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Der Oswald war der Älteste, er war Rechtsanwalt und mit einer Cousine mütterlicherseits, der Geburtsname der Cousine war Retter, verheiratet. Ihren Vornamen habe ich vergessen, denn ich habe sie nicht persönlich gekannt. Auch den Oswald habe ich nur ein Mal gesehen, denn er kam einmal zu Besuch nach Czernowitz, als die Großmutter Rivka noch lebte. Das war in den 1930er Jahren. Die älteste Tochter Miriam wurde 1913 geboren. Als sie noch ganz klein war, während des 1. Weltkriegs, ist die Familie wie alle anderen nach Wien geflüchtet. Der Sohn Paul wurde in Wien geboren. Nach dem Ersten Weltkrieg sind sie aber nicht mehr nach Czernowitz zurückgekommen, sondern sind nach Prag gegangen, wo Onkel Oswald Richter wurde. Bis 1938 haben sie in Prag gelebt. Alle, außer Paul, wurden während des Holocaust ins Ghetto Theresienstadt [3] deportiert. Paul ist, als die Deutschen 1939 die Tschechoslowakei überfielen, nach England geflüchtet und dann weiter nach Palästina. In Palästina war er in der Britischen Armee und kam gleich nach dem Krieg, noch in Uniform, nach Prag zurück, um seine Familie zu suchen. Er hatte die Hoffnung, sie zu finden, aber sie waren tot. Nur Miriam hat den Krieg überlebt. Sie war mit einem Nichtjuden verheiratet, trotzdem war sie auch im Ghetto Theresienstadt.
Interview
Sylvia Segenreich