and my next department was with internal medicine. You had to stay for nine months and it was very, very different there.

There was a senior physician there who put in the effort to teach me everything an internist needed to be able to do. That was terrific for me. I also made the effort to learn everything that a doctor needed. To the patients I was the young Doctor – which also improved my self-confidence.

There was a professor there researching gout. Back then gout was an illness that people in Austria had no idea about. My sister had a sister in New York who had immigrated before the war. He wrote to her and she sent me a long report about gout. I went with this knowledge to the professor of internal medicine and he was impressed.

In America there was already medicine for gout, since gout is a very painful illness. That was a big deal for Vienna. There was also a different dynamic between doctors and patients at the Kaiser Franz Josef Hospital. The doctors spoke to the patients and also looked after them emotionally.

Even the colleagues didn’t want bite one another outright, since they were happy that I could take on some of their work. I went through all the departments until my internship was complete. I was there for around five years.

In 1968 my daughter Monika was born. I was working in the Barmherzige Brueder Hospital at the time. Then we arranged for a nursemaid.

My husband grew up very religiously, but through fate deviated from his strict religiosity. It was financially impossible for us to keep kosher and observe the Sabbath. Our living conditions in Vienna were such that we couldn’t live religiously. Even his siblings deviated from the strict religious life. Now I would really like to be traditional.

My husband taught me a number of things. Every now and then we lit candles on Friday and went to temple for the holidays. We had begun performing Seder when I was still very young. It was very modest at first, but once my daughter Monika was born we had a real Seder with a lot of guests, even non-Jewish guests. And I got everything ready in line with tradition – the appetizers, the gefillte fish, the ground liver.

My daughters thus grew up traditionally. They were the only Jewish children at their respective schools. For the first four years Viola went to school on Albert-Gasse, then to high school on Piaristen-Gasse. The Piaristen High School was a catholic school – Viola couldn’t last because of the anti-Semitic behavior of the teachers and students. I then registered her at the school on Kundmann-Gasse in the 3rd district. The atmosphere there was completely different there and that’s where she completed her exams.

When Viola was 20 years old she moved to the 5th district. We had a house there and Viola wanted to be independent. My husband set up the apartment like she wanted it. Viola is artistic and very imaginative. She was already painting back then and even had her pictures shown.

Actually, for her entire life she’s wanted to irrigate the Sahara. That’s why she began studying at the University for Natural Resources and Life Sciences. There she came across a pronounced Nazi milieu and left after a week.  Then she didn’t know what she should study.

She let the course record book decide and landed on journalism. After that she studied journalism and completed her doctorate. Then she worked for many years as a journalist at different newspapers.

After about ten years she looked for something new, since she didn’t agree with a lot of things. Her knowledge is great, as well as her artistic talents – so she had a lot of options. Then she worked with a lawyer. After seven years of intensive work with this lawyer she went to Israel.

She arrived in Israel with all the illusions we had put in her head: our homeland, the country we belong to, where there are no anti-Semites, where so many things – that still need to be dealt with here – are taken for granted.

What we hadn’t taken into consideration was that her generation in Israel had already experienced a lot of war, that they’d had a difficult education. These young people were born in the country and were formed by the constant threat on their lives. And it was and is still a fight for survival in Israel. But Viola found a large circle of friends in Israel. She lived in Israel for five years, then she met a French couple and relocated to France, to the French Riviera.

She rented an apartment in the mountains, very close to Nice. That was wonderful for me. I had visited her every year in Israel and now I could go to France every year. It was beautiful there. She learned French, which was easier for her than Hebrew, and, after five or six years in France where she worked as a journalist for Viennese newspapers, she couldn’t take the coldness of the French any longer. She couldn’t manage to find a real group of friends. She took a class with a rabbi and played golf in order to meet people. She met an American couple, a Jewish couple, but no French people. She felt lonely and came back to Vienna.

It surely wasn’t easy for her to come back. But she had a lot of friends from school and work and made new friends. So she lasted in Vienna for about five years. Then she was called to Israel by a friend who wanted her help supervising the construction of her house, since she could contribute her knowledge and skills. Because she had lived in Israel for so long, she went without illusions, and this time she liked that the people are how they are – individual, opinionated, loud, and combative.

They are outgoing people that will pump a complete stranger as far as their shoe size. That’s part of it: they’re also interested in the other’s shoe size. Human contact in Israel is incomparable to any other country in this world. Non-Jewish friends don’t understand how sensitively I react when someone says something against Israel.

I am already going ballistic and the other person has no idea they had said something to offend me. Of course it’s hypersensitive.  I know it, but I can’t let it go. I know that you can also say negative things about Israel – where won’t you find something negative – but not to me, please.

After a year Viola came back to get her things in order to relocate to Israel again. Her Israeli friends were glad.

For some time she’s been living for a half a year in Israel and for the other half in Vienna. My daughter is now working for a real-estate journal.

Monika, my younger daughter, I sent immediately to the Lycee [French school]. It’s an international crowd. There were children there from other European countries – French children, of course, and also Jewish children. Even the teachers were different.

After her exams she studied for a while, got married, and had her first child early – Lilli is now 23. She and her husband moved to the countryside, close to Graz. Her husband had a job offer in Graz. The apartments in Graz were too expensive, so they looked around nearby and were able to rent the bottom floor of a house.

Later the owner of the houses didn’t want to rent anymore, so they found a piece of property and put a lovely prefab house on it. Monika wanted to offer her children a real home – that meant a home, a yard, and a dog. That was very important to her. When the children were young they also had a cat and guinea pigs.

Everything was finished, from the basement to the roof, in half a year. Monika had her son Moritz – he’s 20 now. The yard is big and beautiful. There is nothing where they live – just a few farmsteads.

When their children were young there were also neighborhood children – that was great as they were growing up. When the children were a bit older my daughter began teaching French at a Waldorf School. She could bring her children; that was ideal.

Monika’s husband and his partner organize conferences for doctors. He has to pick the topic, invite the doctors, invite the speakers, find the location. The conferences take place four to five times a year. They are big conferences with up to 1,000 people.

My daughter lives amongst farmers and is very happy with her life. She comes to the city to visit me multiple times a year. I love the city – you can see, hear, and visit so many lovely things. My daughter is happy whenever she can go back to the country. The noise, the dust… she can’t stand it. I think until two years ago, she never went on vacation. The children, the yard, the dog…

When her son Moritz was 12 he said he wanted to have a Bar Mitzvah. There is no rabbi in Graz since there aren’t enough Jews living there. But there was a man Moritz could study with - a whole year. This child, who had a very ambivalent relation to studying, really went every week for a year and studied everything for his Bar Mitzvah. When it was time, Pauli [Paul Chaim Eisenberg, the chief rabbi of the Jewish Community of Vienna] came from Vienna to Graz and it was one of the nicest Bar Mitzvahs I ever saw – with so much humor. Pauli sang and danced and Moritz had a wonderful party.

I really lived traveling. My husband I were in New York, Brazil, and almost everywhere in Europe. I would have liked to travel more, but since my husband worked so hard, he sometimes wanted to just rest on his vacations.

My husband died in 1995 at the age of 75. Much too early. I’ve been living alone ever since.

I live nicely and comfortably in Austria. I’ve seen a bit of the world and you won’t find such a comfortable life or better social coverage anywhere else. If you need to get a new passport you don’t have to line up. But it’s not just the social security; everything is easy here in Austria.

You take a number and are seen in ten minutes. When you submit your pension, everything runs smoothly and without a fuss. There is a nice atmosphere and the cultural events are terrific. There are a lot of cultural events for free.

As Haider got 25 percent of the vote, my daughter Viola wasn’t in Austria. My younger daughter Monika feels secure in Austria. I can remember that before 1938 people also felt secure in Austria. I don’t think that people have changed much.

It always depends on the situation: they’re good when they’re doing well and they’re bad when they’re doing poorly. There are many people that appropriated everything. No one came to reclaim it.

The families were either murdered or died somewhere else before they could get their property back. I personally don’t trust anyone. But I’m too old and too weak to go anywhere else, even if the right-wing party continues to get stronger.

I always think that I’m different than others. But that’s no surprise after everything I experienced.

  • Post-scripts:

1 In 1990 Reinhold Duschka was recognized as a Righteous Among the Nations [an honorific for gentiles who saved Jews during the Holocaust]. The honor came so late because Duschka was afraid of the people’s anti-Semitism after the war, since even in post-war Austria it was not popular to have saved Jews. Duschka still needed to work many years and was afraid of losing his customers.

2 On 11 April 2013 Austria also recognized Reinhold Duschka for the heroic deed for which he jeopardized his life for four years. A memorial plaque was placed at Gumpendorfer Strasse 8a, the house where he hid Dr. Lucia Heilmann and her mother for years.

Lucia Heilman

Dr. Lucia Heilman 
Land: Österreich 
Stadt: Wien 
Name des Interviewers: Tanja Eckstein 
Datum des Interviews: September 2012 

Frau Dr. Lucia Heilman wohnt noch immer in der Wohnung, die ihrer Mutter nach dem Krieg von der russischen Kommandantur zugewiesen wurde.

Sie hat in dieser Wohnung später mit ihrem Ehemann gewohnt, ihre zwei Töchter großgezogen, und so birgt die Wohnung viele Erinnerungen.

Richtig wohl fühlte sie sich mit ihrem Mann aber in der kleinen Wohnung am Semmering.

Sie sagt, diese Wohnung hat besser zu ihr gepasst.

  • Meine Familiengeschichte

Mein Großvater Josef Treister, der Vater meiner Mutter, ist 1873 in Debina geboren. Meine Großmutter Anna, eine geborene Friedmann, ist 1879 in Trembowla geboren.

Sie haben in Ilawcze gelebt, einem kleinen Ort nahe Trembowla, das damals, genauso wie Debina und Trembowla in Galizien lag und zur Österreichisch - Ungarischen - Monarchie gehörte.

Nach dem Zerfall der Monarchie im Jahre 1918, gehörte die Gegend zu Polen, ab 1939 zur Sowjetunion und seit dem Zerfall der Sowjetunion zur Ukraine.

Meine Großeltern haben in Ilawcze ein großes Gut besessen, auf dem sie mit ihren drei Kindern, meiner Mutter Regina, die 1900 geboren wurde, ihrem Bruder Arnold [Romek], der 1901 geboren wurde und dem Bruder Julian gelebt haben.

Julian war ihr jüngstes Kind. Er verließ die Familie in den frühen 1930ern und lebte in Frankreich. Ich habe ihn erst nach dem Krieg kennengelernt. Er war verheiratet und hatte drei Kinder, die noch heute in Frankreich leben. Ein Sohn ist sehr religiös.

Im Jahre 1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, haben die Kosaken diesen Teil Galiziens überfallen, und viele Menschen sind geflüchtet. Auch meine Großeltern. Wien war damals die Hauptstadt der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, und so flüchteten meine Großeltern mit ihren Kindern nach Wien.

Meine Mutter war zu der Zeit 14 Jahre alt. In Wien ging sie in das Gymnasium in der Albertgasse, im 8. Bezirk, und beendete ihre Schulausbildung mit der Matura. Gleich nach der Matura begann meine Mutter auf der Universität mit dem Studium der Chemie. Da sie kein Geld für die Promotionsgebühren hatte, erhielt sie erst kurz vor meiner Geburt ihre Promotion.

Meine Großmutter habe ich nicht kennengelernt, sie starb 1921 an einem Herzfehler. Ihr Grab befindet sich auf dem Zentralfriedhof, am 4. Tor.

Meine Mutter heiratete 1921 in Wien Leon Steinig, der 1898 in Trembowla geboren war. Das war lange vor meiner Zeit. Gewohnt haben sie damals in der Währingerstrasse 110. Leon Steinig war Jurist, und ich weiß, dass er eine hohe Position beim Völkerbund 1 innehatte.

Der Völkerbund hatte die Idee, dass man Frieden herstellen kann, indem man weise Leute befragt, und die werden sagen, was man machen muss, dass Friede herrscht zwischen den Menschen.

Die berühmtesten Leute in dieser Zeit nach dem Ersten Weltkrieg waren Sigmund Freud und Albert Einstein. Und die Idee des Völkerbundes war, Freud und Einstein sollen in Briefwechsel treten, und diese beiden klugen Köpfe sollen herausfinden, wie man in Frieden in Europa miteinander lebt.

Und der Steinig war beauftragt den Freud zu bitten, dass er mit dem Einstein in Korrespondenz tritt. Einige Male haben die beiden dann miteinander korrespondiert [Anm. aus dem Internet:

1932 forderte der Völkerbund Albert Einstein auf, mit einer Person seiner Wahl in einen öffentlichen Meinungsaustausch über ein frei gewähltes Thema zu treten.

Der Physiker entschied sich für das Thema Krieg und den Gesprächspartner Sigmund Freud. Im Juli 1932 kam es zwischen dem weltberühmten Physiker und dem Vater der Psychoanalyse zu einem einmaligen Briefwechsel über das Thema Krieg.

Albert Einsteins zentrale Frage in seinem kurzen Brief lautete:

Gibt es eine Möglichkeit, die psychische Entwicklung der Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und Vernichtens gegenüber widerstandsfähiger werden? Sigmund Freuds ausführliche Antwort folgte im Dezember und fiel eher pessimistisch aus.

Er sah keine Aussicht auf Erfolg, die aggressiven Neigungen abschaffen zu wollen, fügte aber am Ende seines Briefes hinzu: Vielleicht ist es keine utopische Hoffung, dass der Einfluss der beiden Momente, der kulturellen Einstellung und der berechtigten Angst vor den Wirkungen eines Zukunftskrieges, dem Kriegführen in absehbarer Zeit ein Ende setzen wird.

Doch es sollte der Skeptiker Freud Recht behalten. 1933, als der Briefwechsel in kleiner Auflage erschien, standen mit der Machtergreifung Hitlers in Deutschland die Zeichen wieder unverkennbar auf Krieg].

Meine Mutter war sehr modern und der Meinung, man muss den Kindern von Anfang an alles der Wahrheit entsprechend erzählen. Darum weiß ich, dass meine Mutter 1923 einen Buben, Martin Elia Steinig, bekommen hat.

Sie hat ihn in Wien entbunden, und als der Kleine erst einige Monate alt war, ist sie mit ihrem Mann und dem Kind nach Polen, dahin, wo sie geboren war, gefahren. Sie wollten schauen, was vom Besitz, auch dem großen Gut des Großvaters, nach dem Krieg noch übrig war.

Es war nichts mehr da, die Häuser und die Felder waren zerstört, sie konnten nichts mehr finden. Das Kind hat sich dort mit Ruhr angesteckt, das ist ja eine furchtbare Seuche. Meine Mutter ist mit dem Kind schnellstens zurück nach Wien gefahren, er kam sofort ins Kinderspital.

Sie durfte ihn nicht einmal so richtig besuchen, denn die Krankheit ist sehr ansteckend. Das Kind starb im Alter von acht Monaten. Meine Mutter hat mir das alles erzählt und sich die größten Vorwürfe gemacht, denn sie fühlte sich schuldig am Tod ihres Kindes.

  • Meine Kindheit

Ich weiß, dass der Steinig meine Mutter betrogen hat, auch das hat sie mir erzählt. Die Ehe wurde aber erst 1933 geschieden. So war ich ein uneheliches Kind, geboren in einer ehelichen Gemeinschaft, denn ich wurde am 25. Juli 1929 als Lucia Johanna Treister in Wien geboren. Mein Vater hieß Rudolf Kraus.

Er war nicht jüdisch, meine Eltern waren nicht verheiratet und lebten nicht zusammen. Meine Mutter und ich lebten zusammen mit meinem Großvater und Fritz Hildebrand, dem Freund meiner Mutter, der auch nicht jüdisch war, in einer Wohnung in der Pappenheimgasse 6, im 20. Bezirk.

Das war eine sehr kleine Wohnung, Zimmer, Küche, Kabinett. Mein Großvater schlief im Kabinett, meine Mutter, Fritz und ich schliefen im Zimmer, in dem ein Bett, ein Sofa und ein Kinderbett standen.

Die Küche war auch Badezimmer, die Toilette war am Gang, und das Wasser war in einer Bassena [öffentliche Wasserstelle am Gang], auch am Gang. Den Fritz hat meine Mutter nach dem Krieg geheiratet. Ich hatte eine sehr schlechte Beziehung zu ihm; er hat mich nicht gemocht, ich hab ihn nicht gemocht.


In dem Haus in der Pappenheimgasse wohnten mehrere jüdische Familien, daran erinnere ich mich, denn ich habe mit jüdischen Kindern aus dem Haus gespielt. Unter uns wohnte die Familie Dankner mit vier Kindern, mit denen habe ich mich sehr befreundet. Ein Mäderl, Ernestine, Erna wurde sie genannt, war knapp drei Jahre älter als ich.

Mit ihr habe ich immer gespielt. Ich habe auch viel mit anderen Kindern der Umgebung gespielt; Tempelhupfen, Fangen und Eckerl gucken. Auch an Ballspiele erinnere ich mich gut.

Wir haben den Ball an eine Wand geworfen und dann in die Hände geklatscht oder man musste sich umdrehen, bevor der Ball zurück gekommen ist und man ihn wieder auffangen musste.

Ich kann mich erinnern, dass wir Löcher in dem Gehsteig gegraben und mit Kugeln gespielt haben. Die Kugeln gab’s in verschiedenen Farben, auch aus Glas. Es war immer etwas ganz besonderes, wenn man gewonnen hatte.

Damals gab es noch Pferdefuhrwerke. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil mir einmal das Rad eines Pferdefuhrwerkes über meinen Fuß gefahren ist. Das hat mir furchtbar weh getan, aber es ist mir nichts passiert, Kinderknochen sind noch weich.

Mein Vater hat uns jede Woche besucht und hat sich sehr um mich bemüht. Er hat mit mir gespielt in den paar Stunden, die er mit mir in unserer Wohnung war. Und er ist immer zu meinen Geburtstagen gekommen und hat mir sehr schöne Geschenke gebracht.

Ich erinnere mich an eine Puppe und an eine Nähmaschine. Die Mutter meines Vaters lebte im 2. Bezirk, in der Engerthstrasse. Sie war Handarbeitslehrerin. Meine Mutter und ich waren selten bei ihr, Ostern waren wir dort, und Weihnachten waren wir dort.

Zu Ostern habe ich einmal ein weißes aus Zucker bestehendes Ei bekommen, in das man hineinschauen konnte, Weihnachten war ein Weihnachtsbaum dort, und es gab gutes Essen.

Kurz nach meiner Geburt hat meine Mutter eine Stelle im Krankenhaus Lainz [Teil des 13. Wiener Gemeindebezirks] bekommen. Das Krankenhaus war mit der Straßenbahn eine Stunde von unserer Wohnung entfernt.

Sie musste schon um sieben Uhr in der Früh dort sein und ist erst am Abend gegen sieben Uhr nach Hause gekommen. Da man damals samstags auch arbeiten musste, habe ich meine Mutter nur sonntags gehabt, und 14 Tage war Urlaub im Jahr. Zuerst waren wir viel zu arm, um Urlaub zu machen, aber als ich älter war, sind wir nach Rekawinkel [Anm.: Niederösterreich] gefahren.

Meine Mutter hat viel gearbeitet in einem verantwortungsvollen Beruf. Das ist für eine Frau schon sehr schwer, und wenn sie nach Hause kam, hat sie noch alles einkaufen und kochen müssen. Aber meine Mutter hatte viel Kraft. Jeden Abend kamen ihre Freunde zu Besuch.

Sie hat dann Tee gekocht, die Freunde haben meistens zum Essen etwas mitgebracht, denn servieren konnte sie nichts, dazu waren wir zu arm. Gemeinsam haben sie gesessen und geplaudert.

Das waren jüdische und nichtjüdische Freunde und nie wurde darüber gesprochen, das ist ein jüdischer Freund, das ist ein christlicher Freund. Das waren wirklich viele Freunde, und das war so leger, man ist einfach gekommen. Man hat sich nicht angemeldet, so wie das heute üblich ist. Die Tür stand offen für jeden.

Meine Mutter hatte ein besonderes Talent Menschen anzuziehen. Ihr ganzes Leben war das so. Sie war sehr gesellig, temperamentvoll und sympathisch, so dass sie auch den Männern gefallen hat. Als meine Mutter schon sehr alt und gebrechlich war und sie in der Josefstädter Strasse wohnte, konnte sie ihre Besuche zu Hause nicht mehr so richtig empfangen.

Im Cafe Hummel hatte sie einen Stammtisch, sie war dort eine bekannte Persönlichkeit. Jeden Tag um drei Uhr ist sie hingegangen. Selbstverständlich kannte sie den Ober und alle Kellner und den Besitzer, den Herrn Hummel. Dort ist sie gesessen, und dort hat sie ihre Besuche empfangen.

Das Hummel war immer ein sehr besuchtes Cafehaus, und wenn sie niemanden gehabt hat, und wenn sie gesehen hat, jemand ist hereingekommen und hat sich umgeschaut nach einem Platz, hat sie dem gewunken und hat gesagt:

kommen Sie, setzen Sie sich zu mir, bei mir ist noch Platz’. Und kaum ist der gesessen, hat sie begonnen, ihn auf nette Art auszufragen und nach einer Stunde hat sie alles von ihm gewusst.

Sie konnte das wirklich, sie hatte das Talent, die richtigen Fragen zu stellen. Die Leute haben ihr immer ihr ganzes Schicksal erzählt. Man hat sofort gespürt, da ist wirkliches Interesse dahinter. Sie war eine ganz ungewöhnliche Person.

Mein Großvater hat mich den ganzen Tag betreut. Er hat Jiddisch gesprochen, so dass ich mich an Jiddisch gut erinnere. Wir sind am Donaukanal spazieren gegangen, er hat mir Bücher vorgelesen, und er hat sehr schön erzählt. Ich habe es geliebt, wenn er mir Geschichten erzählt hat.

Er hat jedes Mal gefragt: soll ich dir vom Himmel oder von der Hölle erzählen? Ich wollte immer, dass er von der Hölle erzählt. Er hat auch aus Operetten gesungen. Mein Großvater war ein religiöser Mann, der regelmäßig in die Synagoge gegangen ist. In welche, weiß ich nicht mehr, aber es war eine große Synagoge. Er hat mich oft mitgenommen in die Synagoge.

Meinen Onkel Arnold, den Apotheker und seine Familie, haben wir von Zeit zu Zeit besucht. Das waren sehr wohlhabende Leute. Seine Frau hieß Cecylia. Sie war aus Borszczow, in Jiddisch Bortschoff und eine geborene Friedmann.

Heute liegt der Ort auch in der Ukraine, aber bis 1918 gehörte er zur Österreichisch-Ungarischen-Monarchie. Mein Onkel und seine Frau hatten eine Tochter, die Renate, die drei Jahre jünger war als ich. Ich erinnere mich, dass Renate schönes Spielzeug gehabt hat, zum Beispiel ein Puppenwagerl und viele Dinge, die ich nicht besessen habe.

Da war ich natürlich sehr eifersüchtig. Der Onkel hat Lugeck 1 gewohnt. Wo die Apotheke war, weiß ich nicht. Die Apotheke hatte er zusammen mit einem Kompagnon. Er hat gut verdient, und nachdem der Großvater bei uns gewohnt hat, ist meine Mutter jeden Monat zu ihm gegangen und hat ihn gebeten, er soll zum Unterhalt des Großvaters etwas beisteuern.

Ich erinnere mich, dass es da immer Debatten gegeben hat. Er war nicht sehr großzügig und wollte für den Vater nur ein Minimum beisteuern. Und da meine Mutter Alleinverdienerin war für ihre Familie und für ihren Freund Fritz, der längere Zeit arbeitslos war, war jeder Groschen wichtig, und da hat sie oft mit ihm debattiert.

Als Kind bekommt man das natürlich mit. Der Fritz, der Freund meiner Mutter, war Zimmermann, ich glaube bis 1937 war er arbeitslos. Dann hat er eine Stelle als Laborant im Sanatorium Auersperg bekommen.

Im Jahre 1935 wurde ich in die Schule in der Gerhardusgasse, im 20. Bezirk, eingeschult. Mit mir gingen viele jüdische Kinder in die Klasse. Der Religionsunterricht war geteilt, aber ansonsten war das kein Thema. Ich glaube, ich war ganz gut in der Schule, aber nicht auffällig.

Richtig gern bin ich erst nach 1945 in die Schule gegangen. 1937 sind meine Mutter, der Fritz und ich übersiedelt in den 9. Bezirk, in die Berggasse 36. Meine Mutter hat mit einer Ablöse die Wohnung, die im vierten Stock war, gemietet. Zwei Zimmer waren dort, und da bekam ich ein eigenes Zimmer. Auch ein Badezimmer war in der Wohnung.

In der Zeit hatten wir ein Dienstmädchen, denn mein Großvater ist in der Pappenheimgasse geblieben. Ich kann mich an das Dienstmädchen kaum erinnern, aber man hat mir erzählt, dass sie mich einmal auf das Fensterbrett gesetzt hat, damit ich raus sehen kann.

Obwohl sie mich gehalten hat, war das natürlich gefährlich. Lange war sie aber nicht bei uns, denn ab Hitler durften christliche Dienstmädchen nicht mehr für jüdische Familien arbeiten. 

Ich bin nach unserem Wohnungswechsel in der Servitengasse in die Volksschule gegangen. 1938 kam dann schon der Hitler. Als Schuschnigg 2 am Abend des 11. März 1938 seine Rede hielt, wir hatten ein Radio und meine Mutter hat die Rede gehört, war sie sehr verstört und verzweifelt, und sie wusste nicht, was sie machen sollte.

Am 12. März sind die deutschen Truppen in Österreich einmarschiert. Ich war acht Jahre alt und bin, soweit ich mich erinnere, allein zum Heldenplatz gelaufen, weil es geheißen hat, dort ist eine Veranstaltung.

Als ich in der Nähe des Heldenplatzes war, konnte ich gar nicht mehr weitergehen, so viele Menschen waren am Ring und in den Nebenstrassen. Und ich bin dort gestanden und hab gehört das Schreien, das Grölen und diese Rufe, Heil, Heil, Heil…und ich habe gewusst, ich gehöre nicht dazu.

Ich habe dieses Schreien und diese Stimmung als bedrohlich empfunden, ungeheuer bedrohlich. Ich bin eine Weile gestanden, hab mir das angehört, hab gesehen, wie die Menschen auf die Bäume geklettert sind, damit sie besser zusehen können.

Dieses Schreien hat nicht aufgehört. Ich bin dann von dort unter der Gewalt der Bedrohung, die ich empfunden habe, ganz verstört nach Hause gekommen. 

Kurze Zeit später kam der Direktor der Schule in die Klasse und sagte, die jüdischen Kinder müssten die Klasse verlassen. Da haben wir unsere Schultaschen genommen, haben eingeräumt das Federpennal und die Hefte und sind aus der Klasse gegangen.

Ich habe das als eine fürchterliche Demütigung empfunden. Eine Ausgrenzung aus der Klasse, einen Hinausschmiss, aus mir unerfindlichen Gründen. Das teile ich mit allen Kindern, die aus der Schule hinausgeworfen wurden. Diese Demütigung hat uns als Kinder und bis zum heutigen Tag immer begleitet.

Von da an durften wir jüdischen Kinder die Schulen nicht mehr wie andere Kinder besuchen. Es wurden für uns Spezialklassen und Spezialschulen eingerichtet. In der Börsegasse war so eine Schule, in die bin ich gegangen. Dort gab es aber nur so ‚eine Art’ Unterricht, denn wir hatten keine qualifizierten Lehrer.

Nach der Schule waren wir Kinder immer gern in den Schlickpark gegangen. Ich wollte weiterhin gern in den Park gehen, denn Kinder spielen ja im Park. Ich erinnere mich, wir sind von der Schule in der Börsegasse in den Schlickpark gegangen, und auf allen Bänken stand ‚Nur für Arier’.

Die Mühe, die sie sich gegeben haben auf jede Bank das aufzuschreiben ‚Nur für Arier’. Jüdische Kinder durften dann den Park eigentlich gar nicht mehr betreten. Da haben wir in den naheliegenden Strassen gespielt. Dort waren natürlich auch christliche Kinder.

Ich war damals neun, zehn Jahre und die christlichen Buben haben sich einen Sport daraus gemacht, den jüdischen Mädchen nachzulaufen und sie umzuwerfen und zu schlagen. So habe ich mich oft gefürchtet überhaupt auf die Strasse zu gehen, weil ich Angst gehabt hab, die Buben werden mich überfallen.

Es war noch leichter, bevor es den Stern gab, da konnten die Buben jüdische Kinder noch nicht so gut erkennen. Aber dann, als  alle jüdischen Kinder einen Stern tragen mussten, war es gefährlich.

Ich bin manchmal als Zeitzeugin in Schulen unterwegs, und da hat mich eine Schülerin gefragt: warum haben Sie den Stern getragen, warum haben Sie ihn nicht zugedeckt?

Daraus habe ich ersehen, dass die Menschen heute sich die Angst nicht vorstellen können, die wir hatten. Ich hätte mich nie getraut, ohne Stern das Haus zu verlassen aus Angst, dass der Hausbesorger oder irgendein anderer, der weiß, dass ich einen Judenstern tragen muss, mich sieht und uns sofort anzeigt.

Wir wären sofort ins Gefängnis gekommen. Der Gedanke, so etwas zu tun, den Stern nicht zu tragen oder zu verdecken, ist uns aus Angst gar nicht gekommen.

Ich hatte auch noch eine Aufnahmeprüfung für das Chajes-Gymnasium [Anm.: jüdische Schule], an die ich mich erinnere. Ich ging dann noch ½ Jahr ins Chajes-Gymnasium in die Castellezgasse. Aber das war kein richtiger Unterricht mehr.

Fritz, der Freund meiner Mutter, musste ausziehen, denn wir waren ja eine jüdische Familie und mit meiner Mutter zusammen zu leben wäre Rassenschande gewesen. Er nahm sich ein Untermietzimmer, war aber weiterhin im Kontakt mit meiner Mutter.

Was er dann später über unseren Verbleib wusste, weiß ich nicht. Als der Krieg begann wurde er zum Militär eingezogen. Ich glaube mich zu erinnern, dass meine Mutter einmal eine Postkarte von ihm bekommen hat, ganz begeistert schrieb er: ‚wir sind am Eifelturm’. Ich glaube, er war ein begeisterter Soldat.

Es war so, dass man für alle Fluchtmöglichkeiten, die man erwogen hat, Geld brauchte. Und nachdem wir eine sehr arme Familie waren, hatten wir kein Geld. Ich kann mich erinnern, später hatten wir eine Einreise nach Amerika bekommen, ein Affidavit.

Von wem das Affidavit 3 war, weiß ich nicht, aber ich vermute von dem Chemiker Dr. Erwin Tramer, der ein Bekannter meiner Mutter war. Nun brauchten wir eine Schiffskarte. Erst dann hat der Hitler erlaubt, dass man ausreist.

Wir hatten die Ausreisebewilligung, aber keine Schiffskarte, und weil wir kein Geld hatten, hat meine Mutter, sie hatte doch diesen großen Bekanntenkreis, ihre jüdischen Bekannten gefragt, ob sie ihr Geld borgen können. Man dachte damals noch an Geld borgen. Aber sie hat das Geld für die Schiffskarten nicht zusammenbekommen.

Meine Mutter erfuhr von den Kindertransporten und sie hat mit mir zusammen überlegt, ob sie mich anmelden wird, damit ich wegfahre. Aber sie hat es dann doch nicht übers Herz gebracht, ihr einziges Kind, wo sie doch schon ein Kind verloren hatte, wegzuschicken zu fremden Leuten in ein fremdes Land.

Sie hat es nicht zu Stande gebracht. Und als dann die Transporte begonnen haben, hat sie sich wieder schuldig gefühlt, dass sie nicht wenigstens ihr Kind gerettet hat. Und dann hat sie alles unternommen, damit wir nicht deportiert werden. 

Mein Vater hat sich bemüht, uns aus Österreich herauszuholen. Er hat sich deshalb von Siemens, wo er gearbeitet hat, in den Iran versetzen lassen, und arbeitete im Iran als Beleuchtungsingenieur für Siemens. So wollte er uns die Einreise in den Iran ermöglichen.

Im Iran hatte er den Auftrag, die Beleuchtungsanlage für eine Trabrennbahn zu bauen. In dieser Zeit begann aber der Krieg. Als dann die Engländer und Russen in den neutralen Iran einmarschierten, wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen.

Somit war mein Vater dort ein feindlicher Ausländer und wurde mit vielen anderen interniert und dann nach Australien gebracht. Zunächst war er auch dort für kurze Zeit in einem Internierungslager.

Dann wurde er freigelassen und hat sich als Mathematikprofessor in einem kleinen Städtchen, in Castlemaine, niedergelassen. Man hat ihm ein Haus zur Verfügung gestellt. Alle haben dort so gewohnt, jeder in einem Haus mit einem Garten.

Die Familie meines Vaters haben wir dann nicht mehr gesehen, die Leute haben sich alle gefürchtet. Die Mutter meines Vaters starb 1945.

Meine Mutter hat ihren Posten in Lainz verloren, dann wurde unsere Wohnung requiriert. Eines Tages ist ein Ehepaar gekommen, hat unsere Wohnung angeschaut, denen hat sie gefallen, und wir mussten binnen 14 Tagen hinaus.

Wir mussten in eine Sammelwohnung, die in der Berggasse 29 war, mit 20 Personen zusammengepfercht mit nur einer Küche und einem Klo, ziehen. Das waren ganz schreckliche Zustände. Natürlich hatten wir aus unserer Wohnung nichts mitnehmen können. Alles haben sich die Nazis genommen.

  • Im Krieg

Im Jahre 1938 lebte mein Großvater noch in der Pappenheimgasse. Dann hat der Hitler gesagt, man muss die Eltern zu sich nehmen, so wohnte mein Großvater wieder mit uns zusammen. 

Ich erinnere mich noch genau daran, wie die SS meinen Großvater aus der Berggasse nach Buchenwald [KZ Buchenwald in Deutschland, nahe der Stadt Weimar] abgeholt hat.

Das war ein ganz furchtbares Erlebnis. SS- Männer kamen an die Tür unserer Wohnung, schwarz gekleidet, es war Abend, aber man konnte noch in den Hof sehen. Mein Großvater ist mir plötzlich so uralt vorgekommen.

Er hatte einen dicken Wintermantel an, ein kleines Köfferchen in der Hand, und links und rechts marschierten die SS-Männer mit ihm durch den Hof. Mein ganzes Leben hatte ich mit diesem Großvater verbracht.

Er war enger und näher zu mir als alle anderen Menschen, denn er war immer bei mir. Er war meine Aufsichtsperson, und er war mein Spielgefährte. Da war es wieder, das Bedrohliche. Und jeder, inklusive mir haben gewusst, wir werden ihn nie, nie wieder sehen. 

Mein Großvater wurde im Prater, im Fußballstadion, mit anderen Männern, nur Männer hat man damals abgeholt, interniert. Meine Mutter wurde verständigt, dass sie ihm etwas zum Anziehen bringen darf.

Was sie bringen durfte, war vorgeschrieben. In einem kleinen Köfferchen mit seinem Namen versehen, haben wir uns beim Stadion angestellt, um die Sachen abzugeben.

Während wir dort gestanden sind in der Reihe durften wir nicht sprechen und uns kaum bewegen. Wer dem zuwider gehandelt hat, wurde von den Ordnern, auch SS-Männer, gestoßen und geschlagen. Fürchterlich war das!

Das sind schreckliche Erlebnisse für ein Kind, wenn man sieht, wie die eigene Mutter von anderen geschlagen wird, dass man hilflos anderen Menschen ausgeliefert ist. Wir haben das Köfferchen für den Großvater abgegeben und wenig später wurden die Menschen vom Stadion abtransportiert in das KZ Buchenwald.

Meine Mutter und auch ich haben gewusst, die Menschen werden ermordet und ich behaupte, auch alle anderen Wiener haben das geahnt und gehofft, dass diese Menschen, die man da abtransportierte, niemals wieder zurück kommen.

Vielleicht nicht gleich zu Beginn haben sie es gewusst, aber ab 1941, als die Transporte begonnen haben, haben alle Menschen gewusst, man fährt in den Tod.

Die sogenannten Arier haben alles von den Deportierten gestohlen, natürlich wollten sie nicht, dass die jemals wieder zurück kommen. Und dann kam das Telegramm mit der Todesanzeige meines Großvaters. Er starb am 23.Oktober 1939 im KZ Buchenwald.

1941 begannen die Transporte aus den Sammelwohnungen. Das heißt, die Lastautos sind vorgefahren vor die Häuser und alle, die in den Sammelwohnungen wohnten, mussten die Lastautos besteigen und wurden abtransportiert; zunächst in eines der Sammellager in der Castellezgasse zum Beispiel, einer ehemaligen jüdischen Schule um dann weiter in die Ghettos, Konzentrations-und Vernichtungslager. 

Meine Freundin Erna Dankner, mit der ich immer gespielt hatte, war mit ihren Eltern Sarah und Moshe 1942 nach Theresienstadt deportiert worden und von Theresienstadt weiter nach Auschwitz, wo sie mit ihren Eltern ermordet wurde. Ich weiß, dass ihr Bruder Sami und ihre Schwester Hannah überlebt haben, weil sie in Yad Vashem [Holocaustgedenkstätte in Jerusalem] Gedenkblätter für ihre Eltern und für ihre Schwester ausgefüllt haben.

Reinhold Duschka war der beste Freund meines Vaters. Meine Eltern und er waren schon als Jugendliche miteinander befreundet und in einer Jugendorganisation. Was für eine das war, weiß ich nicht.

Sie sind zusammen Wandern gegangen, haben zusammen gesungen, haben diskutiert über Gott und die Welt - wie Jugendliche damals ihre freie Zeit miteinander verbracht haben. Und in dieser Jugendorganisation hatte auch meine Mutter meinen Vater kennen gelernt.

Der Reinhold und mein Vater sind auch immer zusammen klettern gegangen. Sie haben alle möglichen Berge bestiegen, so richtig mit Seilen haben sie die Felsen erobert. Jeden Sonntag sind sie klettern gegangen.

Reinhold hat uns nach Hitlers Einmarsch weiterhin regelmäßig besucht. Natürlich hat er auch Angst gehabt, aber er ist trotzdem gekommen. Wie diese Transporte begonnen haben, ist  Reinhold zu uns gekommen und hat angeboten, dass er meine Mutter und mich bei sich versteckt.

Er wollte nicht zuschauen, dass man das Kind seines besten Freundes einfach umbringt. Meine Mutter war froh und glücklich, dass er so mutig war, diese Gefahr auf sich zu nehmen. Ich glaube, es gab in Wien wenige Menschen, die so mutig wie der Reinhold waren. In ganz Österreich waren es 88.

Reinhold hatte eine kleine Wohnung bei Hietzing [13. Wiener Gemeindebezirk], in der er gewohnt hat und eine Werkstatt in der Mollardgasse 85a. Die 85a ist kein Wohnhaus sondern ein Werkstättenhaus, bis heute.

In dem großen Haus gibt es fünf Stockwerke, in denen es nur Werkstätten gibt; für Holz, ein Geigenbauer hatte dort seine Werkstatt und für Metall. Ich erinnere mich an eine Werkstatt, die Emaillearbeiten gemacht hat.

Der Reinhold hatte eine Metallwerkstatt, er war künstlerisch sehr begabt, in der er sehr schöne Metallgegenstände hergestellt hat. Was er hergestellt hat war aus Messing, aus Kupfer und Silber.

Die Gegenstände aus Silber waren sehr kostbar, auch der Staub, der beim Feilen entstanden ist, war kostbar, den hat man aufgesammelt. Durch Hämmern wurde geformt, er hatte verschiedene Hammerformen mit denen er das Künstlerische gestaltet hat.

Der Boden wurde gelötet. Ich habe Löten gelernt und war dann ‚der Löter’. Vasen hat er hergestellt in allen Größen und Formen, wunderschöne Kupfergegenstände, Schalen für Obst und Aschenbecher.

Auch Armbänder hat er gemacht. Meistens wurden die Gegenstände bestellt, das heißt die Kunden sind gekommen und haben gesagt, ich brauche zehn Vasen in diesen oder jenen Größen. Seine Werkstatt war auch so eine Art Ausstellungsraum, wo alle seine kunstgewerblich wirklich schönen Gegenstände zu sehen waren.

Reinhold hatte noch bei dem berühmten Architekten und Designer Josef Hoffmann in der Kunstgewerbeschule gelernt. Er war sehr talentiert. Seine Käufer waren die Wiener Werkstätte 4 vor dem Bankrott 1932 und Geschäfte. Auch Privatkunden haben bei ihm Gegenstände gekauft. Später hat er kein Kupferblech mehr bekommen, denn das war ja für die Rüstung wichtig. Er hat dann mit Aluminiumblech gearbeitet.

