Pesie Feder auf einer Bank im Augarten

Das ist meine Großmutter Pesie Feder, geborene Mühlgrom, Tochter des Leib und der Dobrisch Mühlgrom.

Meine Großmutter gebar fünfzehn Kinder , von denen zehn am Leben blieben. Auf dem Foto sitzt sie auf einer Bank im Augarten, ganz in der Nähe ihrer Wohnung.

Meine Großmutter war das Zentrum der Familie. Sie hatte viel zu bewältigen und immer alle Hände voll zu tun. Sie war wahrscheinlich durch ihr schweres Leben hart geworden, war nicht sehr zärtlich, und sie durfte ja auch niemanden bevorzugen; sie hat ihre Gefühle nicht gezeigt.

Sie war eine eher spröde Person, aber gerade das hat imponiert, sonst hätte sie sich nicht durchsetzten können bei so vielen Kindern. Wir lebten dort, und trotz der beengten Verhältnisse waren wir glücklich.

Die religiösen Tanten und Onkel und die nichtreligiösen Tanten und Onkel verstanden sich sehr gut. Dem Thema Religion ging man einfach aus dem Weg und klammerte es aus. So lebten wir bis zum Einmarsch der Nazis friedlich miteinander bei meiner Großmutter.

Nach dem Krieg erfuhren wir über das Schicksal meiner Großmutter. Sie musste aus der Wohnung, in der sie zwanzig Jahre ihres Lebens verbracht hatte, in eine der Sammelwohnungen im II. Wiener Gemeindebezirk umziehen. Von dort aus wurde sie nach Theresienstadt und dann nach Treblinka deportiert, wo sie ermordet wurde.