Tag #119714 - Interview #78282 (Otto Suschny)

Selected text
Ich bin ein Einzelkind. Meine Eltern haben 1920 geheiratet, und ich bin am 28. August 1924 in Wien auf die Welt gekommen.

Ich musste in den Kindergarten, und ich habe ihn gehasst. Ich hab mich mit den Kindern nicht verstanden. Ich war klein, ich hatte rote Haare, und die haben mich gehänselt. Das war damals auch ein Grund, jemanden zu verspotten.

Ich kam in der Wasnergasse, beim Augarten [Park, Wiens ältester Barockgarten], in die Volksschule. Weder der Kindergarten noch die Volksschule waren jüdische Einrichtungen. Das waren ganz normale öffentliche Einrichtungen.

In der Volksschule spielte sicher der Antisemitismus eine Rolle. Es gab Stänkereien diesbezüglich, und ich wurde ich als Jude ein bisschen geärgert. Aber ich erinnere mich, viel mehr angestänkert worden zu sein wegen meiner roten Haare und weil ich klein und nicht sehr stark war. Ich konnte mich lange Zeit nicht wehren. Einmal, als mein Intimfeind, der hinter mir saß, mich stieß und ich deshalb einen Klecks in mein Heft machte, war ich so wütend, dass ich mich umgedrehte und ihm die Feder Tinte in den Oberschenkel stach. Das war natürlich ein ziemlicher Eklat. Aber es hat sich als sehr segensreich erwiesen, denn nachher hat er mich in Ruhe gelassen. Seitdem galt ich als unberechenbar.
Period
Location

Wien
Austria

Interview
Otto Suschny