Selected text
Das war aber nicht so wie in Afrika, dass in der A Klasse die intelligenten Schüler waren und in der B Klasse die Schüler, die weniger leicht gelernt haben, sondern die A Klasse war eine gemischte Klasse auch mit nichtjüdischen Mädchen, die B Klasse war eine Klasse mit nur jüdischen Mädchen aus frommen Familien, die am Samstag in die Schule kommen mussten - das war damals Gesetz. Sie kamen aber ohne Bücher und Hefte, da man am Samstag nichts tragen darf. Sie mussten in der Schule sitzen und zuhören. Da waren dann lauter Fächer, bei denen nichts an der Tafel geschrieben wurde und die Kinder nicht schreiben mussten - sie mussten nur zuhören. Mein späterer Mann war jahrelang Klassenvorstand der B Klasse. Ich war in einer A Klasse, weil ich aus keinem frommen Haus kam. Es wurde dasselbe unterrichtet, wie auf einem staatlichen Gymnasium. Die Prüfungen waren äquivalent zu den Prüfungen in anderen Schulen, man konnte nach der Schule auf die Uni gehen, wie aus einer öffentlichen Schule. Da die Schule im 2. Bezirk war, und da der 2. Bezirk vor Hitler fast jüdisch war, waren in unserer Schule vielleicht zehn Prozent nichtjüdische Mädchen. Auch die A Klasse wurde von mehreren jüdischen Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet. An den christlichen Feiertagen hatten wir keinen Unterricht und an den jüdischen Feiertagen hatten wir auch keinen Unterricht. Nur am Samstag mussten auch die frommen Kinder in die Schule gehen. Wenn die Eltern das nicht erlaubt haben, dann mussten sie am Ende des Jahres eine Privatisten Prüfung in allen Gegenständen ablegen, um in die nächste Klasse aufzusteigen. Das letzte Jahr vor der Matura bin ich in eine andere Schule gegangen, und dadurch hatte ich Gelegenheit, ihn auch privat kennen zu lernen. Da war das keine reine Lehrer - Schülerin - Beziehung mehr. Als ich 18 war, haben wir uns inoffiziell verlobt, im Juli habe ich maturiert, und im Oktober haben wir geheiratet.
Period
Location
Vienna
Österreich
Interview
Louise Eva Papo