Selected text
Stefan absolvierte die Volksschule mit Bravur. Wir haben damals noch am Stadtrand, in Mauer, gewohnt. Mauer liegt an der Grenze zwischen Niederösterreich und Wien. Fast alle seine Schulkollegen sind nach Niederösterreich, nach Perchtoldsdorf, ins Gymnasium eingeschult worden. Wir sprachen mit dem Schuldirektor in Perchtolsdorf. Er hat die Bedingung gestellt, dass Stefan nur dann kommen darf, wenn er wirklich lauter Einser hat. Stefan wurde aber nicht in diese Schule aufgenommen, was wir erst unmittelbar vor Schluss der Volksschule erfuhren. Hinten herum haben wir gehört, dass der Direktor einem seiner Bekannten mitgeteilt hat, es fiele ihm doch gar nicht ein, einen ‚roten Juden’ in seine ‚schwarze Schule’ aufzunehmen. Das war eine Katastrophe, da alle seine Freunde, seine Fußballfreunde, in diese Schule kamen. Wir mussten eilig eine andere Schule für ihn finden. Und so ist der Stefan ganz allein in Meidling in die Schule gekommen, was kein großes Glück war, denn er musste täglich fast zwei Stunden mit der Straßenbahn hin und zurückfahren. Es gab dort auch, ich würde jetzt sagen, antisemitische Äußerungen. In der vierten Klasse rief mich seine Deutschlehrerin an und wollte mit mir sprechen. Sie hat mich beschworen und gesagt: ‚Merken sie nicht, wie der Bub in der Schule gequält wird, nehmen Sie ihn doch heraus!’ Man hatte ihn schikaniert. Das war nicht offenkundig antisemitisches Schikanieren, aber offenkundig war er einem Lehrer nicht genehm.
Stefan besuchte dann in Mauer das Oberstufenrealgymnasium, verließ aber die Schule in der 7. Klasse. In dieser, für ihn schweren Zeit, hat wieder unser geliebter Religionslehrer Mendi Moshkowitz eine große Rolle gespielt. Er sagte: ‚Schickt ihn jetzt nicht in die Schule, sondern schickt ihn zu mir, er soll mit mir arbeiten.’ Mendi hat damals gerade seine Wohnung umgebaut, und er hat wirklich einen Monat mit dem Buben zusammen gearbeitet und ihn seelisch betreut. Stefan ist sichtlich aufgelebt. Mendi hat viele auf den Weg ins Judentum begleitet, sie zum Schabbes eingeladen und bekocht, er war wunderbar. Ein schrulliger, ganz lieber Mensch.
Stefan besuchte dann die Hotelfachschule in Krems und beendete sie nach drei Jahren. Danach arbeitete er im Hilton [Hotel] und war dort außerordentlich beliebt. Nach ungefähr drei Jahren besuchte er am Judenplatz noch einen Aufbaukurs. Er hat dann mit Bravur die Matura beendet. Ein sehr wichtiges Fach war Religion und seine Matura in Religion war über Kaschrut [28]. Alle Lehrer saßen dabei, weil sie so hoch interessiert waren.
Stefan besuchte dann in Mauer das Oberstufenrealgymnasium, verließ aber die Schule in der 7. Klasse. In dieser, für ihn schweren Zeit, hat wieder unser geliebter Religionslehrer Mendi Moshkowitz eine große Rolle gespielt. Er sagte: ‚Schickt ihn jetzt nicht in die Schule, sondern schickt ihn zu mir, er soll mit mir arbeiten.’ Mendi hat damals gerade seine Wohnung umgebaut, und er hat wirklich einen Monat mit dem Buben zusammen gearbeitet und ihn seelisch betreut. Stefan ist sichtlich aufgelebt. Mendi hat viele auf den Weg ins Judentum begleitet, sie zum Schabbes eingeladen und bekocht, er war wunderbar. Ein schrulliger, ganz lieber Mensch.
Stefan besuchte dann die Hotelfachschule in Krems und beendete sie nach drei Jahren. Danach arbeitete er im Hilton [Hotel] und war dort außerordentlich beliebt. Nach ungefähr drei Jahren besuchte er am Judenplatz noch einen Aufbaukurs. Er hat dann mit Bravur die Matura beendet. Ein sehr wichtiges Fach war Religion und seine Matura in Religion war über Kaschrut [28]. Alle Lehrer saßen dabei, weil sie so hoch interessiert waren.
Interview
Franziska Smolka