Tag #118458 - Interview #78294 (Herbert Lewin)

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Mein Vater, Ivan Lewin, wurde 1880 in Osterode geboren. Er hatte einen Bruder und eine Schwester. Sein Bruder Arthur Lewin war als junger Bursche ausgewandert. Er hatte zur Mutter gesagt, dass er das Geschäft nicht übernehmen werde und ist nach Südamerika gegangen. Auf dem Schiff war ein Herr, der hat zu ihm gesagt: 'Sag einmal, bist du nicht der junge Lewin aus Osterode? Ich bin der Bruder von dem Kammnitzer aus Osterode, daher kenne ich dich vom Sehen in der Synagoge.' Die Kammnitzers hatten ein Ledergeschäft in Osterode. 'Wenn du willst, kannst du zu mir ins Juweliergeschäft als Lehrling kommen und Goldschmied werden.' Es hat nicht lange gedauert, da war mein Onkel Mitinhaber der Firma. Seitdem hat er regelmäßig, durch einen Geschäftsfreund, Geld geschickt. Jeden Monat hat er Geld geschickt für meine Großmutter, für meinen Vater und für die Schwester in Berlin. Zweimal im Jahr bekamen wir einen Sack Rohkaffee, den hat ein befreundeter Kapitän von der Hapag Loyd [Anm.: Hamburg-Amerika Linie] zollfrei nach Hamburg mitgenommen und uns zukommen lassen. Von dem Kaffee haben wir soviel genommen, wie wir gebraucht haben. Nebenan war ein Kaffeegeschäft und dem Besitzer haben wir dann den Kaffee günstig verkauft. Durch den Onkel konnten wir bis zuletzt halbwegs leben.
Interview
Herbert Lewin