Tag #118874 - Interview #83046 (Peter Scheuer)

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Mein Vater hat in Innsbruck als Rechtsanwalt nicht lange bleiben können, weil der 1. Weltkrieg gekommen ist. Im 1. Weltkrieg musste er zum Kriegsgericht nach Innsbruck. Er hat dann aber noch zuerst in eine Kaserne nach Nordböhmen müssen, dann war er wieder in Innsbruck und ist dort geblieben. Irgendwie hat er sich dann vom Militär befreit und hat noch während des 1. Weltkriegs die Kanzleitätigkeit wieder aufgenommen und war dann durchlaufend in Innsbruck.

Er hat in der Anickstrasse 3, im 3. Stock gewohnt, und im ersten Stock hatte er die Kanzlei. Das war eine der größten Kanzleien in Innsbruck mit einem Konzipienten und einer Sekretärin. Er hat dann die zu dieser Zeit allein lebende Elsa Kaldor, meine spätere Tante, kennen gelernt. Es wäre fast zu einem Schiddach [jidd. Heiratsvermittlung] gekommen, aber meine Großmutter hat gesagt: ‚Was brauchst du eine Frau, die keine Kinder kriegen kann?’ Nachdem die Elsa ihre zehn Jahre jüngere Schwester Frieda nach Innsbruck geholt hat, wurden die beiden ein Paar. Er war immerhin fast 20 Jahre älter als meine Mutter und war überhaupt ein sehr ernster und strenger Mensch.

Meine Mutter Frieda Schwarz wurde am 23. April 1897 in Graz geboren und wuchs in einer reichen Kaufmannsfamilie auf. Sie war auch, wie sich das damals gehörte, eine Zeitlang in einem Schweizer Mädchenpensionat. Als sie dann nach Innsbruck kam und meinen Vater heiratete, wurde ich 1921 geboren, und zwei Jahre später, im Juni 1923, kam meine Schwester Ellen zur Welt.
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Location

Austria

Interview
Peter Scheuer
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