Tag #115700 - Interview #78301 (Bruno Bittmann)

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Meine Mutter war zu Haus, erzog die Kinder und kümmerte sich um den Haushalt - das Hausmädchen kochte und putze die Wohnung.

Natürlich führte meine Mutter einen koscheren Haushalt [10], wir feierten jeden Schabbat [11] und Freitag zündete meine Mutter die Kerzen. Sie trug keinen Scheitl, aber jeden Tag in der Früh betete meine Mutter. Die großen Feiertage feierten meine Eltern immer nur mit uns Kindern zusammen. Die weitere Familie war zu weit weg.

Meine Mutter hatte eine besondere Linie zu Gott, sprach mit ihm, und er half ihr. Das bewies sie mir viele Male. Einmal hatte mein Vater einen Blinddarmdurchbruch. Das wurde im Spital nicht rechtzeitig erkannt, und er bekam eine Darmlähmung, an der man sterben kann. Meine Mutter und ich waren im Spital, und ich hatte große Angst um meinen Vater, denn der Arzt kam zu uns und sagte, dass mein Vater sterben müsse, wenn sich die Darmlähmung in ein bis zwei Stunden nicht lege.

Ich war entsetzt über das Verhalten meiner Mutter, denn sie stand, sichtbar teilnahmslos, am Fenster und schaute hinaus. Mein Vater wurde wieder gesund und nach ungefähr sechs Monaten fragte ich meine Mutter wegen ihres für mich unverständlichen Verhaltens im Krankenhaus und sie sagte: 'Ich habe mit Gott gesprochen.' Sie hatte einen fast übermenschlichen Glauben, und der machte sie sehr stark. Zionismus war nur ein Schlagwort für uns. Wir hatten die Sammelbüchse für Keren Kajemed [12] zu Hause, aber mehr war da nicht.
Interview
Bruno Bittmann