Rosa Rosenstein, ihr Verlobter Maximilian Weisz und ihre Schwester Betty Chaim mit jüdischen Freunden in Bad Buckow

Sehr oft und gern verbrachte ich meine freie Zeit im Sommer mit meinen Geschwistern und meinem Verlobten, Maximilian Weisz, Michi genannt, in Bad Buckow. In der Mitte des Fotos sieht man Betty, Michi und mich inmitten einer Gruppe jüdischer Freunde.

Mein erster Mann war auch ein Schneider, ein Ungar vor allen Dingen. Ein fescher, junger Bursche war er. Ich habe bei meinem Vater gearbeitet, und das war in einem Fabrikgebäude mit großen Fenstern. Mein Schreibtisch stand am Fenster. Und gegenüber war auch ein Betrieb, eine Herrenkonfektion. Da saß an der Nähmaschine immer ein gut aussehender, junger Mann. Wir haben oft so hin gelächelt, her gelächelt. Ich wusste nicht, wer er ist und, er wusste nicht, wer ich bin. Mit einem Mal kommt ein Mann rauf - früher sind die Händler von Geschäft zu Geschäft gegangen - und bringt mir eine Kiste, ein Kilo Konfekt: ,Der junge Mann von drüben schickt Ihnen das'. So fing es an. Und ich nahm das natürlich an und bedankte mich.

Einmal bin ich früher nach Hause gegangen. Ich war in dem Geschäft Neue Friedrichstrasse, Ecke Klosterstrasse, dann ging ich über den Hackischen Markt in die Rosenthalerstrasse in ein großes Buchgeschäft. Ich habe mir die Bücher angesehen. Ich habe Bücher gekauft, ich habe Bücher geborgt, ich habe gelesen in Verleihen. Also, ich stand da und habe geschaut, und hinter mir höre ich plötzlich eine Stimme langsam reden: ,Ist das schööön?' Ich drehe mich um, und da stand er. Er hatte auch den selben Weg wie ich, er wohnte bei seiner Schwester. Er hat gefragt, ob er mich begleiten darf, er ginge denselben Weg. Habe ich gesagt: ,Bitte schön'. Dabei hat sich herausgestellt, dass er der Neffe von dem Inhaber ist, bei dem er gearbeitet hat, und dass ich die Tochter von dem Inhaber von gegenüber bin. Er hat geglaubt, ich sei eine Angestellte, und ich habe auch geglaubt, er sei nur ein Arbeiter. Er hieß Maximilian Weisz, und wir nannten ihn Michi. Er wurde am 30. November 1904 in Nitra geboren. So hat es begonnen.

Dann hatten wir eine richtig jüdische Verlobung, das war am 8. März 1928. Zur Verlobung sind seine Mutter und seine Schwester aus Budapest gekommen. Wir waren 80 Personen. Wir hatten damals eine Vier-Zimmer-Wohnung, drei Zimmer wurden ausgeräumt. Meine Mutter hat selbst das ganze Abendessen gekocht. Ich habe doch Freundinnen gehabt, und die Mädels waren alle da; ich habe sehr viele Geschenke bekommen.

Dann hat Michi sich selbständig gemacht. Bis dahin hatte er bei seinem Onkel gearbeitet. Er hat die Maschinen gekauft und gemietet. Damals war Wohnungsnot. Er hat mit seinem Schwager zusammengearbeitet, und ich habe gesagt: ,Das geht nur, solange wir nicht verheiratet sind, danach bin ich der Kompagnon.' Und so geschah es.