Selected text
Meine Großeltern führten einen koscheren Haushalt, die Feste hat man gefeiert, und meine Großmutter zündete jeden Freitag eine Kerze an, alle Feiertage haben wir eingehalten, am Samstag wurde nicht gekocht. Mein Großvater war Angestellter der Glaubensgemeinde, und am Samstag war er immer in der Synagoge. Aber meine Großmutter ging nicht mit, denn außer an Feiertagen müssen die Frauen nicht in die Synagoge gehen, nicht einmal die ganz religiösen gehen hin, denn es reicht, wenn eine Jüdin zu Hause betet. Meine Großmutter war nicht so religiös, als dass sie gebetet hätte. Sie ging unbedeckten Hauptes, und an Feiertagen ging sie mit der Handtasche in die Synagoge.
An großen Feiertagen gingen meine Großeltern ohne Frühstück in die Synagoge, zum Beispiel an Rosh Hashana (Neujahr) wohnte die Familie eines Onkels in der Nähe der Synagoge, und da brachte die Dienstmagd das Frühstück hin, und dann gingen sie in die Synagoge zurück. Das weiß ich, weil das für mich als Kind sehr interessant war, dass die Magd das Frühstück brachte. Dann zu Jom Kippur (Tag der Versöhnung und Fasttag), wenn wir abends zur Synagoge gingen, musste man fasten, dann am nächsten Tag gingen wir am Abend nach Hause und haben Abend gegessen. Das Abendessen war immer so: erst Kaffee mit Zopfkuchen und Quarkkuchen. Das ist ja bis heute so. Und dann musste man mit dem Hühnchen ein Opfer darbringen. (Alte Zeremonie: Am Morgen oder am Abend des Tages vor Jom Kippur nehmen die Männer einen Hahn und die Frauen ein Huhn, und auf die Versöhnung wartend, drehen sie diese dreimal über dem Kopf herum.) So was hat man immer gehalten, das machte mein Großvater über meinem Kopf, und da es sehr viele Hähnchen gab, gab es außer Geflügel sowieso nichts, man musste überall essen, was es gab, aber es gab weder Enten noch Gänse, denn überall hat man diese Opfer dargebracht. Ich weiß gar nicht, wie man es heute macht, wenn man kein Hähnchen kaufen kann. Und dann, wenn der Hunger mit dem Frühstück schon vertrieben war, fingen wir an, Warmes zu essen, überall gab es Paprikahuhn mit Eiergersten und Hühnersuppe.
In meiner Kindheit war das Pessah etwas ganz großes. Pessah haben wir die ganze Woche gehalten. Es gab einen riesengroßen Wäschekorb, und darin war das Pessahgeschirr, das war oben auf dem Dachboden. Und das ganze Geschirr aus der Küche hat man beiseite gelegt, überall wurde geputzt, im Garten eine Grube gegraben, und alles, was es aushielt, zum Beispiel das Besteck, wurde in diese Grube gelegt und mit heißem Wasser und heißen Ziegeln „ausgekoschert“. Auf etwas anderes als Besteck konnte man natürlich keine heißen Ziegel legen. So hat man sich auf das Pessah vorbereitet – und dann, wenn die Küche schon bis zur letzten Ecke geputzt war, nahm man den Wäschekorb mit dem Geschirr, dann erst konnte man den Pessahtopf aufsetzen, die Sachen vom Dachboden abwaschen und alles wieder in die Küche räumen. Das waren die Vorbereitungen auf das Pessah. Sederabend wurde auch an beiden Tagen schön gefeiert, da war auch die Schwester meines Onkels eingeladen, die ledig war.
Zum Laubhüttenfesten hatten wir keine Laubhütte, aber im Ungerleiter-Haus gab es eine sehr religiöse Familie, die hatten eine Tankstelle im Hof. Die Decke des Korridors war extra so gebaut, dass man sie öffnen konnte. Die Laubhütte brauchte man nämlich, damit man im Freien beten und essen kann, und wenn man diese Decke aufmachte, war es oben frei. Es war eine sehr religiöse Familie, von der Seite bedeckten sie dann den Korridor mit Laken, und sie hängten Äpfel und Girlanden auf. Alles war, wie es sich gehört. Dort aßen und beteten sie, und ich - als Kind - bin natürlich zu ihnen gegangen.