In der Werkstatt hat er uns versteckt. Er hat für uns eine Art Verschlag gebaut, so dass, wenn jemand die Werkstatt betreten hat, es kamen ja verschiedene Leute; Kunden, der Postbeamte und Lieferanten, und wenn so jemand an der Tür geläutet hat, sind wir in den Verschlag gekrochen.

Der Verschlag war aus Holz und wie eine sehr, sehr große und lange Kiste. Wir hatten darin Matratzen und Decken, und wir konnten darin schlafen. Niemand hat vermutet, dass darin Menschen versteckt sind.

Wenn jemand in der Werkstatt war, mussten wir natürlich ganz ruhig sein, durften nicht husten, und der Reinhold hat sich bemüht, denjenigen so schnell wie möglich wieder hinauszukomplimentieren. Er hat uns die ganzen Jahre versorgt.

Meine Mutter und ich haben mit ihm gearbeitet, und je mehr wir gearbeitet haben, umso mehr Gegenstände konnte er herstellen und verkaufen und für dieses Geld für uns Lebensmittel besorgen.

Er hatte damals eine Verbindung zu einem Lebensmittelgeschäft, die haben ihm immer zu teuerem Preis Lebensmittel schwarz verkauft. Brot hatten wir immer. Wir waren tagsüber in der Werkstatt, und wenn es geläutet hat, sind wir schnell in den Verschlag gekrochen.

Der Reinhold war in den vier Jahren so etwas wie mein Vater. Diese schwere Zeit schweißt natürlich zusammen. Er hat alles gemacht, um mir zu helfen, mit mir zum Beispiel Brettspiele gespielt und mir Bücher ausgeborgt.

Er hat mir vieles beigebracht, für eine künstlerische Ausfertigung hatte ich aber nicht das Talent. Aber ich habe gelötet und gehämmert und die Gegenstände vorbereitet, und er hat sie dann geformt. Es war ein Segen, dass ich zu tun hatte.

Meine Mutter war während der ganzen Jahre nie draußen, aber ich war ein Kind. Ein Kind ist doch viel schwieriger in einer Werkstatt zu halten, weil der Bewegungsdrang ein enormer ist.

In einer Werkstatt kann man nicht laufen, man kann Turnübungen machen, aber man kann nicht laufen. Wenn meine Mutter und der Reinhold gesehen haben, dass ich es nicht mehr aushalte und wenn sie mich nicht rauslassen ich durchdrehe, dann haben sie mich rausgelassen.

Das war natürlich sehr gefährlich, denn ein Kind muss ja in der Schule sein. Aber es hat mich nie jemand gefragt. Ich bin gelaufen bis nach Grinzing. Ich bin den Cobenzl [492 m hoher Berg im 19. Wiener Gemeindebezirk] hinauf, durch den Wald und hinunter gelaufen, alles im Laufschritt. Ich erinnere mich an drei,- vier Mal in vier Jahren.

Ich hatte weder Orientierungsprobleme noch Angst. Merkwürdigerweise bin ich ein Mensch, der kaum Angst hat; bis heute. Ich möchte es beinahe bezeichnen als leichtsinnig. Angst hatte ich in der Werkstatt, wenn es geläutet hat an der Tür. Bis heute ist es mir im ersten Moment nicht angenehm, wenn es an meiner Tür läutet.

Das ist eine Sache von einem kurzen Moment, aber das ist mir geblieben. Ansonsten bin ich ziemlich angstfrei.

Man kann sich vorstellen, in welch verzweifelter Situation meine Mutter war, dass sie erlaubt hat, dass ich unser Versteck verlasse. Sie muss schreckliche Angst um mich gehabt haben.

Ich hatte in der Werkstatt eine Landkarte und mit Stecknadeln hab ich gesteckt, wo der Hitler mit seinen Soldaten ist. Wir hatten auch ein Radio, so einen Volksempfänger, so dass wir die Nachrichten hören konnten.

Die ersten Jahre des Krieges waren ja nur Erfolge, das habe ich mit den Nadeln auf der Landkarte gesteckt, bis die deutschen Truppen 50 Kilometer vor Moskau waren. Ich war nach dem Krieg einmal in der Sowjetunion, und da hatte man das gekennzeichnet.

50 Kilometer, das ist nicht viel weiter als von Wien nach Baden. Aber dann mussten die Deutschen zurück. Das habe ich natürlich auch mit den Stecknadeln markiert.

Im März 1944 begannen die Luftangriffe auf  Wien. Was meine Mutter gefühlt hat, weiß ich nicht, aber ich habe Freude empfunden. Fast täglich gegen 11 Uhr wurde eine Vorwarnung gegeben, dass die Flugzeuge kommen und Wien bombardieren. Das wurde im Radio durchgesagt.

Die Menschen konnten sich vorbereiten auf den Angriff, und wer konnte, ist in seinen Luftschutzkeller gegangen. Wir haben uns nicht in den Keller getraut, denn wenn wir gekommen wären, hätte man uns nach einem Ausweis gefragt und woher wir kommen. Eines Tages im November war an einem Sonntag Fliegeralarm.

Meine Mutter sagte: heute gehen wir, heute wird niemand im Keller sein, denn die Leute vom Werkstättenhof arbeiten ja nicht, und wenn man uns fragt, werden wir uns irgendwie heraus reden. Die Werkstätte war im 4. Stock und wir gingen die Stufen hinunter.

Bis wir den Keller erreicht hatten, sind schon die Bomben gefallen. Auch in den Werkstättenhof ist eine Bombe gefallen. Der Reinhold war, wie an jedem Sonntag, in den Bergen klettern. Bevor wir im Keller waren, fiel wieder eine Bombe, und wir waren vollständig mit Staub bedeckt.

Wir sahen nichts mehr und bewegten uns in diesem Staub und zwischen den Trichtern, die durch die Bomben entstanden waren vielleicht zehn Minuten. Wir haben versucht uns hinzuhocken, wir sahen niemanden anderen, weil es keine Sicht gab.

Nach einer gewissen Zeit beruhigte sich alles, die Flugzeuge verschwanden. Wir sahen, dass im Werkstättenhof der 5. Stock des Hauses weg war, kein Dach mehr existierte und aus dem 4. Stock loderten Flammen. Also haben wir gewusst, wir können nicht mehr zurück. Die Werkstatt, unsere Unterkunft, unser Versteck war verbrannt.
Wir konnten nicht weg.

Endlich ist der Reinhold gekommen. Wir waren alle glücklich, dass wir leben. Dann sagte der Reinhold: es ist zwar sehr kalt, aber wir müssen nach Hütteldorf [Teil des 14. Wiener Gemeindebezirk] in sein Sommerhäuschen gehen.

Wir kannten das Sommerhäuschen, denn vor dem Krieg waren wir im Sommer beim Reinhold oft eingeladen. Dort wird sicher niemand sein, das ist gut, denn es wird uns niemand sehen, wenn wir kommen.

Andererseits, wenn uns jemand sieht, werden wir sicher gefährdet sein, denn in dieser Zeit ist in der Siedlung kein Mensch. Zum Glück war schon so ein Durcheinander und viele obdachlose Menschen sind herumgeirrt.

Also sind wir zusammen zu Fuß, es fuhren ja keine Straßenbahnen mehr, denn die Straßenbahnschienen waren auch bombardiert worden, mit nichts dorthin und haben dort übernachtet. Es war November, es war eiskalt, es war ein Sommerhaus, es gab nichts zum Zudecken und zum Heizen auch nichts.

Am nächsten Tag haben der Reinhold und meine Mutter beschlossen, dass wir zurück gehen um zu schauen, ob man nicht noch irgend etwas gebrauchen kann, vielleicht ist ja nicht alles verbrannt. Das Wichtigste für uns waren die Werkzeuge.

Vielleicht finden wir noch dort in dem Schutt irgendwelche Werkzeuge. Wir gingen also zu dritt in die Mollardgasse. Es waren chaotische Verhältnisse, man wurde nicht beachtet. Es war sogar eine Küche eingerichtet, um den obdachlosen Menschen etwas zu essen zu geben.

Ich erinnere mich an die Suppe, die mir sooo gut geschmeckt hat. Als wir im Treppenhaus waren sahen wir, dass die Stufen nicht beschädigt waren. Als wir oben ankamen, konnten wir gar nicht sehen, wo die Werkstatt einmal war, denn der ganze Schutt vom Dach lag verbrannt und zerbröselt im 4. Stock.

Der Reinhold ortete dann, wo die Werkstatt gewesen war, und wir begannen zu suchen. Der Fußboden existierte noch, sonst war alles voller Schutt. Wir mussten zuerst den Schutt mit den Händen wegschieben.

Wir haben dann wirklich die Hämmer gefunden, aber ohne Stiel, denn die waren durch die Phosphorbomben, die verbrennen ja alles zu Asche,  verbrannt, aber die Metallteile waren erhalten.

Da haben wir da gehockt und haben in dem nassen Schutt, denn die Feuerwehr hatte ja gelöscht, nach Brauchbarem gesucht. Auf einmal fand meine Mutter ein Gebetbuch. Als wir begannen uns zu versteckten, hatte sie verschiedene Dinge zum Reinhold gebracht, unter anderem vier Gebetbücher meines Großvaters für die jüdischen Feiertage.

Ganz zu unters hatte sie diese Gebetbücher versteckt. Meine Mutter war ganz entsetzt, wenn das ein Feuerwehrmann gefunden hätte, nicht auszudenken!  Eines besitze ich, eigentlich ist es gut erhalten, bis auf den Rand und die Hülle, die verkohlt sind. Wieso die überlebt haben, weiß ich nicht. Ein Wunder!

Wir wussten nicht wohin. Wir haben die geretteten Sachen alle zusammen in eine Ecke gelegt und sind noch einmal nach Hütteldorf in das Häuschen gegangen. Es war ziemlich hoch gelegen, am Wolfersberg, und hatte ein großes Fenster.

Dort bin ich gestanden und habe geschaut, wie Wien brennt. Und ich habe mich wirklich gefreut, dass Wien brennt. Ich habe mich gefühlt wie Nero. Nero hat Rom angezündet, ich war Nero, und Wien hat gebrannt.

Auch meine Sachen waren ja verbrannt, ich hatte noch Teddybeeren beim Reinhold, alles war verbrannt. Ich war damals 15 Jahre alt, drei Jahre bereits im Versteck.

Am nächsten Tag hat sich Reinhold bemüht, ein Ausweichlokal für seine Werkstatt zu finden. Ein Bekannter hatte in der Gumpendorfer Strasse [nahe dem ersten Versteck] ein Geschäftslokal, das er nicht benützt hat, und das hat er dem Reinhold gegeben.

Zwei oder drei Nächte haben wir in der schrecklichen Kälte in Hütteldorf geschlafen. In den ganzen Jahren bin ich nie krank gewesen, aber meine Mutter hatte einmal eine schreckliche Grippe. Sie ist in dem Verschlag in der Mollardgasse gelegen, und es wurde immer schlimmer.

Da hat sie mit dem Reinhold besprochen, was sein wird, wenn sie stirbt. Sie hat vorgeschlagen, wenn sie wirklich sterben muss, dass er sie zerstückelt und in dem Garten von seinem Gartenhaus die Stücke vergräbt. Das habe ich alles gehört, das war schon sehr, sehr schrecklich. 

In dem Geschäftslokal in der Gumpendorfer Strasse war ein großer Ofen, und es gehörte ein Kellerabteil für Holz und Kohle zu dem Lokal.

Der Reinhold hat erst einmal den Ofen geheizt, damit wir uns etwas aufwärmen konnten, dann haben wir das Kellerabteil besichtigt, und in dem sind wir dann im Finstern gesessen, denn das Lokal hatte ein großes Auslagenfenster, und dort konnten wir uns nicht aufhalten.

Nachdem auch die Heizmittel beschränkt waren, hat der Reinhold in der Gumpendorfer Straße Bauholz aufgesammelt.

In der Gumpendorfer Straße hatte es auch diesen Bombenregen gegeben und da sind mehrere Häuser zerstört worden, und Holz lag auf der Strasse. Der Ofen wurde mit dem Holz sehr heiß. Wir mussten im Keller sitzen, aber wenn uns schon sehr kalt war, sind wir hinauf und haben uns gewärmt.

Für mich war diese Zeit von November 1944 bis April 1945 eine sehr, sehr schwere Zeit. Ich wurde depressiv und war nicht mehr ansprechbar, so dass meine Mutter Angst um mich hatte.

Diese Zeit war so schwer für mich, dass ich nicht mehr gesprochen habe. Der finstere Keller, die Kälte, keine Tätigkeit und sehr, sehr ruhig sitzen, denn andere Leute sind ja in den Keller gekommen. Das war für mich fast unerträglich.

Am 13. April kam der Reinhold und hat uns geholt. Er hatte russische Soldaten gesehen. Wir sind ganz vorsichtig und voller Angst aus unserem Versteck gekommen und haben gesehen, dass russische Soldaten durch die Gumpendorfer Strasse marschiert sind. Tausende… Wahnsinn… ja, Tausende!

Wie die Russen gekommen sind und ich war endlich befreit, war das ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann. Ein ungeheuer belebendes Gefühl! Ich war glücklich, ich war selig, ich konnte endlich laufen, wohin ich wollte, und ich konnte mich auf jede Parkbank setzen.

  • Nach dem Krieg

Mein Onkel Arnold Treister, der Bruder meiner Mutter, war mit seiner Frau und ihrer Tochter Renate nach Frankreich geflohen.

Seine Frau und die Tochter haben überlebt, mein Onkel wurde von den Franzosen ausgeliefert und von Drancy 5, das liegt 20 km östlich von Paris und war ein Sammel-und Durchgangslager, nach Polen deportiert und in Polen im Vernichtungslager Sobibor oder Majdanek ermordet.

1994 habe ich das erste Mal meine Geschichte der israelischen Fotografin Alisa Douer für den Film ‚Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt’, ein Spruch aus dem Talmud, erzählt. Auch mein Mann hat unseren Töchtern kaum etwas über seine Geschichte erzählt. Wir hatten keine Zeit zu erzählen, die Schule, unsere Arbeit, unsere Reisen…

Meine Töchter wussten, dass meine Mutter und ich beim Reinhold versteckt waren, sie kannten den Reinhold, denn wir waren ja immer befreundet mit ihm, aber Genaues wussten sie nicht. Und 1994 waren sie ja schon erwachsen.

Das Erzählen über diese Zeit ist mir dann 1994 sehr, sehr schwer gefallen. Ich hab nicht mehr als 20 Minuten erzählen können, dann hatte ich das Gefühl zu ersticken. Es würgte im Hals. Aber das hat die Alisa natürlich verstanden und hat dann immer gesagt: morgen komm ich wieder.

Im Nachhinein sagt mir meine ältere Tochter, sie ist 1955 geboren, dass sie durch meine Geschichte ein geschädigtes Kind ist, ein Kind der 2. Generation. Sie fühlt sich anders als andere, egal ob ich es ihr erzählt hätte oder nicht erzählt habe. Sie hat es gefühlt, es hat sich übertragen.

Zuerst lebten wir noch in dem Geschäft. Dann ist es meiner Mutter gelungen, durch die russische Kommandantur im 8. Bezirk, eine eingerichtete leerstehende Wohnung in der Albertgasse für uns zu bekommen.

Die Wohnung gehörte einem ziemlich hohen Nazi, der nach Westösterreich geflüchtet war. Das Wichtigste für meine Mutter und mich waren erst einmal Dokumente, denn wir sind ohne Dokumente dagestanden.

Meine Mutter ist ins Rathaus gegangen, und es war überhaupt kein Problem innerhalb kürzester Zeit unsere Geburtsscheine und Staatsbürgerschaftsurkunden zu bekommen. Der nächste Schritt war die Arbeit.

Wir brauchten ja Geld, wir besaßen ja nichts. Wir haben unsere Sachen am Abend gewaschen und am Morgen wieder angezogen. Manchmal waren sie noch feucht, aber das waren für uns Kleinigkeiten. Ohne Geld, das war schwierig.

Also ist meine Mutter mit mir zusammen nach Lainz ins Krankenhaus gegangen, denn dort hatte ja meine Mutter bis 1938 gearbeitet. Es sind noch immer keine Straßenbahnen gefahren, und wir hätten auch mit niemandem mitfahren können, denn die Strassen waren auch noch kaputt.

Also sind wir zu Fuss gegangen. Meine Mutter hat in der Direktion ihre alte Stelle zurückverlangt. Man hat ihr gesagt, das sei unmöglich, denn diese Stelle habe ja jetzt eine Andere. Das war die Chemikerin, die meine Mutter 1938 hatte ausbilden müssen, damit die ihre Stelle übernehmen konnte.

Als wir zurück gingen, trafen wir den bekannten Schauspieler Paul Hörbinger. Paul Hörbiger war so bekannt, dass auch ich ihn kannte. Auch er ist zu Fuß gegangen, und er hat uns erzählt, dass er in einer Widerstandsgruppe war.

Meine Mutter hat dann im Rathaus urgiert und ihren Posten zurückverlangt und dadurch, dass die Russen in Wien waren und viele Leute Angst vor den Russen hatten, ist es meiner Mutter gelungen, ihren Posten wieder zu bekommen.

Aber da das Krankenhaus ihrer Nachfolgerin nicht kündigen wollte, haben sie das Labor geteilt. So arbeitete meine Mutter mit dieser Frau Tür an Tür. Sie haben sich die Arbeit geteilt, und meine Mutter hat die Blutabnahmen und die Blutzuckerbestimmungen übernommen. So hat meine Mutter wieder Geld für uns verdient.

Im April war der Krieg zu Ende, und im Juni wurden die Schulen wieder eröffnet. In der Albertgasse hat es ein Mädchengymnasium gegeben. Meine Mutter ist mit mir zur Frau Direktor gegangen, das war eine neue Frau Direktor, die alte Nazidirektorin hatte die Schule verlassen müssen.

Meine Mutter hat die ganze Geschichte erzählt. Vier Jahre hatte ich die Volksschule besucht und dann war nichts mehr.

Die Direktorin machte den Vorschlag, dass man mich die ersten Monate altersmäßig einschreibt, dann würde man sehen. Wenn es nicht geht, könne man mich noch immer zurück versetzen. So kam ich in die 4. Gymnasialklasse.

Die Direktorin sagte, es gäbe auch viele Lehrer, die gern Nachhilfeunterricht geben würden, und wir sollten solche Lehrer für Mathematik und Englisch nehmen, denn diese Gegenstände muss man von Anfang an lernen.

So ging ich in die Schule. Schon allein das Gefühl, dass ich in die Schule gehen kann, war unglaublich; ich bin nicht gegangen, ich bin gehüpft. Ich bekam Nachhilfeunterricht, besonders in Mathematik.

Ich bin jeden Morgen zwischen ½ Fünf und Fünf Uhr in der Früh aufgestanden, teilweise war es eiskalt in der Wohnung, denn es gab Schwierigkeiten nach dem Krieg mit dem Heizen, und hab intensiv und konzentriert gelernt.

Nachdem ich nach Lernen so ausgehungert war, habe ich alles aufgesogen wie ein Schwamm. Von dem laufenden Unterricht hab ich nicht einmal soviel lernen müssen, weil ich es gleich konnte, ich habe es mir alles gemerkt.

Im ersten Jahr war es sehr schwer, besonders wegen Mathematik und Englisch, aber da haben mir die Lehrer das auch nachgesehen, weil sie gesehen haben, wie sehr ich mich bemühe. Schon im dritten Jahr war ich unter den Besten.

Ich war eine Exotin in der Schule, die einzige Jüdin. Es gab noch Nazi-LehrerInnen, die versucht haben, mich ungerecht zu behandeln, aber dafür waren die Kinder umso netter zu mir.

Sie haben das ungerechte Handeln durch besondere Freundlichkeit kompensiert. Mit den Kindern hatte ich nie Schwierigkeiten, die haben mich von Anfang an gemocht. Ich war gut in die Klasse integriert. Ich war die Tafellöscherin, ich habe das geliebt.

Niemand wollte das machen, aber für mich bedeutete das SCHULE. Und in all den Jahren saß ich in der zweiten Bank. Neben mir saß die Klassenbeste, ein sehr nettes Mädchen. Was mir sehr schwer fiel war Orthografie, denn das ist etwas, was man mit den Jahren lernt.

Wenn wir Aufsätze schrieben, war ich immer sehr schnell fertig, und sie hat dann unter der Bank meine Orthographie verbessert.

Nach der Schule bin ich immer nach Haus gelaufen, um zu lernen. Das war bis zum Schluss so. Und meine Mutter hat mich immer unterstützt, sie hat alle Nachhilfelehrer bezahlt und alles dafür getan, dass ich lernen konnte.

Nach meiner Geschichte gefragt hat niemand, ich habe auch nichts erzählt. Für mich war das abgeschlossen, das war verdrängt, das lag hinter mir. Ich habe Tag und Nacht gelernt und dann im Alter von 18 Jahren maturiert. 

Der Freund meiner Mutter, den sie 1946 geheiratet hat, wohnte auf der Josefstädter Strasse, sie haben nur zeitweise und nicht sehr harmonisch zusammen gelebt. Das Verhältnis meiner Mutter zu dem Fritz war von Anfang an so, dass alle ihr Freunde und Verwandten es nicht verstanden haben, wie sie sich überhaupt mit ihm befreunden konnte. Aber so war es.

Die  jüdischen Freunde und Freundinnen meiner Mutter gab es nach dem Krieg nicht mehr. Entweder sie waren geflüchtet oder ermordet worden. Ich kann mich erinnern, dass sie viel mit Freunden, die in die USA geflüchtet waren, korrespondiert hat.

Aber da meine Mutter so gesellig war, hat es nicht lange gedauert und sie hatte einen riesigen Bekanntenkreis. Und die sind dann alle in unsere Wohnung gekommen.      

Nach der Matura wollte ich unbedingt Medizin studieren. Das wollte ich schon als Kind. Ich hab dann in Wien inskribiert und hab auch schon die ersten Prüfungen gemacht, Physik und Chemie. Dann bekam ich die Bewilligung nach Australien auszureisen.

Nach diesen Erlebnissen in Österreich in den Jahren des Holocaust hatte ich das Gefühl, ich kann hier nicht bleiben. Es ist unmöglich für einen jüdischen Menschen mit den in der Nachbarschaft befindlichen Nazis und mit der Gesinnung der Bevölkerung weiterzuleben.

Ich wollte in ein anderes Land um diese Leute hinter mir zu lassen. In meinen Augen hatten alle Blut an den Händen, und das war ein Grund auszuwandern. Australien bot sich an, weil mein Vater dort war. Meine Mutter wollte nicht nach Australien, und sie wollte auch nicht auswandern.

Damals musste man auch eine Einreisebewilligung haben. Und dann musste man auch einen Teil der Schiffskarte bezahlen. Es war ein Auswandererschiff, denn zu dieser Zeit sind viele Leute ausgewandert, und es gab eine jüdisch-amerikanische Hilfsorganisation, den Joint, die hat den größten Teil meiner Reise bezahlt.

Zu dieser Zeit kannte ich bereits meinen Mann. Er wollte mit mir nach Australien auswandern. Ich sollte zuerst fahren, mich umschauen und dann hätte ich mich um eine Einreisegenehmigung für ihn bemüht, und er wäre nachgekommen.

Als ich in der siebenten Gymnasialklasse war, ist mein späterer Mann, Alfred Heilman, eines Tages vor unserer Tür gestanden. Er wollte meine Mutter besuchen.

Geboren war er in Lemberg. Er hatte sechs Geschwister, Henje, Rosa, Dora, Lina, Philipp und Wolf. Vor dem Krieg lebte die Familie in Lemberg, und mein Mann besuchte dort ein Gymnasium, in dem auch Deutsch gelehrt wurde. Nach der Matura konnte er nicht studieren, weil es in Polen einen Numerus Clausus für Juden gab.

Darum hat er Buchbinder gelernt. Dann kam der Krieg. Hitler und Stalin hatten kurz zuvor einen geheimen Pakt unterzeichnet, den Hitler-Stalin-Pakt. Da haben sich die Russen und die Deutschen Polen geteilt. In Lemberg sind die Russen einmarschiert.

Als die Deutschen im Juni 1941 in Lemberg einmarschierten, flüchtete mein Mann ist in die Sowjetunion und wurde Soldat der polnischen Streitkräfte in der Sowjetunion. Diese Armee kämpfte gemeinsam mit den Alliierten Streitkräften.

Mein Mann hat 1943 auf der Krim als Sanitäter gegen die Deutschen gekämpft und dabei einen russischen Soldaten aus den Kampfhandlungen herausgeholt, weil der stark verwundet war und zu einer Sanitätsstelle gebracht.

Dieser Mann war Jude und hat meinen Mann nach dem Krieg lange gesucht und gefunden. Das war sehr schwer, da mein Mann zwei Zunamen hatte. Seine Eltern hatten jüdisch, aber nicht standesamtlich geheiratet, so hießen die Kinder Rittner, nach dem Namen der Mutter.

Nach dem Krieg nahmen alle sechs den Namen des Vaters, Heilman, an. Ich glaube, es war in den 1960er Jahren, da hat er meinen Mann gefunden. Sein Nachname war Kofel, und wir haben ihn mehrere Male in Haifa besucht.

Wir haben ihn immer ‚der Gerettete gerufen. Als mein Mann und er schon gestorben waren, habe ich mich in Haifa, wenn ich zu Besuch in Israel war, noch immer mit seiner Frau getroffen. 

Warum mein Mann aus der Armee ausschied oder ausscheiden musste, weiß ich nicht. Er arbeitete dann in Swerdlowsk, in Sibirien, unter sehr schlechten Bedingungen in einer Gießerei.

Nachdem er die Frau des Fabrikdirektors kennengelernt und sie sich ineinander verliebt hatten, hat sie ihn protegiert und durchgesetzt, dass er in Swerdlowsk eine technische Hochschule besuchen konnte.

Bis der Krieg zu Ende war, hat er dort studiert. Nach dem Krieg wollte er seine Familie in Lemberg suchen. Seine Geschwister hatten christliche Sportkameraden, alle Geschwister waren sehr sportlich und seit vielen Jahren Mitglieder in einem Sportclub.

Von einigen Sportkameraden bekamen sie deren Papiere. Als sich die Geschwister trennen mussten, haben sie verabredet, der Hausbesorgerin ihres Hauses in Lemberg nach dem Krieg Mitteilungen über ihren Verbleib zu hinterlassen. Mit Genehmigung der Universität fuhr mein Mann nach Lemberg, seine Geschwister suchen.

Das Haus stand, und die Hausbesorgerin hatte wirklich Nachrichten. Alle hatten überlebt, zum Teil in Deutschland als polnische Zwangsarbeiter. Sie waren in der Stadt Beuthen [poln. Bytom] verabredet. Mein Mann hat auf die Fortsetzung seines Studiums verzichtet und hat in Beuthen seine Geschwister getroffen. Die Eltern gab es nicht mehr, sie waren ermordet worden. 

Philipp, der ältester Bruder, hatte eine Wohnung gemietet, aber dort bleiben wollten sie nicht. Sie hatten beschlossen nach Südamerika auszuwandern und bemühten sich um eine Einreisegenehmigung. In dieser Zeit des Wartens fand mein Mann eine Arbeit als Kellner in einem kleinen Kaffeehaus.

Ungefähr ein Jahr blieben sie in Beuthen, dann fuhren sie alle nach Wien. Wien war damals für viele Flüchtlinge eine Zwischenstation zwischen der alten und der neuen Heimat. Als mein Mann sich vom Besitzer des Kaffeehauses verabschiedete und sagte, dass er nach Wien fahre, sagte der:

Oh, wenn du nach Wien fährst dann sei so gut, ich habe dort eine weitläufige Cousine, grüße sie und erzähl ihr von mir.

In Wien angekommen, wohnten sie in einem Hotel in der Heinestrasse, das für Flüchtlinge hergerichtet war. Mein Mann hat eines Tages die Adresse genommen und ist auf die Suche nach der Verwandten seines Chefs gegangen.

Diese Verwandte war meine Mutter. Also stand er eines Tages vor der Tür unserer Wohnung. Meine Mutter, gastfreundlich wie sie war, lud ihn zum Nachtmahl ein und spazierte mit ihm  ein wenig durch Wien.

Dann sagte sie: meine Tochter ist im Moment nicht da, in einer Woche kannst du sie aber kennenlernen. Das wars! Unglaublich! Als ich meinen Mann das erste Mal sah, hab ich ihn angeschaut und war schon verliebt. Und ihm ging es nicht anders, auch er war sofort in mich verliebt.

Ich war noch sehr jung, erst 17 Jahre alt, er war 26 Jahre alt und schon ein reifer Mann. Ich war trotz meiner Erlebnisse ein junges Mäderl. Ich kam mir sehr erwachsen vor, war’s aber natürlich nicht.

Mein Mann konnte nicht sehr gut Deutsch, aber mit mir musste er Deutsch sprechen, denn ich konnte nicht Polnisch. Das hat ihm sicher geholfen, schnell Deutsch zu lernen. Innerhalb eines Jahres ist es ihm gelungen.

Dann wurde die Einreise der Geschwister nach Bolivien genehmigt. Mein Mann wollte natürlich hierbleiben, erstens hatte er sich in mich verliebt und zweitens die Aussicht, in Wien Technik zu studieren. Seine Schwestern Henje und Rosa hatten während des Krieges französische Kriegsgefangene kennengelernt und wollten nach Frankreich, um sie zu suchen.

So haben sich die Geschwister getrennt. Mein Mann ist in Wien geblieben, Henje und Rosa sind nach Paris gefahren, haben ihre Freunde gesucht und gefunden und haben geheiratet.

Dora, die dritte Schwester ist auch mit nach Paris gefahren, obwohl sie keinen Freund dort hatte, und Philipp, der älteste Bruder wollte die Schwestern nicht allein lassen und begleitete sie. Nur Wolf ist wirklich nach Bolivien gefahren. Er hat eine Freundin mitgenommen, sie geheiratet und blieb in Bolivien.

Dora erkrankte schwer an Tuberkulose. Ihr Bruder Philipp hat alles getan, damit Dora gerettet wird. Man hat sie nach Südfrankreich geschickt, nach Briancon, einem Gebirgsort mit Sanatorien.

Philipp war ein sehr tüchtiger Mann, er hat sofort in Paris gearbeitet, und hat alles für seine Schwester finanziert. Sie wurde dann auch operiert, der Herd wurde entfernt, aber sie war dadurch natürlich nicht mehr ganz gesund. 

Mein Mann hat hier an der Technischen Hochschule inskribiert, Geld hatte er keines und musste sich mit Gelegenheitsgeschäften über Wasser halten.

Er konnte sich dadurch dann ein Untermietzimmer leisten, aber arm war er immer noch. Und nun mussten wir uns erst einmal trennen, denn eines Tages war es soweit, meine Reise nach Australien, die lange vorbereitet war, begann.

Zuerst bin ich nach Marseille mit dem Zug gefahren, dort wurden wir gesammelt. Wir waren dann etwa 1 000 Passagiere, darunter viele junge Leute. Das Schiff war ein richtiges Auswanderungsschiff. Im Frachtraum hatte man Stockbetten aufgestellt, um alle unterzubringen. Ich war allein und abenteuerlustig.

Es war eine wunderschöne Fahrt. Sie dauerte einen Monat bis wir in Melbourne ankamen. Eine Woche musste das Schiff zwischendurch repariert werden, alle waren aufgeregt, mich hat das nicht gestört. Eine Woche länger auf See, dachte ich. Ich habe die Reise sehr genossen. 

Mein Vater hat mich vom Hafen in Melbourne abgeholt. Ich habe ihn sofort erkannt, er mich wahrscheinlich nicht, denn er hatte mich verlassen, da war ich elf Jahre alt. Er hatte sich nicht so sehr verändert. Es war ein Wiedersehen mit vielen Tränen. Wir haben beide sehr geweint.

Wir fuhren von Melbourne zwei Stunden mit dem Zug nach Castlemaine, den Ort, in dem mein Vater damals lebte. In Castlemaine gab es ein Kino, mehrere Tennisplätze und mehrere Schulen. In einer dieser Schulen hat mein Vater Mathematik unterrichtet.

Er wohnte in dem kleinen Haus mit dem Garten mit einer Frau zusammen, die er später geheiratet hat. Ich bekam ein Zimmer für mich allein, und ein Zimmer hatte er als Laboratorium eingerichtet. Mein Vater forschte über Kristalle.

Es ist ihm gelungen, Metall zu kristallisieren. Bis dahin hatte man nicht gedacht, dass das möglich ist, man konnte zu dieser Zeit nur Salze in Kristallform bringen. Aber damals wusste man nichts mit dieser Entdeckung anzufangen. Erst, seit es das Fernsehen gibt, haben diese Kristalle ihren Sinn.

Castlemaine war ein typisch englisches Städtchen. Die Menschen hatten dort schon lange in Frieden gelebt, sie hatten keine Ahnung von lebensbedrohlichen Situationen, und ich empfand sie alle als langweilig. Mein Vater war natürlich nicht langweilig, aber er ist arbeiten gegangen.

Seine Freundin hat mich sehr nett betreut. Ich habe mich aber wirklich gelangweilt. Nun wollte ich ja Medizin studieren, aber dazu hätte ich in ein Internat gemusst, das war gekoppelt, Internat und Studium. Und das Studium musste man bezahlen, und das Internat kostete viel Geld, das konnte mein Vater sich nicht leisten.

Studieren konnte ich dort nicht. Mein Vater und ich haben überlegt, denn man konnte viele wunderbare Berufe erlernen, aber ich wollte unbedingt Medizin studieren. Wir haben uns genau erkundigt, wie man das vielleicht doch machen kann, aber es ist am Materiellen gescheitert.

Mein Vater hätte viele Jahre finanzieren müssen, so ein Studium dauert lange. Ohne Studium wollte ich in Australien nicht bleiben, denn in Wien gab es damals das Studium für alle wirklich umsonst. Also hab ich mich entschlossen, ich gehe zurück, um zu studieren.

Zurück hat es keinen Joint mehr für mich gegeben, mein Vater hat einen Kredit aufgenommen, um mir nach einem Jahr die Rückreise zu bezahlen. Er war sehr traurig, aber er hat mich verstanden.

Ich habe ihn nie Wiedergesehen, doch wir waren immer im Kontakt, und er hat mir immer zum Geburtstag ein Geschenk geschickt. Und ich hab ihm immer Bücher über Kristalle geschickt. Mit 85 Jahren ist mein Vater in Australien gestorben.

Mein Mann war enttäuscht, dass ich zurückgekommen bin, denn er hätte sehr gern mit mir in Australien gelebt. Aber obwohl das Schiff bis Genua fuhr, hat er mich schon in Neapel abgeholt, und wir sind zusammen mit dem Zug nach Wien gefahren.

Ich konnte dann gleich weiter studieren, hatte zwar ein Jahr verloren, aber viele meiner Kommilitonen hatten die ersten Prüfungen in Chemie und Physik nicht bestanden, also waren sie nicht viel weiter als ich.

Ich habe erfolgreich studiert, und irgendwann haben wir beschlossen zu heiraten. Aber mein Mann hatte nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, und wenn ich ihn geheiratet hätte, wäre ich staatenlos geworden. Ich musste einen Antrag auf Beibehaltung meiner Staatsbürgerschaft stellen, das dauerte seine Zeit.

Das nächste Hindernis war, das es bei religiösen Juden so eine Art ungeschriebenes Gesetz gibt, dass, wenn Schwestern da sind, die zuerst heiraten müssen. Drei seiner Schwestern waren verheiratet, aber die eine noch nicht.

Also wollte er warten, bis sie auch verheiratet war. Dora lernte dann endlich in Briancon einen jungen Mann kennen, den sie heiratete. Wir heirateten dann auf dem Standesamt in der Währingerstrasse.

Damals gab es nur einen orthodoxen Rabbiner im 2. Bezirk, bei dem haben wir dann richtig jüdisch geheiratet. Ich war in Weiß mit einem Schleier, aber mein Schleier war dem orthodoxen Rabbiner nicht genug.

Man hat mir noch einen weißen Schal überworfen, damit man wirklich nichts sieht. Alles war richtig traditionell, mit sieben Mal herumgehen, und  mein Mann hat die Ketubba 6 unterschrieben.

Unsere Hochzeit war eine der ersten jüdischen Hochzeiten in Wien. Viele meiner Studenten waren dabei. Einen von diesen Studenten treffe ich noch heute, und jedes Mal wenn er mich sieht, sagt er: deine Hochzeit werde ich nie vergessen.

Als ich verheiratet war, hat meine Mutter gesagt: ich gebe dir die Wohnung, wozu brauche ich soviel Zimmer allein. Ich wollte das nicht, ich war immer noch Studentin, ich wollte lernen und nicht Böden putzen. Kochen habe ich auch nicht können. Aber mein Mann wollte sie unbedingt, ihm hat die Wohnung natürlich gefallen. Also habe ich mich gefügt.

Meine Mutter zog zu ihrem Mann, den sie ja 1946 geheiratet hatte, in die Josefstädter Strasse und überließ uns die Wohnung. Als es uns finanziell besser ging, hatten wir eine Bedienerin.

Aber das hat eigentlich nicht zu mir gepasst, denn so hatte ich nie gelebt, so war ich nicht aufgewachsen. In der Wohnung am Semmering, die wir uns gekauft haben, und die sehr klein war, fühlten wir uns sehr gut. Genau deswegen, weil sie so klein war, haben wir uns dort so richtig wohl gefühlt.

Meine Tochter Viola wurde 1955 geboren. Was für eine große Freude! Durch Viola geschahen lauter Wunder. Das war so schön, dass ich sogar begonnen habe, mich mit der Küche anzufreunden. Mein Studium hatte ich unterbrochen, so dass ich alles mit ihr zusammen erleben konnte.

Nach eineinhalb Jahren war ich wieder schwanger, das zweite Kind kam, ein Bub. Wieder eine große Freude! Kurz nach der Geburt sagte man mir, das Kind sei nicht in Ordnung. Es hatte einen angeborenen Herzfehler und lebte nur vier Monate.

Das war so schrecklich, dass ich mich von diesem Schock nicht erholen konnte. Ich war nur noch traurig, furchtbar traurig. Aber ich hatte doch meine kleine Tochter, die Viola, ich musste mich also irgendwie zusammennehmen.

Mit meiner ganzen Kraft habe ich es bewerkstelligt zu leben. Das war schrecklich für mein Kind mit einer Mutter, die immerzu traurig war. Das war sehr, sehr schwer, und das wirkt sich sicher bis heute auf meine Tochter aus.

Sechs Jahre war ich eine depressive Mutter. Meine Schwägerin kam einmal aus Frankreich zu Besuch. Viele Jahre später hat sie mir erzählt, ich hätte damals immer dasselbe angehabt, und ich hätte nie gelächelt. Ich habe gerade mal gelebt, aber sonst nichts. Ich konnte und konnte mich von diesem Schock des Todes meines Kindes nicht erholen.

Ich wollte nicht einmal mehr studieren. Mein Mann hat auch gelitten, aber er hatte auch große berufliche Erfolge in diesen Jahren. Er hat sich keinen Urlaub gegönnt, er musste das Geld für uns verdienen. Er hat immer gearbeitet, auch samstags und sonntags.

Ich glaube, Viola ging schon in die 2. Klasse, da hat es sich ergeben, dass wir beide in den Schulferien eine Schiffsfahrt nach Algerien unternommen haben. So etwas hat mich noch immer gelockt. Das war der erste Schritt zu meiner Gesundung. Nach 14 Tagen kamen wir zurück, und ich fühlte mich ein wenig besser, konnte mich wieder besser anpassen.

Meine Mutter hat all die Jahre zu mir gesagt, dass ich weiterstudieren soll, ich war ja fast am Ende des Studiums, aber ich war nicht imstande dazu. Ich habe keinen Sinn mehr darin gesehen zu studieren. Nach einem Jahr haben Viola und ich mit dem Schiff eine Donaufahrt unternommen.

Wir fuhren die Donau entlang bis zum Schwarzen Meer, stiegen dann um auf ein großes Schiff und fuhren bis zur Krim. Das war eine herrliche Schiffsfahrt, und auf der Krim hatten wir einen wunderschönen Urlaub. Dort habe ich gesehen, warum das Schwarze Meer Schwarzes Meer heißt. Die Steine, die zum Meer führen, sind dort dunkelgrau.

