Tag #118355 - Interview #78311 (Richard Kohn)

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Mein Bruder Erich wurde am 18. März 1934 in Wien geboren. Er war ein Nachkömmling und wurde von allen geliebt. Er war ein sehr schöner kleiner Junge mit blonden Locken. Meine Mutter war so glücklich und mein Vater drohte uns sogar, dass wir ja immer gut auf ihn aufpassen sollten. Ich war ja schon 15 Jahre alt, als er geboren wurde, aber sonntags, wenn ich frei hatte, ging ich gern mit ihm und meiner Schwester in den Park. Die Leute blieben stehen und schauten ihn an, weil er so ein schöner und lieber Junge war. Ich kann nicht verstehen, dass man so ein Kind umgebracht hat, nur weil er Jude war. Ich kann und will mir seine letzten Minuten nicht vorstellen. Ich kann bis heute nicht verstehen, dass man meine Eltern und meine Geschwister erschossen hat. Mein Vater war immer so ein Optimist. Er glaubte, wenn Hitler kommt wird das Leben für die Juden schwer werden. Wir lasen auch über die Judenverfolgung in Deutschland, aber auch wenn mein Vater kein Optimist gewesen wäre, wo sollten wir denn hin? Niemand wollte uns und wir waren arme Leute.
Interview
Richard Kohn