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Meine Bar Mitzwah fand im Turner-Tempel statt. Wir mussten die Segenssprüche über die Torah [17] sagen, dann las ein anderer aus der Torah und dann sagten wir noch einmal einen Segensspruch. Eigentlich muss der Neuaufgenommene aus der Torah vorlesen, aber das ist nicht verlangt worden. Meine Großmutter konnte nicht dabei sein, denn sie war damals schon relativ gebrechlich, aber sie hat mir eine Uhr geschenkt. Von der Kultusgemeinde habe ich einen Anzug bekommen, denn mein Vater hatte damals schon als mittellos gegolten. Der überwiegende Teil meiner Verwandtschaft gojischen [gemeint ist nichtjüdische Verwandtschaft] - der Bruder meiner Mutter und meine Cousins - waren mit uns im Tempel und haben sich das einmal angeschaut. Sie befanden sich in einer vollkommenen fremden Welt. Aber die Brüder meiner Mutter hat es überhaupt nicht gestört, dass meine Mutter zum Judentum übergetreten ist. Im Gegenteil! Wir waren mit ihrem ältesten Bruder in sehr gutem Kontakt. Wenn es uns schlecht gegangen ist, was häufig der Fall war, hat er uns oft geholfen. Auch die Frau vom dem ältesten Bruder meiner Mutter war mit meiner Mutter befreundet. Die Sonntage haben wir mit der Familie des Bruders meiner Mutter verbracht. Die Erwachsenen haben zusammen Karten gespielt, und mein Cousin hatte einen Tischtennistisch, da haben wir gespielt.
Period
Location
Wien
Austria
Interview
Max Tauber