Anton Fischers Identitätskarte in Palästina

Das ist meine Identitätskarte in Palästina, ausgestellt in Natanya im Jahr 1945.

Bei Ankunft in Palästina hatten wir überhaupt keine Papiere. Wir waren Flüchtlinge, hatten alles weggeschmissen und neue Papiere hatten wir nicht bekommen.

Für zwei oder drei Wochen mussten wir in das Auffanglager Atlit bei Haifa, denn jeder der während des Krieges nach Palästina kam, konnte ein Feind sein. Wir waren in einer Gruppe, in einer Riesengruppe.

Ich glaube, diese Gruppe bestand aus Zwölfhundert Menschen. Wir waren mehr tot als lebendig, wir waren psychisch und physisch ganz erledigt.

Ich fand keine Arbeit aber dann sprach sich herum, dass ich ausgebildeter Uhrmacher bin. Ein Uhrmacher, er war Österreicher, gab mir Arbeit.

Aber ich war psychisch in einer so schrecklichen Verfassung, dass meine Hände zitterten und konnte keine Uhren reparieren. Nach einer Woche schickte er mich wieder weg.

Dann bekam ich in Natanya als Neueinwanderer in einer Diamantenschleiferei Arbeit.

Wenn ich kein ole chadasch, also Neueinwanderer gewesen wäre, hätte man mich am dritten Tag rausgeschmissen, weil ich nicht einmal in der Lage war, Diamanten schleifen lernen zu können.

Die ole hungaria [kümmerte sich um ungarische Neueinwanderer] stellte mir ein Zimmer zur Verfügung. Zwei Monate bezahlten sie den Zins und dann musste ich das Zimmer selber bezahlen.

So begann ich, als Diamantschleifer zu arbeiten. Meine Mutter fand sofort Arbeit als Hausgehilfin und Köchin bei einem sehr reichen Rumänen in einer wunderschönen Villa in der Panorama Road in Haifa.

Es ist gar nicht schön, dass ich mich darüber beschwere, ein schweres Schicksal gehabt zu haben. Zur selben Zeit sind so viele Menschen so schrecklich umgekommen, dass wir direkt von Glück reden können, dass wir in dieser Situation waren.

Aber das haben wir damals nicht verstanden, das haben wir damals nicht so sehen können und als wir es begriffen, da ging es uns schon etwas besser.

Als wir über das Schicksal der europäischen Juden erfuhren, da sahen wir die harten Prüfungen, die schweren Zeiten, die wir erleben mussten, in einem anderen Licht. Wir waren gerettet und durften weiterleben.

Meine Mutter und ich bekamen in Natanya auch Identitätskarten ausgestellt, so besaßen wir wieder einen Beleg für unsere Existenz.

Photos from this interviewee