Tag #130950 - Interview #83045 (Lucia Heilman)

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1938 kam dann schon der Hitler. Als Schuschnigg [2] am Abend des 11. März 1938 seine Rede hielt, wir hatten ein Radio und meine Mutter hat die Rede gehört, war sie sehr verstört und verzweifelt, und sie wusste nicht, was sie machen sollte.

Am 12. März sind die deutschen Truppen in Österreich einmarschiert. Ich war acht Jahre alt und bin, soweit ich mich erinnere, allein zum Heldenplatz gelaufen, weil es geheißen hat, dort ist eine Veranstaltung.

Als ich in der Nähe des Heldenplatzes war, konnte ich gar nicht mehr weitergehen, so viele Menschen waren am Ring und in den Nebenstrassen. Und ich bin dort gestanden und hab gehört das Schreien, das Grölen und diese Rufe, Heil, Heil, Heil…und ich habe gewusst, ich gehöre nicht dazu.

Ich habe dieses Schreien und diese Stimmung als bedrohlich empfunden, ungeheuer bedrohlich. Ich bin eine Weile gestanden, hab mir das angehört, hab gesehen, wie die Menschen auf die Bäume geklettert sind, damit sie besser zusehen können.

Dieses Schreien hat nicht aufgehört. Ich bin dann von dort unter der Gewalt der Bedrohung, die ich empfunden habe, ganz verstört nach Hause gekommen.
Period
Year
1838
Location

Vienna
Austria

Interview
Lucia Heilman