Selected text
Letztendlich verließen wir Wien alle gemeinsam illegal auf einem Schiff die Donau abwärts bis ins Schwarze Meer. Mit uns waren Erna Hauser und ihre Tochter Inge. Emil Hauser, Inges Vater, war ja schon in Palästina und wartete dort auf Frau und Tochter.
Im rumänischen Donauhafen Tulcea wurden wir auf die 'Atlantik' in Richtung Palästina umgeschifft. Was ich später über diese Reise gelesen habe, war, dass rund 3.500 Flüchtlinge aus Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei, die Anfang September 1940 auf vier Schiffen ihre Reise Donau abwärts antraten, auf drei Hochseedampfer umgeschifft wurden.
Es herrschte großer Platzmangel. Die 'Atlantik', die höchstens 150 Passagiere hätte aufnehmen können, fuhr mit 1.800 Menschen los. Unter dem Deck hatten wir eine selbstgezimmerte Koje, da waren wir alle acht untergebracht. Die Koje hatte ein Dach, war aber irgendwie auch offen. Ich ging auf dem Schiff herum, mein Onkel Alexander arbeitete in der Küche, und ich besuchte ihn dort manchmal.
Obwohl ich damals fast sechs Jahre alt war, erinnere ich mich nur an bestimmte Dinge. Das Schiff brauchte Heizmaterial, es wurden die Maste abgesägt, um zu heizen. Ich war sehr viel krank, und meine Mutter brachte mich zum Schiffsarzt. Ich erinnere mich an meine Waschschüssel aus Wien und meinen Nachttopf.
Hunger hatte ich nie. Es ist möglich, dass ich wenig zu essen hatte, aber ich hatte nie Hunger. Alle Erwachsenen kümmerten sich um mich, ich war ja das einzige Kind der Familie. Woran ich mich aber erinnere, sind Wasserbegräbnisse. Man versenkte die Verstorbenen ins Wasser.
Im Herbst 1940 kamen die Schiffe im Hafen von Haifa an. Die Engländer wollten uns nicht, und die Schiffe standen im Hafen. Man sagte, dass die Passagiere der 'Atlantik', die nun ein verwahrlostes, schmutziges Wrack war, auf die 'Patria' gehen sollten, um sich dort zu waschen. Zuerst sollten die Mütter und Kinder hinüber.
Meine Mutter aber sagte: 'Wir bleiben beisammen! Wir waren bisher beisammen, und wir bleiben beisammen!' Und sie ist mit mir nicht hinüber auf die 'Patria' gefahren. Aber Erna mit ihrer Tochter Inge fuhr hinüber. Sie schafften es, sich von der sinkenden 'Patria' [11] zu retten, die von der Haganah [12] durch zuviel Sprengstoff gesunken ist, obwohl sie nur verhindern wollten, dass das Schiff nach Mautitius, einer englischen Kolonie, mit den Geflüchteten geschickt wird. 200 Leute ertranken, Richard Eisinger, mit dem ich in Wien in unserer Wohnung gespielt hatte und seine Mutter waren darunter.
Im rumänischen Donauhafen Tulcea wurden wir auf die 'Atlantik' in Richtung Palästina umgeschifft. Was ich später über diese Reise gelesen habe, war, dass rund 3.500 Flüchtlinge aus Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei, die Anfang September 1940 auf vier Schiffen ihre Reise Donau abwärts antraten, auf drei Hochseedampfer umgeschifft wurden.
Es herrschte großer Platzmangel. Die 'Atlantik', die höchstens 150 Passagiere hätte aufnehmen können, fuhr mit 1.800 Menschen los. Unter dem Deck hatten wir eine selbstgezimmerte Koje, da waren wir alle acht untergebracht. Die Koje hatte ein Dach, war aber irgendwie auch offen. Ich ging auf dem Schiff herum, mein Onkel Alexander arbeitete in der Küche, und ich besuchte ihn dort manchmal.
Obwohl ich damals fast sechs Jahre alt war, erinnere ich mich nur an bestimmte Dinge. Das Schiff brauchte Heizmaterial, es wurden die Maste abgesägt, um zu heizen. Ich war sehr viel krank, und meine Mutter brachte mich zum Schiffsarzt. Ich erinnere mich an meine Waschschüssel aus Wien und meinen Nachttopf.
Hunger hatte ich nie. Es ist möglich, dass ich wenig zu essen hatte, aber ich hatte nie Hunger. Alle Erwachsenen kümmerten sich um mich, ich war ja das einzige Kind der Familie. Woran ich mich aber erinnere, sind Wasserbegräbnisse. Man versenkte die Verstorbenen ins Wasser.
Im Herbst 1940 kamen die Schiffe im Hafen von Haifa an. Die Engländer wollten uns nicht, und die Schiffe standen im Hafen. Man sagte, dass die Passagiere der 'Atlantik', die nun ein verwahrlostes, schmutziges Wrack war, auf die 'Patria' gehen sollten, um sich dort zu waschen. Zuerst sollten die Mütter und Kinder hinüber.
Meine Mutter aber sagte: 'Wir bleiben beisammen! Wir waren bisher beisammen, und wir bleiben beisammen!' Und sie ist mit mir nicht hinüber auf die 'Patria' gefahren. Aber Erna mit ihrer Tochter Inge fuhr hinüber. Sie schafften es, sich von der sinkenden 'Patria' [11] zu retten, die von der Haganah [12] durch zuviel Sprengstoff gesunken ist, obwohl sie nur verhindern wollten, dass das Schiff nach Mautitius, einer englischen Kolonie, mit den Geflüchteten geschickt wird. 200 Leute ertranken, Richard Eisinger, mit dem ich in Wien in unserer Wohnung gespielt hatte und seine Mutter waren darunter.
Period
Location
Vienna
Österreich
Interview
Kitty Schrott