Tag #116442 - Interview #78548 (Emilia Ratz)

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Dschimbek liegt in Nord-Kasachstan, in der Steppe, 200 Kilometer von Stalingrad entfernt und wurde unser Ziel, das wir erreichten. In Nord Kasachstan gab es Siedlungen im Abstand von ungefähr 50 Kilometern. Wir ernährten uns hauptsächlich von geklautem Obst. Unsere Füße waren verletzt, denn die Schuhe waren komplett abgetragen. Stalin hatte angeblich den Befehl gegeben, dass die Lastkraftwagen, die von der Front leer zurückkommen, Flüchtlinge mitnehmen sollten, aber sie taten es oder taten es nicht. Ich besaß eine Flasche Wodka, mit der setzte ich mich auf die Strasse. Das wirkte stärker als Stalins Anordnung.

Dschimbek war schon eine orientalische Stadt, Knotenpunkt zwischen Norden und Süden. Dort traf ich - das wahre Leben ist interessanter als ein Film - eine Freundin. Ich wollte weiter in den Norden, weil ich glaubte, die Hitze im Süden würde uns zu schaffen machen. Auf diese Weise kamen wir nach Swerdlowsk [heute Jekaterinburg], zogen Erkundigungen über die Uni ein und erfuhren, dass dort ein Professor lehrt, der mit uns in Stalingrad war. Er bemühte sich dann sehr um uns, und die erste Zeit nahm er uns sogar bei sich auf. In Swerdlowsk gab es eine Fakultät für Chemie, aber wir hatten so viele Prüfungen in Maschinenbau bereits abgelegt, dass wir dabei blieben. Das war Herbst 1942.
Location

Kazakhstan

Interview
Emilia Ratz
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