Selected text
Für meine Großmutter Chaje fand der Urgroßvater den Sohn des alten Melamed Wolfszahn, Pinkas Wolfzahn, aus Tarnopol als Bräutigam. Pinkas war ebenfalls ein Melamed wie sein Vater, trug Pejes [3] und immer einen Kaftan.
Nach der Hochzeit, lebten meine Großeltern in Ruschin. Für meinen Großvater war das sehr schwierig, weil die Arbeitsbedingungen in Russland für ihn schlecht waren, denn als Ausländer und Jude bekam er keine Arbeitsgenehmigung und so hielten sich die beiden illegal in Russland auf. 1890 wurde meine Tante Chane, die später Anna genannt wurde, geboren. Durch die sehr schwierigen Lebensbedingungen, die große Armut und die Illegalität, ließen sich meine Großeltern scheiden. Aber einige Jahre später, im Jahre 1897, wurde meine Mutter Elke, die Ella genannt wurde, in Berditschew, in Russland, geboren: Meine Großeltern hatten einander ein zweites Mal geheiratet. Der Geburtsname meiner Mutter und ihrer Schwester war Sobel, wie ihre Mutter, weil die Großeltern nur jüdisch und nicht standesamtlich geheiratet hatten. Diese Heiraten wurden vom Staat nämlich nicht anerkannt.
Damit mein Großvater seinen Beruf als Melamed ausüben konnte, waren sie in die nächstgrößere Stadt gezogen. In Berditschew ließ es sich leichter illegal leben, sie nahmen sogar den Namen Berditschewski an. Außerdem lebte die Schwester des Urgroßvaters Sobel, die Tante Golde, in Berditschew und stand der jungen Familie hilfreich zur Seite. Mein Großvater arbeitete weiter illegal als Melamed.
1904 starb sein Vater, der alte Melamed Wolfszahn, in Tarnopol. Mein Großvater fuhr mit der Schwester meiner Mutter, meiner Tante Chane, über die Grenze nach Tarnopol, in die Österreichisch- Ungarische Monarchie, um seinen Bruder Nuchem zu unterstützen. In Tarnopol übernahm er den Cheder [4] seines Vaters.
Nuchem war nicht verheiratet, besaß ein Geschäft mit Bändern und Kurzwaren im Mammritscher Gässl und konnte dadurch die Familie finanziell unterstützen. Damit sich seine Mutter, meine Urgroßmutter Malke, die Witwe des Urgroßvaters Wolfzahn, ihren Lebensunterhalt verdienen konnte, richtete Nuchem ihr auf dem Marktplatz einen Stand mit Bändern und Kurzwaren ein.
Ruchel, die Schwester des Großvaters, lebte auch in Tarnopol. Sie war mit einem Herrn Kahane, der Kalachhändler war, verheiratet. Ein Kalachhändler handelte mit Kalk. Die Häuser wurden jedes Jahr zu Ostern getüncht, dafür benutzte man Kalk, der andererseits auch ein Schutzmittel gegen Fliegen war. Ruchel und ihr Mann hatten zwei Söhne. Von beiden Söhnen kenne ich die Namen nicht, aber einer hieß immer 'Der Kommunist'. Er soll einmal Fenster in einem Gemeindebau eingeschlagen haben, wurde von der Polizei in Tarnopol gesucht, konnte aber wahrscheinlich nach Amerika fliehen.
Nach der Hochzeit, lebten meine Großeltern in Ruschin. Für meinen Großvater war das sehr schwierig, weil die Arbeitsbedingungen in Russland für ihn schlecht waren, denn als Ausländer und Jude bekam er keine Arbeitsgenehmigung und so hielten sich die beiden illegal in Russland auf. 1890 wurde meine Tante Chane, die später Anna genannt wurde, geboren. Durch die sehr schwierigen Lebensbedingungen, die große Armut und die Illegalität, ließen sich meine Großeltern scheiden. Aber einige Jahre später, im Jahre 1897, wurde meine Mutter Elke, die Ella genannt wurde, in Berditschew, in Russland, geboren: Meine Großeltern hatten einander ein zweites Mal geheiratet. Der Geburtsname meiner Mutter und ihrer Schwester war Sobel, wie ihre Mutter, weil die Großeltern nur jüdisch und nicht standesamtlich geheiratet hatten. Diese Heiraten wurden vom Staat nämlich nicht anerkannt.
Damit mein Großvater seinen Beruf als Melamed ausüben konnte, waren sie in die nächstgrößere Stadt gezogen. In Berditschew ließ es sich leichter illegal leben, sie nahmen sogar den Namen Berditschewski an. Außerdem lebte die Schwester des Urgroßvaters Sobel, die Tante Golde, in Berditschew und stand der jungen Familie hilfreich zur Seite. Mein Großvater arbeitete weiter illegal als Melamed.
1904 starb sein Vater, der alte Melamed Wolfszahn, in Tarnopol. Mein Großvater fuhr mit der Schwester meiner Mutter, meiner Tante Chane, über die Grenze nach Tarnopol, in die Österreichisch- Ungarische Monarchie, um seinen Bruder Nuchem zu unterstützen. In Tarnopol übernahm er den Cheder [4] seines Vaters.
Nuchem war nicht verheiratet, besaß ein Geschäft mit Bändern und Kurzwaren im Mammritscher Gässl und konnte dadurch die Familie finanziell unterstützen. Damit sich seine Mutter, meine Urgroßmutter Malke, die Witwe des Urgroßvaters Wolfzahn, ihren Lebensunterhalt verdienen konnte, richtete Nuchem ihr auf dem Marktplatz einen Stand mit Bändern und Kurzwaren ein.
Ruchel, die Schwester des Großvaters, lebte auch in Tarnopol. Sie war mit einem Herrn Kahane, der Kalachhändler war, verheiratet. Ein Kalachhändler handelte mit Kalk. Die Häuser wurden jedes Jahr zu Ostern getüncht, dafür benutzte man Kalk, der andererseits auch ein Schutzmittel gegen Fliegen war. Ruchel und ihr Mann hatten zwei Söhne. Von beiden Söhnen kenne ich die Namen nicht, aber einer hieß immer 'Der Kommunist'. Er soll einmal Fenster in einem Gemeindebau eingeschlagen haben, wurde von der Polizei in Tarnopol gesucht, konnte aber wahrscheinlich nach Amerika fliehen.
Period
Location
Ukraine
Interview
Oskar Rosenstrauch