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Als meine Eltern geheiratet hatten, haben sie sich eine Einzimmer- Küche - Wohnung in der Schweglerstrasse Nummer 10 genommen. Die Toilette war am Gang, Waschgelegenheit gab es nicht, da ist man in die öffentlichen Bäder gegangen, um sich zu reinigen. Wir waren, ich hab es ausgerechnet, 15 Personen auf einer Toilette. So bin ich mit meinen Schwestern Grete und Berta aufgewachsen. Erst war nur ich da, aber dann sind meine zwei Schwestern dazugekommen. Das Wohnzimmer war vielleicht zwanzig Quadratmeter groß. Zwei Schränke und ein Doppelbett standen darin. Meine jüngere Schwester hat mit meiner Mutter und meinem Vater im Doppelbett geschlafen, die andere in einem großen Gitterbett. Später haben beide im Gitterbett geschlafen. Ich habe auf einem Campingbett geschlafen, das tagsüber zusammengeklappt wurde. Wir hatten Riesentuchenten [Federbetten], die hatte meine Großmutter mit Federn ihrer vielen Gänse voll gestopft. Das Wohnzimmer hatte zwei Fenster. Vor einem Fenster stand die Steppmaschine meiner Mutter, daneben war eine Kommode, die auch zugleich als Arbeitstisch diente. Am anderen Fenster stand der große Arbeitstisch. Als ich noch nicht in die Schule gegangen bin, hatte mein Vater zwei Lehrburschen und zwei Arbeiter. Alles hat sich in diesem Zimmer abgespielt. Das muss man sich folgendermaßen vorstellen: Bis Samstagmittag ist gearbeitet worden. Meine Mutter ist immer zwischen Arbeit und Haushalt hin - und hergependelt. Manchmal war das Essen deshalb etwas angebrannt. Unten im Haus ist ein Gasthaus gewesen und wenn es besonders hoch her gegangen ist, hat sie für uns dort das Mittagsmenü geholt. Samstag hat sie dann aber richtig gutes Essen gekocht.
Period
Location
Wien
Austria
Interview
Max Tauber