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Die Familie hielt den Fritz immer für einen arbeitsfähigen, aber nicht sehr intelligenten Menschen. Vielleicht war er wirklich nicht sehr gebildet, aber er hatte Mutterwitz. Mein Onkel Franz und mein Onkel Fritz hatten, glaube ich, eine sehr gespaltene Beziehung zueinander. Franz war immerhin in die Handelsakademie gegangen und Fritz hatte nur eine Lehre beim Kolonialwarenhändler Schön gemacht. Die Kolonialwarenhandlung war in Graz am Griesplatz. Das war eine berüchtigte Gegend, denn dort lebten die unteren Schichten der Bevölkerung und dementsprechend derb war dann auch die Sprache vom Fritz. Auch äußerlich unterschieden sich die beiden Brüder: Franz war der Elegante, Fritz ein eher grobschlächtiger Mensch. Dadurch bildete Franz sich ein, er sei besser als sein kleiner Bruder Fritz. Aber Fritz war ein wirklich guter Kerl, ich habe ihn sehr geliebt. Ich habe schon erzählt, dass die beiden gemeinsam 1938 nach Argentinien geflohen sind. Fritz fasste viel früher Fuß in Argentinien als Franz. Er begann zuerst Krawatten zu verkaufen, dann stellte er fest, dass er mit Kinderkleidern Geld verdienen konnte. Er kaufte Stoff, ließ Kinderkleider anfertigen und wurde Textilkaufmann.
Interview
Franziska Smolka