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Ich konnte mir nach dem neuen Gesetz aussuchen, welchen Religionsunterricht ich wollte. Ich habe mir den jüdischen Religionsunterricht ausgesucht. Der Unterricht hat mich aber auch interessiert. Wir hatten einen sehr guten Religionslehrer, Prof. Leo Menscher hieß er. Er hat den Unterricht sehr gut gestaltet. Später ist er nach Israel gegangen. Er hat sich sehr um mich bemüht, weil ich für ihn so eine Art 'verlorenes Schaf' gewesen bin. Er hat Fragen über jüdische Geschichte gestellt und uns selbst auf Sachen draufkommen lassen. Die jüdische Geschichte und auch die Auslegungen von Bibeltexten fand ich spannend. Das habe ich gern gemacht. Wir sind auch in Nachmittagsgottesdienste in den Klucky-Tempel [20. Bezirk] gegangen. Ich habe gern den Religionsunterricht besucht. Die hebräische Sprache hat mich weniger interessiert. Es war für mich nur noch eine andere Sprache, die man lernen musste.
Für meinen Vater war Religion Opium fürs Volk, aber er hat mich natürlich akzeptiert. Als meine Mitschüler in der dritten Schulstufe Bar Mitzwah hatten, wurde ich häufig zu ihren Feiern eingeladen. Es gab Musik, Spiele und viel zu essen, und es wurden auch Gedichte vorgetragen. Ich musste immer 'Des Schadchens Fluch', eine Parodie in jiddisch auf 'Des Sängers Fluch' von Ludwig Uhland [1787 - 1862] aufsagen. Ich kann das heute noch. Ich wollte dann eine Bar Mitzwah haben und war bereit, alles Nötige dafür zu lernen. Aber ich verschob den Termin der damit verbundenen Lesung aus der Torah [fünf Bücher Mose] um eine Woche mit besonders kurzer Haftarah [Lesung aus den Prophetenbüchern im Anschluss an die Torahlesung].
Für meinen Vater war Religion Opium fürs Volk, aber er hat mich natürlich akzeptiert. Als meine Mitschüler in der dritten Schulstufe Bar Mitzwah hatten, wurde ich häufig zu ihren Feiern eingeladen. Es gab Musik, Spiele und viel zu essen, und es wurden auch Gedichte vorgetragen. Ich musste immer 'Des Schadchens Fluch', eine Parodie in jiddisch auf 'Des Sängers Fluch' von Ludwig Uhland [1787 - 1862] aufsagen. Ich kann das heute noch. Ich wollte dann eine Bar Mitzwah haben und war bereit, alles Nötige dafür zu lernen. Aber ich verschob den Termin der damit verbundenen Lesung aus der Torah [fünf Bücher Mose] um eine Woche mit besonders kurzer Haftarah [Lesung aus den Prophetenbüchern im Anschluss an die Torahlesung].
Period
Location
Wien
Austria
Interview
Otto Suschny