Tag #118610 - Interview #78294 (Herbert Lewin)

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Ich bin nach Hause gefahren, das war 1937. Mein Vater hat einen Reisepass für mich beantragt und nach acht Tagen war der Pass fertig. Der Polizeikommissar sagte zum Abschied: 'Ich wünsch Ihrem Sohn viel, viel Glück und Erfolg in seinem Leben, und er soll etwas anderes kennen lernen als das, was wir jetzt hier haben.'

Die anderen waren schon alle drüben in Jugoslawien, ich bin als einziger nachgefahren. In Subotica, an der ungarisch-jugoslawischen Grenze, besaß der jüdische Baron Gutmann viele Güter und Ländereien. Er hat ein Gut den deutschen Hechalutz [Anm.: Pioniere, Neuankömmlinge] zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt mit der Auflage, den ungarischen Inspektor und die jugoslawische Knechte weiter zu beschäftigen. Wir waren 120 Burschen und Mädels dort. Wir hatten das ganze Gut zur Bewirtschaftung mit Weintrauben und mit Äckern. Ein Jahr hab ich mit zwei Pferden gearbeitet, daher meine Liebe zu den Pferden, bis heute noch. Das zweite Jahr war ich kurze Zeit in der Küche, dann in der Bäckerei. Der Backofen war draußen und wurde mit Holz geheizt. Ich habe Holz spalten müssen, den Ofen heizen, dann wurde das alles hinaus gekehrt, auch die ganze Glut, dann erst ist das Brot hinein geschoben worden. Das war eine leichte Arbeit, fünf bis sechs Stunden am Tag. Wichtig war, dass immer Brot da war. Das waren die zwei schönsten und unbeschwertesten Jahre, die ich erlebt habe.
Location

Subotica
Serbia

Interview
Herbert Lewin