Diese Reise hat mich aus meiner Depression herausgebracht. Auf der Rückreise ist es mir auch noch sehr gut gegangen und ich dachte, so jetzt werde ich mich zusammennehmen und mein Studium beenden.

Mein Mann hat für mich den Antrag an die Universität formuliert, und man erlaubte mir, trotz der langen Pause aus ersichtlichen Gründen, ohne nochmalige Prüfung mein Studium fortzusetzen.

Ich habe wieder begonnen zu Lernen, und mein Mann hat mich sehr, sehr unterstützt. Er war einmalig! Dann habe ich die erste Prüfung gleich mit Auszeichnung bestanden. Und dann kam eine Prüfung nach der anderen, nicht mehr mit Auszeichnungen, aber ich war froh, ich rutsch durch.

Dann hatte ich das Studium beendet. Bei meiner Promotion war meine Tochter Viola dabei, sie war zehn Jahre alt. Und meine Mutter war auch dabei. Sie hat sich sehr gefreut.

Damals war es so, dass man sich gerissen hat um die Absolventen, denn es gab zu wenige Ärzte. Man hat mir gleich gesagt, ich soll ins AKH [Anm.: Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien, Universitätsklinikum Wien, Sitz der Medizinischen Universität, größtes Krankenhaus Österreichs].

Zuerst war ich in der HNO-Abteilung des AKH. Ich hatte keine Ahnung und kam mit Illusionen dort hin. Ich dachte an wunderbare Ärzte, gute Beziehungen zu den Patienten, Diagnosen stellen und so weiter. Das AKH war ein Betrieb von ehrgeizbesessenen Menschen.

Das ging soweit, dass einer den anderen als Konkurrenten empfand. Die HNO-Abteilung hatte einen Dachgarten, und ich bin jeden Mittag hinaufgegangen und habe fast geweint. Gutes Verhältnis Arzt-Patienten, das hat’s überhaupt nicht gegeben, und dass ein Arzt etwas einem Frischling wie mir erklärt, das hat’s auch nicht gegeben.

Jeder wollte den anderen nur herunterdrücken. Und diese Hierarchie: wenn man zum Patienten kommt, geht zuerst der Professor, dann der Dozent, dann der Oberarzt usw. Ich war doch neugierig und wissbegierig, ich wollte doch alles beim Patienten hören und sehen, was der Professor sagt und was er macht.

Ich bin also nach vorn gegangen, und die Oberschwester hat mich sofort nach hinten gezogen. Ich hab dort die Monate absolviert und mir gedacht, wenn das die Medizin ist, für die ich so gekämpft hatte, das ist nichts für mich.

Aber ich hab auch gedacht, vielleicht ist es in einem anderen Spital anders. Ich hab mich dann im AKH abgemeldet, obwohl auf der Kinderstation ein sehr guter Professor war, der meinte, dass ich vielleicht Kinder als Fach machen sollte. Aber ich hab mich so gefürchtet vor diesem AKH, dass ich dort die Facharztausbildung zur Kinderärztin nicht machen wollte.

Mein nächstes Krankenhaus war das Kaiser-Franz-Josef-Spital, meine nächste Abteilung war die Interne. Da bleibt man neun Monate, und dort war es ganz, ganz anders. Dort war ein Oberarzt, der sich bemüht hat, mir alles beizubringen, was ein Internist können muss.

Das war wunderbar für mich. Ich habe mich bemüht, alles das, was ein Arzt braucht, zu erlernen. Für die Patienten war ich die junge Frau Doktor, auch das hat mein Selbstbewusstsein sehr gestärkt.

Ein Professor dort hat über Gicht geforscht. Gicht war damals eine Erkrankung, von der man in Österreich gar keine Ahnung hatte. Mein Mann hatte ja eine Schwester in New York, sie war bereits vor dem Krieg ausgewandert. Er hat ihr geschrieben, und sie hat mir einen langen Bericht über Gicht geschickt.

Mit diesem Wissen bin ich zu dem Professor der Interne gegangen, und er war begeistert. Es gab damals in Amerika auch schon Medikamente gegen Gicht, denn Gicht ist ja eine sehr schmerzhafte Krankheit. Das war eine große Sache für Wien.

Im Kaiser-Franz-Josef-Spital, herrschte auch ein ganz anderes Klima zwischen den Ärzten und den Patienten. Die Ärzte sprachen mit den Patienten und kümmerten sich auch psychisch um sie. Auch die Kollegen untereinander haben nicht einer den anderen hinaus beißen wollen, denn sie waren dankbar, dass ich ihnen Arbeit abnehmen konnte. Und je mehr ich konnte, umso mehr konnte ich ihnen abnehmen.

Ich bin dann durch alle Abteilungen durch, bis mein Turnus zu Ende war. Im Kaiser-Franz-Josef-Spital war ich ungefähr fünf Jahre. 1968 kam meine Tochter Monika zur Welt. Zu der Zeit habe ich schon im Spital der Barmherzigen Brüder gearbeitet. Da haben wir uns dann ein Kindermädchen geleistet.

Mein Mann ist sehr religiös aufgewachsen, doch durch sein Schicksal ist er von seiner strengen Religiosität abgekommen. Koscheres Essen und Schabbat halten, das war für uns finanziell unmöglich.

Auch waren unsere Lebensumstände in Wien so, dass wir nicht religiös leben konnten. Auch seine Geschwister sind von dem streng Religiösen abgekommen.

Mir hat das Traditionelle sehr gefallen. Ich hatte nie traditionell gelebt, weil meine Mutter gar nicht religiös war. Aber jetzt wollte ich gern traditionell leben. Da hat mein Mann mir Verschiedenes beigebracht. Ab und zu haben wir Freitag Lichter gezündet, und zu den Feiertagen gingen wir in den Tempel. Und den Seder 7 haben wir, da war ich noch sehr jung, begonnen zu halten.

Zuerst noch sehr schlicht, aber als meine zweite Tochter Monika 1968 geboren wurde, war das schon ein richtiger Seder mit vielen Gästen. Wir hatten viele jüdische Gäste, aber es gab auch nichtjüdische Gäste. Und ich habe alles traditionell hergerichtet, die Vorspeisen, den gefillten Fisch [Anm.: Fischgericht], die gehackte Leber.

Meine Töchter sind dadurch traditionell aufgewachsen. In ihren jeweiligen Schulen waren sie die einzigen jüdischen Kinder. Viola ging die ersten vier Jahre in die Albertgasse, dann in die Piaristengasse aufs Gymnasium.

Das Piaristengymnasium war ein katholisches Gymnasium, in dem Viola es durch das antisemitische Verhalten von Lehrern und Schülern nicht ausgehalten hat. Ich habe sie dann in der Kundmanngasse, im 3. Bezirk, angemeldet. Da war ein vollkommen anderes Milieu, dort hat sie maturiert.

Als Viola 20 Jahre alt war, ist sie in den 5. Bezirk gezogen. Wir hatten dort ein Haus, und Viola wollte selbständig sein.

Die Wohnung hat mein Mann nach ihren Wünschen herrichten lassen, Viola ist künstlerisch begabt und sehr phantasiereich. Sie hat schon damals gemalt und ihre Bilder auch ausgestellt. Eigentlich wollte sie ihr ganzes Leben die Sahara bewässern. Deshalb begann sie auf der Universität für Bodenkultur zu studieren.

Nachdem sie dort auf ein ausgesprochenes Bauernnazimilieu gestoßen ist, ist sie nach einer Woche davon gelaufen. Nun wusste sie nicht, was sie studieren sollte. Sie ließ das Studienbuch entscheiden, es fiel auf bei Publizistik.

Daraufhin hat sie Publizistik studiert und ihr Doktorat gemacht. Sie hat dann viele Jahre bei verschiedenen Zeitungen als Journalistin gearbeitet.

Nach ungefähr zehn Jahren hat sie etwas Neues gesucht, weil sie mit vielen Dingen nicht einverstanden war. Ihr Wissen ist groß und dazu ihre künstlerische Begabung, sie hatte also viele Möglichkeiten. Sie hat dann mit einem Rechtsanwalt zusammen gearbeitet.

Nach sieben Jahren intensiver Arbeit mit diesem Rechtsanwalt ging sie nach Israel. Sie ist mit unser aller Illusionen, die wir ihr suggeriert hatten, nach Israel gekommen: unsere Heimat, das Land, wo wir hingehören, wo es keinen Antisemitismus gibt, wo viele Dinge selbstverständlich sind, die man hier erst erkämpfen muss.

Was wir dabei nicht bedacht hatten, war, dass ihre Generation in Israel bereits viele Kriege miterlebt hatte, sie durch eine harte Schule gegangen ist.

Diese jungen Menschen waren im Land geboren und geformt unter anderem durch die ständige Bedrohung ihres Lebens. Und es war und ist in Israel noch immer ein Überlebenskampf. Aber Viola hat sich in Israel einen großen Freundeskreis geschaffen.

Fünf Jahre lebte sie in Israel, dann lernte sie ein französisches Ehepaar kennen und sie übersiedelte nach Frankreich, an die Cote Azur. Sie hat in den Bergen, sehr nah von Nizza eine Wohnung gemietet. Für mich war das herrlich, ich hatte sie jedes Jahr in Israel besucht, und nun konnte ich jedes Jahr nach Frankreich.

Es war wunderschön dort. Sie hat Französisch gelernt, es ist ihr leichter gefallen als Hebräisch, und nach fünf oder sechs Jahren in Frankreich, in denen sie als Journalistin auch für Wiener Zeitungen gearbeitet hat, hat sie die Kälte der Franzosen nicht mehr ertragen. Es ist ihr dort nicht gelungen, einen richtigen Freundeskreis aufzubauen.

Sie hat einen Kurs mit einem Rabbiner besucht, hat Golf gespielt, um Leute kennenzulernen, kennengelernt hat sie ein amerikanisches Ehepaar, ein jüdisches Ehepaar, aber keine Franzosen. Sie kam sich einsam vor und ist zurück nach Wien gekommen. Es war für sie sicher nicht einfach zurück zu kommen.

Aber hier hatte sie viele Freundinnen und Freunde, von der Schule, von der Arbeit und es kamen auch neue dazu, und so hat sie es in Wien ungefähr fünf Jahre ausgehalten. Dann wurde sie von einer Freundin nach Israel gerufen, der sie helfen sollte, den Bau ihres Hauses zu überwachen und ihr Wissen und Können mit einzubringen.

Da sie schon lange in Israel gelebt hatte, fuhr sie ohne Illusionen, und dieses Mal hat es ihr gefallen, dass die Leute so sind wie sie sind - individuell, eigensinnig, laut und kämpferisch. Das sind aufgeschlossene Menschen, die einen Fremden ausfragen bis auf seine Schuhgröße.

Das gehört dazu: man hat auch Interesse an der Schuhgröße des andern. Der menschliche Kontakt ist in Israel unvergleichbar mit einem anderen Land auf dieser Welt. Nichtjüdische Freunde verstehen nicht, wie empfindlich ich reagiere, wenn jemand etwas gegen Israel sagt.

Da bin ich schon an der Decke, und der andere ist sich gar nicht bewusst, dass er etwas gesagt hat, dass mich kränkt. Das ist natürlich eine Überempfindlichkeit, aber da bin ich überempfindlich. Ich weiß es, aber ich kann ja nicht aus mir heraus. Ich weiß, das man auch Negatives über Israel sagen könnte, wo gibt es nichts Negatives, aber bitte nicht zu mir.

Nach einem Jahr kam Viola zurück, um ihre Sachen zu holen, und um wieder nach Israel zu übersiedeln. Ihr israelischer Freundeskreis hat sich gefreut.

Seit einiger Zeit lebt sie ein halbes Jahr in Israel und ein halbes Jahr in Wien. Meine Tochter arbeitet jetzt für ein Immobilienjournal.    

Monika, meine jüngere Tochter, habe ich gleich aufs Lycee [französische Schule] gegeben. Dort ist ein internationales Milieu. Es gab dort Kinder aus anderen europäischen Ländern, natürlich auch französische Kinder, und es gab jüdische Kinder.

Auch die Lehrer waren ganz anders. Nach der Matura hat sie eine Weile studiert, hat geheiratet, früh ihr erstes Kind bekommen, Lilli ist jetzt 23.

Sie ist mit ihrem Mann aufs Land gezogen, in die Nähe von Graz. Ihr Mann hatte eine Arbeit in Graz angeboten bekommen. In Graz waren die Wohnungen zu teuer, also haben sie in der Nähe gesucht und haben in einem Haus die untere Etage mieten können.

Später wollte der Besitzer des Hauses nicht mehr vermieten, da haben sie ein großes Grundstück gefunden und ein sehr schönes Fertighaus darauf gestellt. Monika wollte ihren Kindern ein richtiges zu Hause bieten, das  bedeutete ein Haus, einen Garten, einen Hund.

Das war für sie sehr wichtig. Als die Kinder klein waren hatten sie auch eine Katze und Meerschweinchen. In einem halben Jahr war alles fertig, vom Keller bis zum Giebel. Monika bekam ihren Sohn Moritz, er ist  heute auch schon 20 Jahre alt.

Der Garten ist groß und wunderschön. Dort wo sie wohnen gibt es nichts, nur ein paar Gehöfte. Als die Kinder klein waren, gab es dort auch Nachbarkinder, zum Aufwachsen war das wunderbar. Als ihre Kinder schon etwas älter waren, begann meine Tochter in einer Waldorfschule Französisch zu unterrichten. Ihre Kinder konnte sie mitnehmen, das war ideal.

Monikas Mann organisiert mit einem Kompagnon in Österreich Kongresse für Ärzte. Er muss das Thema aussuchen, die Ärzte einladen, die Vortragenden einladen, den Platz aussuchen. Die Kongresse finden vier bis fünfmal im Jahr statt, es sind große Ärztekongresse bis zu 1000 Leuten.

Meine Tochter lebt unter Bauern und ist sehr glücklich mit ihrem Leben. Mehrmals im Jahr kommt sie in die Stadt mich besuchen. Ich liebe die Stadt, man kann so viele schöne Sachen sehen, hören, besichtigen.

Meine Tochter ist jedes Mal froh, wenn sie wieder aufs Land fahren kann. Der Lärm, der Staub…das erträgt sie nicht. Ich glaub, sie ist bis vor zwei Jahren nie auf Urlaub gefahren, die Kinder, der Garten, der Hund…

Als ihr Sohn Moritz 12 Jahre alt war, hat er gesagt, dass er eine Bar Mitzwa 8 haben will. In Graz gibt es ja keinen Rabbiner, weil dort zu wenig Juden leben. Aber es gab einen Mann mit dem der Moritz lernen konnte; ein Jahr lang.

Dieses Kind, das ein zwiespältiges Verhältnis zum Lernen hatte, ging wirklich ein Jahr lang jede Woche und lernte alles für seine Bar Mitzwa. Als es soweit war, ist der Pauli [Anm.: gemeint ist Paul Chaim Eisenberg, der Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien] aus Wien nach Graz gekommen, und es war eine der schönsten Bar Mitzwas, die ich erlebt habe; mit soviel Humor. Der Pauli hat gesungen und getanzt, und der Moritz hatte dann eine wunderbare Feier.

Ich bin sehr gern gereist, mein Mann und ich waren zusammen in New York, wir waren in Brasilien und in Europa fast überall. Ich wäre gern noch sehr viel mehr gereist, aber da mein Mann schwer gearbeitet hat, wollte er sich im Urlaub manchmal einfach nur ausruhen.

Mein Mann starb 1995 im Alter von 75 Jahren. Viel zu früh. Seitdem lebe ich allein.

Ich lebe gut in Österreich und sehr bequem. Ich hab ja ein bisschen von der Welt gesehen, so ein bequemes Leben und so eine soziale Absicherung gibt’s nirgendwo. Es ist aber nicht nur die soziale Absicherung, alles hier in Österreich ist einfach. Wenn man einen Pass haben will, muss man sich nicht anstellen, man zieht eine Nummer und ist nach zehn Minuten dran. Wenn man die Pension einreicht, läuft alles glatt und ohne Aufregung. Das Klima ist gut und die kulturellen Veranstaltungen sind großartig. Vieles an Kultur gibt es sogar umsonst, solche Dinge gibt es ja nirgends auf der Welt.

Als den Haider 25 Prozent gewählt haben, war meine Tochter Viola weg aus Österreich, meine jüngere Tochter Monika fühlt sich sicher in Österreich. Ich kann mich erinnern, dass vor 1938 fühlte man sich hier in Österreich auch sicher. Ich glaube aber, dass die Menschen sich nicht so sehr verändert haben.

Es kommt immer auf die Situation an, geht es ihnen gut, sind sie gut, geht es ihnen schlecht, sind sie schlecht. Es gab ja viele, die sich alles angeeignet haben. Niemand hat reklamiert, die Familien wurden ermordet oder sind oft irgendwo auf dieser Welt gestorben, ehe sie irgendetwas von ihrem Besitz zurückbekommen haben.

Ich persönlich traue niemandem. Aber ich bin zu alt und zu schwach um noch woanders hinzugehen, auch wenn die rechte Partei immer stärker werden würde.

Immer wieder komme ich darauf, dass ich anders als andere bin. Aber das ist ja auch kein Wunder, nachdem, was ich erlebt habe.

Anm.: 1990 wurde Reinhold Duschka vom Staat Israel als Gerechter unter den Völkern [Ehrentitel für nichtjüdische Personen, die während des Holocaust Juden gerettet haben] anerkannt.

Die Ehrung fand erst so spät statt, weil Duschka auch nach dem Krieg Angst vor dem Antisemitismus der Bevölkerung hatte, denn es war auch im Nachkriegsösterreich nicht populär, Juden geholfen zu haben. Duschka musste noch viele Jahre arbeiten, und er hatte Angst, dass ihm die Kundschaft ausbleibt.

Am 11. April 2013 hat auch Österreich die Heldentat des Reinhold Duschka, der vier Jahre lang sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, anerkannt und gewürdigt, indem in der Mollardgasse 85a, dem Haus, indem er die vielen Jahre Dr. Lucia Heilman und ihre Mutter versteckt hatte, eine Gedenktafel angebracht wurde.  

  • Glossar:

1 Völkerbund, der war eine Internationale Organisation mit Sitz in Genf (Schweiz). Er nahm am 10. Januar 1920, kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges, seine Arbeit auf, um den Frieden dauerhaft zu sichern, und wurde am 18. April 1946 in Paris, kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, aufgelöst.

Der Völkerbund gilt als indirekter, zeitgeschichtlicher Vorläufer der Vereinten Nationen (UNO).

2 Schuschnigg, Kurt [1897 – 1977]: österreichischer christlichsozialer Politiker. Er folgte 1934 dem von Nationalsozialisten ermordeten Dollfuß als Bundeskanzler. Er versuchte, Österreich zum ‚besseren deutschen Staat‘, als es das Deutsche Reich war, zu machen.

Am 9. März 1938 setzte er für den 13. März eine Volksabstimmung über den Erhalt der Eigenstaatlichkeit Österreichs an. Am 11. März 1938 trat er unter dem Druck Nazideutschlands zurück. Nach dem Anschluß wurde Schuschnigg inhaftiert und blieb bis Ende des Zweiten Weltkrieges in Haft.

1948 wanderte er in die USA aus und war bis 1967 Professor für Staatsrecht an der Universität St. Louis/Missouri.

3 Affidavit: Im anglo-amerikanischen Recht eine schriftliche eidesstattliche Erklärung zur Untermauerung einer Tatsachenbehauptung.

Die Einwanderungsbehörden der USA verlangen die Beibringung von Affidavits, durch die sich Verwandte oder Bekannte verpflichten, notfalls für den Unterhalt des Immigranten aufzukommen

4 Wiener Werkstätte GmbH, die war eine Produktionsgemeinschaft bildender Künstler. Gründungsmitglieder im Jahr 1903 waren Josef Hoffmann, Koloman Moser und der Industrielle Fritz Wärndorfer, der sich als Kunstmäzen einen Namen machte.

Ziel der Werkstätte war die Erneuerung des Kunstbegriffes auf dem Bereich des Kunstgewerbes. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kam es zum Einbruch der Verkaufszahlen, da die Zielgruppe, das Bürgertum, verarmte. 1926 konnte sich das Unternehmen nur knapp durch Ausgleich vor dem Konkurs bewahren, und 1932 war der Bankrott nicht mehr abzuwenden

5 Drancy: Ab 1941 Sammellager für zu deportierende Juden im Norden von Paris. Zwischen 21. August 1941 und 17. August 1944 passierten 70.000 Menschen dieses Lager auf dem Weg in die Vernichtungslager.

6 Ketubba: jüdischer Ehevertrag, im orthodoxen Judentum definiert die Ketubba die Verpflichtung des Ehemannes gegenüber seiner Gattin. Er verpflichtet sich damit, ihr Unterstützung, Ernährung, gesundes Leben und Freude zu sichern.

Im engeren Sinne sichert die Ketubba die Rechte der Frau, zu denen sich der Ehemann verpflichtet:

1. Unterhalt, 2. Bekleidung, 3. Geschlechtsverkehr. Die Ketubba regelt auch die finanzielle Absicherung der Frau im Falle einer Scheidung oder des Todes des Mannes. Für die Frau sind  in der Ketubba keine Pflichten festgelegt.

7 Seder [hebr.: Ordnung]: wird als Kurzbezeichnung für den Sederabend verwendet. Der Sederabend ist der Auftakt des Pessach-Festes. An ihm wird im Kreis der Familie (oder der Gemeinde) des Auszugs aus Ägypten gedacht.

8 Bar Mitzwa: [od. Bar Mizwa; aramäisch: Sohn des Gebots], ist die Bezeichnung einerseits für den religionsmündigen jüdischen Jugendlichen, andererseits für den Tag, an dem er diese Religionsmündigkeit erwirbt, und die oft damit verbundene Feier. Bei diesem Ritus wird der Junge in die Gemeinde aufgenommen.

Trude Scheuer

Wien
Österreich
Datum des Interviews: März 2002
Name des Interviewers: Artur Schnarch

Trude Scheuer ist eine sehr resolute Frau, was bei dem teilweise schwarzen Humor ihres Gatten Peter sicher sehr hilfreich ist. Sie ist klein, ein bisschen pummelig und sehr agil. Der Empfang in ihrer, in einem noblen Stadtteil Wiens gelegenen Wohnung, ist sehr herzlich, und ich werde mit Kaffee und Kuchen verpflegt. So urwienerisch Trude Scheuer auch ist, haben ihre Jahre in Israel etwas Unkonventionelles und Offenes zu ihrer Art beigetragen.

Theodor Gottesdiener, der Vater meiner Mutter, kam 1909 mit seiner Frau Franja aus Krakau [Polen] nach Wien. Sie hatten zu dieser Zeit schon vier Kinder - Emil, Isaak, Max und meine Mutter Rosa, die die Jüngste war und gerade erst ein Jahr alt.

Meine Großmutter Franja stammte aus Krakau. Ihr Mädchenname war Kleinmann. Ich habe keinerlei Erinnerung an sie, da sie relativ jung - schon 1931 - in Wien gestorben ist. Man hat mir nur erzählt, dass sie, als ich an einem Schabbat 1 geboren wurde, und sie aus religiösen Gründen nicht mit Verkehrsmitteln gefahren ist, vom 2. Bezirk, wo sie gewohnt hat, zu Fuß bis in die Frauenklinik Gersthof gegangen ist, um mich und meine Mutter zu sehen.

Meine Großmutter hatte eine Schwester, eine verheiratete Wortsmann und einen Bruder, der Siegfried Kleinmann hieß. An die Schwester kann ich mich kaum erinnern, aber an ihre zwei Töchter Erna und Genia, die sich während des Holocaust nach Paris retten konnten. Erna wurde aber von Paris deportiert und ist umgekommen. Genia hat überlebt und hat nach dem Krieg meine Mutter in Wien besucht. Den Bruder Siegfried Kleinmann habe ich erst in Palästina kennen gelernt. Er hatte die Tante Ella geheiratet und vor dem Krieg mit ihr in Berlin gelebt. Sie besaßen in Berlin ein Klaviergeschäft und sind relativ früh nach Palästina ausgewandert. In Jerusalem haben sie wieder ein Klaviergeschäft eröffnet. ‚Klaviere Kleinmann’ waren berühmt in Jerusalem.

Mein Großvater hat in der Rembrandtstrasse, im 2. Wiener Gemeindebezirk, gewohnt. Gleich dort ums Eck, in einem kleinen Gasserl, hatte er in einem Kellergewölbe sein Geschäft - eine Erzeugung von Koffern und Taschen aus Leder. In unserer assimilierten jüdischen Familie waren diese Großeltern die einzigen Frommen. Mein Großvater war in einer Schil [Anm.: jiddisch Schule für Synagoge] in der Nähe ein so genannter ‚Kuwet Hazen’ [Anm.: Kantor] und hat dort jeden Schabbes und zu den anderen Feiertagen gesungen. Die Frömmigkeit ist allerdings auf seine Kinder überhaupt nicht übergegangen. Ich kann mich sogar erinnern, dass seine Söhne zu Jom Kippur 2 immer heimlich gegessen haben.

Theodor Gottesdiener hatte einen Halbbruder, Abraham Gottesdiener. Der Vater meines Großvaters hatte in Polen noch ein Mal geheiratet und noch einen Sohn bekommen, der recht früh nach Palästina ausgewandert ist und dort eine hohe Position in der Misrachi 3 bekleidet hat. Er war verheiratet, hatte aber keine Kinder. Er hat uns 1939 ein Einreisevisum nach Palästina organisiert. Als er dies auch für seinen Bruder Theodor tun wollte, war es schon zu spät - mein Großvater ist 1940 in Wien, im Rothschild Spital, gestorben. Er war alt, zuckerkrank und ganz allein in Wien.

Meine Mutter war am 31. März 1908 als Rosa Gottesdiener noch in Krakau geboren. Sie war ein paar Jahre in Wien aufs Gymnasium gegangen, hatte aber dann aufgehört, obwohl die Lehrerin meiner Großmutter damals gesagt hat, dass meine Mutter sehr gut in der Schule ist. Aber meine Mutter wollte arbeiten und hat auch gleich einen Job in der Getreidebörse auf der Taborstrasse bekommen. Sie hat einen Maschinschreiben-Kurs gemacht und als Sekretärin gearbeitet. Als sie geheiratet hat, hat sie aufgehört zu arbeiten und ist mit meinem Vater in die Prammergasse 8, im 9. Bezirk, gezogen.

Der älteste Bruder meiner Mutter war Emil. Er war das schwarze Schaf. Erstens hat er nicht studiert, und eine richtige Pernusse [Anm.: Existenz] hat er auch nicht gehabt. Er wollte schnell heiraten und hat dann auch Sofie geheiratet und zwei Söhne bekommen: den Kurt und den jüngeren Fredi. Als die Deutschen nach Wien einmarschiert sind, haben sie Kurt zu einer Schwester von Emils Frau nach Amerika geschickt. Der Fredi ist in Wien geblieben und wurde mit seiner Mutter deportiert, und man hat nie wieder etwas von ihnen gehört [Sofie Gottesdiener und ihr Sohn Fred, der 1930 geboren war, wurden 1942 aus Wien in das Ghetto Theresienstadt deportiert und 1943 ins KZ Auschwitz, wo sie ermordet wurden. Quelle: DÖW Datenbank]. Emil ist illegal nach Belgien geflüchtet und wurde in den Bergen von einer Partisanin während des ganzen Krieges versteckt. Sie hieß Anna und war Flämin. Emil hat sie dann nach dem Krieg geheiratet. So assimiliert die Familie war, ist Emil aber der einzige, der eine Nichtjüdin geheiratet hat. Emil hat dann von der Firma Haas in Linz den Vertrieb von PEZ [Anm.: Pfefferminz] in Belgien übernommen und war damit sehr erfolgreich. Das Verhältnis zu seinem Sohn Kurt war nicht gut, da die Verwandten der Mutter sagten, Emil habe sich nicht genug um seine Frau gekümmert. Kurt ist in Amerika geblieben. Onkel Emil hat ihn besucht, und sie haben sich ausgesöhnt. Eine normale Vater-Sohn-Beziehung konnte aber daraus nicht mehr werden. Mit Onkel Emil war ich in Kontakt. Er hat uns auch in Wien immer wieder besucht.

Der mittlere Bruder Max Mosche Gottesdiener war Kommunist und ist schon 1935 nach Paris [Frankreich] gegangen. Er hat dort eine polnische Jüdin, die auch Kommunistin war, geheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne: Henri und Louis. Er kam ein Mal nach Wien seinen Vater Theodor Gottesdiener besuchen. Da habe ich ihn kennen gelernt, vorher war ich ja noch zu klein. Als die Deutschen Paris besetzt haben, ist er auf der Strasse verhaftet worden. Er war Kommunist und Jude, das haben die Deutschen nicht sehr gern gehabt. Er konnte aber irgendwie fliehen und ist mit der Metro nach Hause gefahren. In der Metro wurde er noch ein Mal verhaftet, und dann hat man nie wieder etwas von ihm gehört. Mit Henri und Louis habe ich familiären Kontakt. Beide sind verheiratet und haben Töchter. Henri ist Städteplaner, seine Frau Hannah hat an der Sorbonne Psychologie gelehrt. Louis war ein höherer Staatsbeamter.

Isaak, der jüngste Bruder meiner Mutter, hat Medizin studiert und die Tante Gisela aus Trembovla, in Polen, geheiratet. Er war schon vor dem Krieg praktizierender Arzt in der Porzellangasse, im 9. Bezirk. Als er studiert hat, da war ihm der Name Isaak Gottesdiener zu jüdisch, und er hat seinen Namen auf Alfred Diener geändert. Wir haben ihn immer Fred gerufen. Als man nicht mehr in Wien bleiben konnte, hat Fredis Schwiegervater, der Rechtsanwalt und Gutsbesitzer in Trembovla war, den beiden ein Afidavid 4 besorgt. Einer Angestellten des Schwiegervaters, die nach Philadelphia ausgewandert war ist es gelungen, der Tante Gisela die Papiere zu organisieren, und so haben sich Fred und Gisela nach Amerika retten können. Fred hat dann in den USA wieder als Arzt gearbeitet. Seine Töchter Phillis und Susan leben in Miami. Fred war mein Lieblingsonkel und auch der Lieblingsbruder meiner Mutter.

Väterlicherseits gab es meinen Großvater Ignaz Barchelis. Er und meine Großmutter Juli Neubauer stammten aus Mähren. Mein Großvater starb schon 1929, ein Jahr vor meiner Geburt, und als die Großmutter 1938 an Leberkrebs starb, war ich erst acht Jahre alt. Meine Großmutter hatte zwei Schwestern: Lina und Gisela, die irgendwo im 9. Bezirk, in der Nähe der Friedensbrücke, wohnten. Sie waren ledig und haben immer zusammen gewohnt. Ich kannte sie natürlich nur als zwei alte Frauen. Wenn meine Eltern was zu tun hatten, wurde ich dort abgegeben.

Der Großvater Ignaz hat ein Textilgeschäft auf Raten betrieben. Das war damals sehr en vogue, weil die Leute nur wenig Geld hatten. Bettzeug, Tischwäsche, Vorhänge und lauter solche Sachen konnten sie sich nur auf Raten leisten. Meine Großeltern hatten im 20. Bezirk, im Eckhaus bei der Friedensbrücke, eine große Wohnung, und in einem der Zimmer war das Geschäft. Sie hatten zwei Töchter, Elsa und Olga, und die Jüngsten waren die Zwillinge Otto und mein Vater Alfred.

Else, die älteste Schwester meines Vaters, war mit Dr. Heinrich Turmann verheiratet. Die Ehe ist aber kinderlos geblieben. Heinrich Turmann war Jurist und hat für eine Versicherung oder Bank gearbeitet. Else und ihr Mann wurden beide 1939 nach Auschwitz deportiert und sind dort ermordet worden. Ich habe sogar nach dem Krieg den Akt der Vermögensbeschlagnahmung eingesehen [Heinrich und Else Turmann wurden 1942 von Wien nach Izbica in Polen deportiert und ermordet. Quelle: DÖW Datenbank].

Olga war mit Ignaz Schiller verheiratet, der mit meinem Vater gemeinsam das Textilgeschäft des Großvaters übernommen hat. Olga und Ignaz hatten einen Sohn Otto. Obwohl Otto neun Jahre älter war als ich, war er mein Lieblingscousin. Er hatte von Kind an einen, durch eine Angina ausgelösten, Herzklappenfehler und starb nach dem Krieg im Alter von 40 Jahren in Wien.

Die Jüngsten waren die am 28. November 1896 in Wien geborenen Zwillinge Otto und mein Vater Alfred. Otto ist im 1. Weltkrieg an der italienischen Isonzo Front gefallen, mein Vater wurde an der Hand verletzt - es war ein glatter Durchschuss. Aber er hat damals die bronzene Tapferkeitsmedaille bekommen, und im Alter hat er dann für diese Medaille eine kleine Rente erhalten. Nachdem sein Bruder Otto gefallen war, war er der einzige Sohn und hat bei seinem Vater im Textilgeschäft mitgearbeitet. Als der sich zurückzog, hat er gemeinsam mit seinem Schwager Ignaz Schiller das Geschäft übernommen.

Mein Onkel Emil Gottesdiener, der Bruder meiner Mutter, hat für kurze Zeit bei meinem Vater gearbeitet, als sich meine Eltern noch nicht kannten. Als mein Vater den Onkel Emil im Sommer ein Mal nach Baden eingeladen hat, hat er meine Mutter mitgenommen, und so haben sich meine Eltern kennen gelernt und 1929 geheiratet.

Ich wurde am 3. Mai 1930 in Wien, in der Frauenklinik Gersthof, als Trude Barchelis geboren. Ich bin die einzige Tochter von Alfred und Rosa Barchelis. Wir haben in einer Zwei-Zimmer-Wohnung gelebt, und ich konnte vom Fenster den Polizisten in der Polizeireitschule bei der Arbeit zuschauen. Ich bin ein Einzelkind geblieben, und auch im Freundeskreis meiner Eltern gab es wegen der unsicheren Zeiten und den Nachrichten aus Deutschland vorwiegend Einzelkinder.

Mit meiner Ankunft haben meine Eltern von den Großeltern die Haushaltshilfe übernommen. Die Amalie, Mali genannt, war ein junges Mädchen und war bei uns bis sie 1938 das ‚jüdische Haus’, so waren die Gesetze nach dem Einmarsch der Deutschen in Österreich, verlassen musste und zum Arbeitsdienst nach Deutschland geschickt wurde. Sie hat uns von dort noch geschrieben, wie schlecht es ihr bei der Feldarbeit geht und wie sie von den Bauern belästigt wird. Nach dem Krieg hat meine Mutter sie über das Meldeamt ausfindig gemacht, und wir haben sie besucht. Mali war verheiratet, hat sich sehr gefreut uns wieder zu sehen und kam dann ein Mal die Woche zu meiner Mutter aufräumen.

Das Geschäft ist dann in die Wohnung meiner Tante Olga und Onkel Ignaz Schiller in die Pfluggasse übersiedelt, weil Onkel Ignaz der Kompagnon meines Vaters war. Das war eine große schöne Wohnung mit einem richtigen Badezimmer. In einem sehr großen Zimmer stand ein riesiger Tisch, wo die Waren ausgebreitet waren. Da haben mein Cousin Otto und ich immer gespielt. Trotz der neun Jahre Altersunterschied, haben wir uns sehr geliebt und waren oft zusammen.

Den Sommer hat unsere Familie immer in Baden verbracht. Wir hatten kein eigenes Domizil, wir haben etwas in der Gegend gemietet. Wir sind ins Thermalbad gefahren und wir waren auch mit der Großmutter Juli Barchelis im Sommerdomizil meiner Tante Olga in Baden zu Besuch. Aber ein Mal haben wir eine Reise zu den Schwiegereltern von Onkel Fred nach Trembovla gemacht. Diese Reise zählt zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen. Ich war sechs oder sieben Jahre alt und fuhr mit meiner Mutter und Tante Gisela mit der Bahn über Krakau nach Trembovla. Der Vater von Gisela hatte dort ein Gut. Es gab dort viele Tiere und einen Fluss, in dem wir immer baden gegangen sind. Es war fremd und interessant, all die Mägde und Knechte des Gutes zu sehen. Bei der Rückfahrt haben wir bei irgendwelchen alten Verwandten in Krakau übernachtet. Das waren Geschwister von meinem Großvater oder meiner Großmutter mütterlicherseits.

In den Kindergarten ging ich im 9. Bezirk, in die Grünentorgasse, und meine Volksschule war bei uns ums Eck. Dort habe ich aber nur die erste Klasse gemacht. Dann wurden alle jüdischen Kinder in der Volksschule Börsegasse zusammengezogen.

Ich kann mich noch an meinen ersten Schwips erinnern. Da waren wir bei einem Seder 5, den mein Großvater Theodor hielt. Er hat immer gesagt, ich soll trinken, und meine Mutter hat es mir verboten. Schlussendlich hatte ich dann einen Schwips.

Von jüdischem Leben war bei uns nicht viel zu bemerken. Ich ging nie in die Synagoge, meine Eltern gingen auch nur zu Jom Kippur. Der Einzige, der zu Jom Kippur gefastet hat, war mein Vater - aus Solidarität mit seinem Schwiegervater.

Von Politik habe ich nicht viel mitbekommen. Ich weiß nur, dass in meiner Familie keine Kommunisten waren und alle eher antizionistisch eingestellt waren. Als meine Mutter den Ignaz ein Mal gefragt hat, ob er sich nicht ein Mal in Palästina umschauen wolle, hat er geglaubt, sie sei verwirrt.

Mit dem Anschluss 6 hat sich vieles verändert, aber für ein Kind spürbar wurde es erst nach der Reichskristallnacht 7. Da haben die Erwachsenen nur noch darüber geredet, wer alles verhaftet worden ist. Am Tag nach der Reichskristallnacht ging ich durch die Müllnergasse und sah dort den abgebrannten Tempel [Müllnertempel]. Mein Vater wurde verhaftet und in einer Schule ein paar Tage festgehalten. Sie haben ihn geschlagen und wollten immer wieder hören, dass er sagt: ‚Ich bin ein Jude!’

Mein Onkel Ignaz wurde nach Dachau [Anm.: KZ Dachau, Deutschland] deportiert. Einmal, als ich gerade bei meiner Tante Olga war, sind SA Burschen in die Wohnung gekommen und haben gefragt, ob noch Männer da sind. Meine Tante hat gesagt: ‚Man hat ja meinen Mann mitgenommen’, während der Otto, der damals 17 Jahre alt war, im Badezimmer versteckt war. Ich habe die Gefahr gespürt und eine furchtbare Angst um meinen geliebten Otto gehabt. Die sind allerdings, ohne sich groß umzuschauen, wieder gegangen. Als Onkel Ignaz nach acht Wochen wieder zurückkam, habe ich ihn kaum wieder erkannt. Er war stark abgemagert und hatte einen geschorenen Kopf. Sie haben sich dann nicht mehr getraut, in Wien zu bleiben. Vor allem wegen des Ottos, der ja schwer herzkrank war, haben sie große Angst gehabt. Sie hatten nirgendwohin ein Visum und sind dann zu entfernten Verwandten nach Brünn [Brno, heute Tschechien] gefahren. Mein Vater hat sie noch bis zur Grenze begleitet, und sie haben uns geschrieben, als sie gut angekommen waren. Sie haben aber bald gesehen, dass es dort auch nicht sicher war, und sind irgendwie auf die Patria 8 gekommen und so nach Haifa [heute Israel] gefahren. Onkel Ignaz ist bei der Sprengung der Patria durch die Haganah 9 ertrunken, und Tante Olga und Otto kamen ins Internierungslager nach Atlith bei Haifa. Nach zwei Monaten haben sie sich in Haifa ein Untermietzimmer und Arbeit gesucht. Olga hat als Köchin gearbeitet, und Otto hat eine Stelle als Musiker in einem Club gefunden.

Die SA war auch bei uns in der Wohnung und hat alle Laden durchsucht. Und ein Mal, als mein Vater mich zu meiner Tante bringen wollte, hat uns ein SA-Mann, so einer mit einer Hackenkreuzbinde, aufgehalten und hat meinen Vater gefragt, ob er Jude ist. Als er das bejahte, wollte er meinen Vater gleich mitnehmen. Da habe ich zu weinen begonnen, und mein Vater hat ihm sein Ehrenwort gegeben, dass er mich nur bei meiner Tante absetzt und gleich wieder zurückkommt. Der war einverstanden, und mein Vater ist natürlich nicht zurückgegangen.

