Der Journalist und Schrifsteller Jindrich Lion führt uns durch sein ereignisreiches Leben: in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit, dann in Palästina, bevor er schließlich in seine Heimat zurückkehrte, von wo er jedoch 1968 wieder floh, als die Sowjetunion sein Land besetzte.
Study Guides
Kindheit und Jugend
Jindřich Lion wurde 1922 in Prag geboren, damals die Hauptstadt der Ersten Tschechoslowakischen Republik, welche von 1918 bis 1938 bestand. Diese Artikel von Radio Prag, dem Auslandsdienst des Tschechischen Rundfunks, informieren über die Staatsgründung vor über 80 Jahren und die Geschichte der Tschechoslowakei.
Jindřich Lions Bruder František wurde 1909 geboren. Zu dieser Zeit war Prag noch die Hauptsadt des Königreichs Böhmen, Teil der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Diese Seite der Arbeitsstelle „Historische Stereotypenforschung" am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg informiert über Schlaglichter der tschechischen Geschichte.
Jindřich Lions Mutter kam aus Maschau (Tschechisch Mašťov), zu dieser Zeit Teil des Sudetenlands. Sudetenland ist eine vorwiegend nach 1918 gebrauchte Bezeichnung für das Gebiet im böhmischen und mährischen Teil der damaligen Tschechoslowakei, in dem überwiegend deutschsprachige Bürger lebten. Die folgenden Seiten der Arbeitsstelle „Historische Stereotypenforschung" am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg informieren über den Begriff und seine Geschichte.
Im Film erfahren wir, dass Jindřich Lion das Begräbnis von Präsident Masaryk besuchte. Tomáš Garrigue Masaryk (1850-1937) war Gründer und erster Staatspräsident der Tschechoslowakei (1918-1935), Philosoph und Schriftsteller. Dieser Artikel von Radio Prag informiert über die Bedeutung des Präsidenten für die tschechische Gesellschaft in der Gegenwart.
Jindřich Lion wurde in Josefov (Josefstadt) geboren, ein Stadtteil von Prag, welcher früher das Jüdische Viertel war. Dieses Viertel wird oft durch die Flagge der Prager Juden repräsentiert, die einen gelben Davidsstern auf rotem Grund zeigt. Heute ist Josefov vor allem bei Touristen beliebt, welche die Sehenswürdigkeiten besichtigen: das Geburtshaus Franz Kafkas, das Jüdische Museum, der Alte Jüdische Friedhof (Europas ältester noch existierender jüdischer Friedhof), die Altneu-Synagoge, die Hohe Synagoge, das Jüdische Rathaus, die Pinkas-Synagoge, die Klausen-Synagoge, die Maisel-Synagoge und die Spanische Synagoge. Josefov war im Mittelalter das jüdische Ghetto von Prag. Ein Ghetto ist ein Stadtviertel, in dem eine bestimmte, früher meist jüdische, Bevölkerungsgruppe lebt. Die Bezeichnung Ghetto stammt von der gleichnamigen venezianischen Insel im Stadtteil Cannaregio ab. Mit einem Dekret vom 29. März 1516 beschloss die Regierung der Republik Venedig, die jüdische Gemeinde dort in einem einzigen Stadtviertel zusammenzufassen. Wilhelm Raabe, (1831-1910), ein deutscher Schriftsteller und einer der wichtigsten Vertreter des poetischen Realismus, der bekannt war für seine gesellschaftskritischen Erzählungen, Novellen und Romane, verfasste eine Kurzgeschichte zum Prager Ghetto: "Eine Erinnerung an das Prager Ghetto".
