Selected text
Wir waren eine Gruppe von vielleicht zehn Personen. Darunter befand sich auch eine Frau mit einem behinderten Mädel. Unser Zug wurde ständig bombardiert, und wir mussten immer aus- und wieder einsteigen. In dieser Zeit hätten wir fliehen können, aber das ist uns nicht einmal eingefallen. Wir waren eine Woche unterwegs.
Als wir ankamen, wurden wir in ein ukrainisches Dorf gebracht. Die Vera, sie war sechs Jahre alt, hatte Furunkel an den Füssen bekommen und konnte nicht mehr gehen. Ich habe sie auf den Schultern getragen. Wir hatten zuerst keine Verbände und keinen Arzt, die Furunkel haben schrecklich geeitert. Von irgendwo haben wir dann Verbände bekommen, und ich habe die der Vera um die Furunkel gewickelt und mit einer Sicherheitsnadel festgesteckt. Die Sicherheitsnadel ist ihr dann in die Haut eingedrungen.
Meine Mutti hatte noch etwas Geld und Schmuck, und sie hat einen Heuwagen gemietet und in der Nacht sind wir dann nach Kostopol [heute Ukraine], das lag im sowjetisch besetzten Teil Polens [Hitler-Stalin Pakt, Anm.] [17]. Als wir in Kostopol ankamen, hat uns eine jüdische Organisation in Empfang genommen. Wir haben ein Zimmer mit Verpflegung bei Leuten bekommen, und es wurde ein Arzt geholt.
Vera hatte inzwischen Fieber bekommen, aber die jüdischen Ärzte, dort waren ja viele Juden, haben ihr geholfen. Sie hat Bäder bekommen, und wir konnten sie mitnehmen und pflegen, bis die Furunkel verschwunden waren. Dass sie keine Narben davon getragen hat, das ist ein Wunder.
Der Krieg war für uns erst einmal beendet, weil sich die Russen und die Deutschen Polen geteilt hatten. Die Grenze war der Fluss San und Kostopol lag im russischen Bereich. Aber die Ukrainer, die dort gelebt haben, haben uns jeden Tag gesagt, dass sie uns umbringen werden, weil wir Juden sind.
Von Kostopol sind wir mit dem Zug nach Lemberg gefahren. Die jüdische Organisation hat uns auch dabei geholfen. Die Deutschen waren für uns noch immer ein kultiviertes Volk, obwohl man schon mehr hat wissen müssen, weil sie ja bereits die Juden angegriffen hatten, als Hitler an die Macht gekommen war. Aber irgendwie haben wir uns das nicht vorstellen können.
Die Mutti wollte sogar eine Zeit lang über die San nach Krakau zurück. Sie hat sich eingebildet, der Papa wird nach Krakau kommen, und die Schwester ist dort, es kann nicht viel passieren. Aber es ist nicht mehr gegangen. Die Grenzen waren geschlossen.
Lemberg war eine große, moderne und wunderschöne Stadt. Die Mutti traf Freunde und Bekannte wieder, die auch geflüchtet waren. Wir haben eine Wohnung bekommen, in die man dann aber auch noch einen Russen einquartiert hat. Ich weiß nicht warum, aber so war es. Ich habe Gelbsucht bekommen. Seit ich mit der Mutti in Krakau gelebt habe, hatte ich durch das fette Essen dort einen Gallenstein.
Als wir ankamen, wurden wir in ein ukrainisches Dorf gebracht. Die Vera, sie war sechs Jahre alt, hatte Furunkel an den Füssen bekommen und konnte nicht mehr gehen. Ich habe sie auf den Schultern getragen. Wir hatten zuerst keine Verbände und keinen Arzt, die Furunkel haben schrecklich geeitert. Von irgendwo haben wir dann Verbände bekommen, und ich habe die der Vera um die Furunkel gewickelt und mit einer Sicherheitsnadel festgesteckt. Die Sicherheitsnadel ist ihr dann in die Haut eingedrungen.
Meine Mutti hatte noch etwas Geld und Schmuck, und sie hat einen Heuwagen gemietet und in der Nacht sind wir dann nach Kostopol [heute Ukraine], das lag im sowjetisch besetzten Teil Polens [Hitler-Stalin Pakt, Anm.] [17]. Als wir in Kostopol ankamen, hat uns eine jüdische Organisation in Empfang genommen. Wir haben ein Zimmer mit Verpflegung bei Leuten bekommen, und es wurde ein Arzt geholt.
Vera hatte inzwischen Fieber bekommen, aber die jüdischen Ärzte, dort waren ja viele Juden, haben ihr geholfen. Sie hat Bäder bekommen, und wir konnten sie mitnehmen und pflegen, bis die Furunkel verschwunden waren. Dass sie keine Narben davon getragen hat, das ist ein Wunder.
Der Krieg war für uns erst einmal beendet, weil sich die Russen und die Deutschen Polen geteilt hatten. Die Grenze war der Fluss San und Kostopol lag im russischen Bereich. Aber die Ukrainer, die dort gelebt haben, haben uns jeden Tag gesagt, dass sie uns umbringen werden, weil wir Juden sind.
Von Kostopol sind wir mit dem Zug nach Lemberg gefahren. Die jüdische Organisation hat uns auch dabei geholfen. Die Deutschen waren für uns noch immer ein kultiviertes Volk, obwohl man schon mehr hat wissen müssen, weil sie ja bereits die Juden angegriffen hatten, als Hitler an die Macht gekommen war. Aber irgendwie haben wir uns das nicht vorstellen können.
Die Mutti wollte sogar eine Zeit lang über die San nach Krakau zurück. Sie hat sich eingebildet, der Papa wird nach Krakau kommen, und die Schwester ist dort, es kann nicht viel passieren. Aber es ist nicht mehr gegangen. Die Grenzen waren geschlossen.
Lemberg war eine große, moderne und wunderschöne Stadt. Die Mutti traf Freunde und Bekannte wieder, die auch geflüchtet waren. Wir haben eine Wohnung bekommen, in die man dann aber auch noch einen Russen einquartiert hat. Ich weiß nicht warum, aber so war es. Ich habe Gelbsucht bekommen. Seit ich mit der Mutti in Krakau gelebt habe, hatte ich durch das fette Essen dort einen Gallenstein.
Interview
Irene Bartz
Tag(s)