In Gyöngyös gab es eine orthodoxe Glaubensgemeinde und eine Status quo Synagoge, die sie besuchte. Mein Onkel Aladar in Gyöngyös, der das Milchgeschäft hatte, hat im Chor der Synagoge gesungen. In der Synagoge gab es sogar einen Platz für die Orgel, eine Orgel gab es freilich nie. Die Synagogen waren in Gyöngyös am Ufer des Baches. Es gab eine ältere Synagoge, der Tempel der Helden, dann die orthodoxe Synagoge und die Status quo Synagoge wurde damals gebaut, wie ich zur Schule ging. Bei der Einweihung waren wir dabei.
An großen Feiertagen gingen meine Großeltern ohne Frühstück in die Synagoge, zum Beispiel an Rosh Hashana (Neujahr) wohnte die Familie eines Onkels in der Nähe der Synagoge, und da brachte die Dienstmagd das Frühstück hin, und dann gingen sie in die Synagoge zurück. Das weiß ich, weil das für mich als Kind sehr interessant war, dass die Magd das Frühstück brachte. Dann zu Jom Kippur (Tag der Versöhnung und Fasttag), wenn wir abends zur Synagoge gingen, musste man fasten, dann am nächsten Tag gingen wir am Abend nach Hause und haben Abend gegessen. Das Abendessen war immer so: erst Kaffee mit Zopfkuchen und Quarkkuchen. Das ist ja bis heute so. Und dann musste man mit dem Hühnchen ein Opfer darbringen. (Alte Zeremonie: Am Morgen oder am Abend des Tages vor Jom Kippur nehmen die Männer einen Hahn und die Frauen ein Huhn, und auf die Versöhnung wartend, drehen sie diese dreimal über dem Kopf herum.) So was hat man immer gehalten, das machte mein Großvater über meinem Kopf, und da es sehr viele Hähnchen gab, gab es außer Geflügel sowieso nichts, man musste überall essen, was es gab, aber es gab weder Enten noch Gänse, denn überall hat man diese Opfer dargebracht. Ich weiß gar nicht, wie man es heute macht, wenn man kein Hähnchen kaufen kann. Und dann, wenn der Hunger mit dem Frühstück schon vertrieben war, fingen wir an, Warmes zu essen, überall gab es Paprikahuhn mit Eiergersten und Hühnersuppe.
In meiner Kindheit war das Pessah etwas ganz großes. Pessah haben wir die ganze Woche gehalten. Es gab einen riesengroßen Wäschekorb, und darin war das Pessahgeschirr, das war oben auf dem Dachboden. Und das ganze Geschirr aus der Küche hat man beiseite gelegt, überall wurde geputzt, im Garten eine Grube gegraben, und alles, was es aushielt, zum Beispiel das Besteck, wurde in diese Grube gelegt und mit heißem Wasser und heißen Ziegeln „ausgekoschert“. Auf etwas anderes als Besteck konnte man natürlich keine heißen Ziegel legen. So hat man sich auf das Pessah vorbereitet – und dann, wenn die Küche schon bis zur letzten Ecke geputzt war, nahm man den Wäschekorb mit dem Geschirr, dann erst konnte man den Pessahtopf aufsetzen, die Sachen vom Dachboden abwaschen und alles wieder in die Küche räumen. Das waren die Vorbereitungen auf das Pessah. Sederabend wurde auch an beiden Tagen schön gefeiert, da war auch die Schwester meines Onkels eingeladen, die ledig war.
Zum Laubhüttenfesten hatten wir keine Laubhütte, aber im Ungerleiter-Haus gab es eine sehr religiöse Familie, die hatten eine Tankstelle im Hof. Die Decke des Korridors war extra so gebaut, dass man sie öffnen konnte. Die Laubhütte brauchte man nämlich, damit man im Freien beten und essen kann, und wenn man diese Decke aufmachte, war es oben frei. Es war eine sehr religiöse Familie, von der Seite bedeckten sie dann den Korridor mit Laken, und sie hängten Äpfel und Girlanden auf. Alles war, wie es sich gehört. Dort aßen und beteten sie, und ich - als Kind - bin natürlich zu ihnen gegangen.
In Gyöngyös gab es eine orthodoxe Glaubensgemeinde und eine Status quo Synagoge, die sie besuchte. Mein Onkel Aladar in Gyöngyös, der das Milchgeschäft hatte, hat im Chor der Synagoge gesungen. In der Synagoge gab es sogar einen Platz für die Orgel, eine Orgel gab es freilich nie. Die Synagogen waren in Gyöngyös am Ufer des Baches. Es gab eine ältere Synagoge, der Tempel der Helden, dann die orthodoxe Synagoge und die Status quo Synagoge wurde damals gebaut, wie ich zur Schule ging. Bei der Einweihung waren wir dabei.
Interview
Vera Stulberger
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