Jindřich Lion erzählt uns, dass er die Altneu-Synagoge von seinem Fenster sehen konnte. Diese ist die älteste erhaltene Synagoge in Europa und eine der frühesten gotischen Bauten Prags. Über die Herkunft des Namens „Altneu" gibt es mehrere Erklärungen. Ursprünglich soll sie „Große" oder „Neue" Synagoge (im Gegensatz zu einem älteren, nicht erhaltenen Bethaus) geheißen haben, bis ihr ein nahegelegener Neubau diesen Namen streitig machte. Nach einer anderen Erklärung sollen bei der Erbauung der Synagoge Steine vom Tempel in Jerusalem verwendet worden sein, „unter der Bedingung, dass" (hebräisch "altnai") sie bei der Wiedererrichtung des Tempels wieder zurückgegeben werden sollten. Nach einer dritten Deutung habe man beim Bau der Synagoge die Überreste einer älteren Synagoge gefunden, auf deren Fundament dann die „neue" Synagoge erbaut wurde. Heute gehört die Synagoge zum Jüdischen Museum Prag. Einer Sage nach befinden sich auf dem Dachboden der Altneu-Synagoge die lehmigen Überreste des Golem, den Rabbi Löw vor über 400 Jahren mit seiner Geisteskraft belebt haben soll. Ein Vortrag von Prof. Alexander Wöll stellt die Sage in ihrem literaturwissenschaftlichen Kontext dar.
Jindřich Lions Eltern stellten während seiner Kindheit einen Weihnachtsbaum - eigentlich ein Symbol der christlichen Weihnachtszeit - auf. Dieser Artikel von Radio Prag berichtet über die Erlebnisse von Juden im heutigen Prag zur Weihnachtszeit.
Jindřich Lions Mutter besuchte die Maisel-Synagoge, eine ehemalige Synagoge in der Maiselgasse (Maiselova) 10 , die heute ein Museum zur älteren jüdischen Geschichte Böhmens beherbergt. 1590 kaufte der Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Mordechai Maisel, ein Grundstück im Süden der Prager Judenstadt, um dort eine Synagoge zu errichten, und bereits 1592 wurde die Synagoge eingeweiht.
Jindřich Lions Vater war ein Mitglied von B'nai B'rith. B'nai B'rith (Hebräisch „Söhne des Bundes") ist eine jüdische Organisation, die 1843 in New York als Loge nach dem Vorbild der Freimaurer gegründet wurde und sich der Förderung von Toleranz, Humanität und Wohlfahrt widmet. Ein weiteres Ziel von B'nai B'rith ist die Aufklärung über das Judentum und die Erziehung innerhalb des Judentums. Im März 2008 erhielt Angela Merkel den B'nai-B'rith-Orden für ihren Kampf gegen den Antisemitismus.
Ein Artikel des Portals "Hagalil" infomiert über die Geschichte der Juden auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik.
Münchner Abkommen
Jindřich Lion spricht über das Münchener Abkommen, welches er als den "Verrat von München" bezeichnet. Das Münchner Abkommen wurde im September 1938 von den Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und des Deutschen Reiches unterzeichnet, die mit dem Abkommen Hitler ihre Zustimmung zur Annektion des Sudetenlandes, gaben. Vertreter der Tschechoslowakischen Republik waren nicht eingeladen.
Der Begriff "Appeasement-Politik" (Beschwichtigungspolitik) bezeichnet allgemein die Politik der Zugeständnisse, der Zurückhaltung und des Entgegenkommens gegenüber Aggressionen durch andere Staaten zur Vermeidung von Konflikten. Im engeren Sinne steht der Begriff für die heute negativ bewertete Politik des englischen Premierministers Neville Chamberlain, der 1938 im Münchner Abkommen die Annektion des Sudetenlandes durch das Deutsche Reich toleriert hatte, um einen Krieg in Europa abzuwenden. Auf der Seite Shoa.de lässt sich mehr über die Appeasement-Politik erfahren.
Protektorat Böhmen und Mähren
Im November 1938 wurde Emil Hácha zum Präsidenten der Tschechoslowakei ernannt. Am 15. März 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht in Prag ein und bereits einen Tag später proklamierte Adolf Hitler in Prag das Protektorat Böhmen und Mähren, das Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien umfasste. Das Ende der Zweiten Republik behandelt dieser Artikel von Radio Prag.
Einen Überblick über die Geschichte des Zweiten Weltkriegs auf dem Gebiet des heutigen Tschechien bietet dieser Artikel des tschechischen Außenministeriums.
Im Zweiten Weltkrieg kämpften mehrere Piloten der Tschechoslowakischen Luftstreitkräfte für die Royal Air Force des Vereinigten Königreichs, nachdem sie dorthin geflohen waren. Der Film "Dark Blue World" des Regisseurs Jan Svěrák (Oscar-Preisträger für den Film "Kolja" 1996) erzählt ihre Geschichte.