Tag #115708 - Interview #78301 (Bruno Bittmann)

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Man musste alles an Arbeit annehmen, da hatte man keine Wahl, denn sonst wurde man, das konnte sehr schnell gehen, von den Russen verhaftet. Ich war 16 Jahre alt und ging wieder in die Schule. An einem Sonntag sollten wir von der Schule aus in einem kleinen Nachbarort Häuser vermessen. Ich sagte zum Politoffizier, jede Schule hatte einen Politoffizier, dass ich nicht mitgehe, weil ich lernen müsse.

Als ich die Schule verlassen habe, ist er mir noch nachgelaufen, daran kann ich mich genau erinnern. Zu Hause erzählte ich die Geschichte meinen Eltern: 'Bruno, was hast du gemacht,' sagten meine Eltern entsetzt. Am nächsten Tag war Lehrerkonferenz und es wurde beschlossen, dass ich aus allen Schulen Russlands eliminiert werde, und ich musste sofort einen Job finden.

In einem Kino der Stadt spielte das 'Jüdische staatliche Nationaltheater' aus Kiew. Das Theater war aus Kiew nach Czernowitz übersiedelt, weil in Kiew das Theater zerstört worden war. In dem Kino begann ich als Elektriker zu arbeiten. Schon als Kind war das mein Hobby. Ich bastelte und mein Vater musste immer den Stecker in die Steckdose stecken, damit ich mir die Ohren zuhalten konnte, wenn es knallte.

Der ehemalige Besitzer des Kinos war ein Bekannter der Familie. Er war im Kino der Hauptelektriker, und ich wurde sein Gehilfe. Ich kannte in dieser Zeit alle Vorstellungen auswendig. Ich musste immer bei den Proben dabei sein, und dadurch lernte ich jiddisch.

Auch heute verstehe ich jiddisch, aber sprechen kann ich es nicht mehr, aber damals sprach ich nur noch in Prosa.
Year
1944
Interview
Bruno Bittmann