Selected text
Zwei Polen, die mich aus dem Lager kannten, haben mich auf meiner Flucht begleitet, um mir im Notfall zu helfen. Wir sind in Przemysl [Polen] angekommen, und am nächsten Morgen bin ich ins Büro auf die Kathedralna 3 gegangen, so wie der Direktor mir das gesagt hatte. Ich werde das nie vergessen. Die Polen haben mich noch immer begleitet und zu mir gesagt: ‚Wenn du hier nicht aufgenommen wirst, nehmen wir dich sofort mit nach Warschau. Wir haben schon einen Platz für dich vorbereitet.’ Sie hatten mich sehr gern. Im Büro saß am ersten Schreibtisch ein Mann, den ich gut kannte; es war mein Vorgesetzter aus dem Zwangsarbeitslager aus Sendzishow. Ich war selbstverständlich ohne Judenstern, ich schaute ihn an und er mich:
‚Sie wünschen?’
‚Mein Herr, mich schickt der Direktor Malinowsky.’
‚Wie heißen Sie?’ Dann zwinkerte er mir zu.
‚Adolf Drabinsky‘, sagte ich.
Ich hatte verstanden, ich brauchte keine Angst haben. Auf einmal war ich frei!
Mein Bruder war schon nicht mehr dort, den hatten sie in ein Sägewerk weiter geschickt.
Mein ehemaliger Vorgesetzter nahm mich mit zum Abendessen. Es gab gutes Essen, wir saßen wie Menschen an einem Tisch. ‚Hören Sie, ich bin religiös und ich glaube an Gott. Ich war eigentlich ein Judenhasser. Ich habe auf der Uni studiert, und auf der Uni war schon der Numerus Clausus für Juden eingeführt. Die Juden mussten links sitzen, manchmal wurden sie auch verprügelt. Ich war der Meinung, sie sollten auswandern - nach Palästina oder Madagaskar - aber sie töten, die von Gott so wie wir erschaffen wurden, dagegen bin ich.‘
Er hat uns später sehr geholfen. Zwei Tage später fuhr ich zu meinem Bruder. Es ging ihm gut. In dieser Zeit kam auch seine Frau Helene mit der Tochter Dunja zu ihm. Nach ein paar Tagen musste ich in ein anderes Sägewerk, ganz in die Nähe von Baligrod. Meinem Bruder wurde die Leitung des gesamten Büros übertragen, und er bekam viele Aufträge.
Ein Dreivierteljahr später schickte uns Malinowsky einen Brief mit einer Lohnerhöhung. Die Preise waren gestiegen, und er hat unsere Gehälter erhöht. Josef, als Leiter des Sägewerkes, bekam statt sechshundert, eintausend Zloty und ich bekam zuerst vierhundert und dann sechshundert Zloty. Das waren sehr gute Gehälter. Er bat uns um Passfotos, die wir ihm schickten, und wir bekamen von ihm ein Empfehlungsschreiben von dem Generalgouverneur Hans Frank [6]. Darin stand, dass wir für die Deutsche Wehrmacht arbeiten würden. Bei Kontrollen gab es dadurch nie Probleme
Einmal kam er uns auch besuchen. Sein Mitarbeiter war ein bulgarischer Ingenieur, der hieß Petrow Krum, der wusste alles über Malinowsky und half ihm sogar einen Juden aus dem Gefängnis in Stanislau [heute Ukraine] zu retten. Zwei Tage waren sie unsere Gäste. Er hat uns nicht vergessen, und als die Russen anrückten, hat er seinen Chauffeur geschickt, damit wir uns vor den Deutschen in Sicherheit bringen können. Leider wurde der Chauffeur von den Deutschen nicht durchgelassen, er musste zurück nach Krakau. Nach dem Krieg hat mir Malinowsky, der dann als Professor an der berühmten Universität in Krakau lehrte, die Geschichte erzählt. Ich möchte veranlassen, dass für ihn ein Baum in der ‚Allee der Gerechten‘ [7] in Jerusalem gepflanzt wird.
‚Sie wünschen?’
‚Mein Herr, mich schickt der Direktor Malinowsky.’
‚Wie heißen Sie?’ Dann zwinkerte er mir zu.
‚Adolf Drabinsky‘, sagte ich.
Ich hatte verstanden, ich brauchte keine Angst haben. Auf einmal war ich frei!
Mein Bruder war schon nicht mehr dort, den hatten sie in ein Sägewerk weiter geschickt.
Mein ehemaliger Vorgesetzter nahm mich mit zum Abendessen. Es gab gutes Essen, wir saßen wie Menschen an einem Tisch. ‚Hören Sie, ich bin religiös und ich glaube an Gott. Ich war eigentlich ein Judenhasser. Ich habe auf der Uni studiert, und auf der Uni war schon der Numerus Clausus für Juden eingeführt. Die Juden mussten links sitzen, manchmal wurden sie auch verprügelt. Ich war der Meinung, sie sollten auswandern - nach Palästina oder Madagaskar - aber sie töten, die von Gott so wie wir erschaffen wurden, dagegen bin ich.‘
Er hat uns später sehr geholfen. Zwei Tage später fuhr ich zu meinem Bruder. Es ging ihm gut. In dieser Zeit kam auch seine Frau Helene mit der Tochter Dunja zu ihm. Nach ein paar Tagen musste ich in ein anderes Sägewerk, ganz in die Nähe von Baligrod. Meinem Bruder wurde die Leitung des gesamten Büros übertragen, und er bekam viele Aufträge.
Ein Dreivierteljahr später schickte uns Malinowsky einen Brief mit einer Lohnerhöhung. Die Preise waren gestiegen, und er hat unsere Gehälter erhöht. Josef, als Leiter des Sägewerkes, bekam statt sechshundert, eintausend Zloty und ich bekam zuerst vierhundert und dann sechshundert Zloty. Das waren sehr gute Gehälter. Er bat uns um Passfotos, die wir ihm schickten, und wir bekamen von ihm ein Empfehlungsschreiben von dem Generalgouverneur Hans Frank [6]. Darin stand, dass wir für die Deutsche Wehrmacht arbeiten würden. Bei Kontrollen gab es dadurch nie Probleme
Einmal kam er uns auch besuchen. Sein Mitarbeiter war ein bulgarischer Ingenieur, der hieß Petrow Krum, der wusste alles über Malinowsky und half ihm sogar einen Juden aus dem Gefängnis in Stanislau [heute Ukraine] zu retten. Zwei Tage waren sie unsere Gäste. Er hat uns nicht vergessen, und als die Russen anrückten, hat er seinen Chauffeur geschickt, damit wir uns vor den Deutschen in Sicherheit bringen können. Leider wurde der Chauffeur von den Deutschen nicht durchgelassen, er musste zurück nach Krakau. Nach dem Krieg hat mir Malinowsky, der dann als Professor an der berühmten Universität in Krakau lehrte, die Geschichte erzählt. Ich möchte veranlassen, dass für ihn ein Baum in der ‚Allee der Gerechten‘ [7] in Jerusalem gepflanzt wird.
Interview
Aron Neuman