Tag #118849 - Interview #78302 (Hannah Fischer)

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Unser Haushalt war koscher, meine Mutter trennte milchiges und fleischiges, das wäre wegen meines Vaters gar nicht anders möglich gewesen. Mein Bruder hielt sich aber von klein auf eigentlich nicht daran. Er aß ohne weiteres Schinken, wenn er irgendwo zu Besuch war. Ich tat das nicht, und auch heute esse ich Schinken nicht furchtbar gerne.

Den Schabbat feierten wir auch, meine Mutter zündete Kerzen an, aber das ging nicht sehr strenggläubig vor sich. Freitagabend und Samstag waren dann die einzigen Tage der Woche, an denen es Fleisch bei uns gab. Das Fleisch brachte der Vater 'aus der Stadt', also aus den inneren Bezirken Wiens, mit.

Gäste hatten wir keine. Mein Vater kümmerte sich um die jüdischen Patienten in den Krankenhäusern, auch am Schabbat und zu den Hohen Feiertagen. Insbesondere zu Pessach [6] richtete meine Mutter in dem alten Haus eine Großküche ein, von der aus meine Eltern die Patienten mit koscherem Essen versorgten.
Interview
Hannah Fischer