Dann hat uns Abraham Gottesdiener, der Bruder meines Großvaters mütterlicherseits, das Einreisevisum nach Palästina besorgt, und wir sind mit dem Zug nach Triest gefahren. Als wir dort ankamen, war die große Schlagzeile, dass die Deutschen in Prag einmarschiert sind. Wir sind dann erst noch nach Abbazia [Opatija, heute Kroatien] gefahren, weil meine Eltern dort jemanden treffen mussten. Aber im März 1939 war es dann so weit, unser Schiff fuhr mit uns nach Palästina. Wir sind zu Abraham Gottesdiener nach Jerusalem gefahren. Da haben wir ein paar Wochen gewohnt und sind dann für eine Zeit zu meinem anderen Großonkel Siegfried Kleinmann, das ist der mit dem Klaviergeschäft, übersiedelt, bis meine Eltern eine Untermietwohnung gefunden hatten.

Ich bin in die Mädchenschule Bet Sefer Lemel in Jerusalem eingeschult worden. Es war sehr schwer für mich. Ich bin in die zweite Klasse gekommen, obwohl ich in Wien, in der Börsegasse, schon mit der dritten Klasse begonnen hatte. Ich habe kein Wort verstanden und richtige Depressionen bekommen. Mein Lehrer Adon Ben Ari kam aus Russland und hat immer wieder versucht, mir auf Jiddisch zu erklären, was wir gerade machen. Ich hatte vorher Jiddisch noch nie gehört, aber so ungefähr konnte ich ihn verstehen. Manchmal hat die Batija, ein Mädchen aus Bessarabien, das von ihrem Großvater Jiddisch konnte, versucht, sich mit mir in der Pause im Hof zu unterhalten. Aber ich war sehr einsam. Der Lehrer hat dann ein Mädchen aus der 8. Klasse gebeten, jeden Tag zu mir zu gehen und mit mir Lesen zu üben. Ich habe dann meiner Mutter immer vorgelesen. Gegen Ende des Schuljahrs konnte ich schon ein bisschen lesen und verstehen, und in der dritten Klasse war ich schon eine richtige Sabre [Anm.: In Israel Geborene]. In der Schule haben mich alle Schulamith gerufen.

Ich war später Mitglied der linksgerichteten Jugendorganisation Gordonia. Da haben wir Ausflüge gemacht, gesungen und getanzt, aber auch politische Diskussionen über die Zukunft des Landes geführt. Unser Madrich [Gruppenleiter] war ein echter Kibbutznik [Mitglied eines Kibbutz] und wurde von allen bewundert.

Meine Mutter hat nie Hebräisch gelernt, ist aber mit bewakascha und toda [bitte und danke] in der Konditorei, wo sie gearbeitet hat, gut durchgekommen. Sie ist später in ein Restaurant gewechselt, wo sie besser verdient hat. Als in Wien schon klar war, dass wir
nicht bleiben können, haben viele Juden alle möglichen Handwerke erlernt, um im Exil arbeiten gehen zu können. Meine Mutter hatte den Beruf eines Gürtelmachers gelernt, und wir hatten zu Hause dauernd alle möglichen Gürtel. Manche Frauen wurden Modistinnen und Sima Gross hat Schneiderin gelernt. Sima lebt heute noch 92jährig in Tel Aviv, und ihre Tochter ist über all die Jahre meine Freundin geblieben.

Mein Vater hat bei den Briten als Gafir [Hilfspolizist] gearbeitet. Nach der Staatsgründung Israels im Mai 1948 wurden die jüdischen Gafirim [Anm.: Mrz. von Gafir] in die israelische Polizei übernommen - mein Vater auch.

Gewohnt haben wir zuerst in einer sehr schönen Gegend gleich bei der Rechov King George. Man musste die Rechov Hamaalot herauf, zwei Minuten von der Sochnuth [Anm.: jüdische Einwanderungsbehörde] oder vom Jeschuron Tempel entfernt. Die Wohnung war zu klein, und meine Eltern haben geschaut, dass sie etwas Größeres finden. Da wurden gerade in einem großen Garten drei Häuser fertig gestellt, und meine Eltern haben sich gemeinsam mit einem kinderlosen Ehepaar eine große Wohnung gekauft. Jedes Zimmer hatte einen Balkon und einen wundervollen Ausblick auf die Altstadt. Meine Eltern hatten nicht genug Geld, um die Wohnung zu kaufen, und nachdem das kinderlose Ehepaar zwei Kinder bekommen hatte, hat sich dieser Teilhaberkauf aber als großer Fehler herausgestellt.

Im Jahre 1941 hat sich meine Mutter von meinem Vater scheiden lassen, und mein Vater ist ausgezogen. Meine Mutter hatte schon in Wien den Josef Friedmann kennen gelernt. Er war in die Schweiz geflüchtet und hätte nach New York zu seiner Schwester fahren sollen. Er ist aber nach Palästina zu meiner Mutter gekommen. Er wohnte in unserer Nähe und hat als Sekretär für einen Mann gearbeitet, der ständig im Hotel King David gewohnt hat und auch dort sein Büro hatte. Jossel, wie ich ihn immer nannte, war Rechtsanwalt und konnte in Palästina seinen Beruf nicht ausüben. Geheiratet haben meine Mutter und Jossel erst kurz bevor wir nach Wien zurückgingen.

Ich war schon vor dem Krieg in Wien im Ballettunterricht und habe das dann in Palästina fortgesetzt. Nebenbei habe ich nach der 8. Klasse eine Schneidereilehre gemacht. Aber mein Leben war das Tanzen. Ich hatte in Palästina bei einer russischen Ballettlehrerin Unterricht und habe später in ihrer Schule selber unterrichtet. Nach der Staatsgründung Israels [Anm.: Mai 1948] sind wir durch das ganze Land auf Tournee gefahren.

Mit den jüdischen Untergrundbewegungen Haganah, Ezel und Lechi, den Engländern und den Arabern wurde die Lage immer schlimmer. Aber als Kind gewöhnt man sich daran, dass einem die Kugeln um die Ohren pfeifen und es dauernd Explosionen von Mörsergranaten gibt. In den ersten Jahren sind wir noch zur Klagemauer gegangen, später war es einfach zu gefährlich. Wir sind aber im Land herumgefahren. In Tel Aviv haben wir die Sima und die Mia besucht, in Haifa war meine Tante Olga, bis sie nach Jerusalem gezogen ist, oder wir sind auch für ein paar Tage ans Tote Meer gefahren. Ein Mal hat meine Mutter mit mir einen richtigen Urlaub gemacht. Da waren wir zwei Wochen in Nataniya im Hotel am Meer. Und ein Mal hatten wir eine wunderschöne Zeit in Naharyia. Da hat mein Cousin Otto als Schlagzeuger in einer Band zusammen mit Fredi Dura gespielt. Wir haben in einer Pension gewohnt und sind jeden Abend in den Club gegangen und haben getanzt.

Im Jahr vor der Staatsgründung wurde ich zum Militärdienst eingezogen. Marion, die Tochter meines Großonkels Siegfried Kleinmann, war mit einem höheren Offizier der jüdischen Untergrundbewegung Haganah verheiratet, und der hat mich einberufen. Erst wurde ich in eine Privatwohnung in der ein Rekrutierungsbüro war gesetzt, da habe ich mit der Hand alle Daten der Rekruten aufgeschrieben. Das hat mir nicht sehr gefallen, und nach zwei Wochen hat er für mich einen anderen Posten gefunden. Da war ich auch in einer Privatwohnung, in der King George Strasse, man musste sich ja noch vor den Engländern verstecken. Dort hatten Techniker ein Verbindungstelefon für die Haganah Offiziere eingerichtet. Das war so ein großer altmodischer Apparat mit Schaltern und Stöpseln. Das Gerät hieß Psanter [hebräisch: Klavier], und ich hatte dort jeden Tag sieben Stunden Dienst. Anfangs waren wir drei Mädchen, die dort eingeschult waren, bis im Keller der Sochnuth ein zweites Gerät aufgestellt wurde, welches Kinor [hebräisch: Geige] hieß und weitere Mädchen dazukamen. Ich habe dann immer abwechselnd bei einem der beiden gearbeitet. Als die Engländer dann am Abziehen waren, haben sie den Juden den Schneller übergeben. Das war ein ursprünglich von den Deutschen errichtetes Militärcamp, das die Engländer genutzt hatten. Dort wurde dann, diesmal offiziell, der Chalil [hebräisch: Flöte] eingerichtet. Ich bekam jetzt auch eine Uniform und hatte in dem Militärcamp ein Zimmer mit einem Verbindungstelefon. Da habe ich auch gehört, wie ein Offizier einem anderen mitgeteilt hat, dass der Bernadotte 10 umgebracht worden ist. Da habe ich gewusst, jetzt kommen Ausgangssperren auf uns zu, und so war es dann auch.

Lotte, die Schwester vom Jossel, meinem Stiefvater, war in New York die Chefsekretärin vom Bernhard Altmann. Bernhard Altmann hatte in Wien eine große Strickwarenfabrik und ist, nachdem die Nazis ihm alles weggenommen hatten, über Paris nach Amerika geflüchtet. Dort hat er wieder eine große Strickwarenfabrik aufgebaut. Er wollte nach dem Krieg seinen Besitz in Österreich wieder zurückhaben, und so hat die Lotte den Jossel, der Anwalt war, kontaktiert und ihn gebeten, nach Wien zu gehen und sich um die Altmann Sachen zu kümmern. Das war für Jossel eine Chance, man hat damals mit den Restitutions- und Wiedergutmachungsverfahren sehr gut verdienen können. Und so haben meine Mutter und der Jossel beschlossen, nach Wien zurückzukehren. Ich wollte natürlich nicht mit, aber meine Mutter hat gesagt, dass ich unmöglich allein in Israel bleiben kann. Ich hatte ja keinen richtigen Job, und mein Vater hatte nur ein Untermietzimmer. Also bin ich mitgefahren, und wir sind 1949 über Rom, wo wir ein paar wundervolle Tage verbracht haben, nach Wien gekommen.

In Wien hat meine Mutter eine Wohnung in der Lange Gasse, im 8. Bezirk, gefunden, wo der Jossel zuerst auch sein Büro hatte. Für mich war es furchtbar! Alles war grau, finster und zerstört. Gott sei Dank war mein Cousin Otto schon in Wien und hat mich überall hin mitgenommen. So habe ich auch bei den jüdischen Hochschülern und bei Ausflügen auf die Hakoahhütte 11 am Semmering langsam ein paar Freunde gewonnen.

Ich habe mich dann beim Raimundtheater als Tänzerin beworben und wurde genommen. Leider wurde diese Produktion nach relativ kurzer Zeit wieder eingestellt. Ich habe dann ein Engagement bei einer italienischen Revue bekommen und bin vier Jahre mit dieser Truppe durch Italien getourt. Als sie dann einen Auftrag in Kairo hatten, bin ich nicht mehr mitgefahren und bin nach Wien zurückgekommen.

Mein Vater ist 1951 auch nach Wien gekommen und hat mit seiner Schwester Olga einen Nylonstrumpfimport betrieben. Er hat dann noch seine Freundin aus Israel nach Wien geholt und sie geheiratet. Er ist 1983 in Wien gestorben. Meine Mutter starb am 25. Mai 1991 in Wien.

Ich bin in Wien ein bisschen in der Luft gehangen, wusste nicht so recht, nachdem das Tanzen jetzt vorbei war, was ich tun soll. Da habe ich 1954 beim Ball Parée [Ball der jüdischen Hochschüler] den Moritz Leder kennen gelernt. Wir sind ein paar Wochen miteinander gegangen, und dann hat er mich gefragt, ob ich ihn heiraten möchte. Die große Liebe war es nicht, aber alle meine Freundinnen waren auch schon verheiratet, und in der Lange Gasse mit meiner Mutter und Jossel wohnen war sehr eng. So habe ich zugestimmt, und im Dezember 1955 wurde schon meine Tochter geboren. Sie musste nach der verstorbenen Schwester meines Mannes, die Frimme Malke hieß, einen Namen mit F bekommen. Und darum heißt sie Felicitas.

Moritz kam aus Banila in der Bukowina [Anm: bis 1918 Österreich-Ungarn] und hatte noch zwei Brüder, die in Mailand lebten. Die Brüder haben ihm Teppiche und Vorhänge aus Italien geschickt, und er hat die Teppiche und Vorhänge in Wien an die Russen verkauft. Davon haben drei Familien sehr gut gelebt. Meine Ehe lief nicht, wir waren einfach zu verschieden. Nachdem die Russen weg waren, lief auch das Geschäft nicht mehr. Als Felicitas zwei Jahre alt war, haben wir uns scheiden lassen, und Moritz ging nach Brasilien, um sich dort eine Existenz aufzubauen.

Meine Mutter hat immer mit der Elsa Slataper Bridge gespielt, und die hatte einen Neffen - Peter Scheuer. Die beiden haben versucht, uns zusammenzubringen. Das ist ihnen auch gelungen, und wir haben im März 1961 geheiratet. Peter wurde am 3. Mai 1921 in Innsbruck geboren und hat gemeinsam mit dem Ackermann eine Handelsfirma betrieben. Sie haben mit Kunstdärmen für Würste gehandelt.

Im Dezember kam schon meine Tochter Ellen, die nach der als Kind verstorbenen Schwester meines Mannes benannt wurde, zur Welt. Im Sommer vor Ellens Geburt haben wir einen zweiwöchigen Urlaub in Italien gemacht. Als wir zurückkamen, erfuhren wir, dass mein erster Mann mit seinem Bruder in Wien war, um unsere Tochter Felicitas zu sehen. Da wir nicht da waren, sind sie wieder zurückgefahren und hatten einen Autounfall, bei dem Moritz tödlich verunglückte.

Es gab dann kaum Kontakt zu der Leder Familie, obwohl der Älteste, Max Leder, wieder nach Wien übersiedelte. Wir haben auch den Namen von Felicitas auf Scheuer ändern lassen. Zur Hochzeit von Felicitas mit Böhmer kamen sie und haben ihr ein sehr großzügiges Geschenk gemacht. Diese Ehe ging auch nicht so gut, und sie haben sich scheiden lassen, aber ich habe immerhin 1980 mein erstes Enkelkind Janine bekommen. Felicitas arbeitet seit langem für Israel Bonds [Anm.: Eine dem israelischen Finanzministerium unterstehende Organisation].

Ellen hat in den frühen 1980er-Jahren Charly Weiss geheiratet, und 1985 wurde Julian geboren. Ellen handelt - wie mein Mann früher - mit Kunstdärmen.

Ich blicke jetzt zufrieden zurück und habe viel Freude mit meinen Töchtern und Enkelkindern.

Glossar

1 Schabbat, Schabbes [hebr

: Ruhepause]: Der siebente Wochentag, der von Gott geheiligt ist, erinnert an das Ruhen Gottes am siebenten Tag der Schöpfungswoche. Am Schabbat ist jegliche Arbeit verboten. Er soll dem Gottesfürchtigen dazu dienen, Zeit mit Gott zu verbringen. Der Schabbat beginnt am Freitagabend und endet am Samstagabend.

2 Jom Kippur

der jüdische Versöhnungstag, der wichtigste Festtag im Judentum.
Im Mittelpunkt stehen Reue und Versöhnung. Essen, Trinken, Baden, Körperpflege, das Tragen von Leder und sexuelle Beziehungen sind an diesem Tag verboten.

3 Misrachi

4 Affidavit

Im anglo-amerikanischen Recht eine schriftliche eidesstattliche Erklärung zur Untermauerung einer Tatsachenbehauptung. Die Einwanderungsbehörden der USA verlangen die Beibringung von Affidavits, durch die sich Verwandte oder Bekannte verpflichten, notfalls für den Unterhalt des Immigranten aufzukommen.

5 Seder [hebr

: Ordnung]: wird als Kurzbezeichnung für den Sederabend verwendet. Der Sederabend ist der Auftakt des Pessach-Festes. An ihm wird im Kreis der Familie (oder der Gemeinde) des Auszugs aus Ägypten gedacht.

6 Anschluss

Der Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Schuschnigg am 11. März 1938 besetzten in ganz Österreich binnen kurzem Nationalsozialisten alle wichtigen Ämter. Am 12. März marschierten deutsche Truppen in Österreich ein. Mit dem am 13. März 1938 verlautbarten ‚Verfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich‘ war der ‚Anschluss‘ de facto vollzogen.

7 Novemberpogrom

Bezeichnung für das [von Goebbels organisierte] ‚spontane‘ deutschlandweite Pogrom der Nacht vom 9. zum 10. November 1938. Im Laufe der zynisch als ,Kristallnacht’ bezeichnete Pogrom, wurden 91 Juden ermordet, fast alle Synagogen sowie über 7000 jüdische Geschäfte im Deutschen Reich zerstört und geplündert, Juden in ihren Wohnungen überfallen, gedemütigt, verhaftet und ermordet

8 Patria

Jüdische Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und Polen, hatten bereits eine Odyssee hinter sich, als sie im Spätherbst 1940 den Hafen von Haifa erreichten. Nach wochenlanger Fahrt durch das Schwarze Meer und den Bosporus, erreichten drei Schiffe im Spätherbst 1940 nacheinander den Hafen von Haifa. Als am 24. November die ‚Atlantik’ als letztes der drei Schiffe ankam, befanden sich die Passagiere der ‚Pazifik’ und der ‚Milos’ bereits auf der ‚Patria’. "Unter Quarantäne", wie man sagte. Sehr bald stellte sich jedoch heraus, dass die Briten die unwillkommenen Ankömmlinge nach Mauritius im Indischen Ozean deportieren wollten. Um die Verschleppung ihrer Kameraden zu verhindern, schmuggelte die jüdische Widerstandsgruppe Haganah Sprengstoff an Bord der ‚Patria’. Das Schiff sollte seeuntüchtig gemacht werden. Am 25. November 1940 morgens gegen neun Uhr erschütterte eine gewaltige Explosion den Hafen von Haifa. Die Haganah hatte die Menge des Sprengstoffs falsch berechnet. Bei der Explosion, die die ‚Patria’ in die Luft jagte, und dem anschließenden Schiffbruch, verloren cirka 270 Menschen ihr Leben.

9 Haganah [hebr

'Verteidigung]: 1920 gegründete zionistische Militärorganisation in Palästina während des britischen Mandats [1920-1948], die Juden vor arabischen Überfällen schützen sollte. Die Hagana unterstand der Histadrut [Gewerkschaft]. Sie wurde so zum Vorläufer der israelischen Armee, in der sie nach der Staatsgründung aufging.

10 Folke Bernadotte Graf von Wisborg [1895 - 1948] war ein schwedischer Offizier

Von 1943 bis 1948 war er Vizepräsident und später Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes. 1948 wurde er Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina und im selben Jahr Opfer der jüdischen Untergrundbewegung Lechi, die während der britischen Mandatszeit existierte.

11 Hakoah [hebr

: Kraft]: 1909 in Wien gegründeter jüdischer Sportverein. Bekannt wurde vor allem die Fußballmannschaft [1925 österreichischer Meister]; der Verein brachte auch Ringer, Schwimmer und Wasserballer hervor, die internationale und olympische Titel errangen. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 an das Deutsche Reich wurden die Spielstätten beschlagnahmt und der Verein 1941 verboten.

Jenö Eisenberger

Jeno Eisenberger
Stadt: Wien
Land: Österreich
Interviewer: Zsuzsi Szaszi / Tanja Eckstein
Datum des Interviews: Oktober 2002/ Oktober 2003

Das erste Mal besuchte ich Jenö Eisenberger in seinem Büro am Getreidemarkt in Wien. Er war sehr nett, beantwortete alle noch offenen Fragen und schenkte mir einen großen Bildband über seine Kunstsammlung.

Dann lud er mich mit Familie in seine Wohnung ein, um weitere Fragen zu beantworten und mir Dokumente zu zeigen.

Dieser Nachmittag in der Wohnung von Jenö Eisenberger bleibt unvergesslich, denn wir sahen die ‚Sammlung Eisenberger’ - Bilder, Keramiken, Glas, Judaica; nie zuvor hatte ich soviel Schönheit aus unmittelbarer Nähe bewundern dürfen.  

Jenö Eisenberger ist im August 2016 gestorben.

  • Meine Familiengeschichte

Ich mag manchmal hochnäsig erscheinen, denn ich kann mich an niemanden in dieser Welt erinnern, außer an die, die ich im Krieg oder erst unlängst kennen gelernt habe. Wenn wir Eisenbergers ein Familientreffen haben, fragt mich mein Bruder immer: ‚Kannst du dich an den Rappaport erinnern, kannst du dich an den Müller erinnern?’ Meine Tochter sagt dann immer: das ist ein Selbstschutz.

Soviel weiß ich aber: ich wurde 1922 in Sátoraljaújhely [Ungarn] geboren. Sátoraljaújhely ist ein Zentrum des Tokajer Weins 1, eine neue Stadt. Vor 300 Jahren hat es sie noch gar nicht gegeben. Die Juden sind aus Polen hierher gekommen und der erste Rabbiner, der Wunderrabbiner Mosche Teitelbaum, der erste aus der Teitelbaum Dynastie, war auch da.

Dieser Teitelbaum kann so um 1760 bis 1780 gekommen sein und anscheinend sind die Juden mitgekommen. Denn wo es einen Juden gab, gab es gleich mehrere. Also gibt es seit Anfang des 19. Jahrhunderts Juden in Sátoraljaújhely. Vor meiner Geburt oder zur Zeit meiner Geburt, gab es drei Gemeinden in Sátoraljaújhely: die neologe 2, die orthodoxe, der wir angehört haben und die chassidische 3.

Innerhalb des Judentums war es so, dass die Neologen zu den Orthodoxen gegangen sind, nur die Orthodoxen sind nicht zu den Neologen gegangen. Aber die Orthodoxen und die Neologen haben die Chassidim als polnische Eingesickerte betrachtet. Dabei waren eigentlich alle Juden in Sáthoraljújhely aus Polen.

Nur, dass der eine zehn oder 50 Jahre später als der andere gekommen ist. Ich glaube, dass in den 50 oder 60 Jahren, in denen es die neologe Gemeinde überhaupt gab, niemals ein Orthodoxer sie betrat. Oder gar, dass sie untereinander geheiratet hätten. Die Chassidim wurden wie die Zigeuner völlig geächtet, sogar von uns. Denn wir haben gesagt, dass sie schmutzig und lumpig sind.

1943 hat die Erde schon gebrannt. Ich kann mich noch erinnern, da gab es in Debrecen einen neologen Rabbiner, der für seine politischen Reden sehr bekannt war. Er hieß Pál Weisz. In Szeged gab es den Immánuel Löw und in Debrecen diesen Weisz. Eine riesengroße Persönlichkeit.

Und als dieser nach Sátoraljaújhely kam, um eine Rede zu halten, hätte es selbstverständlich sein sollen, dass alle Juden hingehen, um die Rede zu hören, denn er hatte nun wirklich einen großen Namen. Aber in die neologe Synagoge wäre kein einziger Orthodoxer gegangen, also hielt er seine Rede im Hof. Von den Chassidim ist aber kein einziger hingegangen.

Das ganze Leben in Sátoraljaújhely war so, dass die Leute nicht nach ihrer eigenen Fasson lebten, sondern danach, was andere sagten. Gezählt hat nur, was der andere sieht und was der dazu meint. Es war ghettoartig. Jeder mischte sich in das Leben des anderen ein: was der kocht, wie der lebt und wie die Feiertage gehalten wurden.

Und so war es auch Anfang des 20. Jahrhunderts. Dieses ganze Leben betrachte ich bis heute noch mit Missfallen. Jüdische Ehemänner haben sich gar nicht darum gekümmert, ob es die Frau leicht hatte oder nicht, ob es ihr gut geht oder nicht. Auch in unserer Familie war das nicht anders.

Mein Vater Mór Eisenberger, weil er so reich war oder weil er sich so selbstsicher fühlte, hat es fertiggebracht, zehn Kilo Fisch nach Hause zu schleppen und zu meiner Mutter zu sagen:
‚Du kochst das jetzt, denn ich habe für Samstagabend 40 Leute eingeladen’.

Es war Rabbinerwahl und er wollte sie beeinflussen. Es war immer so. Auch als ich klein war, hörte ich:

‚Oh, vor zehn Jahren hatten wir zum Seder [Der Sederabend ist der Auftakt des jüdischen Pessach-Festes. An ihm wird im Kreis der Familie des Auszugs aus Ägypten gedacht] Fremde im Haus’. Oder Freitagabend, wenn wir in die Synagoge gingen und die Bettler, die von einer Stadt in die andere zogen, an der Synagoge standen, brachte mein Vater nicht nur drei oder vier von denen mit nach Hause.

Das gab es nicht. Er hat nicht danach gefragt, ob er sie bringen kann. Ob das Essen zu Hause auch für alle reicht oder ob für die Leute gekocht werden kann. Er hat sie ganz einfach mitgebracht.

Mein Vater hatte ganz radikale konservative Ansichten. Deshalb hat er oft polemisiert und hatte auch Feinde. In meinem Leben habe ich zwei Rabbinerwahlen erlebt. Ich weiß, dass er da aktiv mitgeredet hat, dass so ein bigotter Rabbiner nicht gewählt werden sollte. Der einzige Ausgangspunkt im Leben war die Religion und ihre Auslegung.

Ob das für die ganze Bevölkerung von Sátoraljaújhely charakteristisch war oder nur für das Judentum, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass ich mit acht oder zehn Jahren bereits wusste, dass ich nicht dazu gehöre. Und das wurde mir auch irgendwie zur Rettung.

Als ich geboren wurde, hatte Sátoraljaújhely bereits zwei große Veränderungen durchgemacht. Die erste war, als 1918 die Kommunisten kamen. Die Juden standen an deren Seite, deshalb wurden sie nachher verfolgt. Dadurch hatte sich ein großer politischer Gegensatz zwischen den Ungarn und den Juden entwickelt.

Die Juden waren politisch sehr aktiv. Außerdem wurde Sátoraljaújhely 1920 [Nach dem 1. Weltkrieg] von seiner ganzen Umgebung abgeschnitten. 20 Prozent der gesamten Gegend und ihres Einkommens gehörte nun zur damaligen Tschechoslawakei und hieß Slovenske Novo Mesto. Wir wohnten im ungarischen Teil.

Mein Vater war 1919/20 noch als Milliardär bekannt, denn er hatte Weinberge, Häuser und Kneipen. Um das Niveau halten zu können, musste er von da an jedes zweite Jahr etwas verkaufen. Das ging so bis ungefähr 1936/38. Als 1938 meine Schwester heiratete und er ihr eine Mitgift hat geben müssen, wurde, glaube ich, der letzte Weinberg verkauft. Meine Mutter ist 1943 gestorben, mein Vater ist nach Auschwitz [KZ Auschwitz] gekommen. Nach dem Krieg war das eine ganz andere Welt.

  • Meine Kindheit

In meiner Kindheit waren in Sátoraljaújhely 20 oder 30 Prozent der Bevölkerung Juden. Zu den Ungarn hatten wir nie Kontakt. Ich weiß heute nicht, warum das so war. Die Juden hatten nur zu solchen Leuten Kontakt, mit denen sie Geschäfte machten. Die Gäste der Kneipe meines Bruders waren zu 100 Prozent Christen.

Es kann sein, dass es Anwälte und Ärzte oder andere Intellektuelle gab, die zu den Nichtjuden Kontakt hatten, aber wir   also nicht die Chassidim, sondern die religiösen Juden   hatten keinen. Wir wohnten in der Rákóczi Strasse 28, und unter Nummer 36 wohnte eine nichtjüdische Familie.

Wir wussten nicht, ob die überhaupt Kinder hatten, wer oder was sie waren. Und wahrscheinlich haben die auch nicht gewusst, wer wir waren und was wir machten. Also gab es eine Grenze zwischen uns.

Ich glaube nicht, dass es in Sátoraljaújhely Antisemiten gab. Man wusste nicht einmal, was Antisemitismus ist. Das ist, wie wenn man sagt, dass es in Österreich einen Antisemitismus gibt. Ich lebe seit 50 Jahren hier und bin ihm nie begegnet, aber einem Österreicher, der die Juden gern hätte, bin ich auch noch nie begegnet.

Auch in Sátoraljaújhely hat man die Juden nicht gern gehabt, aber es gab keinen Antisemitismus in dem Sinn. Zum Beispiel ließ mein Vater eine Torah [wörtl: die Lehre, 5 Bücher Mose] schreiben. Und zu Simchat Tora [letzter Tag des Laubhüttenfestes], hat man sie in der Synagoge abgegeben.

Die Rákóczi Strasse, in der wir wohnten, war die längste in Sátoraljaújhely, ungefähr so lang wie die Kärntner Strasse. Und da baute man eine Chuppa [Hochzeitsbaldachin] vor unserem Haus. Die ganze Gemeinde, zumindest die ganze Orthodoxie, marschierte in der Mitte der Strasse, an unserem Haus vorbei, als man die Torah in die Synagoge brachte. Die Ungarn haben uns keine Schimpfereien nachgerufen, sie haben uns nicht gehänselt oder irgendwas in der Art. Dabei war das schon 1936 oder 1937.

Ich weiß gar nicht, wie sich meine Eltern kennen gelernt haben. Es gab diese Heiratsvermittler, die haben nicht allzu viel gefragt. Sie sagten, dass es eine gute Familie ist und schon haben sie einen verheiratet. Und wir haben erst, als es sie nicht mehr gab, erfahren, dass mein Vater schon ein 25jähriger erwachsener Mann war und meine Mutter erst 16, als sie geheiratet haben.

Eine große Liebe wird das wahrscheinlich nicht gewesen sein. Jeder machte seinen Kram. Mein Vater mischte sich nicht in die Kindererziehung ein, außer, dass er sehr streng verlangte, dass wir lernen. Ob wir Schuhe und Kleider hatten, hat ihn nicht besonders gekümmert.

Um alles hat sich meine Mutter gekümmert. Natürlich hatte sie Hilfe, nicht nur ein Mädchen, aber auch deshalb, weil wir eine Kneipe und einen Laden hatten. Wir wohnten in einem großen Haus. Auch die Kneipe war in unserem Haus.

Mein Großvater väterlicherseits hieß Bernat Antal Eisenberger. Er wurde 1845 in Tiszabercel [Ungarn] geboren. Er hatte auch eine Kneipe. Meine Großmutter Chana, geborene Weinberger, verkaufte Kalk zum Malen. Ich kann mich nicht so gut an die Großeltern erinnern.

Ich war nicht älter als vier oder fünf Jahre alt, als sie starben. Dieser Großvater hatte vier Söhne: Samuel, Chaim, Benjamin, und meinen Vater Mor. Mein Vater wurde 1881 in Sátoraljaújhely geboren und seine Frau, meine Mutter, Etel, Etelka wurde sie auch genannt, in Szinna, Komitat Zemplen [Ungarn].

Wir waren neun Geschwister: sieben Jungen und zwei Mädchen. Benjámin war der älteste. Auf ihn folgte Dávid, nach dem kam unsere Schwester Iren, die wir Neschu nannten. Nach ihr kam Herscho, der eigentlich Hermann hieß und sich mit Wein beschäftigte, und dann Schmilo, also Sámuel, der jetzt 87 Jahre alt ist.

Dann ein Ignác, dann ich, und nach mir noch Lipot und Ida, die jetzt in Tel Aviv lebt. So ist also die Reihenfolge der neun Kinder. Dávid wurde 1909 geboren und starb 1997, Iren wurde 1911 geboren und starb 1944, Hermann wurde 1913 geboren und starb ebenfalls 1944, Sámuel wurde 1916 geboren und lebt noch [Anm. d. Red.: Sámuel starb 2002 in Israel]. Ignác wurde 1920 geboren und starb 1944, dann kam ich 1922, nach mir Lipót 1925, der im November 1944 starb, und dann meine jüngste Schwester Ida 1927, die noch lebt.

Unser Vater wollte, dass alle Kinder lernen, aber nicht in der Schule, sondern den Talmud [wichtigstes nachbiblisches Buch des Judentums]. Es war für uns sehr schwer, selbständig zu sein, besonders wegen meines Vaters. Meine Mutter konnte überhaupt nicht mitbestimmen. Wir hatten Kneipe und Wirtschaft, und einer meiner älteren Brüder, Hermann, hatte einen guten Sinn für Wein und machte gute Geschäfte damit.

Mein ältester Bruder Benjámin ging in Pressburg zur Schule. Er hatte einen klugen Kopf, also ging er 1926 nach Frankfurt am Main studieren, damit mein Vater über ihn nicht bestimmen konnte. Dort war die einzige Universität in Europa, die eine Fakultät für Talmud hatte.

  • Während des Krieges

Als 1933 Hitler die Macht übernahm, musste mein Bruder mit dem Studium aufhören. Die Universität stellte für alle ein Zertifikat aus, mit dem man nach Israel gehen konnte. Alle die nach Israel gingen, sind in Israel große Professoren geworden und haben dicke Bücher geschrieben.

Mein Vater hat – weil Benjamin nach Frankfurt gegangen war – Jahre lang nicht mit ihm gesprochen. Bevor mein Bruder nach Israel ging, wollte er sich von unserem Vater verabschieden. Der aber wollte von ihm nicht Abschied nehmen, sondern sagte ihm, dass er sich verheiraten solle, wenn er Respekt vor ihm habe.

Er sollte ein Mädchen heiraten, das ihm mein Vater vorschlug. Und so ist mein Bruder nicht nach Israel gegangen, sondern hat ein herziges Mädchen namens Irene geheiratet und drei Kinder bekommen.

Sie wohnten in Nagyvárad [Anm.: rum. Oradea, Rumänien]. Im Krieg wurde seine Frau mit den Kindern nach Auschwitz gebracht, und er ins Arbeitslager. Als er zurückkam, hat er niemanden von seiner Familie gefunden. Der ungarische Staat stellte Züge zur Verfügung, damit man seine Familienangehörigen suchen konnte.

Mein Bruder ist sieben Mal nach Polen gefahren, um seine Familie zu suchen. Aber er hat sie nicht gefunden. Dann hat er eine junge Frau geheiratet, aber er ist nie in das eigentliche Leben zurückgekehrt. Seine zweite Frau hieß Gertrude Alt und die beiden hatten eine Tochter, Noemi, die in Budapest geboren wurde.

Sie flohen zur Zeit der Revolution 1956 in Ungarn nach Kanada. Mein Bruder starb 1997 im Alter von 90 Jahren in Toronto [Kanada]. Gertrude und Noemi, die mit einem Attlani verheiratet ist, leben in Toronto. Noemi arbeitet für die Canada Air und hat eine Tochter, Awiwa. Ihr Hobby ist es, die Wurzeln der Familie zu erforschen. Sie befindet sich wochenlang auf jüdischen Friedhöfen in Ungarn und hat so schon über 1.100 Mitglieder der Familie für den Stammbaum erforscht.

Mein kleiner Bruder Ignác hat auch viel gelernt. Er hätte auch ein Rabbiner werden können, aber keiner von meinen Brüdern wollte Rabbiner werden. Sie haben nur um des Lernens willens gelernt. Ignác wurde 1942 in einem Arbeitslager in Ungarn interniert. Er ist aus dem Arbeitslager nicht wiedergekommen. Er wurde zum Arbeitsdienst nach Russland geschickt und starb wahrscheinlich an einer Krankheit.

Mein anderer Bruder, der Dávid, wohnte in Békéscsaba [Ungarn]. Er heiratete 1934 Lea Schotten. Seine Hochzeit war eine Sensation in Budapest, denn sie war beim ‚Onkel Stern’. Das war damals das vornehmste jüdische Restaurant. Lea war ein Mädchen aus einer großen Familie mit einer großen Mitgift.

David machte dann einen Blumenladen mit einem Partner auf. Sein Partner, der Kadar hieß, war zum christlichen Glauben übertreten und heiratete die Tochter eines deutschen Bankiers. Sie wohnten auch in Békéscsaba. Sie hatten einen großen Textilbetrieb mit Großhandel. Normalerweise gibt es zwischen einem, der übergetreten ist und einem so religiösen wie meinem Bruder Meinungsverschiedenheiten.

Aber keine Geschwister sind so gut zu einander, wie es diese beiden waren. Es ging ihnen sehr, sehr gut. Dávid war ein vorsichtiger Mensch und bereits als es mit der Judenverfolgung anfing, dachte er an Flucht. Also ging er mit seiner Frau und seiner Tochter Perl auf einen Bauernhof und sie versteckten sich in den 1940er – Jahren. Békéscsaba liegt an der rumänischen Grenze. Die Rumänen kapitulierten bereits im September 1944 und sie waren befreit.

Sein Partner, der Kádár, der die christliche Ehefrau hatte und die beiden Kinder, war natürlich mit den Juden verbunden. Als das Ghetto entstand, hat er den Juden geholfen. Natürlich wurde er dafür von den ungarischen Gendarmen sekkiert, und seine Frau hat man mit dem letzten Transport verschleppt.

Die christliche Frau mit den beiden Kindern! Sie sind nicht wieder gekommen. Der Kádár war im Arbeitslager und lebte dort mit dem weißen Band [als Getaufter]. Er kam zurück, und als er hörte, was mit seiner Familie geschehen war, erhängte er sich.

Weil er am Leben geblieben war, wurde mein Bruder David fanatisch in seinem Glauben und ging 1949 nach Israel. Aber Israel war ihm nicht religiös genug. Er verkaufte alles, was er mitgenommen hatte und ging mit seiner Frau und seiner Tochter weiter nach Australien. Seine Tochter hat er mit 17 verheiratet, an einen noch Religiöseren, als er selber war.

Die hielt es drei Jahre bei ihrem Schwiegervater aus, dann ging sie nach New York. Als seine Tochter mit dem vierten Kind schwanger war und seine Frau starb, verkaufte er in Australien alles und folgte der Tochter nach New York. Er ging in New York am Freitag in dies Mikwe [rituelles Bad], wo ihn niemand kannte.

Da hörte er, dass über seine Tochter gesprochen wurde - dass sie Krebs hätte, und bald sterben würde. Mein Bruder ging zum Rabbiner und fragte ihn: ‚Rabbi, wie kannst du zulassen, dass meine Tochter schwanger ist?’ Daraufhin sagte der Rabbiner: ‚Hören Sie zu! Ihre Tochter wird ein Kind zur Welt bringen, dann vielleicht noch eins. Sie wird sterben, aber ihre Kinder werden Juden sein.’

Perl lebte noch neun Jahre und bekam noch drei Kinder. Sie hatte insgesamt sechs Kinder. Sie ging mit ihrem Mann in ein Dorf, 150 Kilometer von New York, wo es eine ganz religiöse Sekte gibt. Das ist eine jüdisch-orthodoxe Sekte, die Square heißt und mit ganz strengen Regeln lebt. Die Burschen lernen nicht einmal Englisch, sie sprechen nur jiddisch.

Die Mädchen dürfen, glaube ich, englisch und französisch lernen. Diese Siedlung befindet sich in der Nähe der Stadt Mancy und wurde von einem Rabbiner gegründet. Die lassen eigentlich niemanden in ihre Welt hinein. Eine Frau kann keinen Mann ins Haus bringen; wenn sie einen Außenseiter heiratet, muss sie gehen.

Aber ein Junge darf eine Außenseiterin heiraten. Meine Nichte hat man in diese Gemeinde aufgenommen, weil sie zum Rabbiner ging, und ihm sagte, dass sie bald sterben würde und dass nach ihrem Tod die Familie dableiben werde. Als Perl mit ihrer Familie hinzog lebten drei-, vierhundert Juden dort; jetzt sind es sicher an die Zweitausend. Perl starb, die Kinder wurden von dem Vater großgezogen. Er hat nicht noch einmal geheiratet, sondern kümmerte sich nur noch um seine Kinder.

Das letzte Mal war ich mit meiner Frau vor sechs Jahren bei meinem Bruder, der auch zu der Sekte gezogen war. Er hatte 41 Urgroßenkel von dieser einzigen Tochter. Heute besteht die Familie bestimmt aus 70 Mitgliedern. Alle wohnen in der Nähe, in einem Umkreis von zwei-, dreihundert Metern. Nach dem Krieg war das die größte Tragödie der Familie: das einzige Kind, das mein Bruder hatte, ist mit 36 Jahren gestorben.

Meine Mutter hatte Glück, sie ist noch 1943 gestorben, innerhalb von sechs Monaten. Sie wurde auch anständig begraben, auf dem jüdischen Friedhof in Sátoraljaújhely. Mein Vater wurde leider nach Auschwitz gebracht, mit Ida, meiner kleinen Schwester Ida und meinem kleinen Bruder Lipót zusammen. Meine kleine Schwester ist wiedergekommen, mein Vater nicht.

Lipót arbeitete im KZ im Krematorium. Von dort kam kein einziger Mensch wieder. Im November, zur Zeit des Aufstands [der Aufstand fand im Oktober statt, siehe Sonderkommando Auschwitz] 4, wurde ein Krematorium gesprengt. Er war unter den Aufständischen.

Aber wir wissen nicht, ob er beim Aufstand oder danach getötet wurde. Auch Ida hat in Auschwitz gearbeitet. Sie teilte die Kleider aus und hat den Leibo, das war Lipóts Spitzname in der Familie, jeden Tag gesehen. Sie winkten einander jeden Tag zu.

Sie wäre nicht am Leben geblieben, wenn er ihr nicht immer irgendwelche Sachen beschafft hätte. Die im Krematorium arbeiteten hatten Gold, also konnten sie Sachen kaufen. Meine Schwester hat von der SS immer ein Paket bekommen, das ihr mein Bruder geschickt hat. So konnte sie überleben.

Ida kam ungefähr im Mai nach Sátoraljaújhely zurück. Sie war abgemagert und trug diese Sachen aus Auschwitz   ich habe sie nicht erkannt. Nach zwei Tagen sagte sie zu mir:
‚Mein lieber Bruder, unser Bruder hat dort gearbeitet, ohne ihn hätte ich nicht überlebt’.

Nachdem sie zurückgekommen war, erzählte sie mir anfangs noch, wen sie sonst noch dort gesehen hatte, denn es gab 50 bis 60 Eisenbergers in Sátoraljaújhely. Meine Schwester erzählte mir alles, aber dann hat sie nie mehr darüber. Sie sagte:

‚Ich weiß nicht, wie lange wir leben werden, aber ich bitte dich, Auschwitz nie wieder zu erwähnen. Wenn du es erwähnst, sage ich nie wieder etwas’. Das ist jetzt mehr als 50 Jahre her. Sie ist schon über siebzig, wir haben sie auch nie wieder danach gefragt. Das einzige, was ich ihr gesagt habe, war:

‚Willst Du nicht zu dieser Spielberg Sache [Survivors of the Shoah Visual History Foundation] gehen, alle gehen hin. Du könntest dich vielleicht auch erleichtern.’ Da sagte sie zu mir:
‚Glaub’ mir, ich empfehle auch allen hinzugehen, denn es ist wichtig für die Zukunft.

Aber ich gehe ganz bestimmt nicht hin.’ Sie war 1949 allein nach Israel gegangen, ich weiß gar nicht, wie. Sie heiratete einen Jungen aus Tokaj [Ungarn], der ebenfalls im Lager [KZ] gewesen war. Ich kannte den Jungen noch aus Budapest.

Er hatte einen Lederwarenladen in Tel Aviv, neben der großen Synagoge. Auch sein Sohn hat einige Geschäfte: Geschenkartikel für Männer. Das Geschäft läuft nicht schlecht, aber Millionäre sind sie nicht. Der Sohn hat zwei Kinder, und sie haben zwei Enkelkinder. Meine Schwester hat Israel seither nicht verlassen. Ich kann sie leider nicht einladen, denn ihr Mann ist krank.

Ich bin aus Sátotoraljaújhely geflohen, deshalb bin ich am Leben geblieben. 1941 oder 1942 hat man in Sátoraljaújhely Plakate ausgehängt, dass sich die Burschen zum Wehrdienst melden sollen. Aber zuvor ist etwas passiert, weshalb ich mich nicht gemeldet habe.

Die ungarische Regierung war eigentlich von den Deutschen abhängig, aber irgendwas haben sie immer gemacht, was darauf hindeutete, dass sie es doch nicht sind. Deshalb haben sie zugelassen, dass 1941 polnische Flüchtlinge nach Ungarn kommen konnten. Und als die Flüchtlinge kamen, war Sátoraljaújhely ihre erste Station. Es gab in Polen Juden, die mit Papieren von Christen lebten.

Als sie nach Ungarn kamen, sind sie gleich in die Synagoge gegangen, um die Juden um Hilfe zu bitten. Mein Vater ging jeden Tag in die Synagoge, aber er wagte es nicht, mit ihnen zu sprechen. Es herrschte Angst und es wurde Angst provoziert. Eines Tages kam mein Vater nach Hause und sagte: ‚Die polnischen Juden wohnen da im Keller. Geh’, bring denen das ganze Essen, das du zu Hause findest!

Du bist ein junger Mann, um dich kümmert sich keiner. Ich habe Angst, dass die ganze Familie interniert wird, wenn ich hingehe’. Ich brachte den Polen Essen, und sie erzählten mir von ihrem schrecklichen Leben seit 1939, seit der Krieg ausgebrochen war.

Ich war ein Junge von 19 oder 20 Jahren, aber ich habe alles begriffen. Das hat bewirkt, dass ich beschloss, mich bei der Musterung nicht zu melden. Und ich habe mich auch nicht gemeldet. Weil es sehr schwer war, an falsche Papiere zu kommen, habe ich meine Papiere und sogar meine ganzen Kleider verbrannt.

Dann habe ich gemeldet, dass meine Dokumente im Feuer vernichtet wurden. Alle wussten, dass ich Eisenberger heiße, aber ob Lipót oder Jenö, das war einerlei. Deshalb habe ich die neuen Papiere auf den Namen meines Bruders ausstellen lassen. So wurde ich drei Jahre jünger und konnte unter dem Namen meines kleinen Bruders nach Budapest fahren.

Ich bin von zu Hause nicht weggegangen, sondern geflohen. Als ich die falschen Papiere machen ließ, bekam ich die größte Ohrfeige von meinem Vater. Und als ich sagte, dass ich trotzdem gehe, sagte meine Mutter:
‚Dein Vater hat sich von dir nicht verabschiedet, also nehme ich auch nicht Abschied von dir’.

Und mein Vater sagte noch: Deinetwegen wird die ganze Familie interniert!’ Ich erwiderte:

‚Sie wird nicht interniert, ich melde mich sofort, wenn etwas ist.’ Diese Art von Pflichtbewusstsein wurde Menschen eingeimpft, dass man sich bei der Musterung zu melden hatte. Meine Eltern haben sich von mir nicht verabschiedet. Ich sah sie damals das letzte Mal.

In Budapest fing ich an zu arbeiten. Ich traf die Polen wieder, die über Sátoraljaújhely gekommen waren. Sie lebten alle mit christlichen Papieren in Budapest. Ich beschaffte mir auch solche Papiere und erlernte, wie man Hemden schneidet und näht. Ich mietete ein Zimmer auf dem Klauzál Platz.

Die Vermieterin hatte noch zwei oder drei Zimmer, die sie vermietete. Eine Mieterin war ein Mädchen aus Kapuvár, die vom Lande in die Hauptstadt gekommen war, um in der Fabrik zu arbeiten. Sie hieß Irén Félix. Wir wurden gute Freunde.

Da man in solchen Situationen automatisch nach der Familie fragt, erzählte sie mir, dass sie einen Bruder gehabt hatte, der mit 14 Jahren gestorben war. Zu dieser Zeit wäre er 15 gewesen. Daraufhin schrieb ich dem Priester in Kapuvár in ihrem Namen einen Brief, dass ich die Geburtsurkunde vom Bruder haben möchte. Sie war den ganzen Tag in der Fabrik, ich war zu Hause und schneiderte die Hemden und bekam automatisch ihre Briefe.

Nun hatte ich eine Geburtsurkunde von Mihály Félix, aus der ich erfuhr, wo seine Mutter geboren war. Ich schrieb dorthin einen Brief, erfuhr, wo sein Vater geboren war und dorthin schrieb ich auch einen Brief. So begann ich, meine Papiere zusammenzusammeln.

Ich wurde ein exemplarischer Arier. Aber ich besaß noch keinen Ausweis mit Foto. Ich hatte nur ein Zeugnis darüber, dass ich Arier bin. Überall, wo es irgendeinen Verein oder Verband gab, meldete ich mich, und überall bekam ich einen Mitgliedsausweis. In der Baross Strasse gab es einen Verband, der hieß Ungarische Nationale Arbeitszentrale.

Diese wurde von Graf István Festetics gegründet - es war eine politisch rechte Gewerkschaft. Ich erhielt von ihnen einen wunderschönen Ausweis mit Foto. So spazierte ich in Budapest als Arier herum, als am 19. März 1944 die Deutschen kamen.

Ich kam gerade aus dem Goldmark Saal von einem Vortrag, als ein Deutscher und ein Pfeilkreuzler 5 mich aufforderten, mich auszuweisen und dann fragten:

‚Wieso gehst du nicht in die Partei?’ So hat sich herausgestellt, dass dieser Verein eine geheime Pfeilkreuzler-Partei war. Am nächsten Tag ging ich hin, erhielt ein Armband mit dem Pfeilkreuz, und musste zweimal die Woche nachmittags zur Versammlung gehen. So wurde ich ein Pfeilkreuzler.

Alle Juden, die ich kannte, kamen zu mir: einer war auf der Flucht nach Rumänien, der andere in die Slowakei, den dritten musste man verstecken. Aus Sátoraljaújhely sind die Leute aus dem Ghetto nach Budapest geflohen, und da sie wussten, dass ich da bin, kamen auch sie zu mir; bis zum 15. Oktober, als der Szálasi 6 kam.

Am 22. Oktober 1944 stand in der Zeitung, dass die Russen Csap [Ungarn] und Nyíregyháza [Ungarn] besetzt hatten. Von beiden nur wenige Kilometer entfernt fließt die Theiß, und in der Mitte liegt Sátoraljaújhely. Ich dachte: was zum Teufel mach’ ich denn noch hier in Budapest. Ich fahre nach Sátoraljaújhely, verstecke mich in den Bergen, in einigen Tagen sind eh die Russen da.

In der Nacht stieg ich in den Zug, barfuss mit einer Schnur als Gürtel, damit ich aussehe wie ein Fünfzehnjähriger mit Pfeilkreuzler-Armbinde. Der Zug fuhr Richtung Újhely [Ungarn] ab, aber in Miskolc [Ungarn] blieb er stehen. Es hieß, er würde nicht weiterfahren, wegen ‚Russengefahr’.

In Miskolc habe ich niemanden gekannt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Aber in dem Jahr in Budapest hatte ich viele Bekanntschaften geschlossen mit solchen, die ebenfalls zitterten. Ich ging in ein Hotel und kam mit einem polnischen Portier, von dem sich herausstellte, dass er auch Jude war, ins Gespräch.

In Miskolc waren eigentlich schon alle Juden verschleppt worden. Er war einer von den polnischen Juden, die als Christen lebten. Es gab 56 polnische Juden, die mit Papieren von Christen in Miskolc lebten. Später stellte sich heraus, dass die Polizei von denen wusste. Es gab bei KEOK [Abteilung zur Kontrolle von Ausländern], bei dem Vater des späteren Ministerpräsidenten, József Antall, eine polnische Gräfin, die diese Polen sozusagen legalisierte. Das wussten wir aber damals nicht.

  • Nach dem Krieg

Am 2. Dezember 1944 kamen die Russen nach Miskolc und noch am selben Tag nach Sátoraljaújhely. Zu Weihnachten war ich schon in Sátoraljaújhely. So habe ich den Krieg überlebt.

Ich lebte 38 Jahren zusammen mit meiner Frau, und es war zwischen uns immer ein Thema, ob ich Angst gehabt hätte. Ich lebte so selbstsicher unter dem Namen Mihály Félix, dass ich nie Angst hatte. Hätte ich Angst gehabt, hätte man mich sofort erwischt. Dadurch, dass ich keine Angst hatte, gab es auch keine Gefahr.

1943/44 hatte ich eine fixe Idee - ich war ganz verrückt danach. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, wenn der Krieg vorbei ist, mich mit diesem Namen [Mihály Félix] auf den Weg nach Südafrika zu machen. Ich wollte nie wieder weder etwas von der Familie, noch vom Judentum hören.

Aber erstens konnte man nach dem Krieg nicht gleich weggehen - nicht einmal ins Nachbardorf - zweitens kam meine Schwester aus Auschwitz zurück und dann meldete sich auch mein Bruder. Also war ich wieder drin in dieser Mischpoche [jidd. Familie]. Und dann geht man nicht mehr weg.

Ende 1945 eröffnete ich eine Textilgroßhandlung in der Király Strasse in Budapest und einen Knopfbetrieb in Zugló. Ich hatte sehr viel Geld. Ich verdiente so viel, wie nur möglich war. Als 1947 niemand etwas zu essen hatte, habe ich Urlaub in Paris gemacht.

Meine Bekannte in Paris sagte, dass sie nach Palästina gehen, um zu kämpfen. Ich rief meinen ältesten Bruder, den Benjámin an, der auch in Budapest wohnte, und fragte ihn, ob er gewillt sei, das Geschäft für einige Monate zu übernehmen. Hierauf sagte er nur: ‚Ich wusste schon immer, dass du verrückt bist’. Aus den paar Monaten wurden zwei Jahre.

Inzwischen hatte man in Budapest alles verstaatlicht. Ich habe davon nicht gewusst, denn ich habe in Palästina keine Zeitung gelesen. Auf die Frage, warum ich kämpfen gegangen bin, haben meine Frau und ich in den 38 Jahren unserer Ehe zwei Antworten gefunden.

Die eine ist, dass ich ein Abenteurer bin, also dass ich das Abenteuer mag. Die zweite ist, dass ich damals noch jung war, und es hat mich fasziniert, für das eigene Land zu kämpfen. Mein Bruder ist mit dem Zionismus 7 aufgewachsen, das hatte er in Frankfurt studiert. Aber ich hatte keine Ahnung. Mir wurde von diesen Jungen in Paris, die ich aus Budapest kannte, nur gesagt, wie man nach Palästina kommt.

Sie sagten mir, dass man zum Sochnut [Jewish Agency] gehen soll. Das erste, was man mich fragte war, ob ich Geld habe. Ich sagte, ich hätte 800 Dollar dabei.
,Gib’s her!’ ,O.k’, sage ich. Und ich wurde nach Marseille gebracht, zur Ausbildung.

Das war ungefähr im August, denn ich hatte ja im Sommer Urlaub gemacht. Danach wurde ich als ausgebildeter Soldat auf ein jüdisches Schiff gebracht. Wir fuhren drei Tage nach Haifa. Auf dem Schiff wurden mir die Straßennamen von Tel Aviv beigebracht, sollten mich die Engländer irgendetwas fragen, denn die Engländer waren ja 1947 noch da. Auch allerlei andere Sachen brachte man mir bei. Und ich erhielt einen Reisepass.

Am ersten Tag hätte ich zehn Jahre von meinem Leben gegeben, damit ich wieder nach Hause gehen kann. Es war schrecklich. Ich kam in Haifa an, die Strassen waren menschenleer. Niemand fragte mich nach meinem Namen, niemand fragte mich irgendwas. Ich hätte mit ihnen sprechen können, auf Jiddisch. Zu Hause sprachen wir zwar immer ungarisch, aber wir konnten auch jiddisch. Mit den Polen konnte man nur Jiddisch sprechen, also war das Jiddische ganz normal für mich.

Nach zwei oder drei Wochen hat man mich einberufen, ich war Soldat. Ein armer Soldat zwar, aber ein Soldat. Es gab unter den 220 Leuten kaum Ausländer, ich war der einzige Ungar. Die Einheimischen, die Sabres [in Israel geborene Juden], gingen jeden Tag oder samstags nach Hause schlafen.

Sie sprachen über mich, ich verstand kein einziges Wort. Und sie verfügten über mich, als wäre ich ihr Hund. Es war grausam in den ersten fünf, sechs Monaten. Ich habe sehr bereut, dass ich hingefahren war, aber es gab keinen Weg mehr zurück. Dies war auch ein ewiges Thema mit meiner Frau.

Denn als ich 1949 entlassen wurde, sagte man mir, dass ich Israeli werden kann, und 130 [britische] Pfund bekomme. Das war damals der Preis für eine Wohnung, und was weiß ich, was noch. Oder ich bekäme 300 Dollar und den Betrag für den Rückflug.

Ich sagte: ‚Gebt mir das Geld und ich gehe zurück.’ Aber warum bin ich zurückgegangen? Der eine Grund kann sein, dass ich wie gesagt ein Abenteurer bin, der andere Grund kann aber auch sein, dass ich die israelische Mentalität nicht leiden konnte. Ich kann sie bis heute nicht leiden.

Nach zwei Jahren hatte ich Gesellschaft, ich hatte eine Verlobte, ich hätte dort heiraten können. Man fragte mich, wohin ich fahren möchte. Ich sagte:
‚Nach Budapest, meine Kleider sind da, alles ist da.’

Sie sagten:

Es gibt kein Flugzeug nach Budapest’. Inzwischen waren in Ungarn die Kommunisten an der Macht.
‚Wohin kann man dann fahren; in die Nähe von Budapest?’
,Nach Wien.’
Na dann, gebt mir ein Ticket nach Wien!’ Ich kam nach Wien.

Ich kannte niemanden, niemand kannte mich. Mein Geld hatte ich schon größtenteils in Israel ausgegeben: also hatte ich fast nichts.

Und so bin ich hier geblieben. Und was paradox ist: es gab seit 1951 kein Jahr, in dem ich nicht drei bis vier Mal in Israel war. Sobald ich eine Freundin hatte, fuhr ich mit ihr nach Israel. Seit 40 Jahren besitze ich eine Wohnung in Israel.

Mit meiner Frau habe ich nur hebräisch gesprochen, seit unserer Heirat. Ich war nie ein Zionist und bin es auch nach wie vor nicht. Israel und die Israelis interessieren mich alle nicht. Ich bin kein Antijude oder Antiisraeli - es interessiert mich einfach nicht. Ich bin seit 53 Jahren hier in Wien, war aber noch nie zur Wahl. Ich habe kein einziges Mal ein Wahllokal betreten.

Selbst als man sagte, dass man sich dadurch strafbar macht. Auch dann bin ich nicht gegangen. Ich habe auch noch nie gesagt, dass ich Österreicher bin. Ich habe noch nie einen österreichischen Politiker gelesen oder mir angehört. Die Zeitung fange ich beim Sport oder bei der Kultur an.

Wenn ich aber in Israel bin, stehe ich um sieben Uhr auf und schalte als erstes das Radio ein. Die israelischen Nachrichten höre ich mir drei, vier Mal am Tag an. Auch die israelische Zeitung bekomme ich jeden Tag.

Nach Ungarn fahre ich regelmäßig. Ich sammle ungarische Bilder; sympathisiere mit den Ungarn. Aber irgendwie ist weder mir noch meiner Frau, noch unserer Tochter Mimi, jemals in den Sinn gekommen, nach Sátoraljújhely zu fahren. Meine Tochter kann nicht ungarisch.

Mit ihr spreche ich immer deutsch. Ich kann auch nur deshalb noch ungarisch, weil mein Freundschaftskreis, die Kartenrunde, alle Ungarn sind. Aber eine Muttersprache als solche habe ich nicht; ich spreche keine Sprache richtig.

Ich hatte schon bestimmt 30 Jahre mit meiner Ehefrau zusammengelebt, als ich ihr einmal sagte, dass wir nach Budapest fahren sollen, um das Haus József Ring 58 zu sehen. Dort hatte ich während des Kriegs als Christ gewohnt. Wir gingen ins Haus hinein, und ich zeigte ihr, wo ich als Pfeilkreuzler Mihály Félix gelebt hatte und jeden Tag die ganzen Faschistenzeitungen gekauft hatte.

In Ungarn gibt es diese Häuser mit Gang. Ich ging über eine Treppe vom Gang in mein Zimmer, also brauchte ich die andern nicht zu sehen. Mein Vermieter hatte eine Frau und eine Tochter. Ich habe die aber nicht viel gesehen, denn im Oktober 1944 ging ich wieder weg von ihnen.

Im Mai oder Juni 1945 suchte ich sie einmal auf. Damals hatte ich schon eine Freundin, mit der war ich zusammen in Budapest. Wir gingen hinein, da saß diese alte Frau auf einem Stuhl und neben ihr ihre Tochter. Und sie schlug die Hände zusammen, und sagte:

Mihály, Mihály, was ist aus Ihnen geworden? Wo wohnen Sie? Ist Ihnen nichts zugestoßen?’
‚Warum’, fragte ich. Endlich brachte sie hervor:
‚Mein Mann, der nur deshalb in der Partei war, damit er Arbeit hatte, wurde von den Juden gleich verschleppt. Sie wissen ja, was für eine Judenwelt wir hier haben, ein Wunder, dass sie Sie verschont haben’.

Ich sagte zu ihr:

‚Meine Dame, ich bin gekommen, um Ihnen dafür zu danken, dass ich hier habe leben können. Ich bin auch Jude.’ Und wie die Frau dort saß, sank sie auf den Boden:
‚Wissen Sie, wie wir vor Ihnen [als Faschist] gezittert haben? Ich wagte es nie, Ihr Zimmer zu betreten’. Auf so was waren wir dann mit meiner Frau doch nicht neugierig.

Meine Läden habe ich hier in Wien eröffnet. Ich bin kein geborener Kaufmann, ich bin sogar ein Antikaufmann. Als ich 1949 nach Wien kam und begann, in die jüdische Gesellschaft zu gehen, vertrauten mir alle. Aber keiner nahm mich in sein Geschäft. Anscheinend seh’ ich blöd aus. Die machten alles mögliche   Schmuggel, Handel ich war nie beteiligt.

Doch essen muss man. Ich bekam einmal Kaugummi zum Verkaufen und einmal Öl, damit ging ich hausieren. Die Russen benutzten Berlin und Wien zum Geschäfte machen mit dem Ausland. Aus allen Ländern brachten sie die Sachen hierher und verkauften sie für Valuta.

Wien war in vier Teile aufgeteilt. Der 2. Bezirk war russisch, aber der 1.Bezirk war amerikanisch. Der 3. war englisch. Aber man sah weder einen russischen Soldaten, noch einen amerikanischen. Alles haben die Österreicher gemacht. Und wenn es was Rechtswidriges gab, rief man da die Russen, dort die Engländer.

Die Russen haben damals auch ungarische Salami eingeführt, denn sie konnten sie auf dem Weltmarkt nicht verkaufen, und für ungarische Forint wäre es nicht interessant für sie gewesen. Die Juden beschäftigten sich mit den Russen, aber mit der Salami wollten sie sich nicht beschäftigen, denn die besteht aus Schweinefleisch. Und dann sagten sie mir: ‚Jenö, geh’ du verkaufen, den Gewinn teilen wir.’ Der 4. Bezirk war russisches Gebiet.

Dort bekamen wir die Salami und brachten sie im Rucksack oder in einer Kiste zur Mariahilfer Strasse oder auf den Naschmarkt. Wir bekamen dafür Schillinge und gaben das Geld den Russen. Und so ging ich die Salami verkaufen und kam in die Branche der Lebensmittelhändler. Heute verkaufe ich die Salami und morgen bekomme ich dafür Kaffee; so funktionierte das damals.

Als dann 1955 die Russen von hier weggingen, eröffnete ich eine Großhandlung. Ich importierte Sardinen und ähnliche Sachen. Dann war ich in Deutschland und sah dort dieses ‚self service’, die Diskontläden. 1960 war ich das erste Mal in Amerika als ich meine Schwester Ida besuchte. Dort sah ich diese Läden auch. 1961 eröffnete ich hier den ersten ‚self service’ Laden. So begann es! Mit der Zeit hatte ich immer mehr und mehr Läden.

Eigentlich bin ich Analphabet. Dass ich schreiben kann, das ist ein Zufall. Aber man muss zugeben, dass mir in Menschenkenntnis eine Professur zustehen würde. In 36 Jahren habe ich mit 2. 000 Leuten gearbeitet. Ich musste immer deshalb einen neuen Laden aufmachen, weil von mir niemals ein Mitarbeiter weggegangen ist. Sie sind gekommen und geblieben. Ich hatte nie das Problem, dass ich nicht genügend Mitarbeiter hatte.

Aber ich habe nie ein Geschäft gemacht, ich hatte nie im Leben Geld. Ich hatte irgendwie eine Spezerei [Delikatessengeschäft] und die wurde immer größer und größer. Ich wusste, wenn ich das hier kaufe, muss ich es in diese Ecke stellen und dann werden in einer Woche 500 Stück davon weggehen. Und am Ende des Jahres sagte meine Sekretärin, dass wir im Jahr dreieinhalb Prozent verdient hätten.

Ich habe in Israel Wohnungen gekauft, aber nicht, um sie zu verkaufen. Hab’ ich gewusst, dass, wenn ich einen Rippl Rónai 8 kaufe und in acht oder zehn Jahren verkaufe, das hundertfache Geld dafür bekomme? Ich hab’s nicht gewusst. Ich habe das Bild gekauft, weil ich und meine Frau gesehen haben, wie schön es ist.

Also ich weiß eines: ich hatte weder den familiären Hintergrund, noch die Bildung. Das Einzige, was ich hatte, war Glück. Aber das braucht ja der Mensch auch. Auch, dass meine Frau mich geheiratet hat… Jahre später habe ich erfahren, dass sie viereinhalb Jahre lang einen Freund hatte. Der hatte sie verlassen und gerade in dem Moment habe ich mich gemeldet. Wenn ich mich früher oder später gemeldet hätte, hätte sie mich nie im Leben geheiratet.

Meine Frau habe ich eigentlich so kennen gelernt: Ich war zwei Jahre lang Soldat in Israel und dann kam ich 1949 nach Wien. Seit 1951 bin ich jedes Jahr drei, vier, fünf Mal in Israel gewesen. Hier in Wien gab es damals nicht viele Israelis. Es war immer interessant, sich mit ihnen zu treffen und mit ihnen hebräisch zu sprechen.

Im Gasthaus, in das ich immer ging, gab es einen Israeli von der Botschaft. Immer wenn er da war, setzte ich mich an seinen Tisch, um mit ihm hebräisch zu sprechen. Eines Tages sah ich, dass eine Frau bei ihm war. Er hatte geheiratet. Bevor ich wieder nach Israel fuhr, verabschiedete ich mich von ihnen. Das war 1964.

Und da sagte mir seine Frau: ‚Oh, ich möchte dich um eine Gefälligkeit bitten. Kannst du für meine Freundin ein Päckchen mitnehmen? Du brauchst es ihr nicht zu bringen. Sie ist Lehrerin in Jerusalem, fährt aber oft nach Tel Aviv. Leg’ es nur zurück an der Hotelrezeption und ruf sie an, dass du ihr im Hotel ein Päckchen hinterlegt hast.’

Ich rief sie an, da sagte sie, sie wäre am Wochenende sowieso in Tel Aviv bei ihrer Schwester. Ich habe gehört, dass es eine junge Stimme ist, also hab ich gesagt, dass ich sie treffen möchte. Sie sagte darauf, dass sie erst am Freitagnachmittag käme und am Sonntag schon zurückfahren müsse. Also sagte ich, dass ich am Samstag kommen möchte. Da sagte sie, das passe nicht, denn bei ihnen sei am Samstag Schabbat [der siebte Tag der Woche, Ruhetag, höchster Feiertag des Judentums]. ‚Gut, dann komme ich Samstagabend.’

Da sagte sie:
‚Du wirst es nicht finden, es ist bei Tel Aviv, aber nicht einfach zu finden.’ Ich sagte, dass ich alles finde. Ich habe es auch gefunden, aber sehr, sehr schwer.

Sie erzählte mir, dass sie studiere und wenig Geld habe und deshalb im Ulpan [Schule für hebräische Sprache] jedes Jahr eine oder zwei Wochen im Sommer Hebräisch unterrichte. Das war gerade eine solche Woche, wo sie in Tel Aviv unterrichten musste. Wir trafen uns jeden Tag.

Dann kam sie nach Wien zu ihrer Freundin, die damals in der israelischen Botschaft arbeitete. Beim dritten oder vierten Wiedersehen sagte ich zu ihr: ‚Lass’ uns heiraten’.

Sie antwortete:
,Okay, wann?’‚Mittwochs mache ich den Laden sowieso mittags um eins zu, machen wir die Trauung um drei, gut?’ 

Und sie sagte:
‚Aber ich will, dass du es weißt, ich bin hundertprozentig koscher.’

Ich sagte:
‚Mich stört das nicht.’

Sagte sie:
‚Aber ich will, dass in der Küche Milchiges und Fleischiges getrennt ist.’

Sagte ich:
‚Mich stört das nicht.’
‚Zu Schabbat mach’ ich aber keinen Schritt aus der Wohnung.’
‚Auch das stört mich nicht.’ Sie sagte noch ein paar solche Sachen.

Viele Monate darauf sagte ich ihr einmal:
‚Es ist doch interessant, als du mir diese Sachen gesagt hattest, warum hast du mich nicht gefragt, wie ich das mache?’

Da sagte sie:
‚Du hast die Religion gelernt, alles andere ist deine Sache.’ Freitagabend ging sie die Kerzen anzünden.

In der ersten Zeit sagte ich ihr:
‚Warum sagst du es mir nicht, dass du Kerzen zünden gehst, damit ich mir eine Kippa [religiöse Kopfbedeckung] aufsetze.’
‚Ich will keine Differenzen mit dir’, sagte sie mir.
‚Du hast es gelernt und du weißt es. Wenn du es machst, ist es deine Sache. Wenn du es nicht machst, ist es auch deine Sache.’

In der ersten Zeit fragte sie mich zu Jom Kippur [jüdische Versöhnungstag; wichtigste Feiertag der Juden]in der Früh:

‚Kommst du mit in die Synagoge, oder gehst du gleich in den Laden?’ Aber jeden Freitag Abend, am Schabbat, lud sie vier, fünf, sechs Leute ein, stellte den Wein hin und wenn ein Jude dabei war, fragte sie ihn, ob er Kiddusch [Segen über den Wein am Schabbat und an Feiertagen] machen wolle. Zu Jom Kippur waren 30 Mann bei uns am Abend. Sie hat es also zu Hause geschafft, dass der Schabbat koscher [nach jüdischen Speisevorschriften rituell; rein] war. Aber als ich sie einmal fragte:

‘Dich und deine Familie kennen so viele Leute. Wenn du mit mir ins Gasthaus essen kommst, da wird keiner denken, dass du nur Fisch isst.’ Sie antwortete:
‚Was gehen mich die Leute an, wenn mein Gewissen rein ist.’

Niemals hätte sie dafür Reklame gemacht, dass sie religiös war. Sie ging rein, schaute sich an, welchen Fisch es gab, und sie aß Fisch oder Gemüse. Und genauso ist es auch mit ihrer Tochter. Sie war hier vor zwei oder drei Tagen. Wir kommen Freitagabend nach Hause, ich gehe in den Lift, sie kommt zu Fuß hoch.

Sie sagt mir mit keinem Wort, Papa …Ich frage sie nicht danach, und sie fragt mich nicht danach. [Anm. d. Red.: Freitag ab Sonnenuntergang ist Schabbat und somit gläubigen Juden nicht erlaubt, zu arbeiten. Den Liftknopf zu betätigen bedeutet Arbeit]

Meine Frau hieß ursprünglich Vera Schwartz. Sie stammte aus Pressburg. Ungarisch verstand sie - sie sprach es nicht, aber sie verstand es. Deutsch sprach sie besser als ich. Der Vater meiner Frau war Heinrich Schwartz, ihre Mutter war eine geborene Grünsfeld. Die ganze Familie war in Pressburg sehr bekannt. Ihr Vater war Generalsekretär der Orthodoxie.

Er wohnte in Pressburg, aber er fuhr jede Woche nach Prag hinauf. Zum Ministerpräsidentenamt hatte er eine direkte Telefonleitung, also, er war ein ganz großer Mann. Als 1939 der Tiso 9 kam, wurde er zum Chef des Judentums in der Slowakei ernannt. Eineinhalb oder zwei Jahre darauf wurde er ins Gefängnis geworfen, mit der Anschuldigung, dass er den Zionisten helfe.

Er wurde gefoltert. Die Juden befreiten ihn aus dem Gefängnis und brachten ihn nach Budapest ins Városmajor-Spital, aber da war er schon sehr geschwächt. Er hatte sogar im Januar 1943 noch solche Beziehungen, dass er meine Frau, die damals sechs Jahre alt war und ihre Schwester Erika [Judassin, geborene Schwartz], die acht Jahre alt war, noch nach Israel schicken konnte.

Sie fuhren mit der Bahn zwei Wochen lang über Rumänien, die Türkei und Syrien und kamen 1943 in Palästina an. Sie wurden in ein Kinderheim gesteckt und wuchsen dort auf. Der Vater meiner Frau starb 1944 im Spital. Ihre Mutter ging von Budapest zurück nach Pressburg, denn der Großvater meiner Frau war dort Notar.

Meine Frau hat ihre Eltern nie mehr getroffen, sie hatte nur noch Fotos von ihnen. Ihre Mutter wurde 1944 nach Auschwitz verschleppt und umgebracht. So blieb meine Frau mit ihrer Schwester in Palästina. Die Schwester konnte nicht studieren, im Alter von 13 oder 14 Jahren ging sie schon arbeiten. Meine Frau hatte das Glück, dass dann ein Onkel kam, der ihr Studium finanzierte; so wurde eine Englischprofessorin aus ihr.

Als meine Frau 1964 nach Wien kam, hatte sie vielleicht außer dem Kleid, in dem sie kam, noch ein anderes, aber auch das ist nicht sicher. Aber Bücher hatte sie eine Menge. Für mich war es sehr schwer, mich daran zu gewöhnen, dass ich mit jemandem zusammenlebe. Ich war das nicht gewohnt, ich hatte immer allein gelebt.

Und außerdem hatte ich gedacht, ich heirate eine 29jährige Frau, eine Intellektuelle, die an der Universität den Doktortitel machen wird oder eine Journalistin wird. Und dann hat meine Frau immer gefragt: ‚Warum kommst du nicht zum Abendessen, es ist sieben Uhr.’ Anfangs hatten wir Differenzen, aber dann kamen wir aus miteinander. Und so haben wir ein ganzes Leben lang gelebt. Wir gehörten zueinander und jeder hat den anderen akzeptiert. Leider ist sie vor zwei Jahren gestorben.

Meine Tochter ist jetzt 32 Jahre alt, meine Beziehung zu ihr ist sehr gut. Sie ging in Wien in die französische Schule. Dann ging sie nach Israel, bekam dort eine Stelle in einer Comverse Hightech Firma und war sechs Jahre dort. Dann hat man sie gekündigt. Da sagte sie:

‚Papa, ich gehe für ein Jahr nach London Kunst lernen. Jetzt lernt sie bei Christie’s [weltberühmtes Auktionshaus] und studiert in London Kunstgeschichte.

Mein Bildersammeln begann, als meine Tochter noch das Gymnasium besuchte. Jedes Jahr gab es in der französischen Schule Anfang November Ferien, denn die Lehrer fuhren dann nach Frankreich. Wir fuhren jedes Jahr nach Amerika. Meine Frau sagte in New York:

‚Jetzt vergiss du mich für drei Tage, denn ich gehe drei Tage lang ins Museum’. Aber mir war langweilig, weil ich geschäftlich nicht mehr so viel zu tun hatte. Und da sagte ich ihr am dritten Tag:

‚Mir ist es so langweilig, ich geh’ mit dir’. Und wir gingen ins MOMA [Museum of Modern Art in New York].

Ich ging rein, und sie erklärte mir:

Das ist von dem, das ist von dem. Und ich kann mich erinnern, sie blieb bei einem Magritte 10-Bild stehen und erörterte es mir zehn, fünfzehn Minuten lang.

Daraufhin sagte ich:
‚Ich sehe, dieses Bild gefällt dir sehr, kauf’ es dir, Geld hast du genug.’ Da sagte sie:
‚Das ist doch ein Museum’.

Ich sagte:
‘Na und, dann kostet es eben etwas mehr. Dein Geld reicht dafür.’

Sie darauf:
‚Ich sag’s dir draußen’, denn es waren viele Leute um uns.
‚Ich werde es dir nachher draußen erzählen.’ Und da erklärte sie mir dann, was ein Museum ist. Da sah ich, dass ich schon 50 Jahre alt war und immer noch nicht wusste, was ein Museum ist. Ich war zuvor noch nie in einem Museum gewesen.

Das war im November 1972. Im Dezember und Januar waren wir immer in Israel. Da sagte ich ihr:
‚Da sind doch deine Freunde, die Maler, mit denen du zusammen studiert hast.’ Denn neben einem Diplom als Englischprofessorin hatte sie auch ein Kunst-Diplom. Ich ging mit ihr zu einem und sagte ihm:
‚Was kostet bei dir ein Bild.

Er antwortet:
‚200, 300 Dollar.’

Ich frage ihn:
‚Und wenn ich fünf davon kaufe?’ Denn wenn ich fünf Waggons Reis kaufe, dann ist es billiger. So habe ich angefangen. In einer Woche hatte ich so dreißig, vierzig Bilder. Ich kam nach Wien, wusste, die jungen Maler machen für 2.000 Schilling ein Bild. Dann hatten wir vierzig, fünfzig, hundert Bilder. Und meine Frau hängte alles an die Wände. Immer, wenn ich von irgendwo nach Hause kam, zum Beispiel aus dem Dorotheum 11, sagte sie:
‚Schon wieder Bilder’. Aber sie hängte alle schön auf. Da traf ich einmal einen Freund, der schon von Haus aus viel von Kunst verstanden hat. Der brachte mich zu einem Kaufmann. Der
Kaufmann sagte mir:

‚Kommen Sie in meine Wohnung, dort zeigen wir ihnen meine Sammlung’. Und dann ging ich hin und sah den Unterschied. Ich hatte bis dahin für 2.000 oder 3.000 Schilling Bilder gekauft, und als ich fragte:
‚Was hat denn dieses gekostet’, da sagte der:
‚Ich gebe Ihnen drei Bilder für 600.000 Schilling. Ich wusste nicht, was das für Bilder waren und wer sie gemalt hatte. Ich habe gesagt:
‚Ich gebe Ihnen dafür 300.000’.

Wir haben gehandelt und schließlich habe ich die Bilder für 420.000 gekauft. Da sagte ich mir, jetzt werd’ ich meiner Frau eins auswischen. Ich bringe sie nach Hause, und mal sehen, ob sie den Unterschied sieht. Meine Frau wollte erst nicht glauben, dass ich diese Bilder gekauft hatte.

Sie schaute sie sich genau an, ob sie nicht gefälscht wären, vielleicht hatte sie mir ja jemand angedreht und es hatte ein Vermögen gekostet. Sie dachte, ich würde bestimmt nicht so viel Geld für solche Sachen ausgeben. Und am Ende sah sie, dass ich es wirklich getan hatte. Ich sagte ihr, dass ich die Bilder nur gekauft hätte, um sie auf die Probe zu stellen. Meine Frau meinte: ‚Sei mir nicht böse, aber was machen wir jetzt mit dem vielen Dreck, den du bis jetzt gekauft hast?’

Das eine Bild war ein Emil Jakob Schindler 12, das andere eine Tina Blau 13, das dritte ein Carl Moll 14. Ich habe das damals nicht gewusst, aber Schindler wurde später das Zentrum meiner Sammlung. Dann kam ich darauf, dass er der Vater von Alma Mahler 15 war, denn ich las über sie ein Buch; sie hat mich sehr interessiert.

Anfangs habe ich nur solche Bilder gekauft, die mir gefallen haben   nach Meinung meiner Frau - wenn mir der Rahmen gefallen hat. Dann habe ich es langsam gelernt. Das Sammeln beginnt damit, dass man erst das Wissen darüber erwirbt.

Wenn man weiß, wer dieser Emil Jakob Schindler war und weiß, dass Emil Jakob Schindler tausend Bilder gemalt hat, davon hundert Topbilder, und man hat die Möglichkeit, sie zu kaufen...

Da ich sehr spät angefangen habe, Kunst zu sammeln, blieb ich nur bei den Österreichern und nur bei einem bestimmten Kreis. Ich habe zum Beispiel nicht begonnen, einen Picasso zu kaufen. Genauso war es mit den ungarischen Malern. Ich hatte einen Rippl Rónai und einen Vaszary 16, also das ist ein ganz kleiner Kreis. Leider habe ich die verkauft.

Meine Frau ist schwer erkrankt. Da setzten wir uns zu dritt mit meiner Tochter hin und besprachen, was zu tun ist. Wir haben ihr gesagt: ‚Deine Mutter ist krank, ich bin alt. Judaika, kannst du überall auf der Welt, wo immer du auch bist, verkaufen, die ist international.

Mit den Österreichern bist du aufgewachsen; seit deiner Kindheit bist du damit aufgewachsen. Beschließen wir, dass wir für den Fall, dass mit uns was passieren sollte, wir die ungarischen Bilder verkaufen und dafür österreichische Bilder und Judaica kaufen.’

Da sagte meine Tochter: ‘Papa, bis jetzt war es im Leben immer so, dass das was du gesagt hast, beschlossene Sache war. Da kam zufällig ein Ungar englischer Herkunft, der gab mir eine Million Dollar und ich gab ihm neun Bilder. Ich werde und kann in meinem Leben nie mehr solche ungarischen Bilder haben.

Was ich meiner Tochter hinterlasse? Wenn ich ihr eine Million Dollar hinterlasse, kann sie vielleicht nichts damit anfangen, vielleicht wird sie betrogen. Wenn ich ihr ein Bild hinterlasse, dann hinterlasse ich ihr ebenfalls 100.000 Schilling oder 200.000 Schilling. Das war der Gedanke, als ich mit meiner Frau das Buch über meine Sammlung [Die Sammlung Eisenberger] gemacht habe.

Dass meine Tochter dann vielleicht sagen wird: ‚Das verkaufe ich nicht, das steht in Papas Buch.’ Also habe ich sie psychologisch zu etwas gezwungen. Zugleich wird sie aber vielleicht Lust haben, weiter zu sammeln. So wie ich ihr nicht gesagt habe, dass sie nach London gehen soll Kunst zu lernen, und sie ging trotzdem dort hin um Kunst zu lernen. Das kommt so mit der Zeit, dass man solche Gedanken hat.

Meine Frau hatte immer Geld, aber sie hat nicht einmal hundert Dollar für ein Bild ausgegeben. Ich fragte sie:
‚Als du hierher gekommen bist, hattest du noch so viele Möglichkeiten, du konntest noch Schiele 17 und Klimt 18 kaufen’.

Da schaute sie mich an, und sagte:
‚Wozu soll man die kaufen? Ich gehe doch jeden Monat ins Museum’. Und wenn wir zu einer Vernissage gingen oder sonst wo hin, da sagte ich:
‚Schau’ wie schön dieses Bild ist, weißt du, wie viel das kostet?’.

Und sie sagte:
‚Sag’ mir nie mehr so etwas. Entweder es gefällt mir, oder es gefällt mir nicht; entweder es ist schön, oder es ist nicht schön’. In so langer Zeit hat sie nie im Leben ein Stück gekauft. Die habe alle ich gekauft. Wenn es eine Vernissage gab,

sagte ich ihr immer:
‚Geh’ du voran, denn dir kann man nichts verkaufen. Aber ich sehe an deinen Augen, was dir gefällt, und dann weiß ich, was ich kaufen will’. So lernte ich es langsam auch allein.

In Antiquitätengeschäften, im Dorotheum, überall finde ich die Sachen, und immer kommt etwas, was ich noch nie gemacht habe. Da gibt es zum Beispiel etwas, was ich in Ungarn sehr viel kaufe: Ansichtskarten von Synagogen. Ich habe davon 200 oder 300 Stück. Das ist etwa so, wie Freud 19 zum Beispiel die Psychologie hatte, dass das Leben einen Sinn haben muss. Victor Frankl 20 sagte, dass man nur für einen Tag einen Sinn braucht. Wenn ich am Morgen aufstehe, dann soll ich wissen, was ich an dem Tag mache.

Seit ich vor 15 Jahren mit dem Geschäft ein wenig aufgehört hatte, jetzt habe ich völlig damit aufgehört, mache ich mir sehr viele Gedanken. Ich lese den Talmud [wörtl: Lehre; wichtigstes nachbiblisches Buch des Judentums]. Ich lerne seit 60 Jahren Talmud.

Heute war ich auch dort, beim Rabbiner Pardess im Mizrachi [Mizrachi: religiöse zionistische Bewegung]-Haus, am Judenplatz, im 1. Wiener Gemeindebezirk. Der Rabbiner, bei dem ich lerne, ist ein sympathischer, kluger, aufgeklärter Mensch. Jede Woche gehe ich zweimal lernen. Ich kenne die ganze jüdische Geschichte, alle Einzelheiten.

Die großen spanischen Rabbiner, wie zum Beispiel Maimonides 21 hatten weltweite Beziehungen. Keiner von ihnen flüchtete nach Palästina. Aus Spanien sind die Juden geflüchtet nach Amsterdam, in die Türkei, nach Griechenland. Es musste ein Herzl 22 kommen, der hat zwei Sachen gesagt: Erstens, wir haben ein Land und zweitens, die Reichen sollen die Fahrt der Armen bezahlen. Dass das Eintausend oder Zweitausend Jahre lang keinem großen jüdischen Gelehrten eingefallen ist… kann man das verstehen?

Ich kann hier als Jude leben, ich kann nur nicht sagen, dass ich Österreicher bin. Die Juden in Österreich sagen alle von sich, dass sie österreichische Juden sind. Die Juden in Frankreich sagen, dass sie französische Juden und die Juden in Ungarn sagen, dass sie ungarische Juden sind. Nur wird kein Ungar sie jemals als Ungarn anerkennen

‚Wir sind das auserwählte Volk’ – das ist eine Lüge. Ich habe noch keinen einzigen auserwählten Menschen unter den Juden gefunden. Und es ist eine Lüge, dass der Messias kommen wird. Die haben ja sogar noch vor den Gaskammern gesagt, dass der Messias kommen wird. Also das ist eine große Lüge..

Ich hatte hier im Jüdischen Museum meine Judaicasammlung ausgestellt mit dem Titel: ‚... möchte ich ein Österreicher sein’. Da haben mich 40 Journalisten gefragt: Warum?  Da sagte ich: ‚Ich bin jetzt so und so viele Jahre hier, habe so und so viele Steuern bezahlt, habe so und so vieles für dieses Land getan. Und ich habe noch keinen Österreicher getroffen, der mich für einen Österreicher hält. Was soll ich noch machen, wie lange soll ich noch hier sein, damit mich jemand für einen Österreicher hält?’

Wir können weder mit den Ungarn, noch mit den Österreichern, noch mit den Arabern zusammenleben. In Israel schreien wir immer, dass wir Frieden wollen… Doch was für einen Frieden, wenn du nicht mit ihnen zusammenleben kannst, was für einen Frieden willst du? Dass sie machen, was du willst? Das ist ja auch ein Friede.

Wenn ich jeden Tag die hebräischen Zeitungen lese, fasse ich es nicht. Ich war 36 Jahre lang Lebensmittelhändler. Ich hatte immer Konkurrenz; kleinere und größere. Aber wenn ich mich mit dem Billa-Besitzer [Lebensmittelkette] an einen Tisch gesetzt habe, stand ich so auf, dass wir uns einig waren - wenn nicht heute, dann die nächste Woche. Das gibt es nicht, mit Menschen nicht einig werden.

Mit allen und allem muss man Kompromisse schließen. Wenn man mit jemandem keine Kompromisse schließen kann, kann man mit ihm nicht zusammenleben. Es gibt keinen solchen Frieden a la ,du sollst es so machen, wie ich es will’. Aber das liegt in unserer tausendjährigen Erziehung, dass wir klüger sein wollen. Und der Wohlstand hat schon mehr Menschen zu Grunde gerichtet, als die Armut.

Ich habe mich aus dem ganzen Leben ausgeschlossen. Ich gehe weder bei den Juden wählen, noch bei den Österreichern, noch bei den Israelis. Ich fahre nach Israel so wie die Amerikaner, weil dort die Sonne scheint. Ich liebe Österreich, weil es wunderschön ist, es ist angenehm hier zu leben.

  • Glossar:

1 Tokajer Wein: berühmter ungarischer [oder slowakischer Wein], der aus dem Tokajer Weingebiet stammt und der zu den Dessertweinen gezählt wird.

2 Neologes Judentum: eine gemäßigte Reformbewegung im Judentum, wird zu der  
'Konservativen Strömung' gezählt, die zwischen dem Orthodoxen und dem Liberalen Judentum angesiedelt ist. Das neologe Judentum hat sich im späten 19. Jahrhundert in Ungarn entwickelt.

3 Chassidismus: Der Chassidismus im osteuropäischen Judentum entstand als Reaktion auf die Pogrome unter Führung des Kosaken Chmelnizki im Jahre 1648, als in Osteuropa über 700 jüdische Gemeinden vernichtet wurden. Neben dem Wert des Studiums der Tora und der mündlichen Überlieferung [Talmud, Kommentare] betont der Chassidismus das persönliche und gemeinschaftliche religiöse Erlebnis. Begründer des Chassidismus ist Israel ben Elieser [1698-1760], genannt Baal Schem Tow.

4 Löw, Immanuel (1854-1944): ungarischer Rabbiner und Botaniker. Sein Werk 'Die Flora der Juden'; beschreibt und erforscht die Pflanzenwelt in der Bibel und den Stellenwert der Pflanzenwelt in jüdischen Gesetzen und Legenden.

5 Sonderkommando Auschwitz: bestand aus jüdischen Häftlingen des KZ, die dazu gezwungen wurden, die Ermordung und die Verwertung der Opfer durchzuführen. Am 7. Oktober 1944 wurde ein Aufstand der Häftlinge des Sonderkommandos von den Bewachern blutig niedergeschlagen und 451 wurden ermordet. Drei überlebten. Insgesamt mussten etwa 2200 Häftlinge im Sonderkommando arbeiten. Von diesen erlebten nur 110 das Kriegsende.

6 Pfeilkreuzler: 1937 aus der von Ferenc Szalási gegründeten 'Partei des nationalen Willens' hervorgegangene faschistische Bewegung. Nach dem Versuch der Regierung unter Miklós Horthy, einen Separatfrieden mit den Alliierten zu schließen, übernahmen die Pfeilkreuzler im Oktober 1944 die Macht in Ungarn.

Mit ihrer Hilfe wurde von den Deutschen im November 1944 die zweite Deportationswelle durchgeführt. In Terroraktionen ermordeten Pfeilkreuzler
bis zur Befreiung durch die sowjetische Armee im Januar 1945 noch mehrere Tausend Budapester Juden.

7 Szalasi, Ferenc (1897-1946): ungarischer faschistischer Parteiführer und Kriegsverbrecher. Begründer der rechtsextremen 'Partei des nationalen Willens', aus der 1937
die Pfeilkreuzler hervorgingen.

Nach dem Rücktritt von Miklós Horthy 1944 wurde Szálasi im noch nicht von sowjetischen Truppen besetzten Landesteil von der deutschen Besatzungsmacht zum Ministerpräsidenten erklärt. Szalasi wurde nach Ende des Krieges zum Tode verurteilt und hingerichtet.

8 Der Zionismus ist eine während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene jüdische National-Bewegung, die sich für die Entstehung eines eigenen jüdischen Staates in Palästina einsetzte. Der Begriff wurde 1890 von dem jüdischen Wiener Journalisten Nathan Birnbaum geprägt.

Der Beginn des modernen Zionismus wird oft auf Theodor Herzls Werk ‚Der Judenstaat’ [1897] festgelegt. Bis zur Schoah während des 2. Weltkriegs war der Zionismus nur eine kleine Strömung innerhalb des Judentums.

9 Rippl-Ronai, Jozsef (1861-1927): Ungarischer Maler; gilt als erster ungarischer 'Moderner'. Die Orte seines Schaffens: die Metropole Paris und das ländliche Idyll der ungarischen Provinz.

10 Tiso, Jozef (1887-1947): katholischer Priester und Politiker und Politiker der der klerikal-nationalistischen Slowakischen Volkspartei. Ab 1938 Vorsitzender der Partei und Ministerpräsident der vorerst autonomen Slowakei. Mit der Entstehung der unabhängigen [von Deutschland abhängigen] Slowakei 1939 wurde er zu deren Ministerpräsident und Präsident. Tiso wurde 1947 zum Tode verurteilt und hingerichtet..

11 Magritte, René François Ghislain (1898-1967): belgischer Maler; zählt zu den wichtigsten Vertretern des Surrealismus

12 Dorotheum: das größte Auktionshaus in Mitteleuropa und im deutschsprachigen Raum;1707 gegründet.

13 Schindler, Emil Jakob (1842-1892): einer der berühmtesten Landschaftsmaler Österreichs; prägte den Begriff: poetischer Realismus'. Schindler war der Vater von Alma Mahler-Werfel

14 Blau-Lang, Tina (1845-1916): österreichische Landschaftsmalerin, Vertreterin des österreichischen 'Stimmungsimpressionismus'.

15 Moll, Carl (1861-1945): österreichischer Landschafts-, Interieur- und Stilllebenmaler. Schüler und Assistent des Landschaftsmalers Emil Jakob Schindler. Moll war Mitbegründer der Wiener Secession, aus der er 1905 mit der Klimt-Gruppe austrat. In den 30er Jahren wurde Moll zu einem überzeugten Nationalsozialisten. 1945 nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen beging
er Selbstmord.

16 Mahler-Werfel, Alma Maria (1879-1964):

Persönlichkeit der Kunst- und Musikszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.; Tochter des Malers Emil Jakob Schindler, ab 1902 Ehefrau von Gustav Mahler. Nach dem Tod Mahlers (1911) hatte Mahler-Werfel eine Beziehung mit dem Maler Oskar Kokoschka; 1915 heiratete sie den Bauhaus-Architekten Walter Gropius.

Nach der Scheidung heiratete sie 1929 den Dichter Franz Werfel; sie emigrierte mit ihm nach Frankreich und in die USA. Werfel; sie emigrierte mit ihm 1938 nach Frankreich und 1940 in die USA. Ihr Salon war im Wien der Zwischenkriegszeit Treffpunkt für zahlreiche Künstler und Intellektuelle.

17 Vaszary, János (1867-1939): ungarischer Maler. In den Jahren um die Jahrhundertwende gilt er, wie Rippl-Rónai, als Jugendstil-Meister. Nach 1914 als Kriegsmaler tätig.

18 Schiele, Egon (1890-1918):

Maler und Graphiker, einer der bedeutendsten österreichischen Künstler des 20. Jahrhunderts, zählt neben Gustav Klimt zu den bedeutendsten bildenden Künstlern der 'Wiener Moderne'. Schiele entwickelte unter dem Einfluß von Klimt und der ostasiatischen Kunst einen unverwechselbaren Stil: Er verband eine ornamentale Flächengliederung mit expressiver Bildsprache. Schiele starb 28jährig an der Spanischen Grppe.

19 Klimt, Gustav (1862-1918):

österreichischer Maler; einer der berühmtesten Vertreter des Wiener Jugendstils. 1897 gehörte er zu den Gründern der Wiener Secession und war bis 1899 deren erster Präsident. 1905 trat er auf Grund von Meinungsverschiedenheiten zwischen 'Naturalisten' und 'Stilisten' gemeinsam mit anderen Künstlern aus der Vereinigung aus.

20 Freud, Sigmund (1856-1939): österreichische Neurologe und  Tiefenpsychologe; Begründer der theoretischen und praktischen Psychoanalyse. Gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Emigrierte 1938 nach England.

21 Frankl, E. Viktor (1905-1997):

österreichischer Neurologe und Psychologe; Bergründer der Logotherapie bzw. Existenzanalyse. 1944 wurden Frankl, seine Frau und auch seine Mutter nach Auschwitz deportiert. Seine Mutter und seine Frau wurden in KZ ermordet. 1946 wurde Frankl zum Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik berufen. Er begründete die österreichische Ärztegesellschaft für Psychotherapie und war deren erster und einziger Präsident.

22 Maimonides, Moses [eigentlich Mosche ben Maimon, genannt Rambam; 1135-1204]:

in Cordoba geborener jüdischer Philosoph, Arzt und Rechtsgelehrter. In seinem Hauptwerk 'Führer der Unschlüssigen'; (1190 vollendet) schlägt er eine allegorische Lesart der Glaubenslehren vor, um den Widerspruch zwischen offenbartem Wort und philosophischer wie naturwissenschaftlicher Erkenntnis aufzulösen. Seine Ideen beeinflußten u. a. Spinoza, Leibniz und Maimon. Er starb 1204 in Kairo.

23 Herzl, Theodor (1860-1904):

jüdisch-österreichisch Schriftsteller, Publizist, Journalist und zionistischer  Politiker. Als Korrespondent der Wiener Tageszeitung 'Neue Freie Presse' Zeuge des Prozesses gegen Alfred Dreyfuß schrieb er 1896 sein Buch 'Der Judenstaat', das wesentlich zur Gründung des Staates Israel beitrug.

Herzl forcierte die Idee einer organisierten Emigration von Juden in einen eigenständigen Staat und initiierte den politischen Zionismus. 1897 auf dem 1. Zionistischen Weltkongress in Basel wurde Herzl zum Präsidenten der zionistischen Weltorganisation gewählt.

Renée Molho - Una Libreria en Sesh Capitulos

Renee Saltiel i Solon Molho se engrandesieron en la mas grande komunidad sefardi del mundo; la de Salonika o Thessaloniki en la Gresya de oy. En akel tiempo 90,000 Judios bivian ayi ma kuando los Alemanes se yevaron a la populasion Judia a los kampos, ya no kedaron kaji mas dingunos. Solo unos kuantos tornaron. Esta es la istoria de dos Judios ke pudieron sovrebivir grasias a un diplomato Espanyol i unas kuantas famiyas Gregas muy korajozas.

רנה מולכו - חנות ספרים בששה פרקים

רנה סלטיאל וסולון מולכו גדלו בקהילת היהודית-ספרדית הגדולה מכולן, קהילת סלוניקי (או תסלוניקי), העיר השנייה בגודלה ביוון המודרנית. בתחילת המאה ה-20 חיו בעיר 90,000 יהודים; אך עד סוף מלחמת העולם השנייה הקהילה כמעט ונמחקה לחלוטין. מתי מעט חזרו, והם מהווים חוליה נוספת במורשת ההיסטורית המפוארת של קהילתם.

זהו סיפור של שני יהודים, בני הזוג רנה וסולון מולכו, אשר הצליחו לשרוד הודות לנדיבותו ונחישותו של דיפלומט ספרדי אחד ולאומץ ליבן של כמה משפחות יווניות, שעמד להן בעת מבחן.

Renée Molho - A Bookstore in Six Chapters

Renée Saltiel and Solon Molho grew up in the greatest Sephardic Jewish community of them all, Salonica, or Thessaloniki, in today's Greece. Around 90,000 Jews lived there in its heyday, 50,000 lived there before the war. During the Second World War, the Germans rounded up and deported the city's Jews and almost none were left. Only a handful returned. This is the story of two Jews who did manage to survive, thanks to a Spanish diplomat and some very brave Christian families.

Ένα βιβλιοπωλείο σε έξι ενότητες: Η ιστορία του Σόλων και της Ρενέ Μόλχο

Η Ρενέ Σαλτιέλ και ο Σόλων Μόλχο μεγάλωσαν στη μεγαλύτερη εβραϊκή κοινότητα Σεφαραδιτών, τη Θεσσαλονίκη, στη σημερινή Ελλάδα. Στις αρχές του αιώνα περίπου 90.000 Εβραίοι ζούσαν εκεί, ενώ αμέσως πριν τον πόλεμο είχαν φτάσει περίπου τους 50.000 ανθρώπους. Πριν από τον πόλεμο ζούσαν εκεί περίπου 50.000 Εβραίοι. Κατά τη διάρκεια του Β' Παγκοσμίου Πολέμου, οι Γερμανοί τους συγκέντρωσαν και τους εκτόπισαν σχεδόν όλους. Δεν έμεινε σχεδόν κανείς. Μόνο λίγοι επέστρεψαν. Αυτή
είναι η ιστορία δύο Εβραίων που κατάφεραν να επιβιώσουν, χάρη σε έναν Ισπανό διπλωμάτη και μερικές πολύ γενναίες χριστιανικές οικογένειες.

Renée Molho - Ein Buchladen in sechs Kapiteln

Renee Saltiel und Solon Molho wuchsen in Salonika (Thessaloniki), der ehemals größten sephardisch-jüdischen Gemeinde der Welt auf. In der Hochphase lebten hier etwa 90.000 Jüd*innen, vor dem Krieg waren es 50.000, doch im Zweiten Weltkrieg ließen die Deutschen die Juden der Stadt deportieren. Nur wenige überlebten und kehrten nach Salonika zurück. Diese Geschichte erzählt, wie zwei Juden Salonikas dank eines spanischen Diplomaten und einiger mutiger griechischer Familien überlebten, und nach dem Krieg in ihre Heimatstadt zurückkehrten.

ארנה גולדמן

תאריך הריאיון: אוגוסט 2010
המראיינת: טניה אקשטיין

באוגוסט 2010 לאחר היעדרות של 10 שנים שוב נחתי בנמל התעופה של תל אביב על סיפון מטוס אל על. בינתיים זהו נמל תעופה חדש, ובכל זאת שום דבר לא זר לי. להפך, תל אביב משרה ביטחון ונוחות שלא ידעתי עד כה. למחרת, יום חם של חודש אוגוסט, עשיתי את דרכי לרמת חן, אזור מגורים משופע בבתים צמודי קרקע ווילות.

הודות למיקום המצוין, בסמיכות לפרק הלאומי ולקו מספר 4, רמת חן הייתה לאזור מגורים מבוקש ויקר. ברח' האלוף דוד 185 נמצא בית האבות של יוצאי גרמניה שבו מתגוררת ארנה גולדמן זה שנים רבות.

יש לה דירה קטנה יפה בקומת הקרקע המשקיפה לגינה יפה עם עצים, שיחים וקקטוסים ענקיים. דיברתי עם הגברת גולדמן פעמים אחדות בטלפון עוד לפני שעזבתי את וינה והיא ציפתה לי ושמחה לבואי ולשיחה.

פניה לא העידו על גילה, 92, ומבחינת המבטא והאינטונציה, וודאי אפשר לחשוב אותה לגרמניה. רק לעתים רחוקות היא משבצת מילה בעברית, כמו למשל 'נכון?'. בטלפון דברנו כמכרות ותיקות והרבינו .לצחוק, אבל דברים ומאורעות רבים בחייה הגברת גולדמן לא זכרה או לא רצתה לזכור

לפני המלחמה

את סבתא מצד אמא לא הכרתי. קראו לה אווה (או חוה בשמה היהודי) ראפ (Rapp). כשנולדתי היא כבר לא הייתה בחיים. שמי העברי חוה, על שם סבתי.

לסבי מצד אמי קראו מיכאל ראפ. גרנו בפרנקפורט באותו בית, אשנהיימר אנלגה (Eschenheimer Anlage) 30. בתים ניצבו משני הצדדים והרחוב נקרא אשנהיימר אנלגה. הרחוב החל באשנהיימר טורם (Turm  ובעברית מגדל) שהוא סמל למבנה הישן ביותר בעיר פרנקפורט. הבית שבו התגוררנו כולנו היה שייך לסבי. בית בן שלוש קומות. בקומה הראשונה גרה משפחה של רופא, סבא גר בקומה האמצעית ואנחנו גרנו מעל לקומה השנייה. היו גם דירות מתחת לגג, שם התגוררו המשרתים.

סבא היה איש מוצק וגבה קומה. אומרים שהיה אדם ידוע מאוד בפרנקפורט. סיפרו לי שהיה לו עסק ליבוא קפה. עד למיתון שפרץ ב-1923 הוא היה אדם מאוד אמיד. אחר כך הפסיד הרבה כסף, אבל בדיעבד אני חושבת שהוא חי לא רע בכלל. הייתה לו טבחית ומנהלת משק בית בדירה בת שבעה החדרים.

כשאני הכרתי אותו הוא כבר לא עשה דבר. הוא ישב בבית אצל שולחן הכתיבה שלו ובכל בוקר קרא את העיתון וכתב מכתבים. זה הזיכרון היחיד שיש לי ממנו.

סבא היה איש דתי. הוא שמר על כשרות ובשבת לא נסע. הוא חגג את כל החגים והלך בקביעות לבית הכנסת. אבי וסבי תמיד הלכו יחד לבית הכנסת. אבל בשביל המשרתים הלא יהודיים שלו קנה סבא עץ אשוח לחג המולד, תלה עליו מתנות והדליק נרות. את זה אני זוכרת, את זה ראיתי. הייתי ילדה ומראות כאלה הם תמיד יפים. אבל למעט עניין העץ לא ציינו את החגים הנוצריים.

סופו של סבא היה רע ומר. הוא לא הצליח לעזוב את גרמניה. אחיי, אמי ואני הצלחנו לצאת. הוא נאלץ לעזוב את ביתו והתגורר באיזה מלון יהודי. כשהמלון נלקח מבעליו היהודיים ואלה גורשו, משפחה נוצרית בפרנקפורט הסתירה אותו. אני לא יודעת מתי הוא נפטר, אבל אני יודעת שהוא היה במחנה ריכוז. הוא היה לבד, לא עם בני משפחתו.

לסבא וסבתא היו ארבעה ילדים. אמי רוזה, שתמיד קראו לה רוזי ושלושה בנים. כל הילדים נולדו בפרנקפורט. יוליוס יונאס ראפ (Julius Jonas) נולד ב-1879, ארנסט יודה וילהלם (Ernst Juda Wilhelm) ב-1880 ודניאל מיכאל ב-1882. דניאל מיכאל נפטר בגיל שנתיים.

אמי רוזה נולדה ב-28 באפריל 1885.

ארנסט נפטר ב-1918 כתוצאה מן השפעת הספרדית שפרצה אחרי מלחמת העולם הראשונה. הייתה אז מגפה. כמובן שלא הכרתי את ארנסט. יש לי 'תפילה' (במובן אילן יוחסין) שסבא נתן לאמא בשנת 1937 לפני שברחה לפלשתינה.

הוא היה סוחר בבורסה ואדם מאוד אמיד. הוא התגורר בברלין ברובע וילמרסדורף ( (Wilmersdorfברחוב פאולסבורנר ((Paulsborner 83a. הוא היה נשוי בנישואים שניים לאנה בנון (Benon). היה להם בן יחיד גינתר.

הדוד יוליוס ברח מברלין והצליח להגיע לדרום צרפת. שם תפסו אותו. ממחנה המעבר גורס (Gurs) 1 גורש למחנה ההשמדה מאיידנק 4 ושם נרצח. הבן גינתר ברח לדרום אמריקה. את זה אני יודעת. אחרי המלחמה ביקר גינתר פעם אחת את אחי בירושלים, אבל אני לא הייתי נוכחת.

גם לדירה שלנו היו שבעה חדרים ומרפסת בחזית, כמו לדירה של סבא. היה לנו חדר אוכל, חדר -גברים – חדר גברים, זה נשמע לי היום כל כך מגוחך – חדר אורחים, חדר שינה בשביל הורי, שני חדרים בשביל אחיי וחדר בשבילי. בחזית הבית הייתה גינה קטנה. דשא עם מזרקה קטנה.

הבית של סבי עדיין קיים. אבל אחרי המלחמה עשו הו שינויים. אני כבר לא זוכרת בדיוק מתי הייתי בפרנקפורט, אולי לפני עשרים שנה. הוזמנתי על ידי עיריית פרנקפורט ובאותה הזדמנות גם ביקרתי בבית. הוא קצת גבה, הוסיפו עוד קומה אבל חוץ מזה הוא נראה כמו שזכרתי. אבל לא נכנסתי לבית, אני כבר לא מכירה אף אחד, מה הייתי אמורה לומר להם? מטופש, לא כן?

ההורים של אבא היו מוורמס [גרמניה], שם משפחתם היה גוגנהיים. מעולם לא זכיתי להכיר אותם למרות שהגיעו לשיבה טובה. אני לא יודעת למה לא הכרתי אותם, הם מעולם לא באו לביקור. הורי נסעו אליהם, את זה אני יודעת. אותי לא לקחו, אני הייתי ילדה קטנה, ובאותם ימים הנסיעה מפרנקפורט לוורמס הייתה נסיעה ארוכה.

לאבי תיאודור היו חמש אחיות: ג'ינה, אליס, סופי, קלרה ואמה, הוא היה הבן היחיד. דודה קלרה ודודה אמה גרו בברלין. דודה ג'ינה גרה עם ביתה וחתנה בבאד הומבורג, היה להם שם בית חרושת קטן והדודות אליס וסופי התגוררו בפרנקפורט.

אני זוכרת שכאשר הדודות מברלין והדודה מבאד הומבורג באו להתארח בפרנקפורט הן תמיד התגוררו במלון פרנקפורטר הוף. הכרתי את כל הדודות אבל לא היה לי קשר הדוק אתן, בשבילי הן היו נשים זקנות. הדודה ג'ינה שרדה את מחנה הריכוז ברגן בלזן 3 ונפטרה שנים אחדות לאחר השחרור בהולנד. דודה קלרה ובני ביתה ברחו לאמריקה וניצלו. הדודות האחרות נספו בשואה.

אני לא יודעת איפה הורי הכירו, אבל כמו שהיה נהוג באותם ימים, זה היה שידוך. אז עוד לא היו תנועות נוער, שבהן הצעירים יכלו להיפגש. הורי נישאו ב-1903 או ב-1904.

אבא היה סוחר תבואה. את העסק קיבל מדי אביו. היו לו שלושה או ארבעה עובדים במשרד. אני זוכרת שכילדה ביקרתי אותו במשרד. במשרד לא היו מכונות כתיבה, רק ספרים גדולים וקסתות דיו ובהן דיו. אז עוד כתבו בכתב זיטרלין. אלוהים אדירים זה היה ממש מזמן!

אבא יצא בבוקר מן הבית וחזר לארוחת הצהריים. המשרד היה בקרבת הבית, אפשר היה ללכת ברגל. בתום ארוחת הצהריים שב אל החנות, ולקראת שבע בערב בא הביתה.

בבית שמרנו על מטבח כשר. בפרנקפורט לא היו הרבה קצבים כשרים, למרות שבעיר התגוררו יהודים רבים. אבל באותם ימים פרנקפורט עוד לא הייתה כרך וגם לא הייתה עיר יפה כמו היום. בכל ליל שבת הייתה קבלת שבת. את האוכל בישלו בבוקר ובערב רק חיממו אותו. בבית בפרנקפורט תמיד הדלקנו נרות חנוכה וביום הכיפורים אבא היה כל היום בבית הכנסת. אמא לא נשארה בבית הכנסת כל היום אבל היא צמה עד הערב. אחיי כלל לא הלכו לבית הכנסת. הם היו יהודים טובים, אבל הם לא היו דתיים.

לימים חגגתי את השבת גם עם בני משפחתי. ראינו בזה ערב יפה. גם חנוכה חגגנו בבית. הדלקנו נרות ותמיד היו מתנות בשביל הילדים. זה לא קשור לדתיות, אנחנו ראינו בזה משהו נעים ויפה. חגגנו את ראש השנה, יום כיפור ופסח. את ליל הסדר ערך בעלי, הוא עשה את זה ברצון ועשה זאת טוב, ותמיד הזמנו חברים וילדים רבים. תמיד היו סביב שולחן הסדר חמישה עשר או אחד עשר איש. תמיד הכנו את הכול בדייקנות ומאוד שמחנו לקראת אותם ערבים. אני לא יודעת מתי לראשונה ראיתי את הכותל המערבי. אני רק יודעת שהוא הותיר בי רושם עז.

אחי הבכור קרל היה מבוגר ממני ב-12 שנים, הוא נולד ב-12 בינואר 1906. פאול היה גדול ממני ב-7 שנים והוא נולד ב-18 באפריל 1910. אני נולדתי ב-22 בדצמבר 1917 בפרנקפורט, בבית הוריי. אז הנשים עוד ילדו בבית ולא בבתי חולים. "נכדתי האהובה ארנה גוגנהיים נולדה בלילה שבין ה-21 ל-22 בדצמבר 1917", כך כתב סבי בספר היוחסין של המשפחה.

אמא הייתה אשה גדולה, חסונה ובלונדינית. היא הייתה אשה טובה וחביבה. כשהייתי קטנה היא הרבתה לנשק אותי, אבל כשהגעתי לגיל ההתבגרות נוצר בינינו  ריחוק מסוים. אני חושבת שזוהי דרכו של עולם. אבא היה מטורף עליי, אחרי שני בנים בת קטנה – זוהי תמיד סיבה בשביל הורים להיות מאושרים.

מה היו היחסים בין אחי ובין אבי אני לא יודעת. אבא רצה שאחי הגדול קרל ייכנס לעסק. אבל קרל לא הסכים בשום אופן, תודה לאל! קרל לא היה סוחר, הוא היה טיפוס אינטלקטואלי.

לעתים קרובות אמרה אמא, אני עוד שומעת את קולה: "האחים שלך ממש מפנקים אותך!" היו לי יחסים נפלאים עם אחיי. הם באמת מאוד פינקו אותי. קרל למד רפואה בכמה וכמה אוניברסיטאות – פרנקפורט, מינכן, ברלין, ותמיד כשחזר הביתה הזמין אותי לקקאו או שוקו בקפה לאומר (Laumer) בבוקנהיימר לנד-שטראסה (Bockenheimer Landstraße) 67. זה היה משהו יוצא דופן. אז עוד לא היו

בפרנקפורט בתי קפה רבים, וקפה לאומר שקיים עד היום, היה בית קפה מפורסם. אז שלא כמו היום לא הרבו לשבת בבתי קפה. הייתי עוד ילדה והייתי מאוד גאה שאחי הזמין אותי להתלוות אליו לבית קפה.

הייתה לנו משרתת יהודייה ומבשלת נוצרייה. וכשהיינו קטנים הייתה גם אומנת. בשנים האחרונות, עד 1929 נותרו רק המשרתת והמבשלת. גם המשרתת היהודייה גרה אצלנו בבית, אבל לא בדירה שלנו כי אם בחדר בעליית הגג. המשרתת היהודייה הלכה אתי לטייל, או יצאה אתי לפארק. היא לא הייתה מבוגרת ממני בהרבה, היא הייתה עוד צעירה מאוד. אני יודעת שהיא הצליחה לברוח לאמריקה.

בתיאטרון ביקרו הורי רק לעתים רחוקות אבל לפעמים הם הלכו לקונצרטים ותדיר היו אצלנו אורחים, רק חברים ומכרים יהודיים. כנערה הייתה אמא בפנימייה לבנות יהודיות, שם למדו קצת ניהול משק בית. מאותם ימים שמרה על חוג חברות שאתן בלתה שעות ארוכות. בבוקר נדברה אתן טלפונית ואחר כך הן יצאו לטייל. אני זוכרת שבוקר אחד היא יצאה אתי ל-פלמן גרטן (גן הדקלים) והתלוותה אלינו גם חברה שלה. אבא עבד כל היום. בערב קרא לכל היותר את העיתון.

עד 1929 היו הימים הטובים, אז החל המשבר הכלכלי. אחרי 1929, אני הייתי בת שתים עשרה, המשבר שינה את חיינו מן היסוד. העסק כבר לא הלך. בשלב ראשון הפכנו את דירת שבעת החדרים לשתי דירות שלושה חדרים, ועד היום, ועברו כבר עשרות שנים, אני מעריצה את אמא שהצליחה להתמודד עם זה. היא הייתה מאוד מציאותית.

יחד עם חברותיי ביקרתי בבית ספר יהודי. היו בפרנקפורט שני בתי ספר יהודיים. אני הלכתי לבית הספר שמשון-רפאל-הירש שנקרא על שם הרב הירש. בית הספר הירש היה דתי יותר מבין השניים. בחוגים שלנו היה נהוג שבארבע השנים הראשונות של בית הספר העממי שולחים את הילדים לבית ספר יהודי ולאחר מכן לבית ספר נוצרי, כדי שילמדו הרבה ככל האפשר.

אבל בזמני זה כבר היה אחרת, זה כבר היה בתקופת הנאצים. אני כבר לא הלכתי לבית ספר אחר. עשר שנים חבשתי את ספסל הלימודים בבית הספר שמשון-רפאל-הירש. בבית הספר היו כמובן שיעורי דת שלא ממש ענינו אותי. אני אהבתי לימודי שפה, אבל לא הייתי תלמידה טובה. לא אהבתי ללמוד. למרות שאחי קרל לימד בפרנקפורט עברית, כל עוד היה בבית, אני לא למדתי עברית.

הביתה חזרתי באחת בצהריים. המשרתת הגישה את הארוחה וכולנו יחד אכלנו ארוחת צהריים. אחרי ארוחת הצהריים אמא הלכה קצת לנוח, או ישבה לצדי ועזרה לי בהכנת שיעורי הבית. כשיצאתי לרחוב שיחקתי עם חברותיי היקלקרייס (Hickelkreis) [בעברית קלאס]. עם גיר מציירים על המדרכה כל מני צורות הנדסיות וברגל אחת מדלגים ממרובע אחד למשנהו. רכבתי הרבה באופניים. היו לי אופניים יפים שקיבלתי במתנה מהוריי, הם היו הרולס רויס שלי. אני כבר לא זוכרת בת כמה הייתי כשקיבלתי אותן. לכולם היו אז אופניים. לבית הספר לא רכבתי באופניים, הלכתי ברגל. בית הספר היה במרחק של כעשרים דקות הליכה. אחרי הצהריים רכבתי באופניים יחד עם חברותיי.

בעבר התלבשו אחרת. אני תמיד הייתי לבושה למשעי, עם מעיל וכובע.

הלכתי גם לשיעורי ריקוד [ריקודים סלוניים]. לנשף הריקודים הראשון שלי קיבלתי שמלת נשף יפהפייה מטפטה בצבע תכלת. את השמלה תפרו במיוחד בשבילי. יש צילומים שאחי צילם ובהם אני יושבת בשמלת הנשף בחדר הגברים.

אחיי, ולימים גם אני היינו חברים בתנועת הנוער הציונית, תכלת לבן (Blau-Weiß).

אותה תנועת נוער הייתה אחת מן האגודות הציונית המפורסמות באותם ימים. לא הלכנו לבתי קפה, לא הלכנו למסעדות לאכול, את זה לא עשינו. יצאנו לטיולים, שרנו והרבינו לדבר על ארץ ישראל. אף פעם לא השתעממתי, כי תמיד היינו יחד. באופניים רכבנו ליער העירוני של פרנקפורט, ויחד יצאנו למחנות בחופשת שבועות, בקיץ ובחורף. אני עדיין שומרת על צילומים מאותם ימים. נפגשנו כמה וכמה פעמים בשבוע, גם אחרי שהיטלר עלה לשלטון. ב-1933 היינו במחנה שבועות בדרניגהיים ((Dörnigheim, על הגדה הימנית של הנהר מיין, קרוב מאוד לפרנקפורט. ישנו באוהלים או באכסניות נוער ובישלנו על אש מדורה. הלכנו לשחות וטיילנו. במחנה קיץ היינו בשוויץ. התקופה במחנות הייתה יפה מאוד. אני כבר לא זוכרת כמה זמן נמשך המחנה, אבל ודאי לא למעלה משבוע. את אחת החברות שלי מאז, פגשתי גם כאן, היא חיה בישראל בקיבוץ. לפעמים דיברתי אתה. אלוהים אדירים זה היה כל כך מזמן.

אחי פאול היה גבר יפה תואר. הוא עישן מקטרת, זה היה אז באופנה. הוא הקדים לצאת להולנד. הוא סיים עשר שנות לימוד ואין לי מושג מה הוא עשה אחר כך. בהולנד היה לנו דוד, אחיין של סבא, קראו לו קרל ראפ. לדוד הזה היה בית חרושת לצבעים בדלפט. בית חרושת מצליח ובעקבות עליית היטלר לשלטון פאול נסע לדלפט ומן הדוד למד את הפן המסחרי.

לעתים קרובות נסענו יחד לביקור בהולנד, הורי, סבא ואני. לפעמים נסעתי רק עם סבא. ביקרנו אצל אחי בדלפט וגם נסענו להאג ולקאטוויק (Katwijk) שלחוף הים הצפוני. שם בילינו את החופשה וגם ביקרנו אצל אחי ואצל קרובי המשפחה של סבא. השהות בהולנד תמיד הייתה ממושכת. נדמה לי שזה היה שבועיים או שלושה שבועות, אבל לכל הפחות עשרה ימים. ב-1933 עוד הייתה לי חופשה מבית הספר. באותה חופשה נסעתי עם סבא ודודה פלורה, אחיינית של סבא שניהלה לו את משק הבית, להולנד. ב-1934 התגוררנו אצל אחי, קיבלנו חדר בדירה שלו. לפאול הייתה בדלפט דירה פרימיטיבית, אני חושבת שאז הכול היה פרימיטיבי. 

עליית הנאצים לשלטון והחיים בפלשתינה

בהולנד הייתה לפאול חברה, קראו לה רגינה פרנקל. גם היא הייתה מפרנקפורט. אני הייתי מיודדת אתה בפרנקפורט, וגם הורי היו מיודדים עם הוריה. משסיים פאול את לימודי המסחר, משפחת פרנקל קלטה אותו בחברת בוטוניה, חברת לייצור ולמסחר בכפתורים. כל המשפחה עזבה את פרנקפורט במועד. באותם ימים חשבו שבהולנד יוכלו לשבת לבטח. כשפלשו הגרמנים להולנד נשקפה להם סכנה גדולה.

אלה היו ימים נוראיים. משפחת פרנקל הצליחה לברוח לאנגליה ואחי וחברתו רגינה קיבלו אשרות כניסה לקובה. אחי הכיר מישהו בשווייץ שסידר לו את האשרות לקובה כשהיטלר פלש להולנד. בלי האשרות הם כבר לא היו יכולים לצאת מהולנד.

בדרך לקובה הכירה רגינה מישהו אחר ואתו היא נסעה לאמריקה. אחי המשיך לבד לקובה. בקובה היה לו מאוד קשה, החיים באי היו פרימיטיביים וקשים. אבל אחי היה עדיין צעיר ומאושר שהצליח להציל את חייו. אנשים היו אז מוכנים לכל דבר ובלבד שיוכלו לצאת. קשר עם בני המשפחה כמעט שלא היה, זה היה כמעט בלתי אפשרי.

מקובה המשיך פאול לאמריקה. באמריקה התגייס לצבא הולנדי וכך זכה לאזרחות הולנדית ובתום המלחמה חזר להולנד. שם חי ושב לעבוד בעסקיי הכפתורים של משפחת פרנק, הפעם אבל עם הבן. לימים קיבל לידיו את העסק ועשה חייל במעשיו. פאול נישא פעמיים. עם אשתו השנייה יטי, נולדו להם שלושה ילדים:

גדעון, מיכאל ומרגלית. אשתו הייתה יפהפייה. אמה הייתה הולנדית ואביה אינדונזי. יחד עם בעלי ביקרנו אותם לעתים קרובות, בפעם הראשונה היינו באמשטרדם בשנת 1958. זאת הייתה הפעם הראשונה שבא יצאנו מישראל. אחי נפטר ב-9 בפברואר 1974. אשתו וילדיו חיים בהולנד עד עצם היום הזה.

קרל ראפ, אחיינו של סבי נרצח בשואה.

אחי קרל היה ציוני נלהב. עד שנת 1933 הצליח לסיים את לימודיו ואפילו שנת התמחות בבית החולים פירחוב ((Virchow בברלין. הוא היה רופא משפחה ומאוחר יותר עבד רק במחקר.

לאחר שסיים את שנת ההתמחות עזב קרל את ברלין ויצא לפלשתינה. הורי הסכימו, הם היו אנשים מודרניים. זה לא היה קל, צריך היה סרטיפיקט מן האנגלים כי פלשתינה הייתה מנדט בריטי. קרל צפה את שעלול לקרות בגרמניה ומפלשתינה לא הפסיק לכתוב להורי: אתם חייבים לבוא, אתם חייבים לבוא! בפלשתינה התיישב בירושלים. הייתה לו חברה מפרנקפורט שאתה היה בתנועת הנוער הציונית, לימים השניים נישאו. אירנה הייתה תחילה בקיבוץ ולאחר שנישאו עברו השניים להתגורר בירושלים. הוא נשאר בירושלים ועבד באוניברסיטה העברית. הוא התמחה במדעי התזונה וזכה לדרגת פרופסור. חייו של קרל היו מוקדשים רק לקריאה ולעבודה. הוא לימד באוניברסיטה העברית וכתב 250 מאמרים מדעיים וספרי לימוד בתחום התזונה. כשביקר אותנו בתל אביב, רמת גן או רמת חן, תמיד הגיע עם ספר ביד. נכנס לדירה שאל מה נשמע וכבר התיישב בכורסה וקרא. בערוב ימיו השתנה, הוא סבל מקשיים בראייה וכבר לא יכול היה לקרוא. ואז גילה עניין רב בשיחה. לקרל היו שלושה ילדים, שני בנים ובת, דוד, אמנון ורות שכבר הלכה לעולמה. היא נהרגה בתאונת דרכים. זה היה לפני למעלה מעשרים שנה. היא ובעלה עשו מסע באמריקה ושם זה קרה.

קרל נפטר בירושלים ב-15 באוקטובר 2002.

את בעלי הכרתי בשנת 1933 בתנועת הנוער הציונית תכלת לבן. קראו לו מרטין, ובשמו העברי משה גולדמן. הוא היה בן עשרים ולי בדיוק מלאו 16. משה היה מדסאו. נדמה לי שאמו הלנה הייתה מווינה ואביו אדולף גולדמן היה בן למשפחה ממזרח אירופה, מפולין. לא הייתה לו השכלה רשמית. את המכתבים אלינו כתבה חמתי. הם היו דתיים, מסורתיים. הם חגגו את החגים ושמרו על כשרות.

חמי היה בן 19 כאשר הגיעה מעיירה קטנה בפולין לגרמניה. לא היה לו כל רכוש. במהלך השנים הצליח להקים בית חרושת גדול למוצרי עור, לרכוש לעצמו בית ומכונית נהוגה בידי נהג. לפני המלחמה אפילו הציג את מוצריו ביריד בלייפציג. מוצרים שלוו בשתי סיסמאות "אם אתה חכם ומצליח, בארנק הכסף תניח" או, "מי שחוסך ועל סדר שומר, על הכסף בארנק לא יוותר". לוטה, הבת הבכורה עבדה יחד עם אביה במפעל.

חמי היה גם ציוני נלהב. לקונגרס הציוני ה-17 שהתקיים בבזל ב-1931 נסע חמי עם משה ואחותו לוטה.

הם הגיעו למקום ושם נשאל חמי האם יש בידיו הזמנה. מובן שלא הייתה לו הזמנה. והוא אמר: "שמי גולדמן ואני מבקש להיכנס עם שני ילדיי" אבל בלי הזמנה הוא לא הורשה להיכנס. אז הלך לאנשי הניקיון לקח מהם בגדי עבודה ומטאטאים, כל השלושה לבשו את בגדי העבודה, כל אחד קיבל ליד מטאטא וכך נכנסו ואפילו זכו למקומות ישיבה טובים.

משה היה מבית טוב, אבל בית שמוצאו במזרח אירופה. ואבי היה נטוע במסורת של יהודי מערב אירופה. אז מסורות מאוד נבדלות זו מזו. יהודי המערב יצאו נגד יהודי המזרח. הם לא היו טובים בשבילם, למרות שהמשפחה התקדמה והצליחה במעשיה, יותר מאתנו. אבל יהודי ממזרח אירופה נשאר יהודי ממזרח אירופה.

לאחיו של חמי הייתה חנות פרוות בדסאו. הוא אשתו ג'ני ושלושת ילדיהם ארנולד, מריאנה וברנרד הצליחו להימלט ב-1939 לאוסטרליה.

בפרנקפורט היה אזור שנקרא אוסטנדה (Ostende), החלק המזרחי של העיר. שם התגוררו הרבה מאוד יהודים עניים. הטובים יותר, המתבוללים גרו יותר במערב העיר. כרגע עולה בדעתי שהיקים התרחקו מן הלא יקים, היהודים שהגיעו לגרמניה ממזרח אירופה.

בבית הספר הייתה לי חברה ששמה היה סוניה, שם משפחה אני לא יודעת. היינו מיודדות והיא הזמינה אותי למסיבת יום הולדת ואמא שלי שאלה: הילדה יכולה ללכת לשם? אני מספרת את זה כי זה אופייני לאותם ימים. סוניה הייתה בת למשפחה שבאה ממזרח אירופה. כך זה אז היה.

משה כבר נולד בגרמניה. הוא למד בורסקאות בקרבת פרנקפורט, כי אביו רצה שגם הוא יצטרף לעבודה בבית החרושת. לימים הסתבר שזה היה מיותר, כאן בישראל לא יכול היה לעסוק בזה.

ב-1934 יצא משה לפלשתינה. בין השנים 1934-1933 הרבה לבקר אותי. אבל רוב הזמן היינו יחד בבוּנְד. אחרי הפגישה בתנועה תמיד ליווה אותי הביתה, ואז עמדנו שעות ארוכות בחוץ לפני הבית, ואמא תמיד קראה מחלון האמבטיה: "ארנה, בואי עכשיו הביתה." אני לא יודעת האם הסכימה לעובדה שיש לי חבר, אבל מעולם לא דיברנו על זה. משה גם היה פעמים אחדות אצלנו בבית. בשנה שבא לא היה בפרנקפורט הוא כתב לי לעתים מזומנות. באחת הגלויות ששלח מדסאו כתב:

ארנה יקרה,

על דואר איני צריך להודות, כי זה לא הגיע. אבל קודם כל אני מבקש לאחל לך סדר מוצלח. תשאלי מה נשתנה ואל תוכלי יותר מדי קניידלעך.

אתמול חזרתי מברלין. דיברתי כמעט עם כל המכרים, שטנר, סרני, ליבנשטיין, שקולניק גיאורג ועוד כהנה וכהנה. סרני נסע אתמול לסדר לרומא. משם יצא לארץ ישראל, יישאר שלושה שבועות ויחזור.

בערב ביקרתי בתיאטרון וראיתי את המחזה 'מאה הימים' שכתב מוסוליני [המחזה נכתב על ידי ג'יווואקינו פורצאנו ובניטו מוסוליני ועובד לסרט] עם גוסטב גרינדגנס בתפקיד הגנרל פוש וורנר קראוס בתפקיד נפוליאון, הנאה לשמה, במלוא מובן המילה. השמיעי קול, ובקרוב. עד יום שני אני בדסאו. ברכות ונשיקות

משה

דסאו 29.3.34

משה גם שלח לי מדסאו גלויה עם צלב קרס ושם כתוב: יום חג לאומי 1934. זה היה האחד במאי 1934. ומתחת כתוב: הילחמו במצוקת העבודה, קנו מוצרים גרמניים.

ג'ני באה לפלשתינה רק ב-1934. עם בעלה יוזף ואהל (Wahl) התגוררה בברלין. בנה חנניה נולד ב-1939 בברלין. יוזף עבד בשביל הסוכנות היהודית. הוא נאלץ להיעלם בן לילה משום שחיפשו אחריו. הנאצים רצו לעצור אותו. ובן לילה הוא נעלם וברח אל ההורים של ג'ני בדסאו.

ומשם הסתלק מהר למדי לפלשתינה. ג'ני נשארה עם התינוק בברלין. למזלה היא עוד הצליחה לעזוב בזמן. אני עוד זוכרת איך היא הגיעה לארץ כשבזרועותיה התינוק חנניה. בעלי ואני נסענו באוטובוס לחיפה, באנו לאסוף אותה. חנניה היום בן שבעים ואחת. אנחנו עדיין בקשר. הוא גר לא רחוק מכאן.

מאלי הייתה האחות הצעירה של בעלי, היא הייתה בגילי. בפלשתינה נישאה לרוברט זומר. נולדה להם בת יחידה, אילנה שגם היא כבר גמלאית. היא עבדה במשך שנים רבות במרפאת שיניים.

לוטה, האחות הבכורה עלתה עם עליית הנוער כבר ב-1936. היא הייתה עוד ילדה והייתה נשואה ללודוויג איקלהיימר (Ludwig Ickelheimer), גם לודוויג היה מדסאו שם היה חזן אהוד ביותר. בישראל קראו לו יהודה והוא עבד בשביל קרן היסוד.

בנם הבכור ראובן נולד באותה שנה שבה נולד בני דניאל, ב-1940, כלומר לפני שבעים שנה. ראובן היה מורה לספורט ולצערנו נפטר לפני שנים אחדות מסרטן. מחר תבוא אלמנתו לבקר אותי. אני ולוטה היינו הרבה יחד, היינו כמו אחיות. יום יום דברנו בטלפון במשך שעות ארוכות. בכל בוקר, דבר ראשון דברנו בטלפון.

אני מרבה להיזכר בזה. זה היה ממש נפלא שהיחסים עם משפחת בעלי היו כה הדוקים וכולנו הסתדרנו. הכול עשינו יחד. הם גרו קרוב מאוד אלינו, ברחוב בן יהודה פינת בן גוריון, אז קראו לשדרות בן גוריון שדרות קק"ל. היינו מאוד קרובים זה לזה. יחד יצאנו לטיולים רבים ולפיקניקים.

לימים כבר הייתה לנו מכונית. אני לא נהגתי, אבל בעלי. בעלי לא יכול להיות לחיות, ולו יום אחד, בלי המכונית. מכונית הייתה אז הוצאה רצינית. לא היו הרבה מכוניות. אפשר היה לחנות בכל מקום! בכל מקום! והילדים יכלו לשחק בכביש. כשעברנו לרמת חן הכביש לפני הבית עוד לא היה סלול. הילדים שיחקו שם וחזרו הביתה עם נעליים מלוכלכות.

פרנקפורט הייתה לי בית, אבל בשנה האחרונה, לפני שהיגרתי לפלשתינה כבר היו המצעדים הנאציים. הגפנו את התריסים כי פחדנו. לזה אפשר לקרוא חיים?

למדתי תכשיטנות. זה לא היה מקצוע נדרש בפלשתינה. אבל הייתי מוכשרת לזה ואמא תמכה בי.

אמא הכירה מישהו שהיה מעין אמן והוא הכיר לנו את קורט יובסט ((Jobst. ב-1934 למדתי במשך תשעה חודשים בסדנה שלו למתכות אצילות. יובסט היה אמן אמיתי ולמדתי ממנו הרבה. הוא לא היה יהודי, אבל אז כל החניכים היו יהודים. היינו שלוש בנות יהודיות שלמדו אצלו. לשלושתנו היה קשר הדוק למשפחה. ב-1934 אפילו ערכנו אצלו מסיבת גן.

ב-1935 הכנו בסדנה עבודת אמייל של גאו הסן נסאו (Gau Hessen Nassau), נדמה לי שזה היה בשביל העיר פרנקפורט. יובסט ואשתו היו אנשים נהדרים. הוא לא רצה לחיות בגרמניה הנאצית ועזב את ארצו.

אחר כך התחלתי ללמוד בבית הספר לאמנויות בפרנקפורט, נדמה לי במיינצר לנד-שטראסה (Mainzer Landstraße). באחד הימים, בשעות אחר הצהריים, השנה הייתה 1935, התפלאנו שהבוסים לא נתנו לנו עבודה. לפני שהלכנו הביתה נאמר לנו שנאסר עלינו לבוא למחרת, שנאסר עליהם ללמד יהודים.

אבא חשב שהיטלר זוהי תופעה חולפת. כך חשבו רבים מיהודי גרמניה, היטלר יחלוף במהרה. נורא ואיום כשאני רק חושבת על זה. סבי ואבי ראו את עצמם כאזרחי גרמניה: לי לא יקרה כלום! זו הייתה השקפת עולמם. סבא למשל תמיד הלך לשחות בנהר מיין. הייתה שם בריכת שחיה. באחד הימים היה שם שלט: הכניסה ליהודים אסורה. ואז אמרה לו אמי:

"אבא אתה כבר לא יכול ללכת לשם, לא ראית שעל השלט כתוב, הכניסה ליהודים אסורה?"

והוא: "הם לא מתכוונים אלי." הוא לא יכול היה להבין שזה גם חל עליו. את השיחה הזאת אני זוכרת לפרטי פרטים.

מאוד אהבתי את אבא. הוא נפטר ב-1935 ממחלת לב. אז אי אפשר היה לעשות הרבה. היום הטיפול שונה מזה שהיה לפני ששים שנה.

אני זוכרת איך ישבתי ליד השולחן, לא יכולתי לאכול ובכיתי. ושנה או שנתיים לאחר מכן אמרתי: "איזה מזל, אבא שלי נפטר בבית."

ואז נותרנו לבד, אמא, סבא ואני, אבא נפטר ושני אחי כבר לא היו בגרמניה. היה לנו שרת שהתגורר בדירה בעליית הגג. מה שאני עומדת לספר אופייני לאותם ימים. לשרת הייתה בת, בת גילי. היא כמובן ביקרה בבית ספר נוצרי, אבל כילדים לעתים קרובות שחקנו יחד לפני הבית.

באחד הימים, נדמה לי שזה היה ב-1935,נפגשנו ברחוב. היא הפנתה את ראשה ולא בירכה אותי לשלום. ככה זה היה. זה היה החינוך של תנועת הנוער הנאצית, אבל גם הוריה היו נאצים. זה מאוד כאב לי, מוזר אני עדיין מרבה לחשוב על זה.

ואז החליטה אמא שגם אנחנו חייבים לעזוב, וגם משום שאחי שב וכתב: "אתם חייבים לבוא מהר ככל האפשר". תודה לאל שהוא כבר היה בפלשתינה ותודה לאל שהוא כתב את זה.

הואיל והייתי חברה בתנועת הנוער תכלת לבן ושם הרבנו לטייל ולשוחח על פלשתינה, על הקיבוצים ועל דברים אחרים בפלשתינה, בשבילי זה היה מובן מאליו שאנחנו נוסעים לפלשתינה. זה היה לא רק מובן מאליו, זאת הייתה המטרה.

אמא קיבלה סרטיפיקט באמצעות אחי ואני בזכות זה שנרשמתי לאקדמיה לאמנויות בצלאל בירושלים. היה ברור לנו שאת גרמניה אנחנו עוזבים לתמיד. רבים מן החברים והחברות של אמא כבר עזבו. רק מעטים עוד נשארו. באותם ימים הכול התפרק וחוסל. לא היה לנו מושג מה צפוי להתרחש בגרמניה.

על בשרנו חווינו אנטישמיות קשה, אבל לא יכולנו לצפות מה עוד יבוא. איש לא יכול היה לשער מה יקרה למרות שהיטלר נשא נאומים מלאי הסתה נגד היהודים. בפרנקפורט התנוססו דגלים נאציים, ראיתי אותם בכל מקום. צמרמורת תוקפת אותי גם כשאני חושבת על זה היום!

לפני שיצאתי לחיות בפלשתינה, בקיץ 1936 קיבלתי אשרת תייר ובאתי לארץ לביקור של שלושה חודשים. רציתי לבקר את חברי משה וחשבתי שאולי כבר אוכל להישאר. אבל בתום שלושת החודשים האנגלים לא האריכו לי את האשרה. נאלצתי לשוב.

באותה נסיעה, אחי בא לאסוף אותי בנמל חיפה. הנסיעה מחיפה לירושלים ברכבת נמשכה יום שלם. בקרון שלנו ישבו ערבים. הם הציעו לי תאנים ופרות אחרים. לא רציתי לקחת אבל אחי אמר לי שעליי לקחת, שאסור לי לדחות אותם. קודם לכן לא הכרתי ערבים, בגלל הלבוש שלהם הם נראו לי מאוד זרים, אבל הם היו ידידותיים.

אני כבר לא זוכרת איזה רושם של הארץ הותיר בי הביקור. ידעתי שאני נמצאת ביבשת אחרת. לא היה כל דמיון למה שהכרתי עד כה, אבל הייתי מוכנה לזה. הצמחייה לא ממש עניינה אותי, אותי עניינו החיים בעיר. היה לי כאן אח, היה לי חבר, שום דבר לא הפריע לי, הייתי צעירה, לא היו לי בעיות. גרתי אצל אחי בירושלים. אין כל דמיון בין ירושלים של אז לירושלים של היום.

הכול היה פרימיטיבי. זה לא זעזע אותי. הייתי אצל אחי ובעלי לעתיד, הייתי בת עשרים, לא הייתה שום סיבה לבעיה. בגיל מבוגר יותר, ארבעים, חמישים, ההסתגלות קשה יותר. אבל בגיל עשרים? לאחי הייתה דירת שני חדרים.

לימים גם אמא הצטרפה לדירה, גם אני גרתי שם לפני שנישאתי וגיסתי אירנה שהייתה בהיריון עם ילדה הראשון וחלק מן הזמן גם אביה. כולנו התגוררנו שם בדירת שני החדרים, וזה הסתדר. זה אפילו לא היה נורא.

לגיסתי היה רק ארון בגדים קטן שניצב בפרוזדור ושם תליתי שלוש שמלות שלי, את האחרות השארתי במזוודה. ככה זה היה אבל זה לא הפריע לי וגם לא הייתי אומללה. אמא עוד הייתה בפרנקפורט. למשה עוד לא הייתה דירה. הוא גר אצל חבר מחוץ לעיר ועבד בחקלאות. זה היה במושבה פרדס חנה בקרבת חדרה. החיים בפלשתינה מצאו חן בעיני אבל נאלצתי לחזור לפרנקפורט.

אמא ואני החלנו לארוז את חפצינו. חיסלנו את משק הבית, אז עוד אפשר היה לקחת ארגזים גדולים. עד היום יש לי חפצים מן הבית בפרנקפורט. רהיטים לא לקחנו אתנו, אבל דברים קטנים. רצינו גם לקחת שטיחים אבל אחי כתב לנו: "אל תביאו שטיחים, את זה לא צריך כאן." אז הכול היה עוד פרימיטיבי, שטיחים קנינו רק מאוחר יותר. אבל תמיד הצטערתי שלא הבאנו אתנו את השטיחים.

אמא הייתה הראשונה לקבל את הסרטיפיקט, שלי הגיע מעט מאוחר יותר. את הסרטיפיקט צריך היה לנצל עד מועד מסוים, שאם לא כן תוקפו היה פג ולפיכך נסעה אמא בלעדיי. אחרי שאמא עזבה היה לי חדר בעליית הגג. את הדירה שלנו כבר חיסלנו.

הייתי לבד שבועיים או שלושה. אני כבר לא זוכרת איך הרגשתי באותם ימים, ואני כבר לא יודעת מה אז עשיתי. ואז סוף סוף קיבלתי הודעה בדואר מהסוכנות היהודית שאני יכולה לבוא לקבל את הסרטיפיקט. הייתה לי רק מזוודה אחת עם בגדים, לא יותר מזה.

תחילה נסעתי ברכבת לשווייץ. בבאזל הייתה לי בת דודה, מעט מבוגרת ממני ונשואה, ובן דוד. מאוחר יותר הם נסעו לאמריקה. אצלם נשארתי כמה ימים ואז המשכתי בדרכי לאיטליה. באיטליה עליתי לאנייה.

הפעם הייתה האנייה לחיפה עמוסה באנשים. אני לא אוהבת לנסוע באניה. היא מטלטלת ואני מקבלת מחלת ים. נדמה לי שחלקתי את התא עם שתיים או שלוש בנות.

כשסוף סוף הגעתי שוב בא אחי לקבל את פניי. אמי הייתה בירושלים. גם משה לא חיכה לי בחיפה, אבל התראינו למחרת. למחרת נסעתי אליו עם מונית שירות. משה שכר חדר אצל משפחה יקית. וכשהגעתי העמידה לו המשפחה מיטה בחדר האורחים כדי שלא נישן יחד.

בקיץ 1937 עזבתי את פרנקפורט לתמיד ובגן של מלון קטן ברחוב הירקון בתל אביב נישאתי ב-24 בדצמבר 1937. המלון כבר לא קיים. זאת הייתה חתונה קטנה בחוג המשפחה: אמא, אחי קרל ורעייתו אירנה, אביה של גיסתי, דודה אחת וחמי, אחותה של חמתי, לוטה אחות בעלי בלוויית בעלה יהודה איקלהיימר, שתמיד קראנו לו איקל וחברים מתנועת הנוער שגם הם הצליחו לברוח לפלשתינה.

חמי הגיע לחתונה בתל אביב מדסאו, וכשביקש לחזור אחרי החתונה אמרו לו בעלי ואיקל: "אתה לא חוזר!", אבל הוא בכל זאת נסע. אבל לא לגרמניה כי אם לצ'כוסלובקיה. משם התקשר טלפונית לחמתי ואמר לה להניח את הכולל ולבוא מיד. בחופזה רבה חיסלה חמתי את כל מה שיכלה לחסל ויצאה במהירות רבה. השניים מעולם לא שבו לגרמניה.

עד עצם היום הזה מפליאה אותי העובדה שכולנו היינו כאן ואיש לא נותר בגרמניה. זה היה נדיר שהמשפחה הצליחה להישאר יחד, ותודה לאל אני הצלחתי לעזוב במועד, אבל הזיכרונות עדיין טריים מאוד, כאילו שזה קרה רק אתמול. ככל שאני מזדקנת הזיכרונות ערים יותר, זה הולך ומחמיר.

לחמי כבר לא היה כוח לבנות לעצמו קיום חדש. אבל באמצעות ארגונים יהודיים הוא הצליח להעביר קצת כסף מגרמניה. יחד עם יהודי יוצא מצרים הוא קנה בית גדול בפתח תקווה, וחמי טיפל בענייני הבית. מצבם הכלכלי של הורי בעלי לא היה טוב עד שהחלו השילומים מגרמניה לקראת סוף שנות החמישים ובשנות השישים. חמי קיבל אז קצת כסף. הוא לא קיבל סכומים גדולים בתמורה לבית החרושת הגדול שנאלץ להותיר מאחוריו, אבל לפחות משהו. ואז המצב השתפר. ב-1964 חגגו חמי וחמתי את חתונת היהלום - שישים שנות נישואים. החגיגה הייתה גדולה. חמי נפטר בתל אביב בשנת 1965, הוא היה בן 85 במותו.

ב-1937 היה בתל אביב מכל וכל. היו כבישים, בתי קולנוע ובתי קפה. נפגשנו עם חברים מכבר הימים, שוחחנו ושתינו קפה. גיסתי גרה ברחוב בן יהודה ואנחנו גרנו בקרן קיימת פינת אמיל זולה. מה שנקרא אז שדרות קרן קיימת נקרא היום שדרות בן גוריון. הייתה לי דירה יפה מאוד. בבוקר ירדנו את בן יהודה וכל חמש דקות נעצרנו... שלום, מתי הגעת, כמה זמן את/ה כבר כאן? אני הרגשתי טוב מאוד. אפשר היה לרדת לים במכנסיים קצרים ובכל מקום לפגוש מכרים... כל רחוב בן יהודה דיבר גרמנית.

בדיעבד אני חושבת שהכול היה מאוד פרימיטיבי. נישאנו ולא היה לי מקרר חשמלי. רק מקרר שפעל על קרח שצריך היה להביא ולהכניס לתוכו. ולא היה גז לבישול, צריך היה לבשל על פתיליה. אבל בשבילי זה היה מובן מאליו, וידעתי שעכשיו אין משהו אחר.

בעלי הקים תחילה חברת תובלה קטנה. הרבה כסף לא היה לנו, אבל איכשהו הסתדרנו. ואז פרצה מלחמת העולם השנייה ובעלי התגייס לצבא הבריטי. הוא לא נשלח לאירופה אלא היה כאן באזור ושימש כנהג. בני דניאל נולד ב-2 ביוני 1940, בתחילת המלחמה בתקופה שבה היו גם הפצצות על תל אביב. גרנו בקומה השלישית, ולא תמיד כשנשמעה אזעקה רציתי לרוץ למטה. אחר כך עברנו לפתח תקווה, שם היה להורים של בעלי הבית הגדול להשכרה. זה היה מאוד פרימיטיבי, אבל מה יכולתי לעשות?

רבים נאלצו להתמודד עם בעיות קשות. אבל איכשהו אפשר היה לחיות.

לאמי היה קשה מאוד. אחי שהיה בהולנד שלח לה סכומי כסף בקביעות, ואני חושבת שמזה היא חיה. היום זה מצחיק אותי: אמי הייתה עקרת בית כמו שאני הייתי רקדנית בלט. לא היה לה מושג, כי בבית בפרנקפורט היא לא נקפה אצבע. היה מישהו ברמת גן שאשתו נפטרה והוא רצה שמישהו יהיה בבית. כעבור זמן אמא ואותו אלמן התיידדו, אבל כשהיא חלתה, היה לה סרטן, היא עזבה את הבית. אבל היא גרה שם שנים אחדות. אחר כך היא חזרה לירושלים וגרה אצל משפחה ברחביה, היא שכרה אצלם חדר. ברחביה התגוררו בעיקר יקים שכולם דיברו גרמנית. לאמא היה מזג נוח, אבל בדיעבד כשאני חושבת על זה, היה לה קשה. אבל היא מעולם לא התלוננה. אמא נפטרה בירושלים בשנת 1948.

לאחר הכרזת המדינה

במאי 1948 מיד אחרי שהכריז בן גוריון על הקמת המדינה פרצה מלחמת העצמאות. בעלי לקח את דני, הוא היה בן שמונה ורפי טרם נולד, ונסע אתו מפתח תקווה לתל אביב. כמובן שהייתה מהומה והאנשים התכנסו בכיכר המרכזית ולפני בניין העירייה. בשבילי זה היה מעמד מאוד מרגש, בשבילי ובשביל כל העם.

לזה חיכינו זמן רב, שהאנגלים יעזבו את הארץ ואנחנו נהיה עצמאיים. עד אז הייתה פלשתינה מנדט בריטי. מאותו יום ואילך הייתה פלשתינה למדינת ישראל, כי זו הייתה ארצנו. מאותו רגע יכלו היהודים לעלות ארצה באופן לגאלי. ואז מיד פרצה המלחמה. גם במלחמה הזאת בעלי היה נהג של קצין. אז הוא נהג במכונית הפרטית שלו, למדינה עוד לא היה כסף לרכוש משהו.

בשלב מאוחר יותר גם הבנים שלי הצטרפו לצבא. היו כאן הרבה מלחמות, אבל תודה לאל שהם לא ממש נלחמו, הם רק שירתו בצבא.

אחר כך גרנו כעשר שנים בפתח תקווה. אני עשיתי תכשיטים שאותם מכרתי לחנות ויצ"ו בתל אביב. היה לי שולחן עבודה ומכונה קטנה, מה שצריך בשביל לעשות תכשיטים. חמתי הקדישה זמן רב לדני. אלה היו עשר השנים הראשונות.

מפתח תקווה עברנו לרמת גן וב-1951 נולד בננו רפאל. רפי היה שונה מאוד מדני. דני היה בילדותו בלונדיני ואחר כך השיער נהייה כהה יותר. רפי הוא טיפוס בהיר. שני הילדים היו מאוד חמודים. אבל פער הגיל ביניהם, אחד עשרה שנים היה גדול מאוד. גם ברמת גן התגוררנו כעשר שנים.

לקראת 1963 עברנו לרמת חן, שם בנינו לנו בית. ארבעים שנה התגוררתי בבית הזה. לבית הייתה גינה גדולה מאוד. כשעברנו לרמת חן והייתה לנו הגינה הגדולה הפסקתי לעשות תכשיטים. כשיש לך בית גדול עם גינה רוצים להזמין הרבה חברים, אז כבר לא היה לי זמן.

לבעלי היה עסק משגשג. הוא התחיל לעסוק בגומי. בקיבוץ העוגן החלו בייצור יריעות פלסטיק, זאת הייתה ההתחלה של תעשיית הפלסטיק. בעלי קנה את יריעות הפלסטיק ומכר אותן בשביל וילונות, מפות שולחן ועוד כיוצא באלה. זה הלך טוב! ואחר כך גם ייבאנו מגרמניה. העסק שגשג. בעלי היה בין הראשונים שהתחילו עם זה.אחר כך קנה בעלי בית חרושת ליצור פלסטיק. בני דניאל רצה לעבוד בבית החרושת לפלסטיק בתום שירותו הצבאי. זה גם היה רצונו של בעלי.

וכך זה היה. אבל דני לא ממש הצליח. את הפלסטיק שייצרו בבית החרושת מכרנו. לדני היה כישרון טכני מובהק הוא היה צריך ללמוד משהו טכני. אבל הוא לא רצה ללמוד, הוא רצה להשתלב בבית החרושת של בעלי.

דני נישא ב-1964, זה היה בימים שבהם עברנו לרמת חן. אשתו פנינה הייתה מורה. אביה כבר נולד בארץ, אני חושבת שהם היו ילידי הארץ מכמה וכמה דורות. אמה של פנינה נולדה במצרים. הם היו אנשים נחמדים ביותר.

בעלי היה אדם מאוד פעיל. הוא אהב אירועי תרבות אבל יותר מכל הוא אהב קונצרטים, הוא היה מאוד מוסיקלי. הוא נפטר ב-1967 מאירוע לבבי. בכל פעם שאני חושבת על זה מחדש, זה בלתי נתפס; היה לו התקף לב ואשפזו אותו בבית החולים תל השומר. שם הוא שכב ולא עשו כלום. זה בלתי נתפס, לא עשו כלום. זה זמן רב שאני לבד, זה נצח. אז הייתי בת 49, היום אני בת 92. אסור לי לחשוב על זה.

לבני וכלתי נולדו שני ילדים. בנם משה קרוי על שם בעלי. הוא בן 43. הבת יוני גם היא כבר בת ארבעים. משה נולד בדיוק ביום האזכרה הראשון לבעלי, ולהורים של פנינה היו חשוב שיקראו לו על שם בעלי המנוח. אני לא התערבתי, זאת הייתה ההחלטה שלהם, אבל מובן שזה מצא חן בעיני. למשה ויוני ילדים משלהם. כולם בישראל ויש לי קשר אתם. בני דני נהרג בתאונת דרכים בדרך מאילת לתל אביב בשנת 1990.

לאחר שסיים רפי את בית הספר מיד השתלב בעסק של בעלי, גם הוא לא רצה לעשות משהו אחר. העסק עוד בבעלותנו, אבל העסקים כבר חלשים. הכול השתנה. יש תחרות, את הכול קונים בסין, הכול זול. לרפי כבר מלאו 59. הוא מתגורר עם אשתו חנה שהייתה מורה להיסטוריה יהודית והוריה שבאו מרוסיה לפלשתינה כציונים, בתם אודט ובנם אדם לא רחוק מכאן.

בבית האבות ברמת חן אני גרה מ-2003 לפני מלחמת עיראק השנייה. לא רציתי להישאר לבד בבית, הרגשתי לא נעים להישאר לבד בבית. ואז שכרתי לעצמי כאן חדר. חשבתי שאני מעדיפה להיות כאן ולא לבד בבית כשתפרוץ המלחמה. ראיתי את הדירה הזאת, נשארתי ובה אני מתגוררת מאז. זהו בית אבות מאוד יפה, הבית באמת יפהפה. בני רפי גר במרחק דקות אחדות, והוא בא לבקרני בקביעות.

כל החברים שלנו בישראל הגיעו מגרמניה. שפת היומיום שלנו הייתה ונשארה גרמנית. אני מדברת מצוין עברית אבל קשה לי לקרוא ולכתוב. עם הכלות והנכדים אני מדברת עברית, אבל בני דני אני תמיד מדברת גרמנית, אבל רק כשאנחנו לבד. אחרת האחרים לא מבינים, וזה לא מנומס.

לבנים שלי לא סיפרתי הרבה על העבר שלי וזה רק עניין אותם כשהם קראו או שמעו משהו. אני אישית לא סבלתי או נפגעתי, אבל היו במשפחה שלנו אנשים שנספו. אבל ההורים של בעלי אחיו ואחיותיו וגם בני המשפחה שלי, אנחנו היינו יחד. בני המשפחה הקרובים כולם שרדו.

בניי נסעו יחד עם תלמידי בית הספר לפולין, למחנה ההשמדה אושוויץ. גם הנכד שלי היה עכשיו שם. בשביל הצעירים זה לא כמו בשבילנו. למרות שלא חוויתי את זה על בשרי, זה כאילו אני חיה מחדש את הרצח והזוועות.

את יום הולדת התשעים שלי חגגנו ביפו. רפי בחר מסעדה יפה מאוד. באותו ערב כל המסעדה הייתה רק בשבילנו והיא קושטה למופת. הייתה חגיגה נהדרת וגם משום ששני האחיינים והאחיינית שלי מהולנד, הילדים של אחי פאול הגיעו בהפתעה.

אני לא פוליטיקאית אבל את המצב עם הפלשתינאים אני רואה כחסר סיכוי. זה נמשך כבר כל כך הרבה זמן. אין פתרון. אבל איך אמר בן גוריון: "בארץ ישראל מי שלא מאמין בניסים, איננו מציאותי..." אבל הזמנים משתנים, גם בזמנו של בן גוריון הכול היה אחרת. אז הפלשתינאים לא היו כל כך חזקים כמו היום.

אני לא יודעת אם מלכתחילה שגו.  רבים אומרים שדווקא אנחנו כבשנו שטחים ערביים נרחבים. אבל אני אדם אפוליטי, ואני אומרת רק את מה שאני שומעת, ואני בכלל לא יודעת האם זו דעתי האישית. ואחרי עשרים או ארבעים שנה קשה לומר. היו כל כך הרבה מלחמות והתקפות. ולמרות הכול יש התפתחות. תמיד!

מילון מונחים

1        גורס

יישוב בשולי הפירנאים במרחק 75 קילומטרים מן ה גבול הספרדי. במהלך הכיבוש הגרמני הוקם במקום מחנה מעצר לאזרחים גרמניים, אזרחי מדינות אחרות ויהודים. במחנה היו כ-30.000 עצירים. ב-1943-1942 גורשו 6,000 איש למחנות השמדה בפולין.

2         מיידנק

מחנה הריכוז מיידנק – למעשה לובלין היה מחנה הריכוז הראשון של ה-IKL הרשות הניהול המרכזית שך מחנות הריכוז הנאציים בגנרל-גוברנמן. לצד אושוויץ-בירקנאו היה שימש מחנה הריכוז מיידנק כמחנה השמדה.

3 ברגן-בלזן

מחנה הריכוז ברגן בלזן היה מחנה ריכוז נאצי בקרבת העיר בלזן שבמחוז צלה (פרובינציית הנובר, היו סקסוניה התחתונה). הוא נקרא על שם רובע בלזן שבעיר. מסוף 1944 הגיעו למחנה ברגן בלזן טרנספורטים רבים של אסירים שפונו ממחנות ריכוז ומחנות עבודה אחרים. למעלה מ-50.000 מצאו את מותם במחנה כתוצאה מתשישות ורעב. כוחות השחרור הבריטיים מצאו במקום תלי תלים של גופות שלא הובאו לקבורה, שלדים מהלכים וחולים רבים במצב אנוש. 

Erna Goldmann

Tel Aviv 
Israel 
Name of Interviewer: Tanja Eckstein 
Date of Interviews: August 2010 

In August 2010, I landed at Tel Aviv airport for the first time in 10 years. The airport had been renovated, but still, nothing was foreign to me.

On the contrary, Tel Aviv appeared familiar as never before. It was August and it was very hot. On the next day, I went to Ramat Chen, a suburb of Tel Aviv with mostly private mansions.

Because of its great location – just next to a national park and highway 4 – Ramat Chen is a very popular place, and very expensive.

At Aluv David Street 185, there is a German retirement home. Erna Goldmann has been living there for years; she has a nice little apartment on the ground floor, with an amazing view of the garden – with trees, bushes and huge cacti. I called Ms. Goldmann several times; she was awaiting me and was looking forward to the interview.

If you saw her, you wouldn’t believe that she was 92 years old. And, judging from the way she spoke, she would still have passed for a German – except for the occasional Hebrew word, like “nachon?” [Hebr.: “right?”].

On the telephone, we had great conversations, and we laughed a lot. But there were a lot of things in her life that Ms. Goldmann was not able to or did not want to remember. 

  • My family

I’ve never got to know my maternal grandmother. Her name was Eva [Jew.: Chava] Rapp. When I was born, she had already died. My Jewish name is also Chava; I was named after my grandmother.  

My maternal grandfather’s name was Michael Rapp. In Frankfurt, we lived together with him at Eschenheimer Anlage 30. Eschenheimer Anlage was a huge complex – there were houses to the right and to the left, and the street between them was called Eschenheimer Anlage.

On it’s beginning, there was the Eschenheimer Tower, landmark and oldest building in Frankfurt. The house we lived in belonged to my grandfather. It hat three floors. On the lowest floor, a doctor lived with his family; my grandfather occupied the middle floor and we lived on the second floor. There were also rooms for the service staff in the attic.

My grandfather was a tall, handsome man. Supposedly, he was very well known in Frankfurt. They told me that he had a coffee import company. Until inflation set in in 1923, he was very wealthy, but then he lost a lot of money. But when I think back, we still had a good life. We had a cook and housekeepers – and a seven-bedroom apartment.

The way I knew him, he didn’t do anything. He was sitting at home at his desk, where he read newspapers and wrote letters every morning. That is the only thing I remember.

My grandfather was religious. He only ate kosher 1 food and didn’t drive on Shabbat 2. He kept all holy days and went to the synagogue regularly. My father and my grandfather went to the synagogue together. But my grandfather also bought a Christmas tree for our non-Jewish staff, organized presents and lit candles.

I remember that, I saw it. I was a child, and something like that always looks beautiful and impressive. But otherwise we didn’t have anything to do with Christian holidays.

My grandfather’s life ended tragically. He didn’t manage to get out of Germany. My brother, my mother and I had already been gone. He had to give up his house and lived in a Jewish hotel. When the hotel was Aryanized and the owner deported, a Christian family hid him in Frankfurt.

I don’t know when he died, but I know he didn’t die in a concentration camp. But he was alone, without his family.

My grandparents had four children. My mother Rosa – people called her Rosi – and three sons. All the children were born in Frankfurt. Julius Jonas Rapp was born in 1869, Ernst Juda Wilhelm in 1880 and Daniel Michael in 1882. Daniel Michael was only two when he died.

My mother Rosa was born on April 28, 1885.

Ernst died in 1918, after the First World War, of Spanish Influenza. It was an epidemic. Obviously, I didn’t know Ernst. But I own a Tefillah [the word Tefillah actually means prayer, but in this case, it refers to a family register], which my grandfather gave my mother in 1937, when she left for Palestine.

There’s everything in there. I only knew my uncle Julius. He was a stock exchange speculator and very wealthy. He lived in Berlin, in a district named Wilmersdorf, at 83 Paulsborner Straße. He was married twice; his second wife’s name was Anna Benon. She had a son named Günter.

Uncle Julius fled from Berlin and made it to the south of France. But then they caught him. From the internment camp in Gurs 3 he was deported to the death camp Majdanek 4 and killed. His son Günter fled to South America. That’s what I know. After the war, he visited my brother Karl in Jerusalem, but I wasn’t there.

The apartment had seven rooms and a balcony. We had a dining room, a Gentlemen’s Room [original: Herrenzimmer] – Gentlemen’s Room sounds stupid today – a salon, a bedroom for my parents, two rooms for my brothers and one room for me. In front of the house, there was a small garden; a green space with a small fountain.

My grandfather’s house still exists. But it was remodeled after the war. I don’t know exactly, when I was in Frankfurt the last time; I think it was about 20 years ago. I was invited by the city of Frankfurt, and I also visited the house.

It is higher now, one floor was attached, but otherwise it pretty much looked the way I remembered it. But I did not go in; I don’t know anyone in there anymore, what should I have said? Stupid, right?

My father’s parents came from Worms [Germany]. Their name was Guggenheim. I have never got to know them, even though they had become fairly old. I don’t know, why I didn’t know them, why they never came to visit us. My parents went to visit them; that I know.

They didn’t take me with them on the trip, I was a small child, and from Frankfurt to Worms it was quite a long trip. My father Theodor had five sisters; he was the only son. There were my aunts Gina, Alice, Sofie, Klara and Emma.

Aunt Emma and aunt Klara lived in Berlin, aunt Gina with her daughter and stepson in Bad Homburg. They had a small factory there. Aunt Alice and aunt Sofie lived in Frankfurt. 

When my aunts from Berlin and Bad Homburg came to visit us in Frankfurt, I remember, they stayed at the hotel “Frankfurter Hof”. I knew all my aunts, but I didn’t have a close relation with them; to me, they were just old people.

Aunt Gina survived the concentration camp in Bergen-Belsen 5 and died a few years later, after the end of the war, in Holland. Aunt Klara survived the war with her family in America. My other aunts were killed in the Holocaust.

I don’t know exactly, where my parents got to know each other, but I know that it was – as it was common at that time – an arranged marriage. There were no youth movements, where young people could have got to know each other. My parents got married in 1903 or 1904.

My father was a corn merchant. He took over the business from his father. He had two or three employees at the office. I remember that I visited him at the office when I was a child. There were no typewriters yet, only big books and inkbottles. They wrote in Sütterlin script back then. My god, that was such a long time ago!

  • Growing up

My father left the house in the morning and came back for lunch at noon. The office was close to our house; one could easily walk there. After lunch, he went back to the office and returned around seven. 

We kept a kosher household. There were few kosher butchers in Frankfurt, even though there were many Jews. But Frankfurt was not a big city back then, and it wasn’t as nice at it is today. We celebrated Shabbat each Friday. They cooked in the morning and warmed it up later. 

Back home in Frankfurt we used to light candles at Chanukah 6 and at Yom Kippur 7, my father spent the whole day at the synagogue. My mother wasn’t there all day, but she also fasted until the evening. My brothers did not go to the synagogue at all. They were good Jews, but they were not religious.

I continued to celebrate Shabbat later with my family. We thought that this was a nice evening. We also celebrated Chanukah. We lit the candles and gave presents to the children. It doesn’t have anything to do with religion, though; we just thought it was homely.

We celebrated all the high holidays. My husband led the Passover Seder 8; he liked to do it and he did a good job, and we used to invite a lot of friends and children. We were around fifteen, sixteen people.

We spent a lot of time preparing for these evenings, and we really looked forward to them. I don’t know when I saw the Wailing Wall for the first time. I just remember that it made a huge impression on me.

My oldest brother Karl was twelve years older than me; he was born on January 12, 1906. My brother Paul was seven years older than me; he was born on April 18, 1910. I was born on December 22, 1917, in our house in Frankfurt. Back then, everybody was born at home, and not at the hospital.

“My dear granddaughter Erna Guggenheim was born during the night of December 21-22, 1917” – that is what my grandfather noted down in our Tefillah.

My mother was a tall, blonde, respectable woman. She was a loving mother. When I was young, she often kissed me, but when I entered puberty, a certain distance developed. I think that this is perfectly normal. My father was crazy about me: a little baby-daughter, after two sons.

That always makes parents happy, doesn’t it? I don’t know what kind of relation my brothers had with my father. My father wanted my oldest brother Karl to take over his business. But for Karl, this was out of the question – thank God! Karl was not born to be a tradesperson; he was an intellectual guy.

My mother often said – I still hear her – “Oh, how your brothers spoil you!” I had a great relationship with my brothers. They did spoil me. Karl studied medicine at different universities; in Frankfurt, Munich, Berlin, and every time he visited us in Frankfurt, he took me out to Café Laumer at 67 Bockenheimer Landstraße.

That was really something special. There were not a lot of cafés in Frankfurt at that time, and Café Laumer was a very famous one; it still exists today. I was a child back then, and I was always very proud when my brother took me there.

We had a Jewish maid and a Christian cook. And when we were small, we had a nanny, too. During the last few years, until 1929, there were only the cook and the maid. The Jewish girl lived in our house.

But not in our apartment; she lived up in the attic. She used to take me for a walk or went to the park with me. She was much older than me – I was still very young. I know that she was able to flee to the United States.

My parents did not go to the theater very often, but sometimes they went to see concerts and they often invited guests. We only had Jewish friends and acquaintances. My mother attended a Jewish girls’ boarding school, where she was taught home economy.

She had made many friends back then and still spent a lot of time with them. She talked to them on the phone in the morning, and then they went for a walk together.

Once I went to the palm garden with her early in the morning, and there was also a friend of hers with us. My father worked all day. At the most, he read the newspaper in the evening.

Until 1929, we had a good time. But after 1929 – when I was 12 years old – the economic crisis had completely changed our lives. Our store did not generate sufficient profit. First, we remodeled our apartment: from a 7-bedroom into a 3-bedroom apartment. Even today, after decades, I still admire my mother, how she could take all this. She was very realistic.

I went to a Jewish school together with my friends. There were two Jewish schools; I attended the Samson-Raphael-Hirsch School, which was named after a famous rabbi. The Hirsch-School was the more religious school of the two. It had been modern in our circle to send the kids to a Jewish school for the first four years, and then to a Christian school, so that they would learn as much as possible.

But in my days that was not the case anymore. We were already approaching the Nazi-era. So, I didn’t go to a different school after the first four years. I attended the Samson-Raphael-Hirsch School for 10 years.

Of course, I had religion classes at school, but I was not very interested in them. I liked languages, but I was not a good student. I didn’t study. Even though my brother taught Hebrew classes in Frankfurt, when he was back home, I didn’t learn Hebrew.

I returned home from school at 1pm. Then our maid served lunch, and we all ate together. After lunch, my mother used to take a nap, or would sit next to me and help me with my homework.

Then I went down to the street to play with my friends; sometimes we played hopscotch [Hickelkreis]. We would draw different forms onto the street and hop on one leg from one box to the next. I would also ride my bicycle a lot.

My parents gave me a very pretty bike; it was my Rolls Royce. I can’t remember how old I was when I got it. Everyone had a bike at that time. I didn’t cycle to school though; I went by foot. It took me 20min to get there. In the afternoon, I would drive around with my girlfriends.

We used to dress differently back then. I was dressed very well, with coat and hat.

I also took dance lessons. For my first ball, I got a wonderful ball gown, made from light blue taffeta. It was tailor-made for me. There are beautiful photos; my brother took them. I sit in the Gentlemen’s Room, wearing the ball gown.

My brothers – and me too – attended a Zionist 10 youth movement named “Blau-Weiß” [Blue-White]. This youth movement was just one of many Zionist groups back then; it was very well known at the time. We didn’t go out to cafés, or to eat, we didn’t do that.

We went hiking, we sang, and we talked a lot about Israel. My life was never boring, because we were always together. We went to the Frankfurt City-Forest with our bikes and we went to camp together. I still have some photos from back then. We met several times a week, even after Hitler had risen to power.

In 1933 we went to a camp in Döringheim, which is located on the right bank of the Main, very close to Frankfurt. We slept in tents or in youth hostels and cooked over open fire. We went swimming and hiking. For our summer camp, we went to Switzerland. I loved these camps.

I can’t remember how long we were out together, but I don’t think it was longer than a week at a time. One of my friends from back then I met again in Israel, where she lived in a Kibbutz 9. I talked to her several times. Dear God, it’s been such a long time.

My brother Paul was a handsome man. He used to smoke his pipe, which was very modern back then. He went to Holland. He was done with school after ten years, but I don’t know what he did afterwards. We had an uncle in Holland, it was my grandfather’s cousin.

His name was Karl Rapp. He owned a paint factory in Delft. It made a lot of profits, and Paul went there after Hitler had risen to power, in order to get commercial practice.

We often went to Holland together: my parents, my grandfather and me. Sometimes I went alone with my grandfather. We went to Delft to visit my brother, to Den Haag and to Katwijk at the North Sea. We went on vacation there, visited my brother and my grandfather’s relatives.

We always used to stay for a while; I think it was two to three weeks at a time, 10 days at the least. In 1933, I still had school vacations. So I went to Holland again with my grandfather and my aunt Flora (one of my grandfather’s nieces, who kept his household).

In 1934, we lived with my brother; we had a room in his apartment. Paul had a primitive apartment in Delft; I think everything was primitive at that time.

Paul had a girlfriend in Holland; her name was Regina Fränkel. She was born in Frankfurt, too. She was my friend back in Frankfurt, and our parents were friends, too.

After Paul had finished his commercial education, the Fränkel family hired him for their button trade “Butonia” – they produced and traded in buttons.

The Fränkel family left Frankfurt early. People believed that Holland was safe. But when the Germans came to Holland, it got dangerous. It was a terrible time.

The Fränkel family emigrated to England, and my brother and Regina managed to get visas for Cuba. My brother knew somebody in Switzerland, who organized these visas in 1940, when Holland was already occupied by the Germans. Otherwise they wouldn’t have been able to get out of Holland.

When they were on the run, Regina got to know another man, whom she followed to the United States. My brother went to Cuba alone. It was a difficult time for my brother, because Cuba was primitive, and life was hard. But my brother was young, and he was happy to be safe.

At that time, one would take almost anything, just to get out. He wasn’t able to maintain contact with his family at the time, it was hardly possible.

From Cuba, Paul went on to the United States. There he signed up for the Dutch military, and that’s how he got Dutch Citizenship. So after the war, he went back to Holland.

He lived there and went back to working with the Fränkel family, this time together with their son. Later he even took over the button trade, and he was well off.

Paul was married twice. He had three children with his second wife Jetti:

Gidon, Michael and Margalit. His wife was very pretty – her mother was Dutch and her father from Indonesia. My husband and I often visited them in Holland; we were in Amsterdam for the first time in 1958. That was also the first time we left Israel. My brother died on February 9, 1974. His wife and kids still live in Holland.

Karl Rapp, my grandfather’s cousin, was killed during the Holocaust.

My brother Karl was a fervent Zionist. In 1933, he had finished his studies and he had even completed an internship at the Virchow-Hospital in Berlin. He was a general practitioner, but later, he only did scientific research.

After his internship, Karl left Germany and went to Palestine. My parents were ok with it; they were very modern. It wasn’t easy back then, you needed a certificate from the British, because Palestine was ruled by Great Britain.

Karl had realized early what happened in Germany and wrote to my parents over and over again: “You have to come, you have to come!” When he got to Palestine, he went to Jerusalem.

He had a girlfriend from Frankfurt; they met at the Zionist Youth Movement and they got married in Palestine. Her name was Irene; first she was in a Kibbutz, and then they got married and lived in Jerusalem. Karl stayed in Jerusalem.

He worked at the University, got his PhD in nutritional sciences and became a professor. Karl did nothing but read and work. My brother taught at the Hebrew University of Jerusalem and published 250 scientific works and books.

When he visited me in Tel Aviv, Ramat Gan or Ramat Chen, he always came in with a book under his arm: “Shalom, how are you?” And then he sat down in a chair and read. But when he got older, he changed, because his vision got blurry and he couldn’t read anymore.

Then he started to get interested in conversations. Karl had three children, two sons – David and Amnon – and a daughter, Ruth. Ruth died in a car accident 20 years ago. She was on a trip through the United States with her husband when it happened. Karl died on October 15, 2002, in Jerusalem.

I met my husband in 1933 in the Zionist Youth Movement “Blau-Weiß”. His name was Martin (Jewish: Moshe) Goldmann. He was 20, and I was only 16. Moshe lived in Dessau. I think his mother came from Vienna; his father Adolf Goldmann was born into an eastern European Jewish family from Poland.

He had no formal education. Every letter he sent was written by my mother-in-law. She was the only one who wrote. She tended to everything that had to be written. She was religious, but traditional. They celebrated the holidays and kept kosher.

My father-in-law emigrated to Germany from a Polish small town when he was 19 years old. He didn’t have anything. But over the years, he established a big leatherwork factory, got a house and a car with a chauffeur. Before the war, he even presented his products at the Leipzig Trade Show. “If you’re smart and on the top, buy a purse in our shop” – that was one of his slogans for his products. Lotte, his oldest daughter, also worked in the factory.

My grandfather, too, was a glowing Zionist. He went to the 17th Zionist Congress in Basel with Moshe and Moshe’s sister Lotte. They got there, and my father-in-law was asked: “Mr. Goldmann, do you have an invitation?” Of course he didn’t have an invitation.

So he said: “My name is Goldmann, I want to get in there with my two kids.” They told him that he couldn’t come in without an invitation. So my father-in-law took the work clothes and brooms from the cleaning staff, everyone put on the clothes and took a broom, and that’s how they got in, and they even got good seats.  

So Moshe was a child of good, Jewish family – but an Eastern European one. And my father was a very Western European Jew. That was a huge difference back then. The Western Jews disliked the Eastern Jews. They were not classy enough, even though many Eastern families had come a long way and had often achieved more than us. But Eastern Jews remained Eastern Jews.

My father-in-law’s brother owned a fur store in Dessau. With his wife Jenny and his children Arnold, Marianne and Bernhard, he managed to escape to Australia in 1939.

There was a quarter in Frankfurt – Ostende (East-End) – the eastern part of Frankfurt. Many poor Jews lived there. Those who were better off, the assimilated Jews, lived more towards the west. There’s one thing I’m thinking about at the moment.

The Yekke [Jews from Germany] lived secluded from the non-Yekke, i.e. the Jews who came from the east. I had a girlfriend at school, her name was Sonja. That’s all I remember about her. We were friends, and once I was invited to her birthday party.

And my mother said: “Should I let my child go there?” I’m telling you this, because it was typical of that time. Sonja’s family was from Eastern Europe. That’s the way it was back then.

Moshe was born in Germany. He completed a tanner’s apprenticeship close to Frankfurt, because his father wanted him to help with his factory as well. But in the end, it was completely useless, because he couldn’t do anything with it here in Israel.

Moshe went to Palestine in 1934. He visited me frequently between 1933 and 1934. But the most time we spent at “Blau-Weiß” together. After the meetings, he used to walk me home, and then we would stand on the street in front of our house for a long time, until my mum yelled from the window:

“Erna, come in now.” I don’t know if she was OK with me having a boyfriend, but it was never discussed. Moshe also visited me at home a few times. When he was not in Frankfurt, he would write me.

On a postcard, from Dessau, he wrote:

“Dear Erna, I can not thank you for your letter, because there was none. 

Above all, I want to wish you a fine Seder. Ask ‘ma nichtane…’ [ma nischtanen haLeila hase is a Passover prayer from the Haggadah 11, which is recited by the youngest member oft he family. It means:

“How does this night differ from all other nights”?] and don’t eat too many Matzo 12 balls. Yesterday I returned from Berlin. I talked to almost all of my friends, Schattner, Sereni, Liebenstein, Schollnik, Georg, etc. etc. Sereni went to Rome for Seder 8 yesterday.

From there, he went to Eretz 13. Stay in country for three weeks, and then come back. In the evening, I went to the theater, “One hundred days” by Mussolini. Fouché, Gustav Gründgens; Napoleon, Werner Krauss.

It is the depiction of the 100-day-reign of Napoleon, after his exile. It was fabulous. The actors Gründgens, Krauss were amazing. After I hadn’t been to the theater for such a long time, this performance was a real pleasure. In the true sense of the word. So, let me know how you are. I will be in Dessau until Monday. My regards, I kiss you. Moshe. Dessau 29.3.34.”

Moshe also sent me a postcard with a swastika from Dessau. It says: “National Holiday 1934.” It was May 1, 1934. On the post stamp it says: “Fight unemployment, buy German goods.”

Moshe had three sisters. Jenny, Lotte and Malli.

Jenny came to Palestine in 1939. She lived in Berlin with her husband Josef Wahl. Her son Hanania was born there in 1939. Josef worked for the Jewish Agency 16. He had to leave overnight, because they were looking for him.

The Nazis were going to pick him up. So he disappeared overnight, went to Dessau and stayed with his parents-in-law. And from there, he quickly went to Palestine. Jenny remained in Berlin alone with her baby.

Luckily, she eventually made it, too. I remember how she got here with her baby Hanania on her arm. My husband and I went to Haifa by bus to pick her up. Hanania is 71 years old now. We have been in contact all the time. He doesn’t live far from here.     

Malli was my husband’s younger sister, she was my age. She married Robert Sommer in Palestine. They had a daughter, Ilana. She has been working in a dental clinic.

Lotte was the oldest one and she had already come to Palestine in 1936 with the Youth Aliyah 14. She was married to Ludwig Ickelheimer, but they didn’t have children. Ludwig was from Dessau, too; he was a very popular cantor.

In Israel, he was called Jehuda, and he worked for Keren Hayesod. Their son Ruben was born at the same time as my oldest son Daniel: in 1940, 70 years ago. Ruben became a Physical Education teacher; unfortunately, he died a few years ago of cancer.

Tomorrow his wife will visit me. I spent a lot of time with Lotte, we were like sisters. We talked to each other for hours on the phone. First thing in the morning, we talked. I think about this often, because it is so great to be so close with one’s family-in-law.

We did everything together. She lived very close to us, on Ben Yehuda Street, corner Ben Gurion –Ben Gurion was Keren Kayemet back then. We did so much together. We went on excursions or picnicked together. We even had a car. I didn’t drive, but my husband did.

He couldn’t be without a car for one day. It was a big investment back then, a car. They didn’t have many cars. You could park anywhere. Anywhere! And children played on the street. When we moved to Ramat Chen, the street wasn’t even cobbled. The children played on the street, and then they came back up with dirty shoes.

Frankfurt was my home. But during the last year before I went to Palestine, there already were Nazi parades. We pulled down the shutters, because we were afraid. What life is that?

I learned how to make jewelry. It was not a profession that would be of much use in Palestine. But I had a talent, and my mum encouraged that.

My mother knew someone who was a bit of an artist, and he introduced us to Kurt Jobst. I got an apprenticeship at Jobst’s precious metal forge, where I stayed for almost a year. Mr. Jobst was a real artist, I learned a lot from him. He was not a Jew, but he only had Jewish apprentices.

We were three Jewish girls there. We had a close relationship with the Jobst family. In 1934, we even had a garden party at their house. In 1935, we made an enamel piece for the county Hessen-Nassau, I think it was for the city of Frankfurt. Kurt Jobst and his wife were wonderful human beings. He didn’t want to live in Nazi-Germany and left.

Then I started at the Städel School [School of Applied Arts], which was located in Mainzer Landstraße I think. One day, it was an afternoon in 1935, we wondered, why our boss wouldn’t give us any more work to do. Before we went home, they told us we couldn’t come back the next day, because they were not allowed to have any Jews enrolled at the school.

My father thought, Hitler would just go by. Just like a lot of the German Jews thought, Hitler would just go by. Oh, it’s horrible just to think about that! My grandfather and my father felt like German citizens: “Nothing can happen to us!”

That was their attitude. My grandfather, for instance, used to go swimming in the Main River. There was a designated public swimming area, and one day a sign was put up: “Entry is forbidden for Jews.” So my mother said to my grandfather: “Dad, you can’t go there anymore.

Didn’t you see what the sign said? Entry is forbidden for Jews.” “Well, but they don’t mean me,” my grandfather said. He couldn’t believe that this would apply to him as well. I remember this conversation as if it were yesterday.

I loved my father so much. He died in 1935 because he suffered from a heart condition. They didn’t do anything back then. Today, the treatment is completely different than it was 60 years ago. I remember that I was sitting at the table, couldn’t eat anything and cried. And a couple days later, I said: “At least my father died at home.”

My mother, my grandfather and I were at home alone, my father had died and my brothers had gone. We had a janitor, who lived in the room in the attic. What I’ll tell you now was typical of the time back then. The janitor had a daughter, she was my age.

Of course, she went to a Christian school, but because we were children, we used to play together on the street. One day, I think it was in 1935, we met on the street. She looked at me, but didn’t greet. That’s the way it was. It was the Nazi Youth education, and their parents were Nazis, too. It hurt a lot. It’s strange, I think about it a lot.

My mother then decided we had to go, too. It was probably also because my brother always wrote: “You have to come as quickly as possible!” Thank God he had already been in Palestine, and thank God he wrote that.

Because I was a member of “Blau-Weiß” – where we talked a lot about Palestine, Kibbutzim and other things in Palestine – it was self-evident for me that we would emigrate to Palestine. It wasn’t only self-evident, it was our goal.

My brother got a certificate for my mother, and I got one, because I was supposed to attend the Jerusalem Academy of Applied Arts, the Bezalel School. It was clear to us that we would leave Germany forever. Most of my mother’s friends had already left.

Only a few stayed behind. It was a time of dissolution. We didn’t know what was going to happen in Germany. We experienced this strong sense of anti-Semitism, but what eventually happened, we had not anticipated.

Of course, no one could have anticipated something like that, even though there were Hitler-speeches, in which he really stirred up hatred against Jews. In Frankfurt, there were Nazi flags everywhere. I still shudder today when I think about it!

Before I went to Palestine for good, I went for a three-month-visit in summer 1936. I wanted to visit my boyfriend Moshe, and I thought, maybe I could stay there for good. But after three months, the British didn’t extend my visitor visa. So I had to go back again.

My brother picked me up at the harbor in Haifa. It took a whole day on the train to get from Haifa to Jerusalem back then. There were Arabs sitting in our compartment with us. They offered me figs and other fruits.

I didn’t want to take them, but my brother said I had to, he said I mustn’t reject them. I hadn’t known any Arabs before, they were so foreign to me because of what they were wearing, but they were very, very friendly.

I can’t remember what kind of impression I had of the landscape. I knew that I was in a completely different part of the world. Nothing was similar to what I was used to, but I was prepared for that. I wasn’t interested in the vegetation, I was interested in city life.

I had my brother, I had my boyfriend, nothing bothered me. I was young, I didn’t have any problems. I lived with my brother in Jerusalem. It didn’t look anything like the Jerusalem of today. Everything was primitive.

But I wasn’t shocked. I was with my brother and my future husband, and I was twenty years old, so there were no problems. If you’re older, maybe 40 or 50, adaptation may be much more difficult.

But when you’re 20? My brother had a 2-bedroom-apartment. Later, my mum lived in this apartment, too, and I stayed there until I got married. Also, my sister-in-law, Irene, who was pregnant with her first child, lived there; and there was a time when here father moved in, too. All of us lived there, in those two rooms, and it worked. It wasn’t even awful.

My sister-in-law had a small wardrobe in the hallway. I put three dresses in there, the other ones I left in my suitcase. That’s the way it was, but it didn’t bother me and it didn’t make me unhappy.

Moshe didn’t have an apartment then. He lived with a friend in the countryside and worked on his the farm. It was a Moshav 15 in Pardess Hanna, close to Hadera. I liked Palestine a lot, but I had to go back to Frankfurt.

Then my mother and I started to pack our things. We dissolved our household; at that time you could even take big boxes to Palestine. I still own a lot of things that we took from our house in Frankfurt. We didn’t take any furniture, but smaller things. We also wanted to bring carpets, but my brother wrote: “Don’t bring carpets, you won’t need them here.” Everything was so primitive in Palestine back then; we only got carpets much later. But still, I’ve regretted that we didn’t bring them.

  • Immigrating to Palestine

My mother got her certificate first, mine came a bit later. Because the certificate had to be used before a certain date – otherwise it would have expired – my mum had to leave without me. I stayed in our house, in a room in the attic. We had already abandoned our apartment.

I was alone for two, three weeks. I can’t remember how I felt, and I can’t remember what I did. Finally, there was a note from the Jewish Agency in the mail that I could pick up my certificate. The only thing I had with me was a suitcase with a few dresses.

First, I went to Switzerland by train. I had two cousins in Basel; the girl was a bit older than me and she was already married. Both emigrated to the United States later. I lived with them for a few days, then I went to Italy, and in Italy I boarded the ship.

This time around, the ship that went to Haifa was cramped with people. I don’t like being on a ship, it is wobbly and I get seasick. I think I was in a cabin together with two or three girls.

When I arrived, my brother picked me up again. My mum stayed in Jerusalem. Moshe didn’t come to Haifa either, but we met the next day. I went to see him, and I got there with a sherut, a share taxi. Moshe rented an apartment from a Yekke family. And when I got there, they had a bed prepared for him in the living room, so that we wouldn’t sleep together.

I left Frankfurt for good during the summer of 1937 and I got married in the garden of a small hotel on Yarkon Street in Tel Aviv, on December 25, 1937. This hotel doesn’t exist anymore. It was an intimate wedding:

my mother, my brother Karl, his wife Irene, her father, an aunt and my father-in-law, my mother-in-law’s sister, Lotte (my husband’s sister) and her husband Jehuda Ickelheimer (we called him Ickel), and some friends we knew from the youth movement, who had emigrated to Palestine, too.

My father-in-law came from Dessau to Tel Aviv for the wedding, and after that, my husband and Ickel said: “You are not going back!” But he left nonetheless. But he didn’t go back to Germany, he went to Czechoslovakia.

From there, he called his wife and told her to drop everything and join him immediately. My mother-in-law took whatever she could grab and left. They never went back to Germany.

What I’ve always appreciated a lot is that we all got here together, and no one stayed in Germany. You know, the family staying together. You don’t find that very often. And thank God, I left early. But the whole thing is still close to me, as if it were yesterday. The older I become, the more it gets to me.

My father-in-law didn’t have enough energy to build something new. But he managed – with the help of Jewish organizations – to transfer some money out of Germany. He bought a big house in Petach Tikva, together with an Egyptian Jew, and my father-in-law administered the apartments.

My parents-in-law were not doing very well, until they got a restitution payment from Germany during the 1950s/60s. It was good for them, because they needed the money. Considering the fact that his factory in Germany was really big, it wasn’t a lot of money, but at least it was something.

So things got better for them. In 1964, they celebrated their diamond wedding – that’s 60 years. It was a big party. My father-in-law died in 1965 in Tel Aviv, when he was 85 years old.  

You could find everything you needed in Tel Aviv in 1937: streets, movie theaters, cafés. We sat together with friends, talked and drank coffee. My sister-in-law lived on Ben Yehuda Street, and we lived on the corner of Keren Kayemet/Emile Zola. Keren Kayemet is Ben Gurion Street today.

We had a beautiful apartment. In the morning, we went down Ben Yehuda Street, and we had to stop every five minutes: “Oh, hello, when did you get here, how long have you been here?” I was feeling great. I could go to the beach in shorts and meet friends. The whole Ben Yehuda Street spoke German!

But when I think about it today: everything was so primitive! When I got married, we didn’t have an electric fridge. We had this kind of refrigerator, where you had to put in ice. And we didn’t have any gas for cooking; we had to cook on a Primus stove. But it seemed natural to me. I adapted, and I knew that this is how it was and that there wouldn’t be anything else.

My husband had a small transport company. We didn’t have a lot of money, but somehow it worked. Then World War II broke out, and he joined the British military. But he didn’t have to go to Europe, he stayed around here as a chauffeur.

My son Daniel was born on June 2, 1940. Just after the war broke out. Even Tel Aviv was bombed sometimes. We lived on the third floor, and I didn’t want to go down each time the alarm went off. Then we moved to Petach Tikva, where my parents-in-law owned this big apartment building. It was terribly primitive, too, but what was I supposed to do?

Many people had big problems. But somehow, we all mastered our lives. It was very difficult for my mother. My brother sent her money regularly from Holland and I think that’s what she lived on.

I sometimes have to smile a little when I think of it: my mum was a housewife, just as much as I was a tightrope walker. She had no clue, because she hadn’t touched anything in our Frankfurt household. Then, in Ramat Gan, there was a man whose wife had died, and he stayed alone.

He was wealthy, and he wanted to hire a maid, because he wanted to have somebody at home. Our relatives who lived here managed to get the job for my mother. My mum and this man then became friends, but when my mum was diagnosed with cancer, she moved out.

But she was there for a few years. Then she moved back to Jerusalem and rented a room in a family’s apartment in Rachavia, a Yekke district – almost everyone spoke German. She was a cheerful soul, but when I think back, I see now how it was really difficult for her. She died in 1948 in Jerusalem.

  • After the War

When Ben Gurion declared Israel’s independence in May 1948, war started immediately afterwards. My husband took our son Dani – he was eight years old, and Rafi wasn’t even born – and took him from Petach Tikva to Tel Aviv.

There was a big fuss, and there was an assembly on the main square and in front of the municipality. It was very exciting for me, for all of us. We had waited so long for the English to leave and for us to become independent. Until then, Israel was under British mandate.

From this day onwards, it was Israel; it was our country. And from now on, Jews could legally immigrate.

And then, immediately, war broke out. In this war, too, my husband was a chauffeur for an officer. He drove his own car, though, because the state of Israel didn’t have any money to get official cars. Much later, my sons went to the military as well. There were many wars, but they never really had to go to war, it was only military service.

Then we lived in Petach Tikva for about ten years. I made my own jewelry, which I sold at a WIZO store in Tel Aviv. I had a table and a small machine – just what you need to make jewelry. Back then, for the first ten years, my mother-in-law often looked after Dani.

Then we moved to Ramat Gan, and in 1951 my son Rafael was born. Rafi was completely different than Dani. Dani was blonde at first, then he got darker. Rafi is a very light type. Both children were lovely.

But the age difference – eleven years – was quite big. We lived for about ten years in Ramat Gan. In 1963, we moved to Ramat Chen, where we built a house. I lived in this house for forty years. We had a huge garden.

When we moved there, I stopped making jewelry. When you have a big house and a huge garden, you want to invite all your friends, and you don’t have any time to spare.

My husband established a profitable business. He started out with rubber. There was a Kibbutz, haOgen, where they produced plastic foil. It was the beginning of plastic. My husband bought this foil and then re-sold it, so that curtains, tablecloths, etc. could be made.

That was very profitable! Then we also imported from Germany. My husband was one of the first people to do something like that. Then he even established a factory, where plastic was produced. My son Daniel wanted to work at this factory after school.

My husband wanted that, too. And Dani did, but he wasn’t very successful. It was a small company, which my husband founded with somebody else. They produced and sold plastic. And Dani was very technically talented, he should have studied engineering or something like that. But he didn’t want to study, he wanted to work in my husband’s factory.

In 1964, Dani got married. At that time, we already lived in Ramat Chen. His wife Pnina was a teacher. Her father was born in Israel; I think her family has lived here for generations. Pninas mother was born in Egypt though. I liked her family a lot.

My husband was a very active man. He loved cultural events, especially concerts, because he was very musical. He died in 1967 of heart failure. I think about it much too often. He had a heart attack, and they brought him to the Tel Hashomer Hospital.

Then he was lying there and they didn’t do anything. Today, I still can’t believe how they couldn’t do anything. I’ve been alone for such a long time, forever. I was 49 years old back then, now I am 92 years old. I should stop thinking about it…

My son and his wife had two children. They named their son after my husband, Moshe. He is 43 years old today; and their daughter, Joni, is 40. Moshe was born on my husband’s first death-day, and Pnina’s parents decided that he should be named after my father.

I didn’t want to get involved; I thought it was her decision, but of course I liked the idea. Moshe and Joni have kids of their own now. All of them live in Israel, and I keep in contact with tem. My son Dani died in 1990 in a car accident between Eilat and Tel Aviv.

Like Dani, Rafi started to work in my husband’s factory immediately after he had finished school. We still own the store today, but it is not as profitable anymore. A lot has changed. There is so much competition, everything is produced in China, everything is so cheap. Rafi is 59 years old.

He lives together with his wife Hannah. She teaches Jewish History and her parents emigrated from Russia, when all the Zionists came to Palestine. His daughter Odet and her son Adam live close to me.

I’ve been living in this retirement home in Ramat Chen since 2003. It was the year of the second Iraqi war. I didn’t want to stay at home alone at that point. So I got an apartment here. I thought that, when war breaks out, I want to be here, and not at home alone.

And then I saw this beautiful apartment and I stayed. It is a really nice retirement home, the house is beautiful. My son Rafi only lives a few minutes away, and he visits me regularly. 

All our friends in Israel had come from Germany. We talked German at home, and I still speak German. I speak Hebrew, too, but it’s hard for me to read and write.

With my daughter-in-law and with my grandchildren, I speak Hebrew, but with my son Rafi, I always speak German. But only when we are alone. Otherwise the other people don’t understand what we’re talking about, and that’s not very polite.

I didn’t talk to my sons about my own history, and they were only interested in things they had read or heard somewhere. Personally, I didn’t really experience anything, you know, but there were people in our family who died during the Holocaust. But my parents and my siblings, and my husband’s as well, we all manage to stay together. Our closest relatives survived.

My sons went to Poland with their school classes, to visit Auschwitz. My grandson was there, too. For young people, its not the same as it was for us. Even though I did not directly experience something terrible, it feels as if the dread and murder is still with me.

We celebrated my 90th birthday in Yaffa. Rafi picked a very nice restaurant. On this evening, it was decorated beautifully, just for us. It was a wonderful celebration, and even two nephews and a niece from Holland – my brother Paul’s children – came for a surprise visit. 

I am not a politician, but I think that the situation with the Palestinians is quite desperate. It’s been going on for so long. There are no solutions. But it is like Ben Gurion said: “Anyone who doesn't believe in miracles is not a realist.” But times are changing, and in Ben Gurions times, everything was different. The Palestinians were not as powerful back then.

I don’t know if they made mistakes at the beginning. Many people said that it was wrong to occupy all the Arab territories. But I am not very political, and the only thing I can say, is what I hear. And I don’t even know if this is my own opinion.

It is difficult to say, 20, 30, 40 years later, what would have been, if… But there is one miracle: this country has been through so much, so many wars, has been attacked countless times. And still, it is progressing. All along!

  • Glossary:

1 kosher [Hebrew: pure, fit]: In accordance with the Jewish dietary laws.

2 Shabbat [Hebrew for "rest" or "cessation"]: the seventh day of the week, sanctified by God in reminiscence of His rest on the seventh day of the week of creation. On Shabbat, work of any kind is prohibited. Instead, the spiritual aspects of life shall be contemplated.

Shabbat starts on Friday evening and ends on Saturday evening. 

3 Gurs: A French village on the edge of the Pyrenees, around 75 kilometers away from the Spanish border. During the German occupation of France, an internment camp was established in Gurs. The camp held up to 30 000 prisoners at once; among them were 'undesirable persons' and Jews.

In 1942 and 1943, 6000 Jews were deported from Gurs into the extermination camps.

4 Majdanek: The Majdanek concentration camp (on the outskirts of Lublin) was the first concentration camp established by the Concentration Camps Inspectorate [Inspektion der Konzentrationslager; the central SS administrative authority for concentration camps].

5 Bergen-Belsen: 1943-1945. Nazi concentration camp in Germany, in the Bergen and Belsen districts, near Hannover (Lower Saxony). At first designated for European Jews. Since 1944 transports of inmates unable to work were sent to Bergen-Belsen and they were murdered there.

In 1944 a labor camp in tents was created in Bergen-Belsen for Polish women. 75,000 inmates of different nationalities went through the camp, approx. 50,000 people died of sickness, starvation or exhaustion. The liberators found bodies and fatally ill people reduced to a skeleton.

Therefore, Bergen-Belsen became a "symbol for the most terrible atrocities and the inhumane barbarity of the National Socialist concentration camp system", particularly in Great Britain, whose troops liberated the camp.

6 Chanukka [Hanukkah, Chanukah]: Also known as the Festival of Lights. This 8-day celebration commemorates the re-dedication of the Holy Temple in Jerusalem that took place in 164 BC after the Maccabean uprising against Hellenized Jews and Syrians.

The Maccabees succeeded and re-stored temple worship. According to tradition, there was only enough oil for one day, but through a miracle, the lights remained on for eight days, until they could produce new, sacred oil.

7 Yom Kippur: "Day of Atonement"; one of the holiest days of the Jewish year, celebrating atonement and reconciliation. On this day, it is forbidden to eat, drink, bathe, wear leather or have sexual relations. Fasting - the total abstinence from food and drink - starts shortly before sun set and ends on the following day when the night closes in.

8 Seder [Hebrew "order" or "sequence"]: Short for the Passover Seder. This ritual marks the beginning of the Passover holiday. On the Seder evening, the story of the liberation of the Israelites from slavery is told in the family or the community. 

9 Kibbutz [Pl.: Kibbutzim]: Collective, agricultural communities in Israel, traditionally based on principles of shared property and collaborative work.

10 Zionism: a primarily Jewish political movement that has supported the self-determination of the Jewish people in a sovereign Jewish national homeland. The movement was founded during the second half of the 19th century and the term “Zionsim” was coined in 1890 by the Viennese Jewish journalist Nathan Birnbaum.

The beginning of modern Zionism was marked by Theodor Herzl's work "The State of the Jews" (1897). Until the Holocaust, Zionism was a minority movement within the Jewish community.

11 Haggadah [Hebrew: "telling"]: The religious text that is read and sung together with the family during the Passover Seder. It tells of the period of slavery in Egypt and the exodus into freedom.

12 Matzah (hebr

מצה‎, matzá; Plural hebr. מצות‎, matzót): Unleavened bread made of white plain flour and water. Substitute for bread during the Jewish holiday of Passover.

13 Eretz Israel [hebr.: ארץ ישראל]: a biblical term referring to the Jewish or Hebrew nation-state. The term was picked up again at the end of the 19th century with the beginning of political Zionism and is still widely used today in Israel.

14 Youth Aliyah: Organization founded in 1933 in Berlin by Recha Freier, whose original aim was to help Jewish children and youth to emigrate from Nazi Germany to Palestine. The immigrants were settled in the Ben Shemen kibbutz, where over a period of 2 years they were taught to work on the land and Hebrew.

In the period 1934-1945 the organization was run by Henrietta Szold, the founder of the USA women’s Zionist organization Hadassa. From that time, Aliyyat Noar was incorporated into the Jewish Agency. After World War II it took 20,000 orphans who had survived the Holocaust in Europe to Israel.

Nowadays Aliyyat Noar is an educational organization that runs 7 schools and cares for child immigrants from all over the world as well as young Israelis from families in distress. It has cared for a total of more than 300,000 children.

15 Moshav [מוֹשָׁב, plural מוֹשָׁבים moshavim, lit. settlement, village]: Israeli town or settlement; cooperative agricultural community of individual farms. Similar to a Kibbutz, but fams in a moshav have usually been individually owned.

16 The Jewish Agency was founded in 1929 as a representation Jewish interests during the time of the British mandate in Palestine. It acted as an official representation of the Jewish population.

After the foundation of the state of Israel, the chairman of the Jewish Agency, David Ben Gurion, became the first premier. Many tasks of the agency were taken over by the state, but, until today, the Jewish Agency has been in charge of the immigration to Israel.

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