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Die Russen hatten uns alles weggenommen, die Fabrik, die Eishallen… einfach alles. Alles wurde verstaatlicht. Aber mein Vater war sehr tüchtig. Er hat Pferde und Wagen behalten und für die Bierbrauerei gearbeitet. Er hat Bier transportiert. Er nahm sich jemanden, der ihm geholfen hat, und er hat Steuern gezahlt. Offiziell hat er aber allein gearbeitet. So konnte er wenigstens selbstständig sein. Und er hat sich auch arrangiert mit dem Natschalnik, dem Leiter von einer Fabrik. Das war ein Russe, dem er Geld zugesteckt hat, damit er rechtzeitig und das bessere Bier bekommt, so dass er liefern konnte. Mein Vater hat Geschäfte gemacht, und dann begonnen, Champagner nach Sibirien für reiche Leute zu transportieren. Eines Tages sagte einer von denen zu meinem Vater: du stehst auf der Liste für Sibirien. Mein Vater kam sofort nach Hause, und wir sind weg von zu Hause. Bei den Russen war das so: wenn du eine Zeit nicht da warst, man hat dich nicht gefunden zu dem Termin wo man dich finden sollte, dann war das vergessen und erledigt. Und so sind wir weg und haben uns bei unserer Tante Jetti versteckt. Ihr Mann war Angestellter, er hat nichts besessen. Sie lebten in einer Mietwohnung. Wir waren ein paar Tage dort, dann sind wir wieder nach Hause gegangen und nach einem Monat hat mein Vater wieder erfahren, dass man ihn nach Sibirien verschleppen will, da sind wir wieder weg von zu Hause.
Location
Czernowitz
Ukraine
Interview
Sylvia Segenreich