Emilia Ratz

Das bin ich 1940 in Lemberg, der ersten Station meiner Flucht vor den Deutschen. Als ich am Abend in Lemberg aus dem Zug stieg, stand ich auf dem Bahnhof wie eine arme Waise. Ich war niemals zuvor in dieser Stadt gewesen. Ich wusste, dass Lemberg ein kulturelles Zentrum ist, mehr aber auch nicht. Eine Frau nahm mich mit in ihre Wohnung, und ich durfte in der Badewanne übernachten. Ich hatte meine Matura in Warschau absolviert und wollte unbedingt Chemie studieren. Mit dem Wohnen war es kompliziert. Im Studentenheim herrschte ein so genannter ?Kommandant?, das war ein älterer Student. Zu meinem Unglück besaß ich einen Mantel, den mir meine Mutter zur Matura hatte anfertigen lassen und dieser Mantel hatte einen Persianerkragen. Der ?Kommandant? beschloss, wer einen Mantel mit einem Persianerkragen trägt, ist reich. Ich hatte überhaupt kein Geld und konnte mir keine Wohnung leisten. So lebte ich zwei Monate illegal, da wo ich schlief, eine Nacht hier, eine Nacht dort, gab man mir auch etwas zu essen. Ich musste viel lernen und die Prüfungen schnell absolvieren.