Tag #116906 - Interview #79580 (Timothy Smolka)

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Meine Kinder gingen in den Schomer Hatzair [27] und hatten zu Hause und außer Haus ein jüdisches Leben. Nach der Matura ging unsere Tochter, zunächst für ein Jahr, nach Israel. Sie besuchte an der Hebräischen Universität in Jerusalem einen Mechina-Kurs [Kurse für Neueinwanderer, die auf ein Studium an der regulären Uni vorbereitet werden]. Dann kam sie für zwei Jahre nach Wien zurück, studierte in Wien etwas lustlos Psychologie, und lernte anlässlich einer Reise des Schomer Hatzair nach Auschwitz [28] einen israelischen Burschen aus einem Kibbutz [29] kennen und lieben und ging wieder nach Israel. Dieser Kibbutz war der einzige Schweinefleischproduzent in Israel. Und was tat Gott? Die nächste Beziehung meiner Tochter war ein sehr lieber Bub, der koscher [30] war. Daraufhin führte unsere Tochter einen koscheren Haushalt. Diese Beziehung hielt auch nicht ewig, sie machte ihren BA in Psychologie in Bar Ilan [Israel], ihren MA in Haifa [Israel] und irgendwann, es waren ungefähr elf Jahre vergangen, sagte sie, dass sie sich zu europäisch fühle, um mit den Aggressionen im Alltag in Israel auf die Dauer fertig zu werden. Sie ging nach Deutschland an die Universität in Marburg, weil die gerade dort das Thema behandelten, dass sie fasziniert: Linguistik im Zusammenhang mit Psychologie. Seither arbeitet sie an der Universität in Marburg, wohnt in Frankfurt und wird wahrscheinlich nicht mehr nach Israel zurückgehen. Nach ihrem Doktorat möchte sie, wenn es ihr gelingt, an eine amerikanische Universität gehen. Wien ist ihr zu eng geworden, sie kommt uns besuchen, aber sie will nicht mehr hier leben.

Mein Sohn war drei Jahre an der Hotelfachschule in Krems, machte sein Praktikum in verschiedenen Hotels und besuchte danach einen Aufbaulehrgang in der Gastgewerbeschule am Judenplatz, den er mit der Matura abschloss. Er arbeitete dann bei Austria Hotels International und seit drei Jahren in einem Austria-Trend-Hotel als Direktionsassistent und Food and Beverage-Manager. Er ist verheiratet, seine Frau erwartet demnächst ihr erstes Kind [Daniel Peter Smolka wurde am 30. November 2004 in Wien geboren].

Vor 15 Jahren arbeitete meine Tochter während des Studiums im jüdischen pädagogischen Institut in Wien. Das jüdische pädagogische Zentrum wurde von Israel gegründet, um jüdische Kultur in der ganzen Welt publik zu machen und die Vorstellung war, dass diese Zentren maximal fünf Jahre von Israel erhalten werden und dann so weit sind, dass sie sich selbst erhalten können.
Interview
Timothy Smolka