Tag #117080 - Interview #78518 (Siegfried-Buby Schieber)

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Mein Vater hatte einen Bruder und drei Schwestern. Der Bruder hieß Simon. Er war Offizier im 1. Weltkrieg und mit dem Regiment in Lemberg stationiert. In Lemberg hat er sich in ein Mädel verliebt und sie geheiratet. Wie sie hieß, weiß ich nicht, denn mein Großvater hat ihm nicht verziehen, dass er in Lemberg geblieben war und geheiratet hatte, ohne ihn zu fragen.
Das hatte er ihm unter anderem deshalb nicht verziehen, weil er nach dem 1. Weltkrieg komplett ausgeraubt und arm war, und mein Vater ihn erhalten musste, und der andere Sohn, der Simon, auch dazu verpflichtet gewesen wäre. Aber er hatte sich nicht gemeldet. Was mein Onkel in Lemberg gearbeitet hat, weiß ich nicht. Zehn Jahre lang gab es überhaupt keinen Kontakt zwischen meiner Familie in Kimpolung und dem Onkel Simon in Lemberg. Nach zehn Jahren ist Onkel Simon zu Besuch nach Kimpolung gekommen. Onkel Simon und seine Frau hatten einen Sohn, der Siegmund hieß. Die Familie wurde sehr schön empfangen, es gab kein böses Wort. Mein Vater und Onkel Simon trugen Anzüge aus demselben Anzugstoff und beide ein Schmucktüchlein in der Jackettasche. Obwohl sie überhaupt keinen Kontakt zueinander hatten, waren sie ähnlich gekleidet. Einer war in Lemberg und der andere in Kimpolung, aber der Anzugstoff war derselbe. Nach diesem Treffen ist man in brieflichem Kontakt geblieben, aber eine große Annäherung ist nicht entstanden, denn auch um die zwei Schwestern, für die Onkel Simon ebenfalls hätte sorgen müssen, hatte er sich nicht gekümmert. Miriam und Cirl waren nicht verheiratet und lebten zusammen in einem Haus in Kimpolung. Auch wegen Miriam und Cirl hat die Familie dem Simon nicht verziehen, denn er hätte helfen sollen, sie zu verheiraten. Dadurch hat mein Vater allein seinem Vater und seinen Schwestern helfen müssen, und die Zeiten waren nicht immer gut.
Period
Interview
Siegfried-Buby Schieber