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Mein Sohn Ben wurde 1952 geboren. Er beteiligte sich aktiv am jüdischen Leben in Wien. Er war Mitbegründer der Maccabi in Wien und hat jahrelang bei Maccabi Fußball gespielt. Jeden Sonntag sind mein Mann und ich mit einem jüdischen Ehepaar, sie war Wienerin und er stammte aus Belgien, auf den Fußballplatz gegangen. Die zwei waren damals schon ältere Leute. Die Anhänger von Maccabi und die Anhänger der anderen Mannschaft sind immer separat gesessen. Und wenn Maccabi ein Tor geschossen hat, wurde es immer offen antisemitisch. Einmal sind die Anhänger der anderen Mannschaft zu uns gekommen und haben die Frau geboxt. Ich bin daneben gestanden und habe zurückgegeben. Die Frau war etwas verletzt, das hat mein Mann gesehen, da ist er auch gekommen. Und dann begann eine Schlägerei. Na gut, mein Sohn hat am Fußballplatz während des Spiels einem Gegner aus Versehen zwei Zähne ausgeschlagen. Aber offenen Antisemitismus habe ich, in der Zeit seit ich hier lebe, nur auf dem Fußballplatz erlebt. Meine Kinder haben damals auch nichtjüdische Kinder mit nach Hause gebracht, mit denen sie befreundet waren. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass mir das nichts ausgemacht hat, es waren Freunde, egal was sie waren. Mensch ist Mensch. Das waren gute Kinder. Keine Antisemiten. Aber heimlich habe ich schon gehofft, gesagt habe ich nichts, dass sie einmal Juden heiraten werden. Und es ist auch so gekommen, Gott sei Dank!
Period
Location
Wien
Austria
Interview
Sylvia Segenreich
Tag(s)