Tag #131906 - Interview #78545 (Louise Eva Papo)

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Auf dem Vorvisum stand, dass, wenn Dr. Manfred Papo und seine Frau mit gültigen Dokumenten - Reisepass, Steuerunbedenklichkeitserklärung und Gesundheitspass - kommen und eine gewisse Summe in Devisen vorweisen könnten, sie ein Visum nach Guatemala erhalten. Das habe ich mir übersetzen lassen von einem offiziellen Dolmetscher, und bin dann damit auf die Gestapo gegangen. Dass ich mich das getraut habe, wundert mich noch heute! Dort hab ich mich durchgefragt bis zum richtigen Referenten. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen gültigen Pass, eine Unbedenklichkeitserklärung und alles, was man für dieses Vorvisum nach Guatemala braucht, besitze. Woraufhin er zu mir gesagt hat: ‚Ja, aber wie kommen Sie dahin?’ Er hat mir nicht sofort geholfen, sondern mir einen weiteren Termin für eine Vorladung gegeben. Da meine Eltern für die Tschechoslowakei optiert hatten, waren sie nach Prag geflüchtet, und ich habe von einem Automaten – nicht von zu Hause – angerufen und gesagt, ich wäre noch allein, denn ich habe meinen Mann leider noch nicht aus Dachau rausholen können. Beim nächsten Termin bei der Gestapo bekam ich dann die Erlaubnis, nach Guatemala zu reisen. Ein paar Tage später bekam ich ein Telegramm aus London. Es war eine Schiffskarte der ‚Royal Line’ für meinen Mann. Mein Mann hatte somit die Möglichkeit, nach Guatemala zu reisen. Ich habe dann an die Gestapo geschrieben, und zwei, drei Tage später wurde ich wieder vorgeladen. Dort habe ich die Schiffskarte vorgezeigt. Der zuständige Referent sagte: ‚Aber die Karte ist nur für Ihren Mann!’. Daraufhin habe ich gesagt: ‚Das stimmt, aber ich hab ein Visum für England. Ich werde nach London fahren und dort warten, bis er mich nachkommen lassen kann!’ Daraufhin musste ich unterschreiben, dass ich das Deutsche Reich verlasse und nie wieder zurückkomme. Acht Tage später war mein Mann zu Hause. Wir waren dann noch 12 Tage in Wien, bevor wir zu meinen Eltern nach Prag fuhren. Das war noch im Jahre 1938. Meine Eltern haben meinem Mann eine Uhr gekauft und mir gute Kleidung. Sie haben uns auch die Flugkarten von Prag nach England bezahlt. Ohne meine Eltern hätten wir das nie finanzieren können. Mein Mann ist dann natürlich nicht nach Guatemala gefahren, sondern wir sind gemeinsam nach London gefahren. Das war von Anfang an beabsichtigt.
Period
Location

Prague
Tschechien

Interview
Louise Eva Papo
Tag(s)