Tag #117068 - Interview #78518 (Siegfried-Buby Schieber)

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Zur jüdischen Kultusgemeinde habe ich überhaupt keinen Kontakt. Ich gehe aus Überzeugung nicht in den Tempel, aber ich bin ein hundertprozentiger Jude und ein hundertprozentig gläubiger Jude, aber kein Praktizierender. Ich glaube an Gott und nur an Gott. Ich brauche nicht an einem Feiertag mit einem dicken Gebetbuch im Tempel sitzen und von der Früh bis in die Nacht beten. Man steht auf bei einem Gebet, dann setzt man sich wieder hin, dann singt man usw. Ich kann mit meinem Gott direkt reden, ohne dass ich einen Rabbiner als Vermittler benötige, ich habe ein direktes Telefon. In diesem Sinne bin ich kein frommer Jude, aber ich respektiere alles, was die Juden machen. Ich lege keine Tefillin und ich ziehe keinen Tallith an.

Eine religiöse Überzeugung habe ich, aber ich stelle mir die Welt auf meine Art vor:
Wenn es wahr ist, dass Adam und Eva, weil sie ein Vergehen begangen haben, aus dem Garten Eden vertrieben wurden, dann sind sie ja auf die Erde vertrieben worden, denn woanders leben ja keine Menschen. Aber wenn sie vertrieben wurden aus dem Garten Eden, wurden sie vertrieben in die Hölle, denn zwischen Paradies und Hölle gibt es ja nichts.
Also, aus dem Paradies hat man sie vertrieben und die Hölle ist die Erde. Wir leben also hier in der Hölle. Und deshalb stirbt man, weil das hier nicht das Paradies ist. Keine Religion hat ihre Pflicht erfüllt. Wir Juden haben den Christen einen Gott gegeben, und sie töten uns. Sie sagen, wir haben den Gott getötet und deshalb muss man uns töten, deswegen sind sie Antisemiten. Und Antisemiten sein heißt, sie sind gegen uns.

Es gibt Gott, aber wer ist Gott? Ich denke, ein ewig lebender Mann und eine ewig lebende Frau. Das ist das Paar, welches die Welt beherrscht und das ist Gott. Und da stelle ich mir vor, im Garten Eden, im Paradies, regiert die Frau und in der Hölle regiert der Mann. Und ich, wenn ich etwas will, dann sage ich der Madame Fortuna: ‚Madame, schau wie er mich sekkiert. Sprich mit deinem Mann, er soll ein bisschen netter sein.’ Und sie hilft mir, denn ich bin ein Protege Gottes, weil es mir immer gut gegangen ist. Ich war nie ein reicher Mann, aber ich habe immer so viel Geld gehabt, wie ich benötigt habe, und ich habe immer sehr vielen Menschen helfen können.
Interview
Siegfried-Buby